Ein großes Problem bei der Diskussion um ein dekarbonisiertes Energiesystem, in dem über 90 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen soll, ist die fluktuierende Erzeugung: Wind und Solar sind keine konstanten Energiequellen, sondern abhängig von Wetter, Jahreszeit und Standort.
Speicher sind daher für viele ein großer Hoffnungsträger, um dieses Problem zu lösen. Ende letzten Jahres veröffentlichte das BMWK die Speicherstrategie, die sich für die Integration von Speichern in ein neues Energiesystem ausspricht. Auch in der Kraftwerkstrategie und dessen Transformation wird viel Wert auf Speicher gesetzt. Ebenso in der Diskussion um einen Kapazitätsmarkt gewinnen Speicher zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass Speicher kein Allheilmittel sein können: Fehlende Kapazitäten zum Speicherbau in Deutschland, umweltschädliche Batterietechnologien und regulatorische Komplexitäten legen dem Speicherausbau Steine in den Weg.
Derzeit wird bemängelt, dass es keine koordinierte Speicherstrategie für Strom, Wärme und Wasserstoff gibt. Zudem ist die Regulatorik für Speicher auf viele Rechtsnormen verteilt: Das BMWK begründet dies damit, dass die Maßnahmen der Speicherstrategie zu vielfältig seien, um sie in einer gesammelten Gesetzesinitiative zu adressieren. Doch wie können Speicher ein zukünftiges Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien voranbringen? Der Nutzen von Speichern in einem grünen Energiesystem.
Energiespeicher können das künftige, von erneuerbaren Energien geprägte System auf vielfältige Weise unterstützen: Auf der Ebene der Systeminfrastruktur können sowohl die Netzstabilität als auch die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. In Privathaushalten können Speicher die Selbstversorgung unterstützen und damit zu Kostenersparnissen führen. Für Industrie und Gewerbe bieten sie die Möglichkeit, Prozesse zu dekarbonisieren und die Energieeffizienz der Unternehmen zu verbessern.
Insbesondere im Hinblick auf die Netzstabilität bieten Speicher ein großes Stabilisierungspotential, können aber auch das Netz überlasten: Durch einen nicht netzdienlichen Betrieb können Speicher Netzbelastungen verschärfen und so zu Netzengpässen führen, anstatt diese auszugleichen. In dem Fall wäre ein größerer Netzausbau notwendig, der wiederum mit hohen Kosten verbunden ist – die durch den Speicher eigentlich gesenkt werden sollen. Nicht netzdienlich ist beispielsweise die erhöhte Einspeisung zu Zeiten eines erhöhten Strompreises. So könnten Speicherbetreiber finanziell von ihren Anlagen profitieren, die Netze aber in der Konsequenz überlastet werden. Andererseits entstehen ebenfalls Probleme, wenn Speicherbetreiber aufgrund niedriger Kosten nicht einspeisen und es schlussendlich an Strom mangelt.
Doch um ein vollständig nachhaltiges Energiesystem zu erreichen, braucht es ab einem Erneuerbaren-Anteil von über 90 Prozent Speicher, um die vollumfängliche Integration grüner Energien zu erreichen. Speicher müssen dann eingesetzt werden, um Engpässe und Überschüsse auszugleichen. In der zuletzt veröffentlichten Speicherstrategie des BMWK wird allerdings darauf hingewiesen, dass Speicher erst ab einem Erneuerbaren-Energien-Anteil von 60 bis 80 Prozent tatsächlich die kosteneffektivste Lösung sind. Darunter bieten flexible Kraftwerke oder ein effektives Lastmanagement kostengünstigere Alternativen zum Speicherbau.
Auch im Kapazitätsmarkt können Speicher gut integriert werden: Sie stellen Kapazitäten bereit – so könnte der Speicherbetrieb netzdienlich rentabel werden. Statt für die Einspeisung werden die Betreiber für die Bereitstellung ihrer Kapazitäten vergütet. So kann die Netzstabilität nachhaltiger gesichert werden und Speicher dennoch attraktiv für Investitionen wirken.
Regulatorische Probleme
Aktuell fehlen Speicher in der Energiebilanz und werden im Bilanzkreismanagement nicht berücksichtigt. Auch die Netzausbaukosten müssen Netzbetreiber in großen Teilen noch selbst tragen, da Speicher offiziell nicht vollständig als Erneuerbare-Energien-Anlage eingestuft werden können. Der Grund dafür ist, dass Speicher zum Großteil mit dem aktuellen Grautrom-Mix gespeist werden. Dieser ist nicht zu 100 Prozent erneuerbar, somit sind es auch die Speicher nicht und fallen schlussendlich aus der Förderung heraus.
Um den netzdienlichen Betrieb zu fördern, sollen Stromspeichern ebenfalls keine Vergünstigungen bei den Stromgestehungskosten gewährt werden. Abgaben, Umlagen und Netzentgelte sind bei Einspeisung und Speicherung in normalem Umfang zu zahlen. Bei den Netzentgelten gibt es zwar eine Sonderregelung für Speicher – § 18 StromNEV – durch die sie indirekt Netzentgelte vermeiden, zudem entfallen die Netzentgelte zumindest teilweise, wenn nicht vollständig für Stromspeicher gemäß § 118 EnWG oder § 19 StromNEV. Eine Sonderrolle fordern die Betreiber vor allem deswegen, da sie ansonsten keine Möglichkeit sehen, ihre Speicher wirtschaftlich zu betreiben. Hierzu liegt dem Bundesgerichtshof (BGH) aktuell ein Entwurf vor. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das durch einen Kapazitätsmarkt gelöst werden könnte.
Wie soll es weiter gehen?
Das BMWK erkennt in seiner Speicherstrategie einen großen zukünftigen Bedarf an Speicherkapazitäten für Strom, thermische Energie sowie Wasserstoff. Der Ausbau der Speicherkapazitäten soll daher beschleunigt werden und eine bessere Integration ins Energiesystem erreicht werden.
Ein besonderer Fokus soll dabei auf Heimspeichern liegen: Hier rechnen sich aktuelle Batterietechnologien am ehesten, auch soll so die Entstehung von Energiegenossenschaften unterstützt werden. Langfristig werden zwar mehr Langzeitspeicher benötigt, jedoch müssen hier noch nachhaltige Technologien gefunden werden – Batteriespeicher bestehen zum Großteil aus Lithium, was die Energiebilanz wieder verschlechtert. Für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken, die aktuell die grünste Speichertechnologie darstellen, sind die topografischen Kapazitäten in Deutschland bereits voll ausgeschöpft. Daher will das BMWK die Forschung zu neuen, grünen Speichertechnologien vorantreiben.
Das ergibt viel Sinn, wenn man den Blick einmal auf die EU richtet: Die EU-Energieminister*innen einigten sich im März dieses Jahres, dass Speicher in einem europäischen grünen Energiesystem nicht wegzudenken sind. Aktuell wird auch ein grenzüberschreitender Speicherbetrieb diskutiert, um regionale Kapazitäten europaweit optimal nutzen zu können.
Fest steht, dass Speicher schon bald benötigt werden – bis 2030 wird von einer benötigten Minimalkapazität von 25 GW, eher aber 90 GW, bis 2050 wird von einer benötigten Kapazität zwischen 40 und 170 GW ausgegangen. Aktuell verfügt Deutschland über eine Speicherkapazität von 12,7 GW und wird diese nicht zeitnah ausgebaut, ist in Zukunft mit größeren Blackouts zu rechnen, da die erzeugte grüne Energie nicht effektiv genutzt wird: Das bedeutet, dass in Zeiten hoher Erzeugungskapazitäten gespeichert werden muss, um bei Windstille oder nachts den gespeicherten Strom nutzen zu können.
Doch nicht nur Strom muss in Zukunft speicherbar sein, für das Gelingen der Wärmewende sind vor allem auch Wärmespeicher wichtig. Aktuell sind Speichertechnologien oft teuer und schrecken daher vor allem Endkunden ab, für eine effektive Förderung fehlt aber noch die regulatorische Einheitlichkeit. Auf dieser Ebene tut sich jedoch einiges. Es bleibt also spannend, wie sich die Regulatorik rund um Energiespeicher in Deutschland und Europa entwickeln wird.