Redispatch 2.0 Einführungsszenario: Umsetzung auf der Zielgeraden

23. Juni 2021

Redispatch 2.0 Einführungsszenario: Hintergrund der Anwendungshilfe

Im Mai 2021 hat der BDEW eine Anwendungshilfe zum Thema Redispatch 2.0 Einführungsszenario veröffentlicht, das ab dem 01. Juli 2021 in die Umsetzung zur Vorbereitung des Starts zum 01. Oktober geht. Die vorliegende Anwendungshilfe Einführungsszenario des Redispatch 2.0 beschreibt die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Anforderungen des Redispatch 2.0, den neuen marktrollenübergreifenden Regelungen zur Sicherstellung einer einheitlichen, standardisierten Kommunikation nach den Festlegungen der Beschlusskammer 6 der BNetzA.

Dabei betrachtet die Anwendungshilfe den von der BNetzA verbindlichen Zeitraum vom Start der verbindlichen Datenmeldungen bis zum Start des Redispatch 2.0 am 01. Oktober 2021. Die Anwendungshilfe stellt hierbei eine Best-Practice-Vorgehensweise nach den Empfehlungen des BDEW dar, wie eine Umsetzung im eigenen Haus erfolgen sollte. Es besteht allerdings keine Pflicht für EVUs, sich exakt an den Zeitplan der Anwendungshilfe zu halten. Allerdings ist eine Funktionsfähigkeit der Systeme zum 01. Oktober sicherzustellen. Da der Zeitraum von Juli bis Oktober zur finalen Umsetzung relativ kurz ist, ist eine Umsetzung des eigenen Redispatch 2.0-Projektes nach den Empfehlungen des BDEW zu befürworten.

Ausgangsbasis des Einführungsszenarios

Da mit dem Beginn des Einführungsszenarios bereits mit dem initialen Austausch der Stammdaten begonnen werden soll, sind bereits vor dem 01. Juli zahlreiche Aufgaben durch das EVU zu erfüllen. Die Grundlage zur Übertragung von Informationen ist durch die Herstellung einer Anbindung der Marktakteure in die Markkommunikation über den Data-Provider sicherzustellen. Bei dem Data-Provider handelt es sich um eine neue Rolle in der Energiewirtschaft, welche die notwendige Infrastruktur des Datenaustauschs bereitstellt, um eine sachgerechte Kommunikation zwischen den Marktakteuren sicherzustellen. Grundsätzlich ist zum Austausch der Übertragungsdateien eine 1:1-Kommunikation anzuwenden. Weitere Details sind in den Dokumenten „EDI@Energy Regelungen zum Übertragungsweg“ sowie „EDI@Energy Allgemeine Festlegungen“ beschrieben.

Mit der Umsetzung des Einführungsszenarios Redispatch 2.0 kann erst gestartet werden, wenn alle notwendigen Kommunikationsbeziehungen aufgebaut sind. Erst dann ist die Durchführung des geforderten Datenaustauschs möglich. Eine Anbindung an den Data-Provider Connect+ kann bereits jetzt erfolgen. Am 01. Juli, zum Zeitpunkt des Starts des Einführungsszenarios, kann mit dem Datenaustausch begonnen werden. Grundlage für die Identifikation der Marktpartner stellen die Identifikationsnummern dar, die im Vorhinein zu beantragen sind. Wie das Beantragungsverfahren funktioniert und welche Identifikationsnummern (IDs) existieren, haben wir bereits in einem anderen Blogbeitrag im Mai 2021 vorgestellt. Sind die Vorrausetzungen des Aufbaus der Konnektivität erfüllt und die IDs beantragt, kann mit dem Einführungsszenario begonnen werden.

Einführungsszenario Redispatch 2.0: der Zeitplan bis zur Zielgeraden

Vom 01. Juli bis zum 01. Oktober steht jedem EVU ein sportliches Programm bevor, die Anforderungen des Einführungsszenarios des Redispatch 2.0 umzusetzen. Insgesamt sieht das Einführungsszenario 11 Arbeitsbausteine vor, die es umzusetzen gilt. Im Folgenden soll auf die einzelnen Bausteine eingegangen werden:

Schritt 1 bis 3: Stammdatenaustausch

Ab dem 1. Juli beginnt der Stammdatenaustausch zwischen den Marktakteuren. Hierfür sind drei verschiedene Arbeitsschritte durchzuführen. Schritt 1 umfasst den initialen Stammdatenaustausch vom Einsatzverantwortlichen (EIV) zum Data-Provider (DP). Die Übermittlung der Stammdaten erfolgt über die festgelegten Prozesse und Datenformate des Redispatch 2.0. Eine Übermittlung der initialen Stammdaten hat sowohl für Bestandsanlagen als auch für Neuanlagen, die nach dem 31.08.2021 in Betrieb gehen, zu erfolgen. Ab dem 18. August sollte die Bereitstellung der Stammdaten abgeschlossen sein. So kann am 01.09.2021 mit der Lieferung der Planungsdaten begonnen werden.

Im Rahmen des zweiten Schritts der Stammdatenbereitstellung sind vom Anschlussnetzbetreiber (ANB) die angereicherten Stammdaten für die steuerbaren Ressourcen (SR) an den DP zu übermitteln. Die angereicherte Stammdaten-Lieferung sollte bis zum 25.08.2021 abgeschlossen sein, um die Planungsdaten ab dem 01.09.2021 empfangen zu können. Der 3. Schritt umfasst die Sicherstellung der Möglichkeit, dass alle Marktakteure den Prozess zur Änderung der Stammdaten nutzen können.

Schritt 4: Abrufe im Aufforderungsfall

Ab dem 01. September und bis zum Beginn des Redispatch 2.0 sind alle Abrufe und Abrufinformationen an den DP zu übermitteln. Eine Umsetzung des Aufforderungsfalls vor dem 01. Oktober erfolgt aber nicht. Vielmehr soll der Zeitraum als Testzeitraum für die jeweiligen Prozesse dienen. Die Ausführung des Aufforderungsfalls erfolgt über den Prozess „Use-Case: Abruf im Aufforderungsfall mit Delta-/Sollwertanweisung” unter Berücksichtigung der festgelegten Datenformate.

Schritt 5: Abrufe im Duldungsfall

Wie auch für den Aufforderungsfall startet die Testphase des Duldungsfall ebenfalls am 01. September. Die verbindlichen Informationen für die entsprechenden Sollwerte der steuerbaren Ressourcen sind über den DP bereitzustellen. Ebenfalls handelt es sich bis zum 01. Oktober um eine Testphase. Die Ausführung des Duldungsfalls erfolgt über den Prozess „Use-Case: Abruf im Duldungsfall mit Sollwertanweisung” unter Berücksichtigung der festgelegten Datenformate.

Schritt 6 und 7: Planungsdaten im Planwertmodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Planungsdaten an den DP zu übermitteln. Ab de 29. September bis spätestens 14:30 werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale Planungsdaten an den DP übermittelt. So kann der Start für das Redispatch 2.0 ab dem 01. Oktober erfolgen.

Schritt 8 und 9: Nichtbeanspruchbarkeiten im Prognosemodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Nichtbeanspruchbarkeiten an den DP zu übermitteln. Bis zum 27.09.2021 bis spätestens 14.30 Uhr werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale Nichtbeanspruchbarkeiten an den DP übermittelt.

Schritt 10 und 11: Marktbedingte Anpassung im Prognosemodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Marktbedingte Anpassung an den DP zu übermitteln. Ereignisgesteuert bis spätestens Echtzeit werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale marktbedingte Anpassungen an den DP übermittelt.

Redispatch 2.0 Einführungsszenario nach dem BDEW

Fazit zum Einführungsszenario

Anhand des Zeitplans Redispatch 2.0 Einführungsszenario und der zu erledigenden Arbeitspakete bis zum Start am 01. Oktober wird ersichtlich, dass vor jedem EVU ein sportlicher Umsetzungsplan liegt. Mit den neuen Prozessen des Redispatch 2.0 hat der Gesetzgeber ein Konstrukt geschaffen, das es vermutlich so seit dem MsbG und der Vorbereitung zum Rollout intelligenter Messsysteme nicht mehr gegeben hat. Die Umsetzung zur Einführung des Redispatch 2.0 ist kein Thema, das in einem EVU einfach nebenbei umgesetzt werden kann. Vielmehr sollte mit einer großen Intensität an der Umsetzung gearbeitet werden.

EVUs, die bereits am Testbetrieb zur Umsetzung des Redispatch 2.0 seit Mai beteiligt sind, haben bereits ein gutes Fundament gelegt, auch die Anforderungen des Einführungsszenarios umzusetzen. Für alle EVUs, die sich bislang noch nicht so intensiv mit der Umsetzung beschäftigt haben, gilt es nun, die Ärmel hochzukrempeln. An dieser Stelle sei allerdings zu erwähnen, dass das EVU nicht nur die Prozesse des Einführungsszenarios umzusetzen hat, da sich dieses hauptsächlich auf die Anbindung der Marktpartner an den DP konzentriert. Weitere Aufgaben, wie z. B. die Prognose von Erzeugungsanlagen der Netzbetreiber oder eine Sicherstellung der Prozesse zur Abrechnung der SR im Falle einer Redispatchmaßnahme, sind ebenfalls umzusetzen.

Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog. Wenn ihr noch einmal nachlesen wollt, worum es sich genau bei dem Thema Redispatch 2.0 handelt, empfehlen wir euch unseren dazugehörigen Blogartikel Redispatch 2.0: Das Stromnetz wird flexibler.

Marcel Linnemann

Leitung Innovation & Grundsatzfragen Energiewirtschaft
Marcel Linnemann, Wirt. Ing. Energiewirtschaft, Netzingenieur, ist Leiter Innovation und regulatorische Grundsatzfragen bei items und Autor diverser Fachbücher und -artikel rund um die Thematiken der Energiewirtschaft und der Transformation