§40a EnWG Novelle: Kundenselbstablesung rechtlich legitimiert

Kundenselbstablesung: Graubereich in der Vergangenheit

Das Ablesen und Erfassen von Verbrauchswerten zur Erstellung der energiewirtschaftlichen Abrechnung ist in der Energiewirtschaft eine der Standardherausforderung schlechthin. Im Fokus stehen hier die SLP-Kunden, deren Messwerte in Gegensatz zu RLM-Kunden nicht aus der Ferne ausgelesen werden. Dies bedeutete in der Energiewirtschaft jahrzehntelang die Anwendung des Turnschuhprinzips, also die Ablesung des Zählers vor Ort. Mittlerweile stehen mit Systemen zur Kundenselbstablesung jedoch Alternativen am Markt zur Verfügung, bei denen der Kunde seinen Verbrauchsstand selbst ablesen und an sein EVU übermitteln kann. Mittlerweile haben digitale Lösungen die klassische analoge Ablesekarte abgelöst, bei der der Kunde z. B. mittels einer App seinen Verbrauchswert direkt an seinen Versorger übermitteln kann.

Allerdings gerieten mit dem Beschluss des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) und dem damit verpflichtenden Einbau von intelligenten Messsystemen (iMsys) Lösungen zur Kundenselbstablesung zunehmend in den Graubereich. Vielen Versorgern war nicht klar, ob Systeme zur digitalen Erfassung im Rahmen einer Kundenselbstablesung eine Übertragung aus der Ferne über ein Kommunikationsnetz darstellen können, wodurch der Einsatz eines iMsys Pflicht gewesen wäre. Da Systeme zur Kundenselbstauslesung gerade bei Haushaltskunden vorkommen, deren Verbrauch meist unter 6.000 kWh p. a. liegt und keine iMsys-Pflicht besteht, herrschte eine große Verunsicherung in der Energiewirtschaftsbranche, ob solche Systeme überhaupt zulässig sind. Einige EVUs sahen im Einsatz von Systemen zur Kundenselbstablesung einen zentralen Kostenvorteil gegenüber dem iMsys, während andere EVUs auf das BSI verwiesen, mit der Begründung, dass jedes System, das Messwerte aus der Ferne erfasst, über das iMsys ausgelesen werden müsste. Andere setzten bereits Systeme auf LoRaWAN-Basis um, zur Anpassung des monatlichen Abschlags sowie zur Bestätigung des Messwerts als Selbstablesung zu Abrechnungszwecken. Mit der Novellierung des EnWG im Juni 2021 hat sich nun der Gesetzgeber dem Graubereich der Systeme zur Kundenselbstablesung gewidmet und mit dem §40a EnWG eine neue rechtliche Grundlage zur Erfassung der Verbrauchsermittlung erlassen.

§40a EnWG Verbrauchsermittlung Strom und Gas im Detail

Im Zuge der Novellierung des EnWGs wurde der §40a EnWG zur Verbrauchsermittlung von Strom und Gas eingeführt. Demnach ist der Energielieferant berechtigt, zur Ermittlung der Verbrauchs- und Rechnungsstellung nach §40 Abs.2 EnWG Ablesewerte über drei verschiedene Wege zu erheben.

Die erste Möglichkeit ist der Erhalt der Mess- und Ersatzwerte über den Netzbetreiber bzw. Messstellenbetreiber; §40a Abs.1 Nr.1 EnWG. Dies dürfte vor allem für Kunden relevant sein, die bereits über eine ZFA oder ein iMsys verfügen. Perspektivisch dürfte dies alle Letztverbraucher mit einem Jahresverbrauch größer 6.000 kWh betreffen, wenn eine Erzeugungsanlage größer 7 kW oder ein Ladepunkt für ein Elektromobil installiert ist. Als zweite Möglichkeit besteht weiterhin die Option, die Zähler manuell über das Turnschuhprinzip abzulesen; §40a Abs.1 Nr.2 EnWG. Dies dürfte dann vor allem die Haushaltskunden betreffen, die weniger als 6.000 kWh p. a. verbrauchen und nicht über eine Erzeugungsanlage größer 7 kW oder einen Anschluss für einen Ladepunkt verfügen.

Alternativ haben Energielieferanten nun rechtlich die Möglichkeit, ihre Letztverbraucher zur Nutzung einer Lösung zur Kundenselbstablesung zu verpflichten; §40a Abs.1 Nr.3 EnWG. Hierbei handelt es sich um ein System, bei dem die „Ablesung der Messeinrichtung vom Letztverbraucher mittels eines Systems der regelmäßigen Selbstablesung und Übermittlung der Ablesewerte durch den Letztverbraucher“ erfolgt. In diesem Zuge darf keine Fernübertragung der Verbrauchsdaten über ein anderes System erfolgen. Dies bedeutet, dass Kunden mit einem iMsys keine Systeme zur Kundenselbstablesung verwenden dürfen. Kunden können der Pflicht zur Selbstablesung nur im Einzelfall aus unzumutbaren Gründen widersprechen; §40a Abs.1 EnWG. Der Energielieferant hat die Kosten einer alternativen Ablesung in diesem Fall selbst zu tragen. Liegen dem Energielieferanten keine Daten über den abrechnungsrelevanten Zeitraum vor, ist er berechtigt, eine Schätzung des jährlichen Verbrauchs durchzuführen. Die Kriterien nach §40a Abs.2 EnWG sind zu beachten.

Kundenselbstablesung vs. iMSys – Was ist erlaubt?

Mit der Neueinführung des §40a EnWG stellt sich nun für den Energielieferanten die Frage, über welche Ablesevariante die Erfassung der Messwerte seiner Kunden erfolgen soll. Für Kunden, die nach dem MsbG mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden sollen, stellt sich diese Frage weniger. Hier bekommt der Energielieferant die relevanten Messwerte zur Abrechnung über den Netz- bzw. Messstellenbetreiber. Dies betrifft wie bereits erwähnt alle Kunden mit einem Jahresverbrauch größer 6.000 kWh, mit einer Erzeugungsanlage größer 7 kW oder einem eigenen Ladepunkt zur Versorgung von Elektromobilen. Für alle weiteren Kunden ist der Einbau optional.

Somit stellt sich für das EVU gerade bei Haushaltskunden mit einem Verbrauch kleiner 6.000 kWh, deren Anteil im Netz am höchsten ist, die Frage ob, ein System zur Kundenselbstablesung oder weiterhin das Turnschuhprinzip angewendet werden soll. Hier kann gerade dann der Einsatz eines Systems zur Kundenselbstablesung Sinn ergeben, wenn ein höherer Datenbedarf erforderlich ist, das Ablesen nach dem Turnschuhprinzip nicht wirtschaftlich ist oder kein Personal mehr zur Verfügung steht. Der Grund für einen höheren Datenbedarf an Messwerten kann sich hingegen auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder neuer Geschäftsmodelle von EVUs ergeben, die eine höhere Granularität an Daten erfordern. Aus diesem Grund macht es Sinn, sich die neuen Regeln zur Verschärfung der Rechnungs- und Informationszeiträume anzuschauen.

§40b EnWG – Verschärfung der Rechnungs- und Informationszeiträume

Im Rahmen der EnWG-Novelle wurden nicht nur die Anforderungen zur Verbrauchsermittlung, sondern auch der Rechnungs- und Informationszeiträume angepasst. Wie bereits in der Vergangenheit, ist der Energielieferant verpflichtet, seinem Kunden mindestens einmal pro Jahr eine Abrechnung seiner Verbrauchsmenge nach den Anforderungen des EnWG zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind Energielieferanten nun verpflichtet, ihren Kunden aktiv „eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung, die unentgeltliche elektronische Übermittlung der Abrechnungen und Abrechnungsinformationen sowie mindestens einmal jährlich die unentgeltliche Übermittlung der Abrechnungen und Abrechnungsinformationen in Papierform“ anzubieten §40 Abs.1 EnWG. Sofern der Letztverbraucher keinen Abrechnungszeitraum bestimmt, ist dieser durch den Energielieferanten festzulegen.

Verfügt der Kunde nicht über ein System zur Fernauslesung seines Zählers, sind dem Kunden die „Abrechnungsinformationen mindestens alle sechs Monate oder auf Verlangen einmal alle drei Monate unentgeltlich zur Verfügung zu stellen“; §40b Abs.2 EnWG. Für Kunden mit Systemen zur Fernauslesung hat dies jeden Monat zu erfolgen. Durch die Festlegung der häufigeren Informationsbereitstellung kann es für das EVU daher Sinn machen, vermehrt auf Systeme zur Kundenselbstablesung zu setzen für Kunden ohne Systeme zur Fernauslesung. Einige EVUs, wie z. B. die enercity, nutzen bereits solche Systeme auf LoRaWAN-Basis und nutzen die IoT-ERP-Bridge der items zur Bereitstellung der IoT-Daten in der Abrechnung. Neben der häufigeren Ablesung der Messsysteme hat der Kunde außerdem ein Anspruchsrecht, seine historischen Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre vom Energielieferanten zur Verfügung gestellt zu bekommen; §40b Abs.5 EnWG. Die Bereitstellung der Daten könnte über die neue Marktrolle des Energieserviceanbieters (ESA) erfolgen, den wir bereits in einem eigenen Blogbeitrag vorgestellt haben.

Fazit zur Kundenselbstauslesung

Mit der Regelung im EnWG über den Einsatz von Systemen zur Kundenselbstauslesung herrscht nun endlich Klarheit über den rechtlich legitimen Einsatz solcher Systeme. EVUs müssen sich nun nicht mehr entscheiden, ob sie vollständig auf das iMsys oder Systeme zur Kundenselbstauslesung setzen wollen, sondern können die vollständige Bandbreite der zur Verfügung stehenden Technologien einsetzen. Am Ende ist in der Praxis von einem Technologiemix auszugehen. Für Kunden, die bereits unter die Rechte und Pflichten des MsbG fallen, ändert sich mit der Novellierung nichts. Für kleine Haushaltskunden hat das EVU mit der Anbindung an ein SMGW, dem Turnschuhprinzip und dem System zur Kundenselbstauslesung aber nun drei legitime Werkzeuge an der Hand. In welcher Form sich der Einsatz der Ablesemöglichkeiten in der Zukunft entwickeln wird bleibt abzuwarten. Auf Grund der verschärften Vorschriften der häufigeren Informationszeiträume gegenüber dem Kunden ist es jedoch als wahrscheinlich anzusehen, dass das Turnschuhprinzip durch das System der Kundenselbstauslesung ersetzt wird, sofern kein Einbau eines iMsys geplant ist.

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Redispatch 2.0 Ausfallarbeit – eine Erläuterung der Grundlagen (Aufforderungs- und Duldungsfall etc.)

Redispatch 2.0 Ausfallarbeit: Hintergrund

Das Thema Redispatch 2.0 rückt mit der Umsetzung des Einführungsszenarios ab dem 1. Juli immer mehr in den Fokus der Energiewirtschaft. Hierbei sind viele neue Prozesse im EVU zu etablieren, technische Grundlagen zu schaffen und das Thema Redispatch 2.0 immer weiter zu verstehen. Nach ersten Einblicken in unseren bereits vorliegenden Blogbeiträgen zum Thema Redispatch 2.0, den unterschiedlichen technischen Ressourcen und IDs sowie dem Redispatch 2.0 Einführungsszenario, widmen wir uns in diesem Beitrag nun den energiewirtschaftlichen Grundlagen zum Thema Redispatch 2.0 Ausfallarbeit. Dabei soll es darum gehen, was unter dem Begriff Ausfallarbeit zu verstehen ist, wie diese entsteht und die damit verbundenen Steuerungsprozesse (Aufforderungs- und Duldungsfall), Abrechnungsvarianten und Bilanzierungsmodelle (Prognose. & Planwertmodell) funktionieren.

Redispatch 2.0 Ausfallarbeit: Der Ausgangspunkt

Ausgangspunkt für das Thema Redispatch 2.0 Ausfallarbeit ist das energiewirtschaftliche Verständnis, dass die Beschaffung der Energie auf einer virtuellen, kaufmännischen Basis erfolgt. Eine Abstimmung der physikalischen Begrenzung des Stromnetzes erfolgt in diesem Schritt nicht. In der Praxis müssen daher alle Bilanzkreisverantwortlichen ihre Fahrpläne in Form von ausgeglichenen Bilanzkreisen am Vortag bei den zuständigen Bilanzkreiskoordinatoren (ÜNBs) einreichen. Diese führen auf Basis aller eingereichten Bilanzkreise eine Lastflussberechnung durch, um Netzengpässe für den nächsten Tag zu identifizieren. Wird ein physikalischer Engpass festgestellt, erfolgt eine Anweisung an einzelne Anlagenbetreiber, ihre Erzeugung bzw. Verbrauch für den nächsten Tag zu erhöhen bzw. zu drosseln. So kommt es z. B. zu dem berühmten Beispiel, dass Windkraftwerke im Norden des Landes ihre Erzeugung drosseln müssen und Gaskraftwerke im Süden ihre Leistung erhöhen, weil die Netzkapazität von Nord nach Süd nicht ausreicht. Die Folge einer Verlagerung der Erzeugungsleistung durch eine Redispatchmaßnahme kann ein Herauffahren der Anlage bedeuten, was zu einer negativen Ausfallarbeit führt (positiver Redispatch) oder ein Herunterfahren der Anlage, was zu einer positiven Ausfallarbeit führt (negativer Redispatch).

Im Rahmen der Anpassungen Redispatch 2.0 werden nun nicht nur die ÜNBs, sondern auch alle VNBs mit in den Prozess einbezogen sowie eine ganze Reihe neuer Erzeugungsanlagen, im Redispatch 2.0 technische Ressource genannt. Damit eine technische Ressource durch eine Redispatchmaßnahme herauf- oder heruntergefahren werden kann, ist natürlich der Einbezug des Einsatzverantwortlichen und der damit verbundenen technischen Ressource notwendig. Dies erfolgt entweder über den Aufforderungs- oder Duldungsfall, bei dem es zu einer Entstehung der Ausfallarbeit kommt. Aus diesem Grund schauen wir uns das Funktionsprinzip in diesem Blogbeitrag einmal näher an.

Der Aufforderungsfall

Grundvoraussetzung sowohl bei dem Aufforderungs- als auch dem Duldungsfall ist der Einbezug der technischen Ressourcen in den Redispatch 2.0-Prozess, bei dem der Netzbetreiber die Fahrpläne oder Prognosen der Simulation der Lastflussberechnung zur Erkennung von kritischen Netzzuständen miteinbezieht.  Im Rahmen des Aufforderungsfalls erfolgt die Anpassung der Leistung der steuerbaren technischen Ressource nicht direkt über den Netzbetreiber, sondern ist durch den Einsatzverantwortlichen durchzuführen. Hierfür erhält dieser über den Data-Provider seinen neuen Fahrplan über den Netzbetreiber. Da die Information des neuen Fahrplans lediglich eine Prognose des zukünftigen Bedarfs der technischen Ressource darstellt, kann es dann zum Zeitpunkt der Aktivierung der technischen Ressource noch zu Abweichungen der Ausfallarbeit kommen. 

Prozess Abruf im Planwertmodell im Aufforderungsfall (Copyright: BNetzA)

Der Duldungsfall

Im Gegensatz zum Aufforderungsfall ist nicht der Einsatzverantwortliche für die Anpassung der Leistung der technischen Ressource verantwortlich, sondern der Netzbetreiber ist berechtigt, die Schalthandlung direkt auf der technischen Ressource durchzuführen. Der Einsatzverantwortliche wie auch der Betreiber der technischen Ressource müssen den Eingriff des Netzbetreibers „dulden“.  Ob der Aufforderungs- oder Duldungsfall gewählt wird, hängt von den technischen Restriktionen des Netzbetreibers ab. Planbare Anlagen sind dem Duldungsfall zuzuordnen. In der Praxis sollen sich technische Ressourcen mit Rundfunksteuertechnik und technische Ressourcen kleiner 1 MW immer im Duldungsfall befinden. Größere technische Ressourcen können sich auch im Duldungsfall befinden. Ebenso sind Speicher- und Laufwasserkraftwerke im Duldungsfall sowie dargebotsabhängige Anlagen wie Wind- oder PV-Anlagen.

Ausfallarbeit: Bilanzierungsmodell

Nachdem es durch die Durchführung einer Redispatchmaßnahme im Aufforderungs- oder Duldungsfall es zu einer Ausfallarbeit gekommen ist, ist die Menge der Ausfallarbeit zu bilanzieren. Hierfür existieren im Redispatch 2.0 zwei verschiedene Verfahren: das Prognosemodell und das Planwertmodell.

Prognosemodell

Bei dem Prognosemodell handelt es sich um das Standardmodell zur Bilanizerung der Ausfallarbeit. Der Netzbetreiber erstellt im Rahmen des Modells eine Prognose über die Produktion der technischen Ressource, weswegen er die Berechnung der Ausfallarbeit selbst übernimmt. In diesem Kontext bilanziert er, welche Menge als Ausfallarbeit angefallen ist und schickt diese an den Betreiber der technischen Ressource weiter, welcher die Berechnung des Netzbetreibers zu überprüfen hat. Die Übermittlung der Werte erfolgt bis zum 8. Werktag des Folgemonats. Die Menge der Ausfallarbeit überführt der Netzbetreiber zur „Bereinigung der Bilanzkreise“ am Ende in eine sog. Ausfallüberführungszeitreihe (AAÜZ).

Planwertmodell

Im Planwertmodell erfolgt im Gegensatz zum Prognosemodell keine Prognose der technischen Ressource, sondern eine Erfassung und Übermittlung des Fahrplans direkt an den Netzbetreiber. Es liegen somit keine Prognosen, sondern Echtzeitdaten vor! Daher erfolgt die Ermittlung des Fahrplans und der damit verbundenen Ausfallarbeit durch den Betreiber der technischen Ressource selbst. Die Ausfallarbeit ist dem Netzbetreiber zu melden, welcher die Angaben des Betreibers überprüft. Um an dem Planwertmodell mit seiner eigenen technischen Ressource teilnehmen zu können, sind bestimmt Kriterien zu erfüllen, auf die aber in diesem Beitrag nicht näher eingegangen werden soll. Im Anschluss erfolgt nach der Genehmigung der Ausfallarbeit durch den Netzbetreiber der bilanzielle und finanzielle Ausgleich über den Netzbetreiber.

Redispatch 2.0 Ausfallarbeit: Abrechnungsvarianten

Nach erfolgter Bilanzierung muss im Nachgang eine Abrechnung der angefallenen Redispatch 2.0 Ausfallarbeit erfolgen. Hierfür existieren drei verschiedene Abrechnungsvarianten, deren Auswahl von unterschiedlichen Kriterien abhängt.

Spitzabrechnung

Die erste Variante stellt die Spitzabrechnung dar. Hierfür muss der Netzreiber der technischen Ressource bestimmte technische Voraussetzungen erfüllen. Beispielsweise benötigt eine Windkraftanlage zur Berechnung der Ausfallarbeit nach der Spitzabrechnung direkt von der Anlage vor Ort erhobene Wetterdaten, um die potenzielle Ausfallarbeit auf Basis der Wetterdaten berechnen zu können. Hierfür findet bei einer Windkraftanlage die Verknüpfung der Wetterdaten mit der Anlagenkennlinie statt, die am Ende die potenziell mögliche Anlagenleistung ohne die Durchführung der Redispatchmaßnahme angibt. Bei Solaranlagen erfolgt dies nicht über die Messung der Windgeschwindigkeit, sondern über die Messung des Einstrahlleistung der Sonne, während bei nichtflukturierenden Anlagen wie konventionellen und Biomasseanlagen der Fahrplan als Grundlage dient. Vereinfacht ausgedrückt dienen die SCADA-Daten der Anlagensteuerung für die Spitzabrechnung als wesentliche Grundlage zur Abrechnung der Ausfallarbeit.

Spitzabrechnung „light“

Der Unterschied zwischen Spitzabrechnung und Spitzabrechnung „light“ ist die Erfassung aller wesentlichen Informationen zur Berechnung der Ausfallarbeit nicht direkt an der Anlage, sondern z. B. über den Einbezug von Referenzstandorten. Dies kann z. B. die Nutzung der Messtechnik zur Erfassung der Wetterdaten einer benachbarten Windkraftanlage als Referenzstandort sein. Für Solaranlagen können auch die Daten von Wetterdienstleistern genutzt werden. Hier könnte es sich für ein EVU u. a. anbieten, LoRaWAN-Wetterstationen im eigenen Versorgungsgebiet zu installieren und die Messdaten den Betreibern der technischen Ressourcen zu verkaufen, damit diese am Spitzabrechnungsverfahren „light“ und nicht am Pauschalverfahren teilnehmen müssen.

Pauschalverfahren

Das Pauschalverfahren zur Berechnung und Abrechnung der Ausfallarbeit wird immer dann angewendet, wenn die messtechnischen Anforderungen für die Spitzabrechnung oder Spitzabrechnung „light“ nicht erfüllt sind. In diesem Fall erfolgt die Berechnung der Ausfallarbeit über die Betrachtung der erzeugten Energiemenge der letzten Viertelstunde vor der Aktivierung der Redispatchmaßnahme. Die Grundlage hierfür sind die prognostizierten Daten aus dem erstellten Fahrplan.

Insgesamt liegt die Auswahl des Abrechnungsmodells beim Betreiber der technischen Ressource, der die Einhaltung der technischen Mindestanforderungen sicherzustellen hat.

Fazit zum Thema Ausfallarbeit im Redispatch 2.0

Insgesamt handelt es sich bei dem Thema Redispatch 2.0 Ausfallarbeit um ein äußerst komplexes Thema, zu dem in diesem Blogbeitrag die wesentlichen Zusammenhänge dargestellt wurden. Jeder Betreiber einer technischen Ressource muss für sich selbst klären, welches Modell – Aufforderungs- oder Duldungsfall – er präferiert sowie welches Bilanzierungs- und Abrechnungsmodell für ihn am vorteilhaftesten ist. Für Netzbetreiber, Lieferanten und Anlagenbetreiber bedeuten die neuen Prozesse aus dem Redispatch 2.0 im Zusammenhang mit der Thematik Ausfallarbeit einen erhöhten Mehraufwand. Neue Prozesse sind zu etablieren, die verschiedenen Prognose- und Abrechnungsmodelle zu prüfen sowie Systemseitig umzusetzen und in die bestehenden IT- und Prozessinfrastrukturen zu integrieren. Für eine tiefergehende Analyse der vorgestellten Themen ist sicherlich ein Blick in die Leitfäden des BDEW zum Thema Redispatch 2.0 empfehlenswert, wo auch eine visuelle Darstellung der wesentliche Prozesse rund um das Thema Ausfallarbeit zu finden ist.

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LoRaWAN-Metering – Wann ist das intelligente Messsystem Pflicht?

Das intelligente Messsystem und LoRaWAN – Ein Duo mit Zukunft?

„Aber dürfen wir hier überhaupt einen LoRaWAN-Zähler einbauen oder müssen wir ein intelligentes Messsystem verwenden? Was ist hier regulatorisch eigentlich möglich?“. Dies sind wohl die häufigsten Fragen in jedem LoRaWAN- bzw. IoT-Projekt, wenn es um das Thema LoRaWAN-Metering geht. Die Frage, ob eine Einbaupflicht intelligenter Messsysteme besteht, ist keine unbegründete, da bei einem Regelverstoß im Zweifel ein Ausbau des LoRaWAN-Zählers notwendig wird oder die Abrechnung nicht eichrechtskonform ist. Doch die Technologie pauschal auszuschließen, ist ebenfalls keine Lösung, da der Einsatz im operativen Betrieb aus technischer, aber auch kaufmännischer Sicht interessant sein kann. Aus diesem Grund wollen wir mit diesem Blogbeitrag einmal Licht ins Dunkel bringen und darstellen, an welchen Stellen der Einbau eines intelligenten Messsystems verpflichtend ist und wo nicht.

LoRaWAN-Metering: Sparte Strom & Mieterstrommodelle

Der erste Gedanke, Zähler mit LoRaWAN auszulesen, fällt oft auf die Sparte Strom. Hier stellt sich aber schnell heraus, dass die Umsetzung am schwierigsten ist. Grundsätzlich gilt, dass der Einsatz eines intelligenten Messsystems nach dem MsbG grundsätzlich Pflicht ist, wenn es sich um abrechnungsrelevante Zähler handelt §1 MsbG ff. Durch die Einbindung des abrechnungsrelevanten Zählers in ein LoRaWAN-Netz handelt es sich aus Sicht des MsbG um die Einbindung in ein Kommunikationsnetz. In diesem Fall sind die Mindestanforderungen des MsbG einzuhalten. Eine Abrechnung von Stromzählern im Bereich LoRaWAN ist somit nicht möglich.

Ein Einsatz der LoRaWAN-Technologie zur Fernauslesung von Stromzählern ist damit aber nicht ganz ausgeschlossen. Beispielsweise ist die Ablesung im Bereich des Submeterings zulässig, sofern keine Abrechnung der Energiemengen erfolgt. So können zur Umsetzung eines Energiemanagements nach ISO 50001 zur internen Prozessoptimierung Zähler mit LoRaWAN ausgelesen werden. Ebenso intern verbaute Zähler in Stromnetzen, wie z. B. an Transformatoren, um die Prozesse innerhalb eines EVUs zu etablieren. Eine Abrechnung für diese Zähler findet aber nicht statt.

Zur Abrechnung von Stromzählern im Rahmen der jährlichen Turnusablesung für Haushaltskunden unter 6.000 kWh Jahresverbrauch und Mieterstromprojekten findet man Aktivitäten im „Graubereich“. So bieten einzelne Stadtwerke den Haushaltskunden einen LoRaWAN-Zähler zur Abrechnung an. Hier findet jedoch im offiziellen Sinne keine Abrechnung statt, sondern eine monatliche Anpassung des Abschlags. Die Abrechnung erfolgt wie gewohnt jährlich, wobei der Kunde den Ablesewert im Rahmen einer Kundenselbstauslesung bestätigt. Das Vorgehen ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht verboten, allerdings ist schwer einschätzbar, wie lange das Vorgehen nach dem MsbG zulässig ist. Ein gleiches Vorgehen ist auch bei der Abrechnung von Mieterstrommodellen mittels LoRaWAN zu beobachten. Grundsätzlich gilt auch bei Mieterstrommodellen eine Einbaupflicht eines intelligenten Messsystems. Vor allem dann, wenn eine Förderung in Anspruch genommen werden soll.

LoRaWAN-Metering: Sparte Gas

Das Auslesen von Gaszählern ist im Rahmen des LoRaWAN-Meterings durchaus erlaubt. Hier sind jedoch spezielle Besonderheiten zu beachten. Aus technischer Sicht kann eine Abrechnung von Gaszählern sowohl über LoRaWAN als auch über intelligente Messsysteme erfolgen. Für letzteres ist speziell eine Schnittstelle nach dem MsbG vorgesehen. Eine Pflicht zur Nutzung der Schnittstelle und Anbindung besteht jedoch nicht. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn §6 MsbG erfüllt ist. Dies ist der Fall, wenn ein Anschlussnehmer für seinen Anschlussnutzer einen Messstellenbetreiber auswählt. Dies ist vor allem bei Vermieter-/ Mieterverhältnissen und größeren Wohnungsgesellschaften der Fall. In diesem Fall muss der Anschluss einer weiteren Sparte zu Strom erfolgen und es besteht eine Anbindungspflicht des Zählers an das intelligente Messsystem. Grundsätzlich gilt auch hier, handelt es sich nicht um einen abrechnungsrelevanten Zähler, ist eine Anbindung an das intelligente Messsystem nicht verpflichtend. Das LoRaWAN-Metering ist in der Sparte Gas somit möglich.

LoRaWAN-Metering: Sparte Wasser

Das Auslesen von Wasserzählern mittels LoRaWAN ist grundsätzlich immer möglich, da die Sparte Wasser nicht im Geltungsbereich des MsbG liegt. Somit spielt es keine Rolle, ob der Zähler abrechnungsrelevant ist oder nicht. In der Praxis ist insbesondere bei Schachtwasserzählern eine verstärkte Aktivität der EVUs im Bereich des LoRaWAN-Meterings zu beobachten. Allerdings sind bei jeglichen Aktivitäten zur Fernauslesung von Wasserzählern die Datenschutzbestimmungen des Landesdatenschutzbeauftragten zu beachten.

LoRaWAN-Metering: Wärme- und Kältemengenzähler

Wärme- und Kältemengenzähler spielen vor allem in Fernwärme- und Fernkältesystemen eine Rolle. Da auch hier die Ablesung manuell im Rahmen der jährlichen Turnusablesung erfolgt, bietet sich eine Fernauslesung regelrecht an. Aus diesem Grund sieht der neue Entwurf des Gesetzgebers zur Fernauslesung von Wärme- und Kältemengenzähler die Verpflichtung einer Walk-by-Ablesung oder eine Einbindung in ein Funknetz bis Ende 2026 vor. Der Gesetzesentwurf sieht keine Anbindungspflicht für Wärmemengen- und Kältemengenzähler an das intelligente Messsystem vor. Das LoRaWAN-Metering ist somit problemlos möglich. Sollten aber die Bedingungen des §6 MsbG erfüllt sein und der Anschlussnehmer für seinen Anschlussnutzer den intelligenten Messstellenbetreiber auswählen, ist eine Anbindung an das intelligente Messsystem erforderlich.

LoRaWAN-Metering: Heizkostenverteiler

Neben Wärmemengenzählern erfolgt aktuell bei einigen Stadtwerken bereits die Anbindung von Heizkostenverteilern mittels LoRaWAN. Nach dem neuen Gesetzesentwurf zur Fernauslesung von Heizkostenverteilern besteht im Gegensetz zu Wärmemengenzählern ab 2026 eine Anbindungspflicht für alle neuen Heizkostenverteiler. Für alle Heizkostenverteiler vor 2026 besteht bis 2032 Bestandsschutz. Erst danach ist eine Anbindung an das intelligente Messsystem erforderlich. Somit ist ein LoRaWAN-Metering bis 2026 problemlos möglich. Auch hier gilt die Verpflichtung nur, wenn es sich um abrechnungsrelevante Heizkostenverteiler handelt. Eine Anbindung z. B. an ein Energiemanagementsystem bleibt weiterhin erlaubt.

Übersicht – LoRaWAN und Metering – Wo ist das intelligente Messsystem Pflicht

Unser Fazit zum Thema LoRaWAN und das intelligente Messsystem

Insgesamt lässt sich feststellen, dass keine einheitliche Regelung für den Umgang mit LoRaWAN-Zählern und dem intelligenten Messsystem besteht. Grundsätzliche Voraussetzung für eine Anbindungspflicht an das intelligente Messsystem ist die Erhebung abrechnungsrelevanter Daten. Hier besteht für die Sparten Strom und Mieterstromprojekte eine generelle Anbindungspflicht. Geschäftsmodelle im Graubereich werden an dieser Stelle nicht betrachtet und bewertet. Anders sieht es in den Sparten Gas und Wärme aus. Hier ist das LoRaWAN-Metering grundsätzlich zulässig, solange kein Fall nach §6 MsbG vorliegt. Die Sparte Wasser ist nach der aktuellen Rechtslage grundsätzlich von der Anbindungspflicht befreit. Für Heizkostenverteiler gilt nach dem jetzigen Geseteszentwurf hingegen nur eine Übergangszeit bis 2026.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Einsatz der Technologie LoRaWAN im Kontext des Meterings erlaubt ist, auch wenn einzelne Sparten ausgeschlossen sind. Gerade bei Objekten, bei denen die Herstellung von Konnektivität zur Fernauslesung von Zählern schwierig sein kann, bietet LoRaWAN einen Mehrwert. Vor allem in der Sparte Wasser ergibt sich bei Schachtwasserzählern ein hohes Potenzial, da eine manuelle Ablesung mit hohem Aufwand verbunden ist. In Fernwärmenetzen können Wärmemengenzähler massiv dazu beitragen, mehr Transparenz in das eigene Netz zu bringen, um die Fahrweise zu verbessern. Somit bietet der Einsatz von LoRaWAN durch die Erhebung weiterer Daten zur Optimierung der Energieinfrastrukturen einen deutlichen Mehrwert. Die Bereitstellung der Daten über das intelligente Messsystem, das als Zusatzleistung zu vergüten wären, ist somit nicht erforderlich. Das Thema LoRaWAN-Metering bleibt somit spannend.

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Ladesäulenverordnung 2.0 – Einheitliche Bezahlsysteme für Ladesäulen werden Pflicht

Payment: Wirrwarr an der Ladesäule

Das Fahren mit dem Elektroauto wird in Deutschland immer populärer. Zulassungszahlen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur erreichen in Deutschland immer neue Rekorde. Bedingt durch die Coronaförderung handelte es sich bei mehr als jeder zehnten Neuzulassung im ersten Quartal 2021 um ein vollelektrisches Fahrzeug. Parallel dazu erreichte auch die Anzahl öffentlicher Ladepunkte im März 2021 mit ca. 40.000 Ladepunkten einen neuen Rekordwert. Die Elektromobilität tritt somit in die Expansionsphase ein. Was aber noch fehlt ist eine einheitliche Regelung zur Abrechnung von Fahrstrom. Aus diesem Grund hat das BMWi Ende 2020 den neuen Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 (LSV) veröffentlicht, der neue verpflichtende Regeln für Ladesäulenbetreiber vorsieht.

Das Thema Abrechnung ist ebenso alt wie das Thema Elektromobilität selbst. In den Anfängen war es für den Fahrer von Elektrofahrzeugen nicht möglich, an allen Ladepunkten in Deutschland zu tanken. Vielmehr hatte jeder Ladesäulenbetreiber ein eigenes Bezahlsystem. Mal war eine Kundenkarte, dann eine Kreditkarte erforderlich und am nächsten Ladepunkt konnte der Fahrstrom gratis bezogen werden. Der Nutzerkomfort war somit maximal gering. Durch die Einbindung von Roaminganbietern für Ladepunkte stieg für den Ladesäulennutzer in den letzten Jahren zwar die Auswahlmöglichkeit, jedoch muss die Ladesäule an das Backend des E-Roamingdienstleisters angeschlossen sein. Ansonsten ist ein Laden nicht möglich. Ein Ad-hoc-Laden ist zwar mittlerweile bei vielen Ladepunkten möglich, allerdings variieren die Zahlungsmöglichkeiten. Um das Ad-hoc-Laden einfacher zu machen, sieht der Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 eine Vereinheitlichung der Abrechnung vor.

Vereinheitlichung und Erweiterung der Abrechnung in der Ladesäulenverordnung 2.0

Um ein einheitliches Ad-hoc-Laden zu ermöglichen, wird in der Ladesäulenverordnung 2.0 der §4 Abs.2 geändert, der bislang das Auswahlrecht zwischen vier verschiedenen Bezahlmethoden für den Ladesäulenbetreiber vorsah. Da das BMWi nach Rücksprache mit den Verbänden eine zu große Auswahlmöglichkeit sieht, die keine Standardisierung für das Ad-hoc-Laden vorantreibt, soll nun die Auswahl auf eine Möglichkeit begrenzt werden. Zu diesem Zweck sieht die Änderung vor, dass der Betreiber eines öffentlich zugänglichen Ladepunkts an dem jeweiligen Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe die für den bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung und den Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Kreditkartensystems anbieten muss. Als gängige Kreditkartensysteme zählen Mastercard und VISA. So soll auch für Ladesäulennutzer aus dem Ausland ein einheitliches, europäisches Ad-hoc-Laden möglich sein.

Für die Umsetzung des Kreditkartensystems sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 mehrere Möglichkeiten vor:

  1. Bereitstellung eines stationären Kartenterminals mit einem Chip- und Magnetstreifenleser, bei dem die jeweilige Karte physisch eingeführt wird.
  2. Kontaktloses Bezahlen über ein NFC-Lesegerät. Die Zahlung wird mit einem optischen oder akustischen Signal bestätigt.
  3. Bezahlung über eine mobile Webseite. Der Aufruf der Website erfolgt z. B. über einen QR-Code am Ladepunkt.

Optional hat der Ladesäulenbetreiber die Möglichkeit, dem Ladesäulennutzer weitere webbasierte Zahlungsmethoden wie z. B. PayPal anzubieten. Die Menüführung muss mindestens in den Sprachen Deutsch und Englisch angeboten werden. Von der Regelung zur Einführung einer Kreditkartensystems sollen die Ladepunkte ausgenommen werden, die den Strom gratis bereitstellen oder bei denen eine Möglichkeit zur Barzahlung vor Ort geben ist. Die Verpflichtung der Einführung eines Kreditkartensystems stellt lediglich eine Mindestanforderung der Ladesäulenverordnung 2.0 dar. Dem Ladesäulenbetreiber steht es frei, weitere Zahlungsmöglichkeiten wie z. B. die Debitkarte anzubieten. Die Umsetzung eines einheitlichen Bezahlsystems hat bis zum 31. Dezember 2022 zu erfolgen. Die Datenschnittstelle ist bis zum 30. Juni 2021 bereitzustellen. Da die Ladesäulenverordnung 2.0 noch nicht final beschlossen wurde, ist von einer Verschiebung der Fristen auszugehen. Für Ladepunkte, die vor dem 14. Dezember 2017 installiert wurden, ist keine Nachrüstung erforderlich.

Neuregelung private und öffentliche Ladepunkte in der Ladesäulenverordnung 2.0

Die verpflichtende Einführung von Kreditsystemen als Bezahlsystem für Ladepunkte gilt ausschließlich für Ladepunkte im öffentlichen Bereich. Im Rahmen der Novellierung der Ladesäulenverordnung erfolgt eine Änderung der Definition öffentlicher Ladepunkte. Demnach ist nicht mehr ausschließlich die Befahrbarkeit das entscheidende Kriterium, sondern es wird auch unterschieden, ob der Ladepunkt einem generellen oder individuellen Nutzerkreis zur Verfügung steht.

Unter einem individuell bestimmten Personenkreis sind Personen zu verstehen, „[…] die dem Betreiber regelmäßig namentlich bekannt sind oder die der Betreiber auf diese Weise bei Bedarf individuell identifizieren kann. Dies ist typischerweise bei einer Mitgliedschaft, einer Anmeldung oder Registrierung, die aufgrund eines von dem Betrieb des Ladepunktes eindeutig abgrenzbaren, primären Geschäftsbetriebs erforderlich ist (z. B. bei Hotels, (stations- basiertem) Car-Sharing und Arztpraxen) sowie bei einem Arbeitsverhältnis der Fall. Parkflächen auf einem Firmengelände, die nur mit konkreter Berechtigung (z. B. als Mitarbeiter oder berechtigte Gäste) befahren werden können, sind daher nicht als öffentlich zugänglich einzustufen. Da das Gelände grundsätzlich nicht öffentlich zugänglich ist, sind auch darauf befindliche Ladepunkte ohne weitere zusätzliche physische Beschränkungen oder Beschilderungen ebenfalls nicht öffentlich zugänglich“ §2 Nr.9 LSV 2.0.

Anders sieht es jedoch für Ladepunkte in Parkhäusern und auf Parkplätzen vor Supermärkten aus, da diese grundsätzlich für einen allgemeinen Personenkreis zugänglich sind. Ebenfalls nicht zu den öffentlichen Ladepunkten gehören Ladepunkte, die als privat gekennzeichnet wurden. Die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis ist in diesem Fall durch den Ladesäulenbetreiber sichtbar zu machen. Dies kann durch eine Bodenmarkierung oder eine Beschilderung erfolgen.

standardisierte IT-Architektur & Kommunikation

Neben der Bereitstellung einer standardisierten Datenschnittstelle sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 für alle öffentliche Ladepunkte die Anbindung an ein zentrales Managementsystem vor. Unter einem zentralen Managementsystem ist ein System zu verstehen, über das die Verwaltung der Ladepunkte erfolgt und das Betriebsprozesse unterstützt. Hierzu zählen u. a. Funktionen wie Verwaltung, Überwachung, Service, Wartung, Monitoring, Steuerung der Ladeinfrastruktur sowie Abrechnung und E-Roaming von Ladevorgängen. Ebenso sind die Abfrage von Backend-Status oder die Durchführung von Remote-Diensten (Lastmanagement) möglich. Welche Funktion durch das zentrale Managementsystem genutzt werden muss, regelt die Ladesäulenverordnung 2.0 hingegen nicht. Als Kommunikationsprotokoll zwischen dem Ladepunkt und dem Backendsystem ist das Open Charge Point Protocol (OCPP) vorgesehen. Eine Überführung in die zukünftige Norm DIN EN 63110 bzw. IEC 63110 ist vorgesehen.

SMGW-Pflichten für den Ladepunkt

Ergänzend zur Umsetzung einer einheitlichen Abrechnung für öffentliche Ladepunkte sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 den Einsatz von Smart-Meter-Gateways (SMGW) zur Sicherstellung der Netz- und Marktintegration vor; §3 Abs.6 LSV 2.0. Im Fokus stehen hierbei vor allem energiewirtschaftlich relevante Lade- und Steuerungsvorgänge. Solange keine abrechnungs- oder netzrelevanten Lade- und Steuerungsvorgänge bestehen, ist eine direkte Verbindung und Authentifizierung mit einem SMGW nicht erforderlich. In solchen Fällen ist der Einsatz von SMGWs am Netzanschlusspunkt ausreichend.

Durch die Novellierung der Ladesäulenverordnung schafft der Gesetzgeber eine einheitliche Regelung zum Umgang mit der Abrechnung von Ad-hoc-Ladevorgängen. Durch die Neudefinition des Begriffs öffentlicher Ladepunkte besteht außerdem eine größere Rechtssicherheit, welche Ladepunkte von den neuen Regelungen betroffen sind. Der Einsatz von SMGWs und der Aufbau einer zentralen, einheitlichen Backendinfrastruktur schaffen außerdem die Voraussetzung dafür, die Elektromobilität auch langfristig in die Netzsteuerung zu integrieren. Somit stellt die Ladesäulenverordnung 2.0 eine sinnvolle Ergänzung zu parallel verlaufenden Gesetzgebungsverfahren, wie zum Beispiel der Regelung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen oder dem neuen Netznutzungsvertrag E-Mob, dar.

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LoRaWAN-Wärmemengenzähler: Verpflichtung zur Fernauslesbarkeit bis Ende 2026

Regierungsentwurf zur EED-Richtlinie liegt vor

Auch wenn der Fokus der Energiewirtschaft auf dem Rollout der intelligenten Messsysteme und die Herstellung der Fernauslesbarkeit von Stromzählern liegt, steht auch in den anderen Infrastrukturbereichen eines Stadtwerks das Thema Metering nicht still. Nachdem im Rahmen des EU-Winterpakets in der EED-Richtlinie aus dem Jahr 2019 eine verpflichtende Fernauslesbarkeit von Kälte- und Wärmemengenzählern sowie Heizkostenverteilern gefordert wird, zieht der deutsche Gesetzgeber nun endlich mit dem Entwurf zur Umsetzung der „Verordnung zur Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie 2018/2002/EU im Bereich der Fernwärme und Fernkälte“ nach. Ein Baustein zur Lösung des Problems können hier LoRaWAN-Wärmemengenzähler sein.

Konkret fordert die EU in ihrer Richtlinie die Herstellung der Fernauslesbarkeit für alle Kälte- und Wärmemengenzählern sowie Heizkostenverteilern. Ein Bestandsschutz ist nur begrenzt vorgesehen. Gleichzeitig soll nach dem Willen der EU die Abrechnung auch unterjährig erfolgen. Die genauen Forderungen der Richtlinie sind in diesem Kontext in einem alten Blogbeitrag von uns zu finden: Zum Beitrag.

Wärmemengenzähler: Fernauslesbarkeit bis 2026

Nach dem Entwurf des Gesetzgebers sind alle Messeinrichtung zur Erfassung von Wärmengen und Kälte bis zum 31.12.2026 zur Herstellung der Fernauslesbarkeit umzurüsten oder auszutauschen. Demnach ist eine Fernauslesbarkeit gegeben, wenn die Messeinrichtung ohne Betreten der Nutzeinheiten abgelesen werden kann. Eine Anschlusspflicht an das intelligente Messystem besteht nach dem bisherigen Entwurf nicht. Eine Ablesung über bestehende IoT-Netze (wie z. B. über LoRaWAN-Wärmemengenzähler oder eine Walk-by-Ablesung) ist demnach zulässig. Somit ist der Einsatz von LoRaWAN-Wärmemengenzählern erlaubt. Im Rahmen von bestehenden Projekten konnte die items GmbH bereits umfangreiche Praxiserfahrungen mit Herstellern von LoRaWAN-Wärmemengenzählern sammeln.

Monatliche Verbrauchsinformation wird zur Pflicht

Im Zuge der Einführung der verpflichtenden Fernauslesbarkeit von Zählern fordert der Gesetzgeber eine Anpassung der Rechnungsstellung. Kunden, welche noch über keine intelligenten Wärmemengenzähler verfügen, erhalten wie gewohnt einmal jährlich eine Abrechnungsinformation. Dies kann sowohl schriftlich als auch auf dem elektronischen Wege erfolgen, wobei die Abrechnung mindestens einmal jährlich auf dem tatsächlichen Verbrauch basieren muss.

Ab dem Zeitpunkt, zu dem eine fernauslesbare Messeinrichtung z. B. mit einem LoRaWAN-Wärmemengenzähler vorliegt, sind dem Kunden Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens zweimal im Jahr zu übermitteln. Die Zustellung der Rechnung muss auf Verlangen des Kunden in elektronischer Form erfolgen. Ab dem 01.01.2022 ist dem Kunden eine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens monatlich zu übermitteln. Außerhalb der Heizperiode für Fernwärme oder der Kühlperiode für Kälte ist keine Mitteilung für Fernwärme- bzw. Fernkältenetzbetreiber erforderlich. Die Heizperiode in Sinne der Verordnung liegt zwischen dem 1. Oktober eines Jahres und dem 30. April des Folgejahres, im übrigen Zeitraum des Jahres liegt die Kühlperiode.

Automatisierte Abrechnung der LoRaWAN-Wärmemengenzähler mit der IoT-ERP-Bridge

Durch die verpflichtende Fernauslesbarkeit und monatliche Verbrauchsinformation müssen die Prozesse für Fernwärmenetzbetreiber automatisiert werden. Stadtwerke mit einer LoRaWAN-Infrastruktur können ihre LoRaWAN-Wärmemengenzähler mit der IoT-ERP-Bridge der items abrechnen. Die IoT-ERP-Bridge stellt die Messwerte der Billing-Software bereit, so dass eine monatliche Abrechnung oder Verbrauchsinformation erfolgen kann.

Daneben ist eine Integration der Daten in das Kundenportal des Fernwärmenetzbetreibers möglich. Verfügt der Fernwärmenetzbetreiber über kein eigenes Kundenportal, kann im Billing-System eine monatliche automatische E-Mail generiert werden, welche dem Kunden den aktuellen Verbrauchsstand mitteilt. Das gleiche Verfahren ist auch bei Mobilfunkanbietern zu finden.

Des Weiteren lässt sich die IoT-ERP-Bridge nicht nur für die Abrechnung von Wärmemengenzählern, sondern auch für die weiteren Sparten wie Wasser oder zur Bereitstellung von Lastgängen aus Mieterstromobjekten nutzen. Darüber hinaus besteht eine Schnittstelle zum SAP PM, so dass Instandhaltungsprozesse oder Arbeitsaufträge automatisch generiert werden können.

Features IoT-ERP-Bridge zur Abrechnung von Wärmemengenzählern

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PV-Anlagen im Post EEG-Zeitalter

Über eine Millionen EEG-Anlagen in zwölf Jahren

Der Klimawandel und die Pariser Klimaziele stehen aktuell, insbesondere auch im Kontext von Fridays for Future, im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das Ziel von mindestens 80 % Erneuerbaren Energien stellt hierbei das selbsternannte Ziel der Bundesregierung dar. Bereits Anfang 2000 wurden hierfür die Weichen mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zur Förderung alternativer Energiequellen gestellt. Das EEG sollte im Kern dazu dienen, regenerative Energien in ihrer Entwicklung zu fördern. Mittlerweile liegt der Anteil des regenerativ produzierten Stroms in Deutschland bei über 40%.

Der Zubau entstand vor allem auf Grund der staatlich garantierten Einspeisevergütung für eine Dauer von 20 Jahre durch das EEG. Ende des nächsten Jahres werden also die ersten Erneuerbaren Energien-Anlagen aus der EEG-Vergütung fallen. Für die Anlagenbetreiber stellt sich deswegen die Frage, was mit ihrer Anlage passieren soll und welche Möglichkeiten des Weiterbetriebs bestehen.
Bis zum Jahr 2032 sollen laut Analyse der Übertragungsnetzbetreiber über eine Millionen Anlagen aus der EEG-Vergütung fallen. So steht die Frage im Vordergrund, wie mit diesen Anlagen zu verfahren ist. Im Rahmen dieses Blogbeitrages soll der Fokus auf PV-Anlagen liegen.

PV-Anlagen benötigen einen Direktvermarkter

Wie für alle regenerativen Erzeugungsanlagen garantiert das EEG ein Einspeiseprivileg für 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres. Dies bedeutet für den erzeugten Solarstrom aus Post-EEG-Anlagen die Erhebung einer EEG-Umlage von 40% nach §61a EEG. Somit entfällt das Privileg des Eigenverbrauchs für PV-Anlagen < 10 kWpeak.

Ebenso endet die Tätigkeit des Übertragungsnetzbetreibers als Vermarkter des eingespeisten Stroms in die Versorgungsnetze, sofern sich die Anlagen nicht in der Direktvermarktung befinden. Dies bedeutet für den Anlagenbetreiber, dass jede erzeugte Kilowattstunde Strom, die nicht eigenverbraucht werden kann und in das öffentliche Netz eingespeist wird, durch einen Direktvermarkter abgenommen werden muss. Ansonsten müsste der Anlagenbetreiber selbst die Rolle des Lieferanten und Vermarkters einnehmen. Gerade für kleine Haushaltsanlagen birgt dies jedoch einen zu hohen Aufwand. Dazu kommt, dass unabhängig von der Frage, wer die Rolle des Direktvermarkters übernimmt, der Wechsel der Vermarktungsform dem zuständigen Netzbetreiber mitgeteilt werden muss. Gleiches gilt auch für Windkraftanlagen, welche im Rahmen des Beitrags nicht betrachtet werden sollen, auch wenn die meisten Vermarktungsmodelle ähnlich zur Photovoltaik sind.

Herkömmliche PV-Anlagen sind in der Regel für einen längeren Betrieb als 20 Jahre konzipiert und verfügen in der Regel nach 20 Jahren noch über 80% ihrer ursprünglichen Leistung. Aus diesem Grund ist zu klären, welche Weiterbetriebsmodelle für Post-EEG-Anlagen denkbar sind.

Post EEG PV-Anlagen

Unterschiedliche Betriebsmodelle für Post EEG-Anlagen

Für Photovoltaikanlagen sind mehrere Modelle denkbar. Grundsätzlich sind hierfür im Kern drei Fragen zu beantworten:

  1. Wem soll in Zukunft die Anlage gehören? Dem ursprünglichen Besitzer oder einem Dritten?
  2. Soll überschüssige Energie in das Netz eingespeist werden?
  3. Über welchen Zeitraum soll die Anlage betrieben werden?

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass ein Weiterbetrieb der Anlagen über Direktvermarkter erfolgen wird, wobei die Anlage im Besitz des ursprünglichen Erzeugers bleibt. Gegen eine monatliche Pauschale oder eine feste Vergütung pro kWh kann der Strom an der Börse in das Portfolio des Direktvermarkters aufgenommen werden. Die rechtlichen Pflichten der Vermarktung, Prognose etc. übernimmt der Dienstleister.

Zur Steigerung der Effizienz kann der Eigenverbrauch durch einen Stromspeicher optimiert werden. Die Sinnhaftigkeit ist hierbei jedoch vom Zustand der Erzeugungsanlage und der Dauer des geplanten Weiterbetriebs abhängig. Der Energievertrieb kann über eine Börse oder über dezentrale, bilaterale Handelsplätze stattfinden.

Demgegenüber steht die Alternative des Repowerings der Solaranlage, bei der die Erzeugungsanlage zu einem gewissen Grad erneuter wird und dann im Sinne des EEGs als Neuanlage gewertet wird. Hierbei entsteht ein erneuter, aber verringerter Vergütungsanspruch, für 20 Jahre zzgl. des Inbetriebnahmejahrs im Sinne des EEG. Hierbei ist jedoch die Größe des Anschlusses zu berücksichtigen, der evtl. nicht für ein Repowering ausgelegt wurde. Die Anforderungen diesbezüglich sind mit dem zuständigen Netzbetreiber zu klären.

Alternativ kann die Anlage mit einem Energiespeicher zur Eigenstromversorgung optimiert und am Wechselrichter komplett auf der Einspeiseseite abgeregelt werden. So entfällt die Verpflichtung der Auswahl eines Direktvermarkters. Die Maßnahme ist ebenfalls beim zuständigen Netzbetreiber zu melden. Genauso sind Konstruktionen mit einem Heizstab in einem Spitzenlastkessel der Heizungsanlage denkbar, der durch die PV-Anlage mit überschüssiger Energie versorgt wird. Da die PV-Anlage bereits abgeschrieben ist, ist eine wirtschaftliche Betriebsweise möglich.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, die PV-Anlage an einen neuen Betreiber zu verkaufen, der die Pflichten der Energiebelieferung übernimmt. Hierbei ist auch die Kombination eines Mieterstrommodells denkbar, da die Energieerzeugung und -abnahme nicht durch eine Person übernommen wird.

Bei einer Umrüstung auf Eigenverbrauch ist jedoch eine Veränderung des Messkonzeptes zu berücksichtigen und ggf. notwendig, um eine abrechnungskonforme Bilanzierung sicherzustellen. Dies kann zu zusätzlichen Kosten beim Messsystem führen, wie auch zu einer Veränderung des Zählerschrankes, der ggf. nicht über den notwendigen Platz verfügt.

items Betriebsmodelle Post EEG-Anlagen

Strategien der Anlagenwartung

Im Rahmen des Weiterbetriebs von PV-Anlagen ist in jedem Fall die geplante Dauer des Weiterbetriebs zu klären. Hierbei ist zwischen drei verschiedenen Betriebsweisen zu differenzieren:

1. langfristige Betriebsweise:

Die Betriebsweise ist für einen langfristigen Weiterbetrieb ausgelegt. Es existiert ein umfangreiches Wartungs- und Versicherungskonzept, um die Leistungsfähigkeit der Anlage zu erhalten. Die Anlage wird lediglich bei einem Großkomponentenschaden nicht weiterbetrieben.

2. mittelfristige Betriebsweise:

Die Betriebsweise ist für einen mittelfristigen Weiterbetrieb über mehrere Jahre ausgelegt. Es wird eine jährliche Wartung durchgeführt. Einzelne, kostengünstige Wartungsmaßnahmen werden durchgeführt. Bei mittleren bis größeren Schäden wird der Betrieb der Anlage eingestellt.

3. kurzfristige Betriebsweise:

Die kurzfristige Betriebsweise ist bis zum ersten Schadensfall ausgelegt. Es werden lediglich die notwendigen Wartungsmaßnahmen durchgeführt. Bei einem relevanten Schadensfall wird die Anlage nicht mehr weiterbetrieben. Das Ziel der Betriebsweise ist die Erzielung der maximalen Rendite bei möglichst geringen Instandhaltungskosten.

Bei der Auswahl der jeweiligen Strategie sind vor allem der Standort, der Zustand und die noch vorhandene Leistungsfähigkeit der Anlage zu berücksichtigen. Bei stark beschädigten Anlagen ist entweder die Installation einer Neuanlage sinnvoll oder die kurzfristige Betriebsweise.

Post EEG – Chance für EVUs

Gerade für Stadtwerke stellen Post-EEG-Anlagen ein ungeheures Potenzial dar. Oft sind in einem Netzgebiet 10% aller Haushalte (sofern es sich um ein EVU im ländlichen Raum handelt) mit einer Erneuerbaren-Energien-Anlage ausgestattet, die in den nächsten Jahren aus der Förderung herausfallen können. Hier bietet sich für Stadtwerke das Potenzial, die Rolle des Direktvermarkters zu übernehmen oder die Anlage als Mieterstromanlage weiterzubetreiben. Darüber hinaus können weitere Services im Bereich E-Mobilität integriert werden. Das EVU rückt so stärker in die Rolle eines Dienstleisters, die zur Bindung der Kunden immer notwendiger wird.

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

Ausgezeichnet: Billing4us gewinnt den Stadtwerke Award 2016

Billing4us, Energie & Wasser Potsdam und die Stadtwerke Wunsiedel sind die Gewinner des STADTWERKE AWARD 2016. Mit einem Sonderpreis kürt die Jury den Mut der Stadtwerke Bad Reichenhall.

Münster, 15. September 2016. Die kooperative IT-Plattform Billing4us hat sich im Wettbewerb um den STADTWERKE AWARD 2016 durchgesetzt. Im Rahmen des VKU-Stadtwerkekongresses in Leipzig nahmen stellvertretend für die Kooperation Ludger Hemker, Geschäftsführer der items GmbH, Manfred Hülsmann, Vorstand der Stadtwerke Osnabrück AG und Dr. Henning Müller-Tengelmann, Kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke Münster GmbH, die Auszeichnung entgegen. „Billing4us verdeutlicht, wie erfolgreich Digitalisierung in einer beeindruckenden Kooperationsarbeit umgesetzt werden kann“, betonte Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke-Kooperation Trianel sowie Initiator und Jury-Mitglied des STADTWERKE AWARD anlässlich der Preisverleihung.

Mit Billing4us wurde eine technische Basis für die gemeinsame Umsetzung von Abrechnungsprozessen geschaffen. Ausgangspunkt der Zusammenarbeit war die gesetzliche Trennung der Mandanten für Energielieferanten und Netzbetreiber in den Abrechnungssystemen. Preiswürdig ist das Kooperationsmodell, weil hier eine einfache Lösung für das Schlüsselthema Abrechnung entwickelt wurde und das Bestandgeschäft deutlich profitiert. Die Umsetzung wurde dabei auch durch ein hervorragendes Change Management begleitet.

„Wir freuen uns, nicht nur eine funktionierende IT-Plattform geschaffen zu haben, sondern durch die Auszeichnung auch Vorbildcharakter zu erlangen“, sagte Ludger Hemker anlässlich der Verleihung. „Der STADTWERKE AWARD ist für unsere IT-Plattform und alle zwölf beteiligten Unternehmen eine weitere Bestätigung nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und kulturell die Zusammenarbeit von mehreren Unternehmen gemeistert zu haben“, so Manfred Hülsmann, Vorstand der Stadtwerke Osnabrück. Billing4us ist eine Kooperation der Stadtwerke Münster, Osnabrück, Lübeck, Solingen, Tecklenburger Land sowie der Städtischen Werke AG Kassel und der jeweiligen Netzunternehmen.

Neben Billing4us wurden die Stadtwerke Wunsiedel (1. Platz) und die Energie und Wasser Potsdam (2. Platz) mit dem STADTWERKE AWARD 2016 in Leipzig ausgezeichnet. Den Mut, den die Stadtwerke Bad Reichenhall bei der Neudefinition ihrer Aufgaben für die Daseinsvorsorge beweisen, zeichnet der STADTWERKE AWARD durch den diesjährigen Sonderpreis aus. „Die Zukunftsfähigkeit von Stadtwerken liegt nicht in ihrer quantitativen Größe, sondern in ihrer Offenheit und ihrem Mut neue Wege zu gehen“, betonte Becker in der Laudatio.

Der in diesem Jahr erstmals im Rahmen des VKU-Stadtwerkekongress in Leipzig verliehene STADTWERKE AWARD zeichnet Stadtwerke, eigenständige kommunale und regionale Energieversorgungsunternehmen sowie einzelne Projekt- und Arbeitsgruppen aus, die mit ihren Ideen, Strategien und Umsetzungskonzepten Leuchtturmfunktion für die Zukunft der Energiewirtschaft haben. Die Auszeichnung verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und prämiert Vorzeigeprojekte über die gesamte Wertschöpfungskette von Stadtwerken: Von Erzeugung, über Netze und Messstellenbetrieb, Handel und Beschaffung bis hin zu Vertrieb, neuen Geschäftsmodellen oder Bürgerbeteiligungen. In diesem Jahr haben sich rund 25 Stadtwerke für den STADTWERKE AWARD beworben und sich dem Urteil der 12-köpfigen Jury gestellt.
Artikel in der ZfK, Ausgabe 10/2016 als Download

Weitere Informationen:
http://www.innovation-congress.de/de/Veranstaltungen/Stadtwerke-Award/Stadtwerke-Award-2016-.html