22 Jahre EEG – Zeit über das Recycling von EE-Anlagen zu sprechen
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geht nun im Jahr 2022 in das 22. Lebensjahr. Die Energiewende selbst ist längst kein neues Phänomen mehr, sondern ein kontinuierlicher Prozess, welchen wir seit über zwei Dekaden beschreiten. Mit ihr ist das Ziel einer nachhaltigen, effizienten und umweltfreundlichen Energiepolitik verbunden. Dabei liegt das Augenmerk meist auf der reinen regenerativen Energieerzeugung oder der gesamten CO2-Bilanz einer Erneuerbaren-Energien-Anlage (EE-Anlage). Doch wie bei allen Anlagen, ob konventionell oder erneuerbar, hat jede Erzeugungsanlage eine maximale Lebensdauer. So auch eine EE-Anlage.
Da in Deutschland die ersten EE-Anlagen mit dem Auslaufen aus der EEG-Förderung ihrer maximalen Lebensdauer immer näherkommen, stellt sich die Frage, wie ein Rückbau und Recycling von EE-Anlagen funktioniert bzw. was technisch möglich ist. Da der Aspekt des Recyclings in der öffentlichen Diskussion größtenteils noch eine untergeordnete Rolle spielt, die mit der Zunahme des Rückbaus von EE-Anlagen jedoch zunehmen wird, wollen wir in diesem Blogbeitrag einmal betrachten, welche Regeln u. a. für Windkraftanlagen gelten und wie ein Rückbau funktioniert. Instandhaltungs- und Wartungsprozesse, welche die Lebensdauer verlängern und somit eine wesentliche Basis für eine gute Ökobilanz von EE-Anlagen sind, sollen in diesem Blog weniger thematisiert werden.
Rückbau von EE-Anlagen – Welche Rechtsvorschriften gelten?
Zum aktuellen Zeitpunkt existiert in Deutschland kein zentrales, einheitliches Gesetz bzw. keine Verordnung, die sich mit dem Rückbau von EE-Anlagen beschäftigt. Vielmehr ist eine Vielzahl von Vorschriften in unterschiedlichsten Gesetzen zu finden. Hiermit sind auch unterschiedliche Anforderungen an die Komplexität des Rückbaus und des Recyclings von Anlagen verbunden. Die Entsorgung von Photovoltaik-Modulen ist relativ einfach, in Gegensatz zu Windkraftanlagen. PV-Anlagen unterliegen den allgemeinen Anforderungen der Elektroaltgerätesammlung. Somit ist die Entsorgung einer PV-Anlage rechtlich nicht komplizierter als die einer Waschmaschine.
Für Windkraftanlagen gilt dies nicht. Vielmehr sind eigene Rückbau- und Recyclingkonzepte erforderlich. Diese können jedoch nicht standardmäßig aus der Schublade genommen werden. Stattdessen fordert das Bundesemissionsschutzgesetz, auf die Diversität der Anlagen und deren Umfeld Rücksicht zu nehmen, sodass ein maßgeschneidertes Rückbaukonzept erforderlich ist.
Rückbau von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?
Rückbauanzeige und Stilllegung
Der Rückbau von Windkraftanlagen erfolgt in einem mehrschrittigen Prozess. Sofern ein Rückbaukonzept vom Betreiber der Anlage erfolgreich erstellt wurde, ist eine Rückbauanzeige der Anlage zu stellen. Hierfür ist die Baubehörde vor Ort zu informieren. Gleichzeitig ist eine Abmeldung im Marktstammdatenregister erforderlich. Im nächsten Schritt erfolgt eine Stilllegung der Anlage, bei der die Windkraftanlage vom öffentlichen Netz getrennt wird. Die Trennung hat durch schaltberechtigtes, qualifiziertes Personal zu erfolgen.
Trockenlegung
Nach der Stilllegung erfolgt die Trockenlegung der Windkraftanlage. Hierfür sind alle Getriebe- und Altöle, Fette, Schmierfette etc. zu entfernen und nach der Altölverordnung zu entsorgen. Der Austritt von Ölen und Flüssigkeiten in die Umwelt ist zu vermeiden. Da Schaltanlagen oft Schwefelhexafluorid enthalten, darf die Entsorgung nur durch qualifiziertes Personal nach der Chemikalien-Klimaschutzverordnung erfolgen. Ebenso sind die Anforderungen der EU-Verordnung für fluorierte Treibhausgase einzuhalten. Außerdem sind die Vorschriften der DIN EN 60480 einzuhalten sowie die freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller und Betreiber von elektrischen Betriebsmitteln größer 1 kV.
Demontage der Rotorblätter
Nach erfolgreicher Trockenlegung beginnt die Demontage mit der Entfernung der Rotorblätter. Der Abbau der Rotorblätter kann einzeln oder gesamt erfolgen (Einzelblattdemontage vs. Sterndemontage). Die weitere Zerlegung der Rotorblätter erfolgt am Boden und ist abhängig von der Art des Recyclings der Rotorblätter. Da die Rotorblätter jedoch aus unterschiedlichen Materialien bestehen, erfolgt die Zerlegung der Rotorblätter vor Ort so, dass sämtlicher Sägestaub, staubkontaminiertes Kühlwasser etc. aufgefangen werden, um ein Entweichen in die Umwelt zu verhindern.
Rückbau des Turms
Die Art und Weise beim Rückbau des Turms einer Windkraftanlage hängt von der Art des Turms ab. Bei Stahl- oder Gittertürmen ist eine schrittweise Demontage mittels Krans möglich. Gleiches gilt für Betonhybridtürme, wobei im Notfall auch eine Sprengung des Turms in Betracht kommen kann. Ebenfalls ist ein klassischer Abriss des Turms möglich, wobei die schrittweise Demontage den Standardfall darstellt, da unnötiger Lärm und Staub für Mensch und Umwelt vermieden werden kann.
Demontage des Fundaments
Das Umweltbundesamt empfiehlt eine vollständige Entsorgung, die in der Regel über Lossprengungen und Abgraben erfolgt. Die entstandene Grube ist mit standorttypischem Boden zu füllen. Das Ergebnis soll eine uneingeschränkt nutzbare Fläche nach § 35 Abs.5 BauGB sein.
6. Kranstellflächen, Zuwegungen und Kabeltrassen
Nachdem die Rotoren, der Turm und das Fundament verschwunden sind, erfolgt die Entsorgung aller nicht mehr notwendigen Kabel und Leitungen. Die Zufahrtswege und Kranstellflächen können renaturiert werden.
Recycling von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?
Der Rückbau Windkraftanlage ist eine wichtige Voraussetzung, um ein bestmögliches Recycling zu gewährleisten. Nach dem heutigen Stand der Technik sind jedoch noch nicht alle Probleme gelöst, die für das vollständige Recycling einer Windkraftanlage erforderlich sind. Ausgangsbasis ist eine sorgfältige Trennung sämtlicher Materialien. Hierzu zählen vor allem Kupfer, Aluminium, Stahl, Beton, Elektroschrott, seltene Erden und PVC.
So ist beim Fundament beispielsweise darauf zu achten, dass Stahl und Beton voneinander getrennt werden. Der Betonstahl kann u. a. für neuen Betonstahl verwendet werden oder für Betonbruch, der wiederum für neue Windkraftanlage eingesetzt werden kann. Die Entsorgung des Stahls erfolgt unter Beachtung der Stahlschrottsortenliste. Elektroschutt kann hingegen von Sekundärkupferhütten verarbeitet werden. Da die größte Masse eines Windrades Beton und Stahl ausmachen, können diese Stoffe bei einer Trennung gut verwertet werden.
Eine Herausforderung ist jedoch die Entsorgung der Rotoren. Diese bestehen aus Faserverbundwerkstoffen und müssen in Glas- und Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe getrennt werden. Glasfaser-verstärkte Kunststoffe können teilweise als Ersatzbrennstoffe energetisch verwertet werden, während Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe der spezialisierten Faserrückgewinnung zugeführt werden sollten. Das Vergraben von Rotoren im Erdreich, um sich ein aufwendiges Recycling zu sparen, ist in Deutschland seit 2005 verboten. Außerdem enthält ein Rotorblatt etwa 15 kg Balsaholz, das aufgrund seiner Eigenschaften enorm leicht und druckfest ist. Somit eignet es sich ideal, um als Stützelemente für die Rotoren verwendet zu werden. Da zum aktuellen Zeitpunkt eine Abtrennung durch den eingesetzten Klebstoff nicht möglich ist, wird das Holz mit den Kunststofffasern mit verbrannt. Erste Ansätze zur Abtrennung des Balsaholzes existieren allerdings schon.
In den nächsten Jahren kann mit einer Zunahme von Recycling von Windkraftanlagen gerechnet werden. Da sich diese als äußerst kompliziert erweist, hat das Bundesumweltministerium 2019 eine Studie durchgeführt, um die Kapazitäten der Entsorgung zu untersuchen. Das Ergebnis ist, dass die Kapazitäten unserer Entsorgung vermutlich nicht ausreichend für das Recycling von Windkraftanlagen sind und noch Ausbaubedarf aufweisen.
Anmerkung
Die Idee für den Blogbeitrag entstand im Rahmen des items-Projekts ÖKOPROFIT zur Verbesserung des eigenen Nachhaltigkeitsmanagements. Es kam die Frage auf, wie eigentlich das Recycling von EE-Anlagen funktioniert. Inwieweit alle Recyclingempfehlungen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, konnten wir für diesen Blogbeitrag nicht recherchieren. Stattdessen haben wir uns an den Empfehlungen des Umweltbundesamtes orientiert.
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