- Open Data: Schlüsselressource für eine moderne Verwaltungs- und Versorgungsstruktur
- Begriffsbestimmung Open Data
- Rechtrahmen für Open Data
- Einordnung der Gesetzgebung für Kommunen und kommunale Unternehmen
- Ausblick: Urbane Datenplattformen
Open Data: Schlüsselressource für eine moderne Verwaltungs- und Versorgungsstruktur
Durch die voranschreitende Ausbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Lebensbereichen und die zunehmende Vernetzung virtueller Dienste und Geräte mit der realen Umwelt wächst die Menge der täglich produzierten digitalen Daten exponentiell. Smartphones, Uhren, Stromzähler, Ampeln: Immer mehr physische Objekte werden heute über vernetzte Komponenten und Sensoren in das „Internet der Dinge“ eingebunden und teilen Informationen über ihre Nutzenden, Position, Umwelt oder ihren Zustand. Prognosen zufolge könnte das Volumen der weltweit generierten Datenmenge von 80 Zettabyte im Jahr 2022 auf über 180 Zettabyte im Jahr 2025 wachsen1.
Dieser Trend lässt sich besonders gut anhand von analogen Gemeinschaften wie Städten und Gemeinden verdeutlichen, wo schon heute tagtäglich Vielzahl heterogener Daten von verschiedensten Akteuren für unterschiedlichste Zwecke erhoben und verarbeitet werden. Aus Sicht der Wirtschaft ergeben sich durch die innovative Nutzung dieser Daten enorme Wertschöpfungspotenziale im Hinblick auf die Optimierung bestehender Geschäftsprozessen oder die Entwicklung digitaler Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsfelder. Daten sind so zu einer Schlüsselressource des 21. Jahrhunderts und zum wertvollsten Treibstoff einer modernen Datenökonomie geworden.
Nicht erst seit dem Einzug des Smart City Begriffs in die öffentliche Diskussion entdecken auch Politik und Verwaltung die Chancen von Daten für eine moderne Verwaltungs- und Versorgungsstruktur. Durch die zielgerichtete Einbindung datenbasierter Prozesse in das Handeln von öffentlichen Stellen und öffentlichen Unternehmen ergeben sich für Kommunen vielfältige neue Handlungsmöglichkeiten. Durch diese kann das Leben ihrer Bewohnerinnen und Bewohner angenehmer gestaltet, Emissionen gesenkt und öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge effizienter erfüllt werden. Nicht ohne Grund werden Daten heute oftmals als das neue Gold oder Öl bezeichnet, denn sie bergen enormes Wertschöpfungspotenzial. Demgegenüber erscheint es paradox, dass gerade bei öffentlichen Stellen Datenbestände existieren, denen bislang wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Begriffsbestimmung Open Data
Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen sind Daten eine nachwachsende, schier unerschöpfliche Ressource, die beliebig oft verwertet und ohne Qualitätsverluste auch über große Distanzen geteilt werden kann. Damit aus Daten möglichst umfassende Erkenntnisse und Rückschlüsse extrahiert werden können, ist ein systematischer, sektorübergreifender Transfer erforderlich. Viele Daten sind nur wenige Tage, oft auch nur Sekunden oder gar Sekundenbruchteile aktuell und müssen daher in Echtzeit übermittelt und verarbeitet werden. Das funktioniert nur, wenn sich alle beteiligten Akteure der Datenwertschöpfung auf Standards zum Austausch und zu Weiterverwendung verständigt haben. Das heißt, Daten müssen strukturiert gesammelt, aufbereitet, und analysiert werden – unvollständige, unstrukturierte oder nicht verständliche Daten hingegen lassen keine belastbaren Schlüsse zu.
Und hier versteckt sich ein Kernproblem: Auch wenn Daten im Überfluss generiert werden und ihre innovative Nutzung ein hohes Potenzial für Mehrwertedienste birgt, sind Daten oftmals nur begrenzt zugänglich oder nutzbar. Regelmäßig kollidieren die Chancen mit einer fehlenden Standardisierung von Formaten und Schnittstellen, einer mangelnden Bereitschaft verantwortlicher Akteure zur Bereitstellung, entgegenstehenden Rechte Dritter oder aber juristischen Unsicherheiten.
Um den Weg für die innovative Nutzung von Daten so frei wie möglich zu machen, wird sich auf vielen Ebenen im Sinne des Open Data Ansatzes (aus engl.: offene Daten) für eine umfassende Öffnung von Datenbeständen zum Wohle der Allgemeinheit stark gemacht. Unter Open Data werden dabei meist maschinenlesbare Daten verstanden, die jeder und jede zu jeglichem Zweck nutzen, weiterverbreiten und weiterverwenden darf. Die Forderung nach Open Data ist oft Teil von größeren Bewegungen für einen offenen, digitalen Staat (Open Government) und daher Teil von Open-Data-Strategien von Bund, Ländern und Kommunen.
Ziel von Befürwortern des Open Data Ansatzes ist die Demokratisierung von Wissen. Hierdurch werden neue Formen der Transparenz und Beteiligung durch eine Verbesserung der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungswegen bewirkt und Kooperation sowie die Entwicklung innovativer datenbasierter Technologien, Produkte und Dienstleistungen begünstigt.
Echte Mehrwerte ergeben sich aus offenen Daten insbesondere dann, wenn diese organisationsübergreifend geteilt, neu verknüpft und genutzt werden, sodass neue Erkenntnisse und Zusammenhänge entstehen. Dies setzt neben offenen Schnittstellen (APIs) eine leichte Adressierbarkeit von Datenbeständen im Internet voraus. Eine konsequente Weiterentwicklung der offenen Daten sind daher die offenen, vernetzten Daten (engl. Linked Open Data). Gemeint sind hiermit frei verfügbare und nutzbare, maschinenlesbare Daten, die mittels Uniform Resource Identifier (URI) – einer eindeutigen Zeichenfolge für digitale Ressourcen- identifiziert sind. Diese können direkt per Hypertext Transfer Protocol (HTTP) – einem Standardprotokoll zur Übertragung von Websitedaten – abgerufen werden und ebenfalls per URI auf andere Daten verweisen.
Eine Befolgung des Linked Open Data Ansatzes ermöglicht die Entwicklung von Self-Service-Mechanismen, bei denen Nutzerinnen und Nutzer eigenständig auf Daten zugreifen können und verringert somit den Verwaltungsaufwand für die Bereitstellung. Darüber hinaus wird die Datenintegration erleichtert und die Datenqualität erhöht.
Rechtsrahmen für Open Data
Die behutsame Öffnung amtlicher Datenbestände steht schon seit den frühen 2000er Jahren hoch auf der politischen Agenda und wurde durch zahlreiche Rechtsprechungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene vorangetrieben. Besonders relevant sind hierbei auf Bundesebene das Geodatenzugangsgesetz (GeoZG) als nationale Umsetzung der europäischen INSPIRE-Richtlinie (RL 2007/2/EG) sowie § 12a des E-Government-Gesetzes (EGovG) und das Datennutzungsgesetz (DNG), welche auf die PSI/Open Data-Richtlinie (RL(EU)2019/1024) der EU zurückgehen. Während die enthaltenen Pflichten und Rahmenbedingungen für die elektronische Bereitstellung öffentlich finanzierter Datenbestände primär Bundesbehörden und daran angelagerte Institutionen adressieren, formulieren die daran anknüpfenden Landesgesetzgebungen erste wichtige Weichenstellungen für Bereitstellung und Weiterverwendung kommunaler Datenbestände auf lokaler Ebene.
Während jedoch eine klare und einheitliche Rechtsgrundlage für die Bereitstellung kommunaler Daten bislang nicht existierte, erhöht eine neue EU-Verordnung vom Januar 2023 den Druck auf alle öffentlichen Stellen, einen offenen Zugang zu hochwertigen Datenbeständen zu schaffen. Die Durchführungsverordnung (EU) 2023/138 zur Bestimmung hochwertiger Datensätze, sog. „High Value Datasets“ (HVD), legt die bereits in der PSI/Open Data-Richtlinie angekündigte Liste hochwertiger Daten fest, die binnen 16 Monaten durch alle öffentlichen Stellen der EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen sind. Außerdem beschreibt sie die dazugehörigen Veröffentlichungs- sowie Weiterverwendungsmodalitäten. Anders als die vorausgegangenen Open-Data-Richtlinien handelt es sich bei der Durchführungsverordnung um einen Rechtsakt, der sofort unmittelbare Gültigkeit in allen Mitgliedsstaaten entfaltet und nicht in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Einordnung der Gesetzgebung für Kommunen und kommunale Unternehmen
Das Datennutzungsgesetz (DNG) setzt über die Bereitstellungspflichten des § 12 a EGovG für Bundesbehörden hinaus auch Impulse für eine Etablierung der Open-Data-Prinzipien „open by design“ und „open by default“. Dies betrifft insbesondere Ländern, Kommunen und öffentlichen Unternehmen in den Bereichen der Wasser-, Verkehrs- und Energieversorgung, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Damit schafft das Gesetz einen konsistenten Rechtsrahmen, der den Austausch und die Nutzung öffentlicher Daten vereinfacht und damit Chancen für eine kommerzielle und nicht-kommerzielle Wertschöpfung ermöglicht. Zudem bestimmt das Gesetz die Echtzeit-Bereitstellung dynamischer Daten als Zielvorstellung, was sich vornehmlich wegen der Volatilität und der raschen Alterung bestimmter Daten gerade im Versorgungssektor als Vorteil erweisen könnte. Für kommunale Unternehmen lassen sich hierdurch zudem neuartige Geschäftsfelder und -modelle erschließen, die auf dem Austausch und der Weiterverarbeitung von Daten basieren.
Trotz zahlreicher Forderungen existiert eine klare einklagbare Verpflichtung für die Bereitstellung der Daten jedoch bislang auf keiner Ebene. Dies stößt nicht nur in der Open Data-Szene auf Kritik, zumal fraglich ist, ob die Ziele der EU-Richtlinie und des DNG so tatsächlich erreicht werden können. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, einen Rechtsanspruch auf Open Data einzuführen und auch in einigen Bundesländern wird der Rechtsanspruch auf Open Data zur effektiven Umsetzung der Gesetzgebungen diskutiert. Diesbezüglich sind die Erfahrungen aus früheren Gesetzgebungsverfahren jedoch eher durchwachsen. Ein weiteres generelles Optimierungspotenzial betrifft die Verbesserung von Auffindbarkeit und Interoperabilität offener Daten. Um das volle Potenzial offener Daten auszuschöpfen und eine mühelose, automatisierte Datenübertragung zu ermöglichen, sollte die Open-Data-Gesetzgebung von Anfang an noch stärker auf die Bereitstellung von Linked Open Data ausgerichtet sein.
Wie bereits beim DNG betrifft der Anwendungsbereich der neuen HVD-Verordnung (Durchführungsverordnung (EU) 2023/138 zur Bestimmung hochwertiger Datensätze, sog. „High Value Datasets“), ausschließlich öffentliche Stellen, die im Besitz der im Anhang aufgeführten hochwertigen Datensätze sind. Dies umfasst Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder einer oder mehreren dieser Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen. Da bis auf wenige Ausnahmen private Unternehmen weitestgehend ausgeklammert werden, besteht die Gefahr, dass öffentlich organisierte kommunale Unternehmen Wettbewerbsnachteile erfahren könnten – zulasten der Daseinsvorsorge und der Bürgerinnen und Bürger. Eine einseitige Pflicht zur Herausgabe von Daten durch öffentliche Stellen und Unternehmen erschwert es ihnen, neue datengetriebene Innovationen zu entwickeln und integrierte Geschäftsmodelle auszubauen. Insbesondere dann, wenn private Unternehmen aufgrund einer verbesserten Datenlage Gewinne in den profitablen Marktfeldern abschöpfen, während öffentliche Unternehmen die unprofitablen Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge bedienen müssen. Darüber hinaus ergeben sich für sie technische (und damit verbunden auch finanzielle) Herausforderungen, wenn es um einen Aufbau und die Betreuung der notwendigen Dateninfrastrukturen geht. Nicht von der HVD-Verordnung erfasst sind öffentliche Unternehmen, weshalb eine Vielzahl kommunaler Unternehmen, die bspw. in privater Rechtsform organisiert sind, herausfallen. Weitreichenden Änderungen oder Handlungsbedarfe ergeben sich für sie aus diesem Rechtsakt daher nicht.
Anders sieht es für Kommunen aus: Für sie entsteht durch den Durchführungsakt die neue Verpflichtung, binnen 16 Monaten offene Datenzugänge zu den vorhanden behördlichen Informationen einzurichten. Gleichzeitig werden die technischen Anforderungen an die harmonisierte Bereitstellung erhöht. Zumal die technische Aufrüstung der bestehenden Systeme nicht nur Zeit, sondern auch finanzielle Ressourcen in Anspruch nehmen wird, ist hier eine zeitnahe Auseinandersetzung mit den bisher vergleichsweise wenig standardisierten Prozessen der Datenbereitstellung und dem generell geringem Digitalisierungsgrad von Verwaltungsvorgängen erforderlich. Insbesondere kleine Kommunen könnten hiermit überfordert sein. Während eine Mehrzahl größerer Kommunen bereits offene Daten bereitstellt und Strukturen sowie Verantwortlichkeiten für das Datenmanagement etabliert hat, trifft dies nur auf die Minderheit kleinerer Kommunen zu.
Ausblick: Urbane Datenplattformen
Um Digitalisierung der Kommunen und eine datenbasierte Wertschöpfung nicht allein den großen Digitalkonzernen und den Verwaltungen zu überlassen, können hier Kooperationen im kommunalen Umfeld im Rahmen einer Digitalen Daseinsvorsorge sinnvoll sein. Von besonderer Bedeutung sollten dabei kommunale Unternehmen sein, die selbst zentrale Bereitsteller und Nutzer kommunaler Daten sind und die sich oftmals im Rahmen einer Weiterentwicklung ihres Betätigungsfeldes ohnehin bereits mit datenbasierten Prozessen auseinandergesetzt haben. Die Einrichtung und der Betrieb gemeinsamer Dateninfrastrukturen, bspw. im Rahmen einer gemeinsamen Urbanen Datenplattform könnte hierfür ein guter Anknüpfungspunkt sein und einen Silo-übergreifenden, souveränen und offenen Umgang mit kommunalen Daten befördern.