Strategien im Stromnetz: Diskutierte Lösungsansätze für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende im Verteilnetz 

Auf der Suche nach dem Best-Practice 

Wie machen wir die Stromnetze fit für die Energiewende? Wie kommen die Netzbetreiber an ausreichend Kapital, um die Stromnetze zu ertüchtigen? Welche Grenzen setzt der regulatorische Rahmen den Netzbetreibern und mit welchen Netzausbauszenarien muss ein Netzbetreiber rechnen? Es gibt vermutlich tausend Fragen, die sich Netzbetreiber stellen und ebenso viele Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, wenn es um die Ertüchtigung des Stromnetzes zur Umsetzung der Energiewende geht.

Ein Best-Practice-Ansatz ist sicherlich noch nicht gefunden und so experimentieren viele Stromnetzbetreiber mit unterschiedlichen Lösungsansätzen und Vorgehensweisen in der Hoffnung, dass die Maßnahmen zur Ertüchtigung des Netzes ausreichen. Gleichzeitig haben wir nun Ende 2023 die Leitplanken für den Betrieb des Niederspannungsnetzes durch den Beschluss des § 14 a erhalten, der den schrittweisen Aufbau eines digitalen Verteilnetzes vorsieht, in dem sogenannte steuerbare Verbraucher auf Hausanschlussebene in ihrer Leistung gedimmt werden sollen, sofern netzkritische Situationen auftreten und keine alternativen Maßnahmen mehr zur Verfügung stehen.

Da wir uns noch am Anfang des Umbaus der Stromnetze befinden, ist es auch schwer zu sagen, welcher Lösungsansatz nun der richtige oder der falsche sein wird, weshalb ein sehr vielfältiges und heterogenes Vorgehen der Netzbetreiber zu beobachten ist, auch wenn der § 14 a bereits seit dem 01.01. in Kraft ist.

Aus diesem Grund soll der vorliegende Newsletterbeitrag dazu dienen, die verschiedenen Strategieansätze in einer kurzen Übersicht zusammenzustellen und auf die unterschiedlichen Gedankengänge der einzelnen Strategieansätze einzugehen. Im Ergebnis soll dem Leser ein kurzer, prägnanter Überblick gegeben werden, worüber in der Branche diskutiert wird, wobei natürlich die Diskussion zwischen dem notwendigen physischen Netzausbau und Digitalisierungsmaßnahmen in unterschiedlichen Ausprägungen im Mittelpunkt steht.

Kupferzentrierte-Lösungsansätze 

Der kupferzentrierte Lösungsansatz basiert auf der Vorgehensweise der Vergangenheit. Dabei erfolgte die Netzertüchtigung primär durch den physischen Netzausbau. Digitalisierungsmaßnahmen spielen bei diesen Netzertüchtigungsmaßnahmen eine untergeordnete Rolle. Die Netzertüchtigung erfolgt in der Regel auf Basis von Prognosen, die auf historischen Daten und dem aktuell gültigen Regelwerk basieren. Die Planung der Netzertüchtigungsmaßnahmen erfolgt i.d.R. mit einer großzügigen Überdimensionierung im Verteilnetz, so dass eine (digitale) Überwachung nur in begrenztem Umfang notwendig ist, da keine kritischen Netzzustände auftreten, da die Netzdimensionierung immer von Extremsituationen ausgeht.

Mit Blick auf die aktuelle Regulierung folgt ein kupferzentrierter Lösungsansatz dem Gedanken der Netzentgeltregulierung, die den Ausbau der physischen Netzertüchtigung mit einer höheren Rendite belohnt als Digitalisierungsmaßnahmen, die Betriebs- und keine Investitionskosten verursachen. Digitalisierungsmaßnahmen beschränken sich in diesen Lösungsansätzen primär auf regulatorische Notwendigkeiten wie den Rollout von intelligenten Messsystemen (iMS) oder die Umsetzung der technischen Vorgaben zur Steuerung im Niederspannungsnetz (§ 14 a EnWG). Auf operativer Ebene werden die zusätzlichen Informationen und Möglichkeiten jedoch nur begrenzt genutzt, da aufgrund der Überdimensionierung keine Notwendigkeit zur Lastreduzierung im Niederspannungsnetz besteht. Generell kann daher von einer Kupfer-First-Strategie gesprochen werden. Da der § 14 a jedoch den verstärkten Einsatz eines digitalisierten Netzmonitorings vorsieht und die BNetzA über eine stärkere Berücksichtigung von Digitalisierungsmaßnahmen in der Regulierung diskutiert, dürfte eine Kupfer-First-Strategie eher ein Auslaufmodell sein.

Kupfer-Marktsignal-Strategie 

Als weitere Strategie für Kupfer-zentrierte-Lösungsansätze kann eine Kupfer-Marktsignal-Strategie gesehen werden. Hierbei verfolgt der Netzbetreiber weiterhin den Ansatz die Anforderungen an das Stromnetz durch den physischen Netzausbau zu lösen. Allerdings bedient er sich weiterer physischer Eingriffsinstrumente wie der Spitzenlastkappung, um die nächste physische Netzertüchtigung weiter hinauszuzögern. Als zusätzliche Ergänzung greift der Netzbetreiber auf das Anreizsystem der Marktsignale im Verteilnetz zurück, indem er durch dynamische Netzentgelte versucht die Auslastung im Stromnetz so zu verlagern, dass der physische Netzausbau weiter in die Zukunft verlagert werden kann.  

Ein erster Baustein für dynamische Netzentgelte dürfte das Modul 3 für steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach dem § 14a EnWG ab 2025 sein, welches die Einführung stündlicher Netzentgeltpreise in drei Tarifstufen vorsieht, wobei die Festlegung der Tarifstufen noch nicht dynamisch auf Basis der Ertragslage der EE-Anlagen erfolgt, sondern in Form einer jährlichen Festlegung.     

Die De-Minimis-Digitalisierungsstrategie 

Anstatt ausschließlich kupferzentrierte Lösungsansätze zu priorisieren, bei denen die gesetzlich zu erhebenden Netzzustandsinformationen in den Prozessen nicht wirklich genutzt werden, verfolgt die De-minimis-Digitalisierungsstrategie einen erweiterten Ansatz. Zwar setzt die Strategie weiterhin auf den physischen Netzausbau, jedoch werden die Informationen aus dem iMS-Rollout und dem § 14a aktiv in die Prozesse eingebunden, um den physischen Netzausbau durch Digitalisierungsmaßnahmen aktiv zu begrenzen.

Zwar wird auch in diesem Fall kein vollautomatisiertes Niederspannungsnetz aufgebaut, jedoch nutzt der verantwortliche Netzbetreiber aktiv die Informationen aus seinem Netz, um bestimmte Netzabschnitte zu überwachen und durch Eingriffe aktiv zu steuern, um eine Netzüberlastung zu vermeiden. Die Art und Weise, wie der Netzbetreiber sein Netz steuert, ändert sich somit von einer passiven Netzsteuerung zu einer aktiven Netzsteuerung.

Aus Sicht des Netzbetreibers kann dies ein sehr sinnvoller Ansatz sein, da er im Kern noch von der Regulierung in Verbindung mit einer besseren Kapitalverzinsung profitiert und gleichzeitig der Tatsache Rechnung trägt, dass die eigenen Systeme, Strukturen und Organisationen noch nicht so weit sind, dass eine automatisierte Netzführung im Verteilnetz überhaupt möglich wäre.

Die Digitalisierung des eigenen Stromnetzes erfolgt daher partiell und auf Basis der prognostizierten bzw. gemessenen Netzlast. Diese Strategie kann als Ausgangsbasis genutzt werden, wenn eine weitergehende Digitalisierung technisch notwendig oder regulatorisch, z.B. durch § 14a, gefordert wird.

Die integrierte Netzplanungsstrategie 

Unabhängig vom Grad der Digitalisierung ist eine effiziente Netzplanung entscheidend für den Netzausbau. Eine effiziente Netzplanung im Verteilnetz erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der die zunehmende Integration erneuerbarer Energien und dezentraler Erzeugungsquellen berücksichtigt. Sie sollte flexibel genug sein, um auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können, die Verteilnetze optimieren und die Integration von Speicherlösungen und Smart Grid-Technologien ermöglichen, um die Netzauslastung und -stabilität zu gewährleisten.

Mit Blick auf die zukünftige Stromnetzplanung reicht eine reine Betrachtung der Entwicklung im Stromsektor nicht mehr aus. Gerade durch die kommunale Wärmeplanung und weitere Planungsinstrumente (z.B. Regionalplanung im Bereich Strom) ist eine Verschränkung der verschiedenen Netzplanungen zwingend erforderlich.

Grundlage für eine integrierte Netzplanung ist daher ein einheitliches Datenmodell, das die wechselseitigen Anforderungen und Einflüsse der jeweiligen Sparten berücksichtigt. Hier stehen viele Versorger jedoch vor der Herausforderung, dass ein solches Datenmodell nicht existiert und eine Vielzahl von Systemen mit unterschiedlicher Datenqualität im Einsatz sind. Somit ist eine integrierte Netzplanung nicht nur mit organisatorischen Veränderungen verbunden, sondern auch mit der Bereitstellung einer einheitlichen Datenbasis, um unterschiedliche Planungen / Annahmen in den jeweiligen Sektoren bei der Bewertung von Wechselwirkungen / Einflüssen eines anderen Sektors zu vermeiden.

Die Strategie der integrierten Netzplanung steht somit weniger im Konflikt zwischen der Frage, ob der Netzausbau physisch oder digital erfolgen soll, sondern liefert die Grundlage dafür, dass der Bedarf für einen physischen Netzausbau ermittelt werden kann bzw. digitale Lösungsansätze die Datengrundlage erhalten, um effektiv arbeiten zu können.

Monitoring mit dem Fokus der Niederspannungsnetzleitwarte 

Neben der Frage des physischen Netzausbaus oder der Etablierung einer integrierte Netzplanung beschäftigen sich einige Netzbetreiber mit dem Aufbau einer Niederspannungsnetzleitwarte. Was genau unter dieser Art von Leitwarte verstanden wird und welchen Funktionsumfang diese erfüllen soll, kann im Allgemeinen nicht beantwortet werden, da keine einheitliche Definition existiert.  

Allgemein könnte man sagen, dass es sich bei einer Niederspannungsnetzleitwarte um eine Einrichtung zur Überwachung und Steuerung des Niederspannungsnetzes handelt, welche den reibungslosen Betrieb, die Stabilität und die Effizienz der Stromversorgung in diesem Bereich sicherstellen soll.  

Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, welche Informationen in dieser Leitwarte auflaufen sollen und welchen Aufgabenschwerpunkte zu erfüllen sind: das Monitoren oder auch das Steuern. Gerade die Vielfältigkeit und hohe Anzahl der Assets im Niederspannungsnetz führt dazu, dass eine Vielzahl von Informationen übermittelt werden könnte (bei einem hohen Digitalisierungsgrad) und die Informationsflut entweder das System aus technischer Sicht oder den Anwender durch die Vielzahl an Handlungs- und Bewertungsmöglichkeiten überfordern könnte.  

Aus diesem Grund setzen sich die Netzbetreiber, welche eine Niederspannungsnetzleitwarte etablieren wollen, intensiv mit der Frage auseinander, welchen Funktionsumfang und Zweck die Art der Leitwarte erfüllen soll.  

Persönlich gehe ich davon aus, dass der menschliche Operator nur in begrenztem Umfang eine aktive Netzführung durchführen kann und die Messwerte an der Ortsnetzstation das Maximum sind, was der menschliche Operator verarbeiten kann. Aufgrund der Vielzahl von Betriebsmitteln und Wechselwirkungen innerhalb eines Netzabschnittes und der Notwendigkeit einer schnellen Reaktion in kritischen Situationen wäre der Mensch mit der alleinigen Netzführung auch überfordert, weshalb ein hoher Automatisierungsgrad erforderlich wäre. Hier stellt sich aber auch die Frage, ob die Überwachungs- und Steuerungsaufgaben zentral oder dezentral durchgeführt werden sollen. Gerade im letzteren Fall wäre eine Niederspannungsnetzleitstelle nur in sehr begrenztem Umfang erforderlich.    

Full-Digitalisierungsstrategien 

Alternativ zum physischen Netzausbau kann der Netzbetreiber auch versuchen, den physischen Netzausbau durch einen hohen Automatisierungsgrad auf Basis von Digitalisierungsmaßnahmen zu vermeiden. Wie das vollautomatisierte Netz aussehen könnte, dazu gibt es verschiedene Ansätze, die in der Branche diskutiert werden.

Ein Baustein könnte eine zentrale, vollautomatisierte Niederspannungsnetzleitstelle sein, die zentral alle Netzzustandsdaten erhält und mit einem unterlagerten Netzmodell die Zustandsbewertung durchführt und in kritischen Situationen stabilisierende Maßnahmen einleitet.

Alternativ kann die Netzführung auch dezentral über autarke Netzstränge erfolgen. In diesem Fall fungiert die Ortsnetzstation als Knotenpunkt, der den Netzzustand der eigenen Abgänge überwacht und bei Bedarf netzstützende Maßnahmen einleitet oder Informationen an andere Betriebsmittel weitergibt. Durch den autarken Betrieb wird die Resilienz des Systems erhöht. Zusätzlich kann eine zentrale Überwachung über eine Netzleitstelle erfolgen, wobei die Entscheidungen vor Ort getroffen werden.

Fazit 

Wie das Stromnetzmanagement in einigen Jahren aussehen wird, um die Energiewende im eigenen Stromnetz möglichst effizient umsetzen zu können, können wir heute wahrscheinlich noch nicht sagen. Wir sehen aber, dass in der Branche intensiv über verschiedene Lösungsansätze diskutiert wird. Die Entscheidungen der BNetzA zum § 14a beschleunigen die Diskussion und die Notwendigkeit enorm, wenn spätestens ab 2029 die netzdienliche Steuerung zum Branchenstandard werden soll. Welcher Ansatz am Ende zielführend sein wird, lässt sich heute noch nicht abschätzen. Dies wird zum Teil auch von der historischen Entwicklung der jeweiligen lokalen Netzinfrastruktur abhängen. Der Digitalisierungsgrad des Netzes wird jedoch durch den Rollout und die Vorgaben des § 14a zunehmen.

Darüber hinaus ist es nicht erforderlich, dass sich die Netzbetreiber auf eine einzelne der vorgestellten Strategien konzentrieren. Vielmehr ist von einer Kombination auszugehen, die durch ein iteratives Vorgehen etabliert wird – z.B. um perspektivisch ein möglichst hoch automatisiertes Niederspannungsnetz zu erreichen.

Aktuell sehen wir die Tendenz, dass die Vorgehensweise des Netzbetreibers stark vom Mindset und Hintergrund der Mitarbeiter des Netzbetreibers abhängt. Dies ist nicht verwunderlich, da wir als Menschen eine Organisation prägen. Je nachdem, welche Annahmen die Netzbetreiber treffen und wie sie in ihren Kompetenzen ausgeprägt sind, fällt die Wahl auf die eigene Netzstrategie Strom.

Aus meiner Sicht würde ich sagen, dass Versorger, die unter akutem Personalmangel leiden, weiterhin die konventionelle Strategie verfolgen, da die notwendigen Ressourcen fehlen, um die Organisation auf neue Strukturen, Prozesse, Abläufe etc. vorzubereiten. Netzbetreiber, die stärker in die Umsetzung der Nahwärmeplanung eingebunden sind, beschäftigen sich hingegen verstärkt mit der Thematik einer einheitlichen Datenbasis für die Netzplanung, da erstmals eine spartenübergreifende Planung erstellt werden muss.

Der Aufbau eines hochautomatisierten Niederspannungsnetzes ist derzeit noch weniger am Markt zu beobachten. Zum einen fehlt möglicherweise das Kapital für die Umsetzung, vor allem aber verfügen die Netzbetreiber derzeit noch nicht über die notwendige IT-Landschaft und Datenbasis, um die Vision eines vollautomatisierten Netzes überhaupt umsetzen zu können. Aus diesem Grund dürfte der Übergang zu einer stärkeren Digitalisierung nur schrittweise erfolgen, wobei der Grad der Ausprägung noch offen ist. Allerdings hat die Entscheidung zu §14a die Netzbetreiber bereits jetzt dazu veranlasst, sich verstärkt mit der Konzeption eines digitalisierten Stromnetzes zu befassen und sich intensiver mit der IT-Architektur auseinanderzusetzen.

Die Auswirkung von Mieterstromprojekten auf das Verteilnetz

Die Bedeutung von Mieterstromprojekten für die Energiewende

Bis zum Jahr 2030 soll in Deutschland nach dem Willen des Gesetzgebers 80 % der erzeugten Strommenge aus regenerativen Energien stammen. Hierfür ist ein großer Ausbau Erneuerbarer Energien erforderlich, da deren Anteil am deutschen Strommix noch bei ca. 45 %% liegt. Auf Basis des Koalitionsvertrages der aktuellen Bundesregierung soll die Realisation von 80 % erneuerbarer Energien bis 2030 primär durch die Photovoltaik und Windkraft erfolgen.

Bei einem Blick in die Vergangenheit der Förderung und den Ausbau erneuerbarer Energien ist festzustellen, dass vor allem Hauseigentümer von der Förderung für den Bau einer EE-Anlage profitieren konnten und die Errichtung verstärkt im ländlichen Raum stattfand. Gerade in städtischen Gebieten, die im Gegensatz zum ländlichen Raum einen höheren Anteil von Mietern aufweisen, besteht daher noch ein größeres Ausbaupotential im Bereich der Photovoltaik. Denn bis zum EEG 2016 konnten Mieter nicht von steuerlichen Erleichterungen profitieren, da im juristischen Sinne kein Eigenverbrauch möglich war, weil hierfür der Anschlussnehmer und Anschlussnutzer dieselbe Identität aufweisen müssen.

Um Mieter in die Energiewende zu integrieren, wurde daher das Konzept des Mieterstroms entwickelt. Dies sollte Mietern ermöglichen, von einem vergünstigten Strompreis zu profitieren, wenn ihr Vermieter eine Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Hausdach ermöglicht und ein räumlicher Zusammenhang der Erzeugung und des Verbrauchs gegeben ist. Da die Fördersätze für den überschüssigen, eingespeisten Strom in das öffentliche Stromnetz im Mieterstrommodell jedoch zu gering waren und die steuerlichen Erleichterungen für Mieter (Bsp. Zahlung der EEG-Umlage für Mieter auf den Eigenverbrauch) nicht denen mit Hauseigentümern gleichgesetzt wurden, war die Errichtung von Mieterstromprojekten in den vergangenen Jahren noch ein Randthema, welches sich wenig auf die Stabilität bzw. Belastung des Verteilnetzes auswirkte.

Bedingt durch die Anhebung der Fördersätze in der vergangenen EEG-Novelle vom Juli 2022, dem starken Anstieg der Strompreise am Markt und dem Streben zur Erreichung der Klimaziele auf lokaler Ebene rückt das Mieterstrommodell immer stärker in den Fokus der Energiewirtschaft. Für Stromnetzbetreiber bedeutet diese Entwicklung eine stärkere Beanspruchung ihrer Netzinfrastruktur, da sich die Letztverbraucher von klassischen Haushaltskunden, welche ausschließlich Energie verbrauchen, zu Prosumern entwickeln, welche sowohl Energie produzieren, in das öffentliche Stromnetz einspeisen sowie Strom aus dem öffentlichen Stromnetz beziehen. Hierbei kann nicht nur das Szenario auftreten, dass die Mieter Strom von einer PV-Anlage auf dem Hausdach partizipieren, sondern das Modell mit zusätzlichen, größeren Verbrauchern wie z. B. Ladeinfrastruktur oder einer Wärmepumpe erweitert wird.

In allen diesen Fällen steigt die Belastung für die Betriebsmittel im Stromnetz an. Auch sind die Letztverbraucher für den Verteilnetzbetreiber als auch dem Lieferanten hinsichtlich ihres Verbrauchsverhaltens neu zu prognostizieren und zu bewerten. Hierzu wurde im Rahmen einer studentischen Seminararbeit im Auftrag der items untersucht, welche Auswirkungen Mieterstromprojekte auf das lokale Verteilnetz und seine Betriebsmittel haben können. Außerdem sollte untersucht werden, wie eine Lastkurve in einem Mieterstromprojekt aussehen könnte. Im Rahmen dieses Blogbeitrags wollen wir euch die wesentlichen Ergebnisse und Vorgehensweise der Seminararbeit vorstellen.

Der Untersuchungsschwerpunkt der Seminararbeit

Für die Durchführung der Seminararbeit wurde eine Roadmap erstellt, welche die wesentlichen Arbeitsschritte definieren sollte. Ausgangspunkt der Seminararbeit war die Definition eines Mieterstromreferenzobjektes, welches für die spätere Simulation genutzt werden sollte. Für die Simulation wurde auf das Simulationstool Neplan zurückgegriffen. Als Datenbasis wurde für die Simulation auf unterschiedliche (Standard-)Lastprofile zurückgegriffen, welche entweder auf empirischen Daten oder realen Messungen einzelner Versorger beruhen.

Nach der Modellierung des Mieterstromreferenzobjektes wurde das Lastverhalten innerhalb des Gebäudes analysiert und wie die PV-Anlage oder zusätzliche Verbraucher den Lastverlauf verändern. An dieser Stelle fand bereits eine Analyse des Hausanschlusses bzw. der Hausanschlussleitung statt, ob dieser der neuen Belastung standhielt. Als Prämisse wurde festgesetzt, dass der Hausanschluss nicht mehr als 65 % belastet werden soll, um die Lebensdauer durch zu starke thermische Erhitzung nicht weiter zu verkürzen.

Im Anschluss wurde das Mieterstromreferenzmodell in einen realen Netzabschnitt eingebettet und eine Simulation für den gesamten Netzabschnitt durchgeführt, um zu untersuchen, ob eine Überlastung der Betriebsmittel entsteht. Zum Schluss wurde ein Ausbauszenario für 2035 definiert und eine Überschlagsrechnung durchgeführt, ob eine Netzerweiterung erforderlich ist.

Die Datenbasis des Simulationsmodells

Um das Einspeise- und Lastverhalten in Neplan simulieren zu können, wurde im ersten Schritt auf die Methodik der Zeitreihenanalyse auf Basis von Standardlastprofilen zurückgegriffen. Bei einem Mieterstromobjekt ist eine Kombination aus unterschiedlichen Lastprofilen notwendig, da der Mieter nicht mehr als klassischer SLP-Kunde mit einem festen Lastprofil prognostiziert werden kann. Vielmehr wirken sich die PV-Anlage und weitere größere Verbraucher wie z. B. eine Wärmepumpe oder Elektromobil auf das Gesamtverhalten des Objektes und damit auf die Netzbelastung aus.

Für die Modellierung des Mieterstrommodells wurde daher auf mehrere Standardlastprofile zurückgegriffen. Verwendet wurden insgesamt folgende Lastprofile:

  1. Ein Lastprofil für Haushaltskunden H0 bereitgestellt vom BDEW
  2. Ein Lastprofil für die PV-Anlage auf Basis von Durchschnittswerten des eigenen EDM-Systems
  3. Ein Lastprofil für Elektromobile aus einer realen Projektmessung eines EVUs
  4. Ein Lastprofil für Wärmepumpen aus einer realen Projektmessung 

Bei den Lastprofilen ist zu berücksichtigen, dass die einzelnen Lastprofile sich nicht über den gleichen Zeithorizont erstrecken. So liegen für das H0-, das e-Auto- und PV-Lastprofil nur Tageslastgänge auf 15min-Basis vor, während für das Wärmepumpenlastprofil eine vollständige Jahresmessung für das Jahr 2019 auf 15min-Basis vorlag. Da das Simulationstool Neplan nur Lastprofile auf Tagesbasis unterteilt, nach Jahresquartalen abbildet und kein Import von ganzen CSV-Lastgängen in der Demo-Version möglich war, wurde alle Lastgänge auf eine Quartalsbetrachtung nach Tagesprofilen auf Stundenbasis angepasst. Somit hat jeder Erzeuger / Verbraucher für jedes Quartal einen eigenen Lastgang, welcher zwischen Werktagen, Samstagen und Sonntagen differenziert.

Parameter des Mieterstromreferenzmodells

Zur Beurteilung des Lastprofils eines Mieterstromobjektes wurde in der Seminararbeit ein Mieterstromreferenzmodell entwickelt, welches die typischen Eigenschaften eines Mieterstromobjektes darstellen und dessen Lastprofil unter Berücksichtigung verschiedener Erzeuger bzw. Verbraucher analysiert werden soll. Da Mieterstromobjekte vor allem in Mehrfamilienhäuser umgesetzt werden, wurde der Analyseschwerpunkt für das Referenzobjekt ausschließlich auf Mehrfamilienhäuser eingeschränkt.

Nach einer Studie der ista zur Analyse des Bestandes von Mehrfamilienhäusern besteht in NRW ein solches Haus aus durchschnittlich 6 Wohneinheiten mit einer Wohnfläche von 70 m2 je Wohneinheit. Die gesamte mittlere Heizfläche beträgt 472 m2. Als Grundfläche wurde eine Annahme von 15,7 m × 10 m getroffen, mit je 2 Wohneinheiten pro Etage. Es wird die Annahme getroffen, dass alle Parteien am Mieterstrommodell teilnehmen.

Die Auslegung der erforderlichen Hausanschlusskapazität erfolgte auf Basis der DIN 18015-1 Planung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden. Es wurde eine elektrische Anschlussleistung von 48 kVA festgelegt. Als Hausanschlusskabel wurde ein NAYY-Kabel verwendet, mit einem Querschnitt von 50 mm2. Die Auswahl des Querschnittes erfolgte auf Basis der Simulation der Strombelastbarkeit. Der jährliche Strombedarf wurde auf 18.000 kWh (3000 kWh je WE) festgelegt. Dies entspricht ca. 375 Vollbenutzungsstunden.  Für die PV-Anlage wurde eine 20 kWPeak Anlage definiert. 

In weiteren Modellschritten wurde die Annahme getroffen, dass 50 % der Wohnparteien über einen eigenen Ladepunkt mit maximal 11 kW verfügen und das Gebäude mit einer Wärmepumpe mit einer elektrischen Anschlussleistung von ca. 23,6 kW verfügt. Die Berechnung der Heizlast erfolgte unter der Annahme, dass es sich um ein KfW 60 Haus handelt.

Analyse der Lastprofile im Mieterstromreferenzobjekt

Im Rahmen der Analyse des Mieterstromreferenzobjektes (mit nur einer PV-Anlage) in Neplan wurde sichtbar, dass die PV-Anlage deutlich zur Steigerung des Autarkiegrades beitragen kann. Gerade im Sommer konnte ein Eigenverbrauch von bis zu 50 % erreicht werden. Aufgrund des hohen Eigenbedarfs kam es auch nur in dieser Jahreszeit zu einer Netzeinspeisung. Begünstigt wurde der hohe Eigenverbrauch dadurch, dass die Erzeugungsspitze der PV-Anlage und die Verbrauchslastspitze etwa zu einem selben Zeitraum auftreten.

Bei einer Erweiterung des Modells um die Ladeinfrastruktur (LIS) war erkennbar, dass die LIS eine deutlich höhere Lastspitze mit ca. 15 kW aufweist als die Summe der Wohneinheiten mit knapp 5,5 kW. Hinzu kommt, dass die Lastspitzen des allgemeinen Stromverbrauchs und der LIS etwa zeitgleich auftreten, was perspektivisch hohe Lastspitzen zur Folge hat. Gleichzeitig sinkt der Eigenverbrauch durch die Implementierung der zusätzlichen Verbraucher.

Fügt man dem Mieterstromreferenzmodell noch eine Wärmepumpe hinzu, steigt die Last weiter an. Da im Winter die Wärmepumpe zu einigen Zeitpunkten an ihre Leistungsspitze (23,6 kW) kommt, trägt die Wärmepumpe zu einer deutlich höheren Last als die LIS bei. Allerdings treten die Lastspitzen der Wärmepumpe und der LIS etwas zeitversetzt voneinander auf.

Auswirkung des Mieterstromprojektes auf den Hausanschluss

Neben der Analyse der Lastprofile in Abhängigkeit der verschiedenen Ausbaustufen (PV-Anlage, LIS, Wärmepumpe) wurde im nächsten Schritt die Belastung der Hausanschlussleitung analysiert. Hierfür wurden je Ausbaustufe mit der PV-Anlage simuliert und einmal ohne, da eine Dunkelflaute mitberücksichtigt werden sollte. Im Rahmen der Simulation war zu erkennen, dass mit der Implementierung der PV-Anlage und der LIS noch keine Erweiterung des Hausanschlusses erfolgen muss. Die PV-Anlage trägt jedoch in allen Fällen zur Entlastung bei. Erst bei der Implementierung der Wärmepumpe kam es zu einer thermischen Überlastung der Hausanschlussleitung, weswegen eine Erweiterung um eine weiteres 50 mm2 Kabel vorgenommen wurde. Bei der Simulation des Hausanschlusses ist zu berücksichtigen, dass die Simulation mit dem Worst-Case-Szenario gerechnet wurde und die maximale Leistung zu jedem Zeitpunkt angesetzt wurde. Lastprofile wurden in diesem Schritt nicht verwendet, erst in der späteren Netzsimulation im Verteilnetz. Spannungsbandprobleme traten in keiner der Simulationen auf.

Auswirkung des Mieterstromprojektes auf das Verteilnetz

Im nächsten Schritt wurde das Mieterstromreferenzmodell in ein Niederspannungsnetz (0,4 kV) implementiert. Ausgewählt wurde ein Wohngebiet in einem städtischen Randgebiet. Das Netz wurde als offenes Ringnetz betrieben. Als Übergabepunkt diente ein Ortsnetztransformator mit einer Anschlussleistung von 400 kVA. Als Kabeltyp wurden ausschließlich NA2X2Y-J-Kabel verwendet, mit Querschnitten von 35 bis 150 mm2. In dem Netzabschnitt war bislang nur eine einzige PV-Anlage mit einer Anschlussleistung von 6 kW angeschlossen. Die Leistung der real installierten Hausanschlüsse waren nicht im System gepflegt und wurden ebenfalls über die DIN 18015-1 ermittelt.

Die Auswirkungen des Mieterstromobjektes im Verteilnetz wurden in zwei Stufen durchgeführt. Einmal wurde die Auswirkung des Mieterstromobjektes nur mit einer PV-Anlage, mit und ohne Lastprofile analysiert. In der zweiten Stufe wurde das Modell dann um die Wärmepumpe und LIS erweitert. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass das einzelne Mieterstromobjekt mit nur einer PV-Anlage zu keiner Überlastung der Betriebsmittel führte. Die implementierte PV-Anlage wirkte sich hingegen positiv auf das einzuhaltende Spannungsband aus, da noch eine geringe Anzahl von Einspeisern im untersuchten Netzabschnitt vorhanden waren. Mit der Erweiterung des Modells um die Wärmepumpe und der LIS stieg die Betriebsmittelbelastung jedoch um etwa 1/3 an. Bei der Simulation ohne Lastprofile waren erste Betriebsmittel bereits überlastet. Bei einer Analyse mit Lastprofilen, die das statische Verbrauchsverhalten mitberücksichtigen, war dies jedoch nicht der Fall, wodurch die Lastprofile dazu beitragen eine unnötige Überdimensionierung im Netz zu vermeiden. Allerdings war zu beobachten, dass durch die Implementierung der neuen Lasten sich der stärkste Spannungsfall auf den Straßenzug des Mieterstromreferenzgebäudes verschob. Insgesamt waren die Betriebsmittel jedoch maximal mit 38 % belastet, womit das einzelne Mieterstromobjekt noch zu keinem Netzausbau führte, mit Ausnahme der Anpassung des Hausanschlusses.

Ausbauszenario 2035

Da das einzelne Mieterstromobjekt im untersuchten Netzabschnitt zu keinem Ausbau führte, wurde eine Überschlagsrechnung erstellt mit einem Ausbauszenario 2035. Hier wurde die Annahme getroffen, dass in Zukunft jedes Hausdach über eine eigene PV-Anlage verfügt, jedes zweite Haus über eine Wärmepumpe und einen Ladepunkt. Bis 2035 wären somit zusätzliche 92 kW Anschlussleistung für PV-Anlagen, 71 kW für Wärmepumpen und 90 kW für LIS erforderlich.

Bereits in der ersten Simulation mit nur einem Mieterstromobjekt war erkennbar, dass die maximale Auslastung am Transformator 25 % betrug, was 100 kVA entspricht. Somit ständen bis zu einer Auslastung von 50 % noch weitere 100 kVA zur Verfügung. Da bis 2035 allerdings zusätzliche 253 kW erforderlich wären, wäre ein Netzausbau wahrscheinlich, sofern keine Steuerungs- und Regelungstechnik zur Abregelung der Anlagen implementiert werden würde. Auch wäre durch den starken Anstieg von Erzeugern und größeren Verbrauchern das Thema Spannungsbandverletzung neu zu bewerten.

Kritische Würdigung des Analyseprojektes

Ein Problem bei der Umsetzung der Seminararbeit war die mangelnde Datenlage in Form der vorhandenen Lastprofile. Es standen, mit Ausnahme der Wärmepumpe, keine Jahreslastgänge zur Verfügung. Hinzu kam, dass das Simulationstool Neplan nur Tageslastgänge je Quartal abbilden (Werktag, Samstag, Sonntag). Eine ganzjährige Simulation war somit nicht möglich. Sehr volatile Lastgänge wie die der WP konnten somit nur schwer abgebildet werden. Daher musste die Wärmepumpe mit einem Tageslastgang des kältesten Tages je Quartal simuliert werden, da Durchschnittswerte über ein Quartal zu ungenau waren. Der PV-Lastgang war so normiert, dass immer nur eine durchschnittliche Erzeugung angegeben wird, aber kein Extremszenario abgebildet werden kann (Gleichzeitigkeitsgrad nie größer 0,5). Der Lastgang für die Beladung von E-Autos war für eine höhere Anzahl von Fahrzeugen gedacht, daher dürfte der Gleichzeitigkeitsgrad im Modell zu niedrig sein. Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass jedes Lastprofil nur ein durchschnittliches Nutzerverhalten, aber nicht das individuelle widerspiegelt! Somit eigenen sich Lastprofile eher zur Simulation eines gesamten Netzes, die das statistische Verbrauchsverhalten widerspiegelt. Die exakte Analyse des Lastgangs für nur ein Objekt ist eher schwieriger.

Außerdem wurde die Auswirkung des Mieterstromobjektes wurde nur an einem Netzabschnitt getestet, eine größere Stichprobe wäre aussagekräftiger gewesen. Interessant wäre auch gewesen, wie sich ein Mieterstromobjekt in einem Verteilnetz mit einem größeren EE-Anteil auswirkt.

Trotz der Kritikpunkte wurde die Seminararbeit als positiv gewertet, da gezeigt werden konnte, welchen Nutzen Lastprofile (mit einer guten Datenbasis) haben können, um Überdimensionierungen im Netz zu vermeiden, da ein Verbraucher läuft, selten permanent zu 100 % seine maximale Last benötigt. Insgesamt hat aber die Datenqualität der Lastprofile einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse des Simulationsmodells! Die Simulationsergebnisse zeigen, ein einzelnes Mieterstromobjekt wirkt sich i. d. R. nur gering auf ein gesamtes Verteilnetz aus. In Netzen mit wenig EE-Anlagen wirkt sich die PV-Anlage positiv auf die Netzstabilität aus (Bsp. Anhebung Spannungsband). Die Erweiterung der Hausanschlüsse wird bei Mieterstromobjekten jedoch schnell erforderlich, wenn weitere, größere Verbraucher implementiert werden.

Smart Grid wird bis 2029 Pflicht – Die Konsultationsfassung zum § 14a EnWG

Lange ist es her, dass von der Novellierung des § 14a EnWG (steuerbare Lasten) zu hören war. Nachdem die Novellierung eigentlich noch durch den letzten Wirtschaftsminister Peter Altmaier erst veröffentlicht und wenige Tage später zurückgezogen wurde, hat die Branche lange darauf gewartet, wie es mit der Steuerung größerer Verbraucher im Nieder- und Mittelspannungsnetz weitergehen soll.  Hierzu hatte die BNetzA dieses Jahr den Auftrag des Gesetzgebers erhalten, sich um die neue Ausgestaltung des § 14a EnWG zu kümmern. Diesbezüglich hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) in der vergangenen Woche ein Konsultationspapier für das Festlegungsverfahren „zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz“ veröffentlicht. Da die Thematik sowohl Netzbetreiber als auch Lieferantenprozesse betreffen, arbeiten die Beschlusskammern 6 und 8 bei der Ausarbeitung des Themas zusammen.

Das Konsultationspapier ist ein Eckpunktepapier, in dem die Grundideen zur Umsetzung der BNetzA umrissen sind. Der Markt hat bis Mitte Januar Zeit, seine Stellungnahme abzugeben. Das Eckpunktepapier fokussiert sich dabei stark auf die Frage, wie und in welcher Form Steuerungsprozesse von größeren Lasten im Verteilnetz ablaufen sollen. Es gliedert sich in eine Vielzahl von Aktivitäten der Behörde und des Gesetzgebers ein, welche den Ausbau eines Smart Grids begünstigen wollen. So ist beim Lesen des Eckpunktepapiers klar zu erkennen, dass das grundlegende Zielbild klar in die anstehende Marktkommunikation 2023 / 2024 eingliedert ist und die Prozesse zur Umsetzung z. T. bereits beschlossen wurden.

In Rahmen unseres Blogbeitrags schauen wir uns die Kerninhalte des Eckpunktepapiers an und ordnen diese aus energiewirtschaftlicher Sicht ein. Zwar handelt es sich noch um eine Konsultationsfassung, beim Lesen wird jedoch deutlich, dass es eine zukünftige, fundamentale Grundlage für den Aufbau eines Smart Grids liefern wird. Bevor wir jedoch auf die Inhalte eingehen, erklären wir, warum es eigentlich einer Regelung in Form des § 14a EnWG bedarf.

§ 14a EnWG – Wofür benötigen wir abschaltbare Lasten?

Bedingt durch die Energiewende und den stetigen Zubau von erneuerbaren Energien (EE) im Strom sowie dem Trend der Elektrifizierung wird das Management und die Steuerung unserer Netze immer komplizierter. Früher konnte das Stromnetz mit mehreren hundert konventionellen Kraftwerken, die hauptsächlich auf der Hoch- und Höchstspannungsebene angeschlossen waren, noch top-down gesteuert werden. Heute haben jedoch wir mittlerweile mehr als 2 Mio. Anlagen im deutschen Stromnetz. Den Großteil bilden EE-Anlagen, welche zu über 95 % im Nieder- und Mittelspannungsnetz angeschlossen sind. Durch das volatile Einspeiseverhalten wird es für Netzbetreiber zunehmend schwieriger, ein permanentes Gleichgewicht aus Erzeugung und Verbrauch zu gewährleisten, da die Erzeugung nicht immer der Nachfrage angepasst werden kann.

Gerade in sonnen- oder windarmen Stunden kann dies bedeuten, dass eine zu hohe Nachfrage auf ein zu geringes Angebot trifft. Zur Netzstabilisierung ist es folglich erforderlich, einzelne Verbraucher vom Netz zu nehmen, um die Nachfrage zu senken. Weil durch die Elektrifizierungsstrategie des Gesetzgebers immer mehr Ladepunkte für Elektromobile und Wärmepumpen angeschlossen werden, steigt der Leistungsbedarf gerade der Haushalte auf der Niederspannungsebene an.

Damit der Netzbetreiber weiterhin die Funktionsfähigkeit seines Stromnetzes gewährleisten kann, benötigt er einen entsprechenden Werkzeugkasten. Hierzu gehört im ersten Schritt die Implementierung geeigneter Monitoring-Lösungen, welche ihm die Strom- und Spannungsflüsse anzeigen. Denn das Niederspannungsnetz wird bis heute zum Großteil blind gefahren. Auf Basis der Informationen kann der Netzbetreiber kritische Netzzustände identifizieren und Gegenmaßnahmen wie die Abschaltung von größeren Lasten nach dem § 14a EnWG einleiten.

In der Vergangenheit war dies im Niederspannungsnetz nicht nötig, da die Betriebsmittel mit ausreichenden Sicherheitsaufschlägen so groß dimensioniert wurden, dass eine Überlastung der Betriebsmittel nur von geringerer Bedeutung war. Außerdem erfolgten Energieflüsse stets top-down. Mit dem Voranschreiten der Energiewende ändert sich dies jedoch zunehmend, bei der z. T. Energieflüsse aus der Niederspannung in die Mittelspannung hochtransformiert werden müssen. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, dient der Entwurf zur Ausgestaltung des § 14a EnWG steuerbare Lasten als eine wesentliche Grundlage, wie in Zukunft der Aufbau des Smart Grids auf den unteren Netzebenen aussehen soll.  Die BNetzA hat die folgenden Vorschläge gemacht:

§ 14a EnWG – Welche abschaltbare Lasten nehmen an dem Modell teil?

Am System der abschaltbaren Lasten müssen nach dem ersten Vorschlag der BNetzA nicht alle Verbraucher teilnehmen. Vielmehr handelt es sich um größere Verbraucher, welche eine maximale Leistung größer 3,7 kW haben. Zum Vergleich: Eine übliche Schukosteckdose liegt unterhalb des Schwellwerts. Konkret nennt die Bundesnetzagentur folgende Verbraucher (die im Gesetz als Steuerbareverbrauchseinrichtung (SteuVE) bezeichnet werden), welche an dem System der abschaltbaren Lasten teilnehmen sollen:

  • Nicht-öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektromobile
  • Wärmepumpenheizungen unter Einbeziehung etwaiger Zusatzheizvorrichtungen (Elektroheizstab)
  • Anlagen zur Erzeugung von Kälte
  • Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher) hinsichtlich der Strombezugsrichtung

Voraussetzung ist, dass die Verbrauchseinrichtungen einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss am Niederspannungsnetz besitzen. Nicht alle Verbraucher müssen sofort am neuen System teilnehmen. Vielmehr gilt eine Verpflichtung nur für die Verbrauchseinrichtungen, deren Inbetriebnahme ab dem 01.01.2024 erfolgt. Somit haben Verbrauchseinrichtungen, welche vor dem 01.01.2024 angeschlossen wurden, einen Bestandsschutz. Diesen steht es jedoch frei, an dem System teilzunehmen. Ein Rückkehrrecht besteht jedoch nicht.  Gleiches gilt für Nachtspeicherheizungen, die vor dem 01.01.24 in Betrieb genommen wurden. Sie müssen dauerhaft bis zur Außerbetriebnahme nicht am Modell des § 14a teilnehmen. Haben diese Verbrauchseinrichtungen bereits einen Vertrag mit dem Netzbetreiber zur Steuerung im Niederspannungsnetz, fallen auch diese unter den Bestandsschutz. Ab 2029 müssen diese Anlagen jedoch in das Zielmodell überführt werden.  Somit haben Netzbetreiber die Möglichkeit, alle neuen SteuVE statisch und dynamisch zu steuern. Was hierunter zu verstehen ist, schauen wir uns im folgenden Kapitel an.

§ 14a EnWG – statisches und dynamisches Steuern

Um kritische Situationen im Niederspannungsnetz zu vermeiden, sollen Netzbetreiber zwei Möglichkeiten erhalten, SteuVE im Netz zu steuern. Hierzu gehören die statische und dynamische Steuerung. Erstes findet hauptsächlich dann Anwendung, wenn dem Netzbetreiber aufgrund fehlender Messtechnik (noch) keine Informationen aus seinem Niederspannungsnetz vorliegen. Ausgangspunkt für das statische Steuern ist die Identifikation kritischer Netzzustände mithilfe rechnerischer Ermittlungsprogramme (Bsp. Lastflussrechnung mit einem Simulationstool). Auf Basis der Simulationsergebnisse kann der Netzbetreiber präventiv Abschaltungen an der SteuVE festlegen. Hierzu können z. B. feste Abschaltzeiten für einzelne SteuVE zählen. Liegen bereits erste Messwerte vor, z. B. auf Basis intelligenter Messsysteme oder durch die Ermittlung von Leistungsflüssen an den Trafoabgängen, sind diese in der Simulation zu berücksichtigen. Der Ansatz des statischen Steuerns ähnelt dem Vorgehen der Übertragungsnetzbetreiber auf der Höchstspannungsebene. Bei diesem wird im Rahmen der Ermittlung von Redispatchmaßnahmen, bei der mithilfe einer Lastflussrechnung durch die Anmeldung aller Fahrpläne der Bilanzkreisverantwortlichen eine Lastflussrechnung zur Erkennung von Transportkapazitäten durchgeführt.

Einen anderen Ansatz verfolgt hingegen die dynamische Steuerung. Sie ist erst dann möglich, wenn der Netzbetreiber eine vollständige messtechnische Überwachung des jeweiligen Netzabschnittes durchführen kann, um die Auslastungssituation zu ermitteln. Eine Abschaltung der SteuVE ist erst dann zulässig, wenn aufgrund der Messergebnisse kritische Netzzustände erkannt werden. Ein präventives Vorgehen wie beim statischen Steuern ist hingegen bei diesem Ansatz nicht zulässig. Beim dynamischen Steuern darf die Abschaltung auch nur so lange aufrechterhalten werden, wie der kritische Netzzustand besteht. Zwischen der Feststellung eines kritischen Netzzustands und der Durchführung der Schalthandlung dürfen maximal 3 Minuten vergehen. Somit hat der Verteilnetzbetreiber (VNB) zwei Minuten mehr Zeit als beim Redispatch 2.0 bei dem eine Schaltung binnen einer Minute erfolgen muss.

§ 14a EnWG – Wie sieht das Modell abschaltbare Lasten im Kern aus?

Bei der Ausgestaltung des Modells zur Steuerung größerer Verbrauchseinrichtungen setzt die BNetzA auf ein Zielmodell. Alle neuen größeren Verbraucher oberhalb von 3,7 kW im Niederspannungsnetz, die ab dem 1. Januar 2024 in Betrieb gehen, werden in den Steuerungsprozess einbezogen. Im ersten Schritt soll die Steuerung mithilfe der statischen Steuerung durchgeführt werden. Messtechnik ist im ersten Schritt somit noch nicht zwingend erforderlich, da nicht mit der dynamischen Steuerung gestartet werden muss. Für Netzbetreiber bedeutet dies jedoch, dass ab 2024 ein Simulationsmodell der Niederspannungsnetze zur Verfügung stehen muss, um Grenzwertverletzungen (Betriebsmittelüberlastung, Spannungsbandverletzungen etc.) erkennen zu können. Wie oft diese Simulation durchgeführt werden muss, wurde im Konsultationspapier noch nicht definiert. In der Praxis sollte jedoch von einer täglichen Simulation für den nächsten Tag ausgegangen werden.

Im Zielmodell stehen dem Letztverbraucher zwei Optionen zur Auswahl, wie die Steuerung durch den Netzbetreiber erfolgen kann. Bei der ersten Option handelt es sich um eine Einzelsteuerung der SteuVE. Der Steuerbefehl kommt in diesem Fall vom VNB. Allerdings darf die SteuVE nicht vollständig abgeregelt werden. Eine Mindestleistung von 3,7 kW muss weiterhin garantiert werden. Sollte die SteuVE nicht in der Lage sein, die Wirkleistung auf 3,7 kW zu reduzieren, dann darf die SteuVE durch den Netzbetreiber vollständig abgeregelt werden.

Als zweite Option steht dem Verbraucher eine sogenannte Prosumersteuerung über eine steuerbare Netzlokation (SteuNA) zur Auswahl. Hierbei richtet sich der Steuerungsbefehl des Netzbetreibers nicht an eine einzelne SteuVE, sondern direkt an einen „intelligenten Hausanschluss“. Hinter dem Hausanschluss besitzt der Anschlussnehmer ein eigenes Energiemanagementsystem, welches den Steuerungsbefehl des Netzbetreibers entgegennimmt und die Reduktion der Wirkleistung selbst auf die SteuVE verteilt. Hierbei soll gegenüber dem Netzbetreiber nachgewiesen werden, dass die vorgegebene Leistungsobergrenze eingehalten wird. Auch hier gilt, dass eine vollständige Abregelung des SteuNA nicht zulässig ist. Zu jedem Zeitpunkt muss eine Mindestverfügbarkeit von 5 kW, bezogen auf eine Viertelstunde, garantiert werden. Grundsätzlich soll der Letztverbraucher zwischen beiden Steuerungsoptionen wählen können, sofern die notwendigen technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine spätere Änderung soll ebenfalls möglich sein.

Bis 2029 soll der Netzbetreiber die Möglichkeit haben, die statische Steuerung zu nutzen. Ab 2029 ist nur noch die dynamische Steuerung zulässig. Für den Netzbetreiber heißt das, dass ab 2029  für kritische Netzabschnitte der Aufbau eines Smart Grids zur Steuerung seines Netzes mithilfe von realen Netzzustandsinformationen abgeschlossen sein muss! Sind die Voraussetzungen für das dynamische Steuern bereits früher vorhanden, ist zu diesem Zeitpunkt das statische Steuern nicht mehr zulässig.

Welche Rechte und Pflichten hat der Netzbetreiber?

Nach Ansicht der BNetzA im Rahmen des Konsultationspapiers sind alle Verteilnetzbetreiber auf der Niederspannungsebene und z. T. der Mittelspannungsebene verpflichtet, die Vorgaben des § 14a EnWG umzusetzen. Ein Ausnahmetatbestand ist nicht vorgesehen. Die Kernaufgabe des Netzbetreibers ist die Identifikation kritischer Netzzustände und die Einleitung von Gegenmaßnahmen. Hierzu zählt nach § 14a EnWG die Reduktion der Wirkleistung von SteuVE oder SteuNA im eigenen Netz. Ab 2029 hat die Steuerung ausschließlich dynamisch zu erfolgen.

Der zulässige Anwendungsbereich für die Steuerung ist ausschließlich in drei Szenarien anzuwenden: Zur Beseitigung von strom- und spannungsbedingten Gefährdungen, bei Störungen durch Betriebsmittelüberlastungen im NS-Leitungsstrang, an den die SteuVE (bzw. der SteuNA) angeschlossen ist, oder im Trafo Mittelspannung/Niederspannung, der unmittelbar mit dem NS-Abgang verbunden ist. Die Steuerung hat nach einer diskriminierungsfreien Auswahl zu erfolgen, soweit die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Hierzu zählt u. a. eine gleichmäßige Reduktion der Wirkleistung, verteilt auf die einzelnen SteuVE / SteuNA. Eine Entlastung durch Steuerungsmaßnahmen vorgelagerter Netzbetreiber soll und darf nicht erfolgen. Vielmehr hat der Verteilnetzbetreiber für sein Netz allein Sorge zu tragen, kritische Netzzustände zu vermeiden.

Alle Steuerungsmaßnahmen sind hinsichtlich ihrer Dauer und Intensität vom Netzbetreiber zu dokumentieren und gelten als Nachweis gegenüber der BNetzA. Im Falle des dynamischen Steuerns, sind die Messwerte strangscharf zu archivieren. Ebenso dienen die Daten als Begründung, um Netzausbaumaßnahmen gegenüber der Regulierungsbehörde zu rechtfertigen. Auf Verlangen der Behörde sind die Daten vorzulegen. Darüber hinaus soll die gesamte Anzahl an Steuerungsmaßnahmen und deren Hintergründe als neue Kategorie im Monitoringbericht aufgenommen werden.

Welche Rechte und Pflichten hat der Letztverbraucher?

Sofern Letztverbraucher unter den Geltungsbereich des § 14a fallen, sind sie verpflichtet, am Modell teilzunehmen. Ausnahmebestimmungen existieren keine, bis auf die oben genannten (Bsp. Nachtspeicherheizungen vor 01.01.24). Es ergeben sich jedoch auch Vorteile für den Letztverbraucher. So hat dieser durch die Teilnahme das Recht, unverzüglich an das Niederspannungsnetz angeschlossen zu werden. Der Netzbetreiber darf ab 2024 damit dem Kunden nicht mehr den Anschluss aufgrund kritischer Netzzustände, wie der Gefahr der Überlastung der Betriebsmittel aufgrund einer zu geringen Dimensionierung, zu verweigern. Vielmehr weist die BNetzA darauf hin, dass der Netzbetreiber nach den Pflichten des EnWG das Stromnetz für jeden Anschluss zu ertüchtigen habe.

In der Praxis könnte ein schneller Anschluss von SteuVE und eine gleichzeitig zu geringer Dimensionierung der Netzbetriebsmittel zu einer verstärkten Abregelung der SteuVE oder SteuNA zur Folge haben. Solange, bis der Netzbetreiber es geschafft hat, sein Netz weiter auszubauen. Werden hinter einem Trafo oder in einem Strang bereits Steuerungsmaßnahmen nach § 14a EnWG durchgeführt und ist mit weiteren Maßnahmen zu rechnen, so muss der Netzbetreiber spätestens dann seine Netzausbauplanung für diesen Netzbereich anpassen.

Soweit der Letztverbraucher noch nicht über ein intelligentes Messsystem verfügt, hat er die technischen Vorgaben des Netzbetreibers in Bezug auf die Einrichtung einer Steuerung der SteuVE einzuhalten. Ist hingegen ein intelligentes Messsystem eingebaut, hat die Bereitstellung der erforderlichen Technik zur Anbindung der SteuVE an das iMS durch den Messstellenbetreiber zu erfolgen.

§ 14a EnWG – Wie erfolgt die Vergütung der Teilnehmer?

Durch die Abschaltung kann Letztverbrauchern ein finanzieller Schaden entstehen. Vor allem dann, wenn sein Stromtarif zeitvariabel ist und unterschiedliche Preise zu unterschiedlichen Zeitpunkten gelten. In der Vergangenheit war es deswegen meist so, dass Verbraucher auf höheren Spannungsebenen für potenzielle Abschaltmaßnahmen entschädigt wurden. Dies ist jedoch bei Maßnahmen im Rahmen des § 14a EnWG im Verteilnetz nicht der Fall.

Aus Steuerungsbefehlen von Netzbetreibern sollen keine Rechtsfolgen entstehen, die einen bilanziellen oder finanziellen Ausgleich zur Konsequenz haben. Somit wird weder der Bilanzkreis des Lieferanten bereinigt, noch erhält der Letztverbraucher eine zusätzliche finanzielle Entschädigung. Als Entschädigung wird hingegen angesehen, dass der Letztverbraucher durch die Teilnahme am Modell des § 14a EnWG von verringerten oder dynamischen Netzentgelten profitieren soll. Die notwendige Verordnungsermächtigung ist noch durch die BNetzA auszugestalten, liegt aber bereits vor. 

Die Höhe der pauschalen Netzentgeltreduzierung soll dabei bundesweit einheitlich sein und kalenderjährlich ausgewiesen werden. Sie könnte sich mangels geeigneterer Kriterien an den zusätzlichen Kosten orientieren, die dem Netznutzer für die Einrichtung oder Herstellung der Steuerbarkeit entstehen. Die Netzanschlusskosten (NAK) finden keine Berücksichtigung bei der Berechnung eines reduzierten Netzentgeltes. Diese sind diskriminierungsfrei und gleich zu entrichten. Die Zahlung erfolgt unabhängig davon, ob tatsächlich Steuerungseingriffe erfolgt sind. Grundlage für die Zahlung ist bereits die Möglichkeit, einen solchen Eingriff vornehmen zu können. Ob die Abwicklung der verringerten Netznutzungsentgelte über das Lieferantenverhältnis erfolgen soll oder direkt über den Netzbetreiber ist zum aktuellen Zeitpunkt noch offen.

Fazit zum Entwurf abschaltbare Lasten

Mit dem Konsultationspapier schafft die BNetzA einen großen Aufschlag für eine Diskussions- und spätere Umsetzungsgrundlage für den Aufbau eines Smart Grids im Verteilnetz. Mit der perspektivischen Pflicht zur dynamischen Steuerung ab 2029 wird faktisch jeder Netzbetreiber gezwungen, in kritischen Netzabschnitten ein Smart Grid zu implementieren, in dem mithilfe von Messtechnik Entscheidungen für Steuerungsbefehle getroffen werden.

Für den Verteilnetzbetreiber würde dies im Rahmen der Netzführung eine große operative Umstellung bedeuten, da bislang Schaltmaßnahmen noch sehr wenig und wenn meist nur im Rahmen von Baumaßnahmen durchgeführt werden. Allein für die Umsetzung des statischen Steuerns benötigt der Verteilnetzbetreiber ein eigenes Simulationsmodell, um im Voraus kritische Zustände ohne Messtechnik erkennen zu können. Hier dürften Fragen hinsichtlich des geeigneten Systems aufkommen, aber auch hinsichtlich der Datenbasis. Oft dienen Geoinformationssysteme als Datengrundlage für das Verteilnetz, wobei die Datenqualität von Netzbetreiber zu Netzbetreiber stark variieren kann. Die Datenqualität ist jedoch eine wesentliche Grundlage, um automatisiert Simulationsberechnungen durchführen zu können.

Da von einer täglichen Simulation auszugehen ist und mit Voranschreiten der Energiewende mit einem erhöhten personellen Aufwand zu rechnen wäre, muss der Prozess perspektivisch simuliert werden. Mit dem Wechsel zur dynamischen Steuerung bis spätestens 2029 müsste das Monitoring des Netzes in die Netzleitwarte überführt werden, damit binnen 3 Minuten Schaltmaßnahmen zur Reduktion der Wirkleistung umgesetzt werden können. Perspektivisch sollte neben dem Wirkleistungsmanagement auch ein Blindleistungsmanagement eingeplant werden. Da die Blindleistung aktuell zum Großteil noch durch große konventionelle Kraftwerke aus vorgelagerten Netzen bereitgestellt wird und diese schrittweise vom Netz gehen, müssen perspektivisch kleinere Erzeugungsanlagen und SteuVE die Blindleistung bereitstellen.

Eine weitere Herausforderung dürfte die Finanzierung des Aufbaus eines Smart Grids darstellen. Für den Aufbau ist neben Messtechnik vor allem der Ausbau der IT-Infrastruktur erforderlich, welcher zum Anstieg der OPEX-Kosten bei dem Netzbetreiber führt. Hier besteht das Problem, dass das Basisjahr gerade erst vorbei ist und zusätzliche Kosten nicht berücksichtigt werden konnten. Das nächste Basisjahr im Bereich Strom erfolgt erst 2026, wodurch die Gelder erst mit einem Zeitverzug von zwei Jahren bereitstehen. Viel zu spät, um die Fristen des dynamischen Steuerns bis 2029 zu erreichen.  Vorherige OPEX-Ausgaben muss der Netzbetreiber als Verlust abschreiben. Hinzu kommt, dass die OPEX-Ausgaben nicht wie die CAPEX-Ausgaben verzinst werden. Dadurch besteht eigentlich weiter der Anreiz mehr Geld in Netzverstärkungsmaßnahmen zu investieren als in Netzdigitalisierung. Ob die BNetzA den Missstand zur nächsten Regulierungsperiode ändert, bleibt abzuwarten. Kurzfristig sollten Netzbetreiber daher den Ansatz verfolgen, die Kosten aus dem § 14a EnWG als Gesamtprojekt möglichst mit einem geringen OPEX-Anteil abzurechnen, um diese über den Kapitalkostenabgleich unterhalb der Regulierungsperiode wälzen zu können.

Alles in allem ist der Entwurf der BNetzA als positiv zu bewerten, da er einen Ausblick gibt, in welche Richtung der Aufbau eines Smart Grids erfolgen soll. Ergänzend dazu werden mit der Mako 2023 und Mako 2024 die notwendigen Prozesse geschaffen, um den § 14a EnWG auch in der Praxis umsetzen zu können. Allerdings ist durch die Schwierigkeiten der Hard- und Software des intelligenten Messsystems davon auszugehen, dass Netzbetreiber vermutlich mehr auf eine Zählerfernauslesung zu Anlagensteuerung setzen werden und mögliche IoT-Sensorik (Bsp. LoRaWAN), um einzelne Assets zu überwachen. Auch ist die Entwicklung der SteuNA als intelligenter Hausanschluss zu beobachten, welche sicherlich die Grundlage für einen neuen Service in der Energiewirtschaft bilden wird.

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Praxisbericht: LoRaWAN in der Netzleitstelle

Smart Grid: Mit LoRaWAN in der Netzleitstelle

LoRaWAN in der Netzleistelle zur Realisierung eines intelligenten Energieversorgungsnetzes ist längst kein abstraktes Thema in der Branche mehr. Immer mehr EVUs begeben sich auf den Weg, ihre neugewonnenen Informationen in die jeweiligen Fachsysteme zu integrieren. Neben der Abrechnung von LoRaWAN-Zählern stellt die Netzleitwarte eines Stadtwerks ein präferiertes System da. Hierbei soll LoRaWAN als Übertragungstechnik dazu dienen, den Transformationsprozess des Energieversorgungsnetzes hin zu einem Smart Grid zu unterstützen.

Die Netzleitstelle als Herzstück zur Überwachung und Steuerung des Energieversorgungsnetzes nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die erhobenen Daten aus dem LoRaWAN-Netz werden dem Mitarbeiter in der Leitwarte für eine bessere Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Die Ableitung von Maßnahmen soll so besser und einfacher getroffen werden können. Doch es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie eine Integration von Messwerten aus dem LoRaWAN-Netz in die Netzleitstelle erfolgt und welche Daten dort überhaupt visualisiert werden sollten. Da viele vor Projekten rund um das Thema Netzleitwarte auf Grund der hohen Komplexität oder Sicherheitsbedenken zurückscheuen, wollen wir einen Blick darauf werfen, welche Fragestellungen zu klären sind und wie ein solches Projekt umgesetzt werden kann. Ausgangspunkt sind jedoch die technischen Voraussetzungen, weswegen wir zuerst einen Blick auf die Grundlagen der Fernwirktechnik und die notwendige IT-Architektur werfen:

Fernwirktechnik: Was sind die Grundlagen?

In der Vergangenheit und auch noch heute erfolgt die Anbindung von Assets in die Netzleitwarte oft über klassische Fernwirktechnik. Dabei stellt die Fernwirktechnik einen Teil der Netzleittechnik dar, der die Messungs-, Steuerungs- und Regelungstechnik umfasst. In der Fernwirktechnik ist zwischen der Überwachungs- und Steuerungsrichtung zu unterscheiden. Diese sind abhängig vom Blickwinkel des Betrachters, sprich dem Mitarbeiter in der Netzleitwarte. Aus Blickrichtung des Betrachters spricht man von der Steuerungsrichtung. Aus der Perspektive zum Betrachter hin, hingegen von der Übertragungsrichtung.

Die Fernwirktechnik besteht im Allgemeinen aus einem zu überwachenden Objekt, das mittels eines Fühlers überwacht wird. Der Fühler greift physikalische Größen wie z. B. den Druck oder Temperaturwert des Assets ab und wandelt den analogen Messwert mittels eines Umformers in einen digitalen Messwert um. Standardschnittstellen sind hier z. B die 0-20 mA- oder 4-20 mA-Schnittstelle. Über einen Verstärker erfolgt die Übertragung des digitalen Messwerts zu einem zweiten Umformer, der den digitalen Messwert zurück in einen analogen Messwert übersetzt und der Netzleitstelle zur Verfügung stellt. Der Mitarbeiter kann sich dann die Information des Objekts in der Netzleitstelle anzeigen lassen und ggf. Steuerungsbefehle ausgeben, sofern das Objekt über eine entsprechende Steuerungseinheit verfügt.

Grundlegende Beschreibung der Fernwirktechnik
Grundlagen der Fernwirktechnik

Hier stellt sich nun die Frage, wie eine Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle erfolgen kann und wie auf den bereits bestehenden Erfahrungen im Bereich der Fernwirktechnik aufgesetzt werden kann. Hierzu werfen wir einen ersten Blick auf die notwendige IT-Architektur:

IT-Architektur: LoRaWAN in der Netzleistelle

Bei der Integration eines Objekts mittels LoRaWAN in die Netzleitwarte ist wie auch in der Fernwirktechnik ein geeigneter Fühler auszuwählen. Der LoRaWAN-Sensor stellt dabei den Fühler dar. Dieser wandelt die analogen Messwerte in digitale Messwerte um. Alternativ können auch bereits bestehende digitale Messwerte abgegriffen werden und über eine LoRaWAN-Bridge in das „LoRaWAN-Format“ übersetzt werden, wie dies in der folgenden Abbildung dargestellt ist.

Der LoRaWAN-Sensor als Fühler ist zur Übertragung der Messwerte in das LoRaWAN-Netz eingebunden. Dieses übernimmt die Rolle des Verstärkers zum Transport der Messwerte und besteht aus dem LoRaWAN-Gateway und dem LoRaWAN-Netzwerk-Server (LNS). Die Informationen werden an den Data-Hub, die IoT-Plattform, übertragen. Dort findet die Entschlüsselung der LoRaWAN-Messwerte statt. Über eine integrierte Schnittstelle im Data-Hub erfolgt dann eine Übersetzung der Messwerte in das IEC-104-Protokoll. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Protokoll, das in der Fernwirktechnik eingesetzt wird und von der Netzleitstelle verarbeitet werden kann. Das Protokoll gibt bestimmte Arten bzw. Typen von Messwerten vor, die übertragen werden können. In diesem Beispiel sind dies die Typen 1,2 und 13.

Bei der Schnittstelle im Data-Hub handelt es sich um einen IEC-104-Slave, der mit einem IEC-104-Master aus der Netzleitwarte verbunden ist, da Netzleitwarten nach dem Master-Slave-Prinzip arbeiten. Hierfür muss eine Verbindung zwischen dem Master und dem Slave (Master-Slave-Prinzip) hergestellt werden. In unserem Beispiel steht der Data-Hub mit dem 104-Slave im kommunalen Rechenzentrum der items GmbH und der Master im Rechenzentrum des Kunden. Zur Sicherstellung einer sicheren Verbindung ist ein VPN-Tunnel zwischen Master und Slave installiert. Eine Anpassung der Firewallregeln ist hierfür notwendig.

Nachdem eine Verbindung zwischen Master und Slave hergestellt ist, müssen beide aufeinander abgestimmt werden. Nach erfolgter Konfiguration ist nun eine Einrichtung von Sensoren im Data-Hub-LoRaWAN möglich. Zur Übertragung der Messwerte sind die Sensoren mit dem IEC-104-Slave im Data-Hub zu verknüpfen. Die Netzleitwarte kann sich dann über den IEC-104-Master die Daten über das Pullprinzip abholen. Zuletzt erfolgt eine Weiterleitung der Messwerte über den Master per LAN-Verbindung in die Verbunds- bzw. Netzleitstelle.

IT-Architektur der Netzleitstelle mit LoRaWAN
IT-Architektur

Anwendungsfälle: Welche gehören in die Netzleitstelle?

Auf dem ersten Blick ist man schnell dazu verleitet, möglichst alle Informationen in der Netzleitwarte zu visualisieren. Von Strom- und Spannungsmessungen an Trafostationen und KVS-Schränken über jegliche Assets im Bereich der Gas- und Wasserversorgung wie in der Fernwärme. Bevor dies jedoch erfolgt, sollte zuerst eine Analyse und Grundsatzentscheidung getroffen werden, welche Messwerte in die Netzleitwarte gehören und welchen Mehrwert diese liefern sollen. Im Allgemeinen ist die Frage zu beantworten: Handelt es sich um Messwerte, die für ein Live-Monitoring notwendig sind oder eher um Messreihen zur Planung und Optimierung des Energieversorgungsnetzes?
Viele Messwerte werden oft nur zu Planungs- oder strategischen Optimierungszwecken benötigt, weswegen eine Integration nicht erforderlich ist. Im Fokus sollten daher Messwerte stehen, die dem Live-Monitoring dienen und die Entscheidungsfähigkeit des Mitarbeiters unterstützen. Schalthandlungen sollten dabei nicht umgesetzt werden, da die Latenzzeit und Zuverlässigkeit von LoRaWAN zu gering ist, um eine sachgerechte Umsetzung von Steuerungsbefehlen zu gewährleisten.

In der Praxis handelt es sich um Anwendungsfälle, die eher Entscheidungen in der Netzleitwarte betreffen und die die Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter beschleunigen, deren Ausfall aber nicht den Betrieb des Energieversorgungsnetzes gefährdet. Ein klassisches Beispiel stellen Schleppzeiger dar. Wird ein Schleppzeiger mittels eines LoRaWAN-Sensors überwacht und ausgelöst, erhält der Mitarbeiter die Information sofort in der Netzleitwarte. Da der Standort der Fehlermeldung bekannt ist, kann der Monteur gezielt den Fehlerort ansteuern. Die Störung kann deutlich schneller behoben werden, da nicht ggf. jede Ortsnetzstation einzeln abgefahren werden muss. Das Q-Element kann so deutlich gesteigert werden. Sollte der LoRaWAN-Sensor ausfallen, stellt dies aber keine Gefährdung des Betriebs dar, weil zur Not wie früher jede Ortsnetzstation einzeln angefahren werden kann.

Daher haben sich in der Praxis verschiedene Anwendungsfälle über die einzelnen Sparten durchgesetzt. Hierzu zählt z. B. neben der Überwachung von Schleppzeigern, das Monitoren von Kurzschlussanzeigern, die Überwachung von Sicherheitsabsperrventilen (SAV) bei Gasdruckregelstationen, das Monitoren von Fernwärmeschlechtpunkten oder die Strom- und Spannungsüberwachung netzrelevanter Trafostationen.

ISO 27001: Ist LoRaWAN in der Netzleitstelle erlaubt?

Da es sich bei der Netzleitstelle um einen Teil der kritischen Infrastruktur handelt, ist die Sicherheit ein wesentliches Kriterium. Hierfür hält jeder Netzbetreiber ein eigenes Informationssicherheitskonzept nach der ISO 27001 vor. Da mit der Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle aktiv in das System eingegriffen wird, sind immer auch die Auswirkungen auf das Sicherheitskonzept zu berücksichtigen.

Ob eine Anpassung des Informationssicherheitskonzepts nach ISO 27001 notwendig ist, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Eine Pauschalaussage ist an dieser Stelle nicht möglich, da auch der Scope des Konzepts entscheidend ist. In vielen Fällen wird der Scope erst berührt, wenn über LoRaWAN auch Schalthandlungen realisiert werden würden. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht der Fall und auf Grund der technischen Eigenschaften von LoRaWAN selten ratsam.

Da die LoRaWAN-Messwerte eher den Entscheidungsprozess des Mitarbeiters fördern, im Falle einer Nichtverfügbarkeit der Daten aber nicht den Netzbetrieb gefährden, ist eine Anpassung des Konzepts meist nicht notwendig. Allerdings haben manche Netzbetreiber ihren Scope soweit gefasst, dass schon die bloße Existenz der Information ausreicht, die Entscheidung eines Mitarbeiters zu verändern, sodass dies auch im Informationssicherheitskonzept zu berücksichtigen ist. In diesem Fall ist eine Risikobetrachtung und -bewertung durchzuführen. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen könnten im Einzelfall die Folge sein, die einen Einsatz von LoRaWAN in der Netzleitstelle nicht verhindern.

Projektumsetzung: Worauf kommt es an?

Bei Projekten rund um die Netzleitwarte haben viele Projektmanager und Beteiligte oft Bedenken, was die Umsetzung angeht. Zum einen besteht eine hohe Komplexität hinsichtlich der Integration der Projektbeteiligten, da eine Vielzahl von Mitarbeitern mit unterschiedlichem Know-how notwendig sind. Zum anderen müssen die Fragen hinsichtlich der IT-Sicherheit ausreichend beantwortet werden, um die Fachabteilung erfolgreich einzubinden. Hinzu kommt die Problematik des unterschiedlichen inhaltlichen Verständnisses der Beteiligten. Hinzu können Kommunikationsprobleme kommen, die aus einem unterschiedlichen Wording entstehen. So können z. B. Mitarbeiter aus der Fernwirktechnik unter dem Begriff Master-Slave etwas komplett anderes verstehen als die Mitarbeiter aus der IT, welche die Firewallregeln anpassen. Aus diesem Grund ist die Grundvoraussetzung, dass die notwendigen Wissenträger eingebunden sind und in diesem Fall bereits ein LoRaWAN-Netz besteht sowie der Data-Hub bereits im Einsatz ist.
Zur Integration von LoRaWAN in die Netzleitstelle sollte daher im ersten Schritt der IEC-104-Slave im Data-Hub installiert und konfiguriert werden. Im Anschluss erfolgt die Installation des VPN-Tunnels. Die Verbindung zwischen dem IEC-104-Slave im Data-Hub und dem IEC-104-Master der Netzleitstelle sollte dann über ein Ping-Signal getestet werden, um die Funktionsfähigkeit des VPN-Tunnels zu gewährleisten.

Ist der VPN-Tunnel einsatzfähig, kann die Konfiguration des IEC-104-Slave und -Master erfolgen. Hier bietet es sich an, direkt mit einem Testsensor die Konfiguration auszuprobieren. Ist die Konfiguration abgeschlossen, kann die Verbindung vom Data-Hub zur Netzleitstelle für weitere Sensoren genutzt werden. Die Umsetzung der Anwendungsfälle kann somit starten.

In der Praxis wird für ein Projekt dieser Art ein Zeitraum von 1 bis 3 Monaten benötigt. Die Zeitspanne ist abhängig vom IoT-Wissen des Kunden, der Anzahl der eingebundenen Dienstleister und der Größe des Personenkreises. Gerade bei einer hohen Dienstleisterdichte und vielen Projektbeteiligten besteht ein hoher Abstimmungsbedarf, der zu einer längeren Projektumsetzung führt. Hierbei stellten in laufenden Projekten eine ausreichende Kommunikation, die Einführung eines einheitlichen Wordings, das alle Projektbeteiligten verstehen, und die Anpassung der Firewallregeln, wenn mehrere Dienstleister integriert waren, die größten Herausforderungen dar. Je nach Komplexität liegt ein solches Projekt bei zwischen 10 bis 20 Personentagen. Zusätzliche Anpassungen in der Netzleitwarte durch den Hersteller der Netzleitwartensoftware und Aufwände für eine mögliche Anpassung des ISMS nach ISO 27001 sind in dieser Kalkulation nicht enthalten.

Projektstruktur zur Integration von LoRaWAN
Projektstruktur zur Integration von LoRaWAN

Fazit: LoRaWAN in der Netzleitstelle

Die Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle stellt aus heutiger Sicht kein großes Problem mehr da. Die Technik ist mittlerweile so weit, dass eine Integration problemlos möglich ist. Die Komplexität und Aufwände sind nicht höher als bei anderen, heute üblichen IT-Projekten. Durch die Integration von Messwerten in der Netzleitwarte wird den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, die Informationen aus dem LoRaWAN-Netz direkt im eigenen Fachsystem zu nutzen. Ein Zugriff auf den Data-Hub und somit ein Medienbruch für den Mitarbeiter ist somit nicht mehr nötig.
Durch die Verbesserung der Prozesseffizienz im Netzbetrieb ist von einer schnellen Amortisation der Kosten auszugehen. Durch die Steigerung des Q-Elements, z. B. durch das Überwachen von Schleppzeigern, und einer schnelleren Störungsbehebung können finanzielle Mehrwerte schnell gehoben werden. Hinzu kommt eine generelle Zeitersparnis für die eigenen Mitarbeiter, da die Anzahl des Personals bedingt durch den demographischen Wandel stetig abnimmt.

Zur Umsetzung eines sog. Smart Grids wird es jedoch nicht ausreichen, nun sämtliche Anwendungsfälle auf LoRaWAN zu realisieren und in die Netzleitwarte zu integrieren. LoRaWAN stellt in diesem Kontext nur ein zusätzliches Werkzeug dar, das die Transformation des Energieversorgungsnetzes unterstützt. Vielmehr ist in der Zukunft von einem Technologie-Mix auszugehen, bei dem sowohl kabelgebundene Lösung per Glasfaser, als auch Funklösungen wie LoRaWAN, 450 MHz oder NB-IoT zum Einsatz kommen.

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Transparenz im Verteilnetz – Der Netztrafo-Node von Acal BFi im Test

Der Netztrafo-Node – im Test bei items

Über die Notwendigkeit von zusätzlichen Daten im Verteilnetz zur Umsetzung der Energiewende (wie z. B. der Integration der Elektromobilität) wird in der Energiewirtschaft viel diskutiert. Was es hierzu braucht ist geeignete Sensorik, welche dem Netzbetreiber die wichtigsten Informationen zur Verfügung stellt. Die Ortsnetzstation stellt mit das wichtigste Element im Verteilnetz dar. Im vergangenen Monat wurde bereits im Beitrag „Transformatoren: Von der Blackbox zum intelligenten Asset“ über die allgemeinen Vorteile zur Digitalisierung von Ortsnetzstationen berichtet. In den letzten Wochen hat das Unternehmen Acal BFi  die aktuell verfügbare 2.  Version des LoRaWAN Netztrafo-Node (NTN) an items ausgeliefert. Diese Version wird bereits bei einem großen EVU in Bayern eingesetzt. Eine dritte Version ist bereits in Planung und soll als erstes Labormuster in 06.2021 zur Verfügung stehen. Wir sind gespannt und werden demnächst berichten. In diesem Beitrag zeigen wir euch erste Eindrücke des Geräts:

Der Netztrafo-Node – die LoRaWAN-Allzweckwaffe für Trafostationen

Auf den ersten Blick sieht der Neztrafo-Node (kurz NTN) nach einer universellen Allzweckwaffe zur Datenerhebung von Ortsnetzstationen aus. Ob Überwachung der Spannungs- und Stromversorgung, Überwachung von Kurzschlussanzeigern oder einem Präsensmelder, die Möglichkeiten des Monitorings sind vielfältig. Insgesamt verfügt das Gerät über die folgenden Anschlüsse:

  • 4 x Kurz- bzw. Erdschluss-Kontakt
  • 1 x Türkontakt
  • 1 x Auslöser des Trafoschalters
  • 4 x Spannung 230 V und 400 V
  • 4 x Strom L1, L2, L3 und IN
  • 1 x Luftströmungswächter
  • 4 x PT100 Temperaturüberwachung

Auf den ersten Blick erscheint das Gerät stabil und es erweckt den Eindruck ordentlich verarbeitet zu sein. Die IP-Schutzklassifizierung des Gehäuses ist für den witterungsbedingten Betrieb auf jeden Fall geeignet. Ein erster Eindruck ist auf der folgenden Abbildung zu sehen:

Netztrafo Node von Acal BFi

Schritt 1: Inbetriebnahme und Anschluss der Temperaturfühler

Die Einbindung das LoRaWAN-Netzwerk erfolgte im Test reibungslos. Über OTAA konnte der NTN aktiviert werden. Für den Gerätetyp in Niota wurde ein Java-Script-Parser zur Verfügung gestellt. Obwohl die Spannungsversorgung des NTN mit 400 V / 3-phasig vorgesehen ist, kann dieser bereits mit einer 230 V / 1-phasigen Spannungsversorgung betrieben werden.
Des Weiteren ist im Gerät ein Lithium-Akku verbaut, der bei Stromausfall die Daten zuverlässig weiter verarbeitet / versendet.

Die ersten Sensoren, die angeschlossen wurden, waren die PT100-Temperaturfühler. Wie die vier Adern des Sensors an die Klemmblöcke angeschlossen werden müssen, ging nicht eindeutig aus dem Handbuch hervor. Auf Nachfrage kam die Erläuterung, dass die Reihenfolge beliebig sei. Von links nach rechts sind sie nun rot, rot, weiß, weiß angeschlossen und funktionieren tadellos.

Inbetriebnahme und Anschluss der Temperaturfühler

Schritt 2: Anschluss der Rogowskispulen

Im Anschluss erfolgte der Anschluss der 4 Rogowskispulen zur Erfassung der Stromwerte. Zu Beginn bestand das Problem, dass die Spulen keine Werte lieferten und von einem Defekt der Spulen ausgegangen wurde.

Der angezeigte Strom lag konstant bei 0 Ampere. Mit einem zweiten Messgerät wurde verifiziert, dass 0 Ampere kein plausibler Wert ist. Zunächst Bestand die Vermutung, dass es Konfigurationsprobleme sind. Mit einem Multimeter erfolgte eine Überprüfung, ob ein Signal im angegebenen Spektrum von 4-20 mA bei der Messung eines Stroms in der Größenordnung 6-14 Ampere bestand. Die Messung ergaben nahezu 0 mA. Die Vermutung lag nahe, dass die Rogowskispulen defekt sind. Da ein Fehler in der Handhabung im Rahmen des Test nicht ausgeschlossen war, erfolgte eine erneute Kontaktaufnahme mit dem Hersteller.

Das Ergebnis: Die benötigte Spannungsversorgung für die Spulen von mindestens 6 V (maximal 30 V) liegt dem Multimeter zufolge nicht auf den Klemmblöcken im NTN. Die gemessene Spannung betrug ca. 0,5 V. Auch mit einer externen Spannungsversorgung von 6 V durch ein Netzteil, lieferten die Spulen kein Stromsignal von 4-20 mA. Das Multimeter gab Ströme von unter 1 mA aus. Die dem NTN beigefügten Rogowskispulen (insgesamt 4 Stück für L1/L2/L3/N) können nicht einfach so, wie auf dem Etikett angegeben, von 0 bis 1500 Ampere messen. Unter 25 Ampere ist der stromführende Leiter mehrfach durch die Spule zu schleifen. Mit jeder zusätzlichen Windung multipliziert sich die gemessene Strommenge. Beispiel: Der Leiter führt 5 A, wird der Leiter 6-mal durch die Spule geführt, misst die Spule 30 A, dies ist aber nur im Labor umsetzbar/sinnvoll.

Test der Ragowskispulen

Schritt 3: Anschluss der restlichen Sensorik

Im letzten Schritt erfolgte der Anschluss der Kurz- bzw. Erdschlussanzeiger, des Luftstromwächters sowie des Präsenzmelders.

An die Kontakte für Kurz- und Erdschlussanzeiger wurden am NTN externe Messgeräte angeschlossen, die bei Detektion eines Kurzschlusses einen potentialfreien Kontakt schließen. Für den Labortest wurde der geschlossene Kontakt simuliert.

Beim Luftströmungswächter gab es hingegen verwirrende Aussagen im Handbuch sowie der Configdatei. Das Problem konnte aber am Ende gelöst werden, so dass der Luftströmungswächter einwandfrei funktionierte. Der Anschluss des Präsensmelders am Netztrafo-Node erfolgte ebenfalls problemlos.

Schritt 4: Mobiles Testsystem

Aufgrund der vielfältigen Anschlüsse haben wir für weitere Kundentest einen “mobilen NTN” entwickelt. Dieses Set ist modular erweiterbar und soll alle Anforderungen / Möglichkeiten an ein Stationsmonitoring abbilden. Im nachfolgenden Bild wurden beispielsweise CT-Bridges mit entsprechenden Klappwandlern hinzugefügt, um Referenzmessungen bis 250 A an beliebigen Abgängen vorzunehmen.
Das Set ist “ready-t-use” vorbereitet und es fehlt nur noch die passende Steckdose in der Stromstation.

Mobiler Netztrafo Node (1/2)
Mobiler Netztrafo Node (2/2)

Fazit zum Netztrafo-Node

Alles in allem macht der Netztrafo-Node von Acal BFi einen sehr guten und robusten Eindruck. Die Funktionen des Geräts sind vielfältig und stellen ein interessantes Werkzeug für Netzbetreiber zur Überwachung von Ortsnetzstationen dar. Die Vielzahl an Anschlüssen ermöglicht ein umfassendes Monitoring, so dass die Erhebung sämtlicher Informationen über den Netztrafo-Node möglich ist. Ausbaufähig ist dennoch die Dokumentation, da es doch vor allem bei dem Zusammenbau einige Rückfragen an den Hersteller bedurfte, um das Gerät in Betrieb zu setzen. Die Kommunikation mit Acal BFi war in diesem Kontext unkompliziert und schnell. Nach Aussagen des Herstellers erfolgt eine Anpassung der Dokumentation bzw. das Handbuch in Kürze.

Im nächsten Schritt erfolgt nach dem Labortest nun zeitnah der Test in einer Ortsnetzstation.  Nach den jetzigen Ergebnissen können wir unseren Kunden den Einsatz des Netztrafo-Node aus technischer Sicht empfehlen. Wir sind in intensivem Austausch mit Acal Bfi bzgl. unserer Erfahrungen und weiterer Features. Aufgrund der Komplexität des Sensors ist eine Schulung zur Konfiguration des Geräts jedoch sinnvoll. Für weiterführende Informationen und Fragen rund um das Thema Netztrafo-Node, Netzmonitoring und -optimierung sprecht uns gerne an!

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Transformatoren: Von der Blackbox zum intelligenten Asset

Transformatoren, das Herzstück im Stromnetz

Transformatoren sind sehr teure und wichtige Assets im Verteilnetz, denn Sie verbinden die höheren Spannungsebenen mit dem Niederspannungsnetz. Im Gegensatz zu den großen Transformatoren im Übertragungsnetz, ist die klassische Ortsnetzstation in den meisten Fällen weder überwacht noch mit Fernwirktechnik ausgestattet.

Für die zukünftigen Herausforderungen im Verteilnetz fehlt es vor allem an Informationen, denn im Moment befinden sich die meisten Niederspannungsnetze im Blindflug. Nur aufgrund ihrer großen Kapazitäten waren die tatsächlichen Leistungsflüsse bisher zu vernachlässigen. Durch hohe Einspeisungen (bspw. durch PV-Anlagen) und ebenfalls hohe Ausspeisungen (bspw. durch E-Auto-Ladepunkte) häufen sich Spannungsbandüberschreitungen auf langen Leitungen und thermische Überlastungen von Betriebsmitteln.

Um Licht ins Dunkel der Verteilnetze zu bringen, hat es sich unter anderem als sinnvoll erwiesen, die Messtechnik zentral in der Ortsnetzstation zu verbauen. Einige Transformatorenhersteller bieten schon Modelle mit eingebauter Mess- und Funktechnik an. Alternativ gibt es Möglichkeiten, die benötigte Messtechnik nachzurüsten. Eine erste Übersicht über die verschiedenen Arten von Transformatoren und die bereits gemessenen Parametern gibt die folgende Abbildung:

Übersicht Typen von Transformatoren

Arten von Transformatoren

Es gibt grundlegende Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten von Transformatoren. Insbesondere sind zunächst die zwei üblichen Bauweisen zu unterscheiden: Öltransformatoren und Trockentransformatoren.

Die meisten Trafos sind Öltransformatoren, bei denen die Kupferwicklungen in einen großen Öltank eingetaucht sind. Dies dient der elektrischen Isolierung und der Abführung der Verlustwärme.

Sogenannte Trockentransformatoren verwenden als Isoliermittel Gießharz. Der Kühlungsprozess funktioniert über einen Luftstrom. Aufgrund des fehlenden Öltanks kommen sie vor allem in Wasserschutzgebieten und Aufgrund von Brandschutzvorschriften innerhalb von Gebäuden zum Einsatz.

Standardmäßig verfügen die Transformatoren gerade einmal über einen Temperaturauslöser, der bei zu hoher Temperatur den Stromkreis unterbricht, oder ein Buchholzrelais, das zusätzlich noch Öldruck, -zusammensetzung, -leckagen und -temperatur misst. Eine Übertragung der Information im Auslösefall in die Netzleitstelle findet jedoch meist nicht statt.

In neuster Zeit haben Hersteller damit begonnen, ihre Trafos mit zusätzlicher Messtechnik auszustatten und unterscheiden ihre Modelle nun auch dahingehend, welche zusätzlichen Features der Trafo bietet. Als weiteres Upgrade von Trafos mit zusätzlicher Messtechnik werden moderne Kommunikationsschnittstellen verbaut. Abgesehen von seriellen Schnittstellen und Ethernet, gibt es auch schon Geräte, die auf ein eigenes IoT-Gateway setzen. Die Hersteller versprechen durch die kontinuierliche Sammlung und Übertragung der Daten über das IoT-Gateway die „Digital Twin Fähigkeit“ des Assets. So wird zu jeder Zeit die thermische und elektrische Belastung überwacht und bspw. Zustand und die prognostizierte Lebensdauer des Trafos berechnet.

Weiterhin gibt es Trafos, die nicht nur zusätzliche Messtechnik und Schnittstellen besitzen, sondern auch Steuerungstechnik und Aktoren. Regelbare Ortsnetztransformatoren zeichnen sich dadurch aus, dass Sie die Spannung in einem gewissen Bereich anheben oder absenken können. Durch die Steuerungsaufgabe des Trafos ist zusätzliche Feld-Messtechnik für Strom und Spannung obligatorisch, da die Spannung bspw. auch tiefer im Netz, ggf. weit weg vom Trafo, nicht vom Spannungsband abweichen darf.

Was wird gemessen?

Die wichtigsten Messwerte, die zu erheben sind, sind die Spannung und der Strom am Transformator. Hinzu kommt ebenfalls die Überwachung von Kurz- und Erdschlussanzeigern. Ebenso baut man oft zusätzliche Temperaturfühler ein, sodass man durch lange Messreihen den Alterungsprozess eines Transformators mitverfolgen kann und so in der Lage ist, Predictive Maintenance zu betreiben. Viele Herstellerlösungen zur Digitalisierung des Stromnetzes sind jedoch nicht interoperabel mit anderen Systemen, weswegen der Einsatz der favorisierten Lösung zu überprüfen ist, da ein späterer Austausch den Netzbetreiber viel Geld kosten kann. Da Trafos jedoch eine lange Lebensdauer haben und leicht ein Alter von 30 Jahren erreichen, sind die wenigsten heute verbauten Verteilnetztrafos bereits mit Strom- oder Spannungsmesstechnik ausgestattet.

Retrofit statt neuem Transformator

Da auf Grund der langen Lebensdauer von Transformatoren bislang nur in einzelnen Fällen neue Transformatoren zum Einsatz kommen, ist die Retrofit-Messtechnik die beliebtere Alternative. Es gibt viele Anbieter auf dem Markt, die unterschiedlichste Messtechnik anbieten. Die Unterschiede bestehen vor allem in der Anzahl der Messgeräte, der Kommunikationsschnittstelle und des Preises bzw. der Art des Angebots. So verkaufen einige Hersteller ausschließlich Hardware, wobei andere ihre Messgeräte als Data-as-a-Service anbieten und die Kunden zusätzlich zum einmaligen Kaufpreis monatlich für Softwarelösungen zahlen. Einige Transformatorenhersteller bieten die Messgeräte für ihre eigenen Transformatoren auch als Retrofit an, was sinnvoll sein kann, wenn man gleichzeitig auch neue Trafos mit der Technik des Herstellers kauft. Anstatt teure Fertiglösungen von diversen Herstellern zu kaufen, ist es auch möglich, Industriemessgeräte für die Messung am Trafo zu nutzen. Die nötige Konnektivität zur Datenauslesung, die die Speziallösungen oft mitbringen, muss dann natürlich auch mit dem gewählten Messgerät kompatibel sein.

Datenübertragung

Sind die Messgeräte eingebaut und bereit, kontinuierlich Messdaten aufzunehmen, sind die Daten zur weiteren Verarbeitung weiterzuleiten. Industrielle Messgeräte bspw. besitzen oft RS232- oder Ethernetschnittstellen. Ist eine direkte Anbindung an das Internet über Ethernet möglich, können die Daten einfach darüber verschickt werden. Die allermeisten Verteilnetztransformatoren stehen jedoch an Orten ohne direkten Internetanschluss. Deshalb ist Funktechnologie für die Datenübertragung sehr beliebt. Durch die hohe Netzabdeckung liegt die Wahl einer Mobilfunkverbindung über das öffentliche Mobilfunknetz nahe. Da in diesem Fall kein Aufbau einer Kommunikationsinfrastruktur erforderlich ist, ist eine schnelle Umsetzung der Kommunikationsstrecke möglich. Der Nachteil: hohe variable Kosten pro Monat (OPEX-Kosten), wie auch bei privaten SIM-Karten. Eine Alternative stellt die Datenübertragung über LPWAN Netze wie z. B. LoRaWAN dar. Im besten Fall steht einem ein solches Netz bereits zur Verfügung, was dann ohne zusätzliche Gebühren für die eigenen Sensoren genutzt werden kann.

Mehrwert der Daten

Vor allem drei Use-Cases können definiert werden. Der wichtigste davon ist die optimierte Netzplanung bzw. der Netzausbau. Durch die verbesserte Datenbasis ist eine höhere Prozesseffizienz im Netzbetrieb möglich. Die Daten bilden die Entscheidungsgrundlage dafür, an welcher Stelle des Netzes welche Assets in welchem Umfang auszubauen oder auszutauschen sind. Kommt es an einer Stelle des Netzes beispielsweise regelmäßig zu einer Über- oder Unterschreitung des Spannungsbands, ist anstatt des Einbaus eines teuren, größeren Trafos und neuer Leitungen der Aufbau eines regelbaren Ortsnetztransformators oder eines Einzelstrangreglers möglich. Durch den Einsatz intelligenter Lösungen ist die Einsparung von Investitionskosten gegenüber dem konventionellen Ausbau möglich.

Weiterhin gibt es gesetzliche Vorgaben, für die die Daten in Zukunft notwendig sein könnten. Im Referentenentwurf der EnWG Novelle steht unter §14d u. a., dass die Verteilnetzbetreiber alle zwei Jahre ihren Netzausbauplan vorlegen müssen. Dieser enthält insbesondere Netzkarten mit Engpassregionen, Anschlüssen für Erzeugungsanlagen und Lasten (bspw. E-Auto-Ladesäulen), geplante Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbau-Maßnahmen und detaillierte Angabe der engpassbehafteten Leitungsabschnitte und der jeweiligen Maßnahmen. Ohne eine geeignete Datenlage wird es für die Netzbetreiber wahrscheinlich schwierig, glaubhafte Angaben zu machen.

Zuletzt hilft das Monitoring der Transformatoren auch bei einem effizienteren Betrieb. Um Stromausfälle und damit zusätzliche Kosten zu vermeiden, ist die Anwendung von Predictive Maintenance-Lösungen auf die Assets im Netz möglich. Erkennt man anhand der Daten Anzeichen eines fortgeschrittenen Alterungsprozesses, ist bereits eine frühe Reparatur oder ein vorgezogener Austausch des Transformators sinnvoll. Außerdem könnten die Daten aus dem Verteilnetz helfen, bessere Entscheidungen bei Schaltvorgängen im Hoch- und Höchstspannungsnetz zu treffen. So wird ein Stromausfall aufgrund von falschen Schaltvorgängen noch unwahrscheinlicher.

Anmerkung: Dieser Blogartikel entstand im Rahmen der Masterarbeit von Jan Frankemöll im Zusammenhang mit dem Thema „Einsatz intelligenter Technologie zur Prozessverbesserung und des Betriebs im Verteilnetz“.