Strategien im Stromnetz: Diskutierte Lösungsansätze für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende im Verteilnetz 

Auf der Suche nach dem Best-Practice 

Wie machen wir die Stromnetze fit für die Energiewende? Wie kommen die Netzbetreiber an ausreichend Kapital, um die Stromnetze zu ertüchtigen? Welche Grenzen setzt der regulatorische Rahmen den Netzbetreibern und mit welchen Netzausbauszenarien muss ein Netzbetreiber rechnen? Es gibt vermutlich tausend Fragen, die sich Netzbetreiber stellen und ebenso viele Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, wenn es um die Ertüchtigung des Stromnetzes zur Umsetzung der Energiewende geht.

Ein Best-Practice-Ansatz ist sicherlich noch nicht gefunden und so experimentieren viele Stromnetzbetreiber mit unterschiedlichen Lösungsansätzen und Vorgehensweisen in der Hoffnung, dass die Maßnahmen zur Ertüchtigung des Netzes ausreichen. Gleichzeitig haben wir nun Ende 2023 die Leitplanken für den Betrieb des Niederspannungsnetzes durch den Beschluss des § 14 a erhalten, der den schrittweisen Aufbau eines digitalen Verteilnetzes vorsieht, in dem sogenannte steuerbare Verbraucher auf Hausanschlussebene in ihrer Leistung gedimmt werden sollen, sofern netzkritische Situationen auftreten und keine alternativen Maßnahmen mehr zur Verfügung stehen.

Da wir uns noch am Anfang des Umbaus der Stromnetze befinden, ist es auch schwer zu sagen, welcher Lösungsansatz nun der richtige oder der falsche sein wird, weshalb ein sehr vielfältiges und heterogenes Vorgehen der Netzbetreiber zu beobachten ist, auch wenn der § 14 a bereits seit dem 01.01. in Kraft ist.

Aus diesem Grund soll der vorliegende Newsletterbeitrag dazu dienen, die verschiedenen Strategieansätze in einer kurzen Übersicht zusammenzustellen und auf die unterschiedlichen Gedankengänge der einzelnen Strategieansätze einzugehen. Im Ergebnis soll dem Leser ein kurzer, prägnanter Überblick gegeben werden, worüber in der Branche diskutiert wird, wobei natürlich die Diskussion zwischen dem notwendigen physischen Netzausbau und Digitalisierungsmaßnahmen in unterschiedlichen Ausprägungen im Mittelpunkt steht.

Kupferzentrierte-Lösungsansätze 

Der kupferzentrierte Lösungsansatz basiert auf der Vorgehensweise der Vergangenheit. Dabei erfolgte die Netzertüchtigung primär durch den physischen Netzausbau. Digitalisierungsmaßnahmen spielen bei diesen Netzertüchtigungsmaßnahmen eine untergeordnete Rolle. Die Netzertüchtigung erfolgt in der Regel auf Basis von Prognosen, die auf historischen Daten und dem aktuell gültigen Regelwerk basieren. Die Planung der Netzertüchtigungsmaßnahmen erfolgt i.d.R. mit einer großzügigen Überdimensionierung im Verteilnetz, so dass eine (digitale) Überwachung nur in begrenztem Umfang notwendig ist, da keine kritischen Netzzustände auftreten, da die Netzdimensionierung immer von Extremsituationen ausgeht.

Mit Blick auf die aktuelle Regulierung folgt ein kupferzentrierter Lösungsansatz dem Gedanken der Netzentgeltregulierung, die den Ausbau der physischen Netzertüchtigung mit einer höheren Rendite belohnt als Digitalisierungsmaßnahmen, die Betriebs- und keine Investitionskosten verursachen. Digitalisierungsmaßnahmen beschränken sich in diesen Lösungsansätzen primär auf regulatorische Notwendigkeiten wie den Rollout von intelligenten Messsystemen (iMS) oder die Umsetzung der technischen Vorgaben zur Steuerung im Niederspannungsnetz (§ 14 a EnWG). Auf operativer Ebene werden die zusätzlichen Informationen und Möglichkeiten jedoch nur begrenzt genutzt, da aufgrund der Überdimensionierung keine Notwendigkeit zur Lastreduzierung im Niederspannungsnetz besteht. Generell kann daher von einer Kupfer-First-Strategie gesprochen werden. Da der § 14 a jedoch den verstärkten Einsatz eines digitalisierten Netzmonitorings vorsieht und die BNetzA über eine stärkere Berücksichtigung von Digitalisierungsmaßnahmen in der Regulierung diskutiert, dürfte eine Kupfer-First-Strategie eher ein Auslaufmodell sein.

Kupfer-Marktsignal-Strategie 

Als weitere Strategie für Kupfer-zentrierte-Lösungsansätze kann eine Kupfer-Marktsignal-Strategie gesehen werden. Hierbei verfolgt der Netzbetreiber weiterhin den Ansatz die Anforderungen an das Stromnetz durch den physischen Netzausbau zu lösen. Allerdings bedient er sich weiterer physischer Eingriffsinstrumente wie der Spitzenlastkappung, um die nächste physische Netzertüchtigung weiter hinauszuzögern. Als zusätzliche Ergänzung greift der Netzbetreiber auf das Anreizsystem der Marktsignale im Verteilnetz zurück, indem er durch dynamische Netzentgelte versucht die Auslastung im Stromnetz so zu verlagern, dass der physische Netzausbau weiter in die Zukunft verlagert werden kann.  

Ein erster Baustein für dynamische Netzentgelte dürfte das Modul 3 für steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach dem § 14a EnWG ab 2025 sein, welches die Einführung stündlicher Netzentgeltpreise in drei Tarifstufen vorsieht, wobei die Festlegung der Tarifstufen noch nicht dynamisch auf Basis der Ertragslage der EE-Anlagen erfolgt, sondern in Form einer jährlichen Festlegung.     

Die De-Minimis-Digitalisierungsstrategie 

Anstatt ausschließlich kupferzentrierte Lösungsansätze zu priorisieren, bei denen die gesetzlich zu erhebenden Netzzustandsinformationen in den Prozessen nicht wirklich genutzt werden, verfolgt die De-minimis-Digitalisierungsstrategie einen erweiterten Ansatz. Zwar setzt die Strategie weiterhin auf den physischen Netzausbau, jedoch werden die Informationen aus dem iMS-Rollout und dem § 14a aktiv in die Prozesse eingebunden, um den physischen Netzausbau durch Digitalisierungsmaßnahmen aktiv zu begrenzen.

Zwar wird auch in diesem Fall kein vollautomatisiertes Niederspannungsnetz aufgebaut, jedoch nutzt der verantwortliche Netzbetreiber aktiv die Informationen aus seinem Netz, um bestimmte Netzabschnitte zu überwachen und durch Eingriffe aktiv zu steuern, um eine Netzüberlastung zu vermeiden. Die Art und Weise, wie der Netzbetreiber sein Netz steuert, ändert sich somit von einer passiven Netzsteuerung zu einer aktiven Netzsteuerung.

Aus Sicht des Netzbetreibers kann dies ein sehr sinnvoller Ansatz sein, da er im Kern noch von der Regulierung in Verbindung mit einer besseren Kapitalverzinsung profitiert und gleichzeitig der Tatsache Rechnung trägt, dass die eigenen Systeme, Strukturen und Organisationen noch nicht so weit sind, dass eine automatisierte Netzführung im Verteilnetz überhaupt möglich wäre.

Die Digitalisierung des eigenen Stromnetzes erfolgt daher partiell und auf Basis der prognostizierten bzw. gemessenen Netzlast. Diese Strategie kann als Ausgangsbasis genutzt werden, wenn eine weitergehende Digitalisierung technisch notwendig oder regulatorisch, z.B. durch § 14a, gefordert wird.

Die integrierte Netzplanungsstrategie 

Unabhängig vom Grad der Digitalisierung ist eine effiziente Netzplanung entscheidend für den Netzausbau. Eine effiziente Netzplanung im Verteilnetz erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der die zunehmende Integration erneuerbarer Energien und dezentraler Erzeugungsquellen berücksichtigt. Sie sollte flexibel genug sein, um auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können, die Verteilnetze optimieren und die Integration von Speicherlösungen und Smart Grid-Technologien ermöglichen, um die Netzauslastung und -stabilität zu gewährleisten.

Mit Blick auf die zukünftige Stromnetzplanung reicht eine reine Betrachtung der Entwicklung im Stromsektor nicht mehr aus. Gerade durch die kommunale Wärmeplanung und weitere Planungsinstrumente (z.B. Regionalplanung im Bereich Strom) ist eine Verschränkung der verschiedenen Netzplanungen zwingend erforderlich.

Grundlage für eine integrierte Netzplanung ist daher ein einheitliches Datenmodell, das die wechselseitigen Anforderungen und Einflüsse der jeweiligen Sparten berücksichtigt. Hier stehen viele Versorger jedoch vor der Herausforderung, dass ein solches Datenmodell nicht existiert und eine Vielzahl von Systemen mit unterschiedlicher Datenqualität im Einsatz sind. Somit ist eine integrierte Netzplanung nicht nur mit organisatorischen Veränderungen verbunden, sondern auch mit der Bereitstellung einer einheitlichen Datenbasis, um unterschiedliche Planungen / Annahmen in den jeweiligen Sektoren bei der Bewertung von Wechselwirkungen / Einflüssen eines anderen Sektors zu vermeiden.

Die Strategie der integrierten Netzplanung steht somit weniger im Konflikt zwischen der Frage, ob der Netzausbau physisch oder digital erfolgen soll, sondern liefert die Grundlage dafür, dass der Bedarf für einen physischen Netzausbau ermittelt werden kann bzw. digitale Lösungsansätze die Datengrundlage erhalten, um effektiv arbeiten zu können.

Monitoring mit dem Fokus der Niederspannungsnetzleitwarte 

Neben der Frage des physischen Netzausbaus oder der Etablierung einer integrierte Netzplanung beschäftigen sich einige Netzbetreiber mit dem Aufbau einer Niederspannungsnetzleitwarte. Was genau unter dieser Art von Leitwarte verstanden wird und welchen Funktionsumfang diese erfüllen soll, kann im Allgemeinen nicht beantwortet werden, da keine einheitliche Definition existiert.  

Allgemein könnte man sagen, dass es sich bei einer Niederspannungsnetzleitwarte um eine Einrichtung zur Überwachung und Steuerung des Niederspannungsnetzes handelt, welche den reibungslosen Betrieb, die Stabilität und die Effizienz der Stromversorgung in diesem Bereich sicherstellen soll.  

Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, welche Informationen in dieser Leitwarte auflaufen sollen und welchen Aufgabenschwerpunkte zu erfüllen sind: das Monitoren oder auch das Steuern. Gerade die Vielfältigkeit und hohe Anzahl der Assets im Niederspannungsnetz führt dazu, dass eine Vielzahl von Informationen übermittelt werden könnte (bei einem hohen Digitalisierungsgrad) und die Informationsflut entweder das System aus technischer Sicht oder den Anwender durch die Vielzahl an Handlungs- und Bewertungsmöglichkeiten überfordern könnte.  

Aus diesem Grund setzen sich die Netzbetreiber, welche eine Niederspannungsnetzleitwarte etablieren wollen, intensiv mit der Frage auseinander, welchen Funktionsumfang und Zweck die Art der Leitwarte erfüllen soll.  

Persönlich gehe ich davon aus, dass der menschliche Operator nur in begrenztem Umfang eine aktive Netzführung durchführen kann und die Messwerte an der Ortsnetzstation das Maximum sind, was der menschliche Operator verarbeiten kann. Aufgrund der Vielzahl von Betriebsmitteln und Wechselwirkungen innerhalb eines Netzabschnittes und der Notwendigkeit einer schnellen Reaktion in kritischen Situationen wäre der Mensch mit der alleinigen Netzführung auch überfordert, weshalb ein hoher Automatisierungsgrad erforderlich wäre. Hier stellt sich aber auch die Frage, ob die Überwachungs- und Steuerungsaufgaben zentral oder dezentral durchgeführt werden sollen. Gerade im letzteren Fall wäre eine Niederspannungsnetzleitstelle nur in sehr begrenztem Umfang erforderlich.    

Full-Digitalisierungsstrategien 

Alternativ zum physischen Netzausbau kann der Netzbetreiber auch versuchen, den physischen Netzausbau durch einen hohen Automatisierungsgrad auf Basis von Digitalisierungsmaßnahmen zu vermeiden. Wie das vollautomatisierte Netz aussehen könnte, dazu gibt es verschiedene Ansätze, die in der Branche diskutiert werden.

Ein Baustein könnte eine zentrale, vollautomatisierte Niederspannungsnetzleitstelle sein, die zentral alle Netzzustandsdaten erhält und mit einem unterlagerten Netzmodell die Zustandsbewertung durchführt und in kritischen Situationen stabilisierende Maßnahmen einleitet.

Alternativ kann die Netzführung auch dezentral über autarke Netzstränge erfolgen. In diesem Fall fungiert die Ortsnetzstation als Knotenpunkt, der den Netzzustand der eigenen Abgänge überwacht und bei Bedarf netzstützende Maßnahmen einleitet oder Informationen an andere Betriebsmittel weitergibt. Durch den autarken Betrieb wird die Resilienz des Systems erhöht. Zusätzlich kann eine zentrale Überwachung über eine Netzleitstelle erfolgen, wobei die Entscheidungen vor Ort getroffen werden.

Fazit 

Wie das Stromnetzmanagement in einigen Jahren aussehen wird, um die Energiewende im eigenen Stromnetz möglichst effizient umsetzen zu können, können wir heute wahrscheinlich noch nicht sagen. Wir sehen aber, dass in der Branche intensiv über verschiedene Lösungsansätze diskutiert wird. Die Entscheidungen der BNetzA zum § 14a beschleunigen die Diskussion und die Notwendigkeit enorm, wenn spätestens ab 2029 die netzdienliche Steuerung zum Branchenstandard werden soll. Welcher Ansatz am Ende zielführend sein wird, lässt sich heute noch nicht abschätzen. Dies wird zum Teil auch von der historischen Entwicklung der jeweiligen lokalen Netzinfrastruktur abhängen. Der Digitalisierungsgrad des Netzes wird jedoch durch den Rollout und die Vorgaben des § 14a zunehmen.

Darüber hinaus ist es nicht erforderlich, dass sich die Netzbetreiber auf eine einzelne der vorgestellten Strategien konzentrieren. Vielmehr ist von einer Kombination auszugehen, die durch ein iteratives Vorgehen etabliert wird – z.B. um perspektivisch ein möglichst hoch automatisiertes Niederspannungsnetz zu erreichen.

Aktuell sehen wir die Tendenz, dass die Vorgehensweise des Netzbetreibers stark vom Mindset und Hintergrund der Mitarbeiter des Netzbetreibers abhängt. Dies ist nicht verwunderlich, da wir als Menschen eine Organisation prägen. Je nachdem, welche Annahmen die Netzbetreiber treffen und wie sie in ihren Kompetenzen ausgeprägt sind, fällt die Wahl auf die eigene Netzstrategie Strom.

Aus meiner Sicht würde ich sagen, dass Versorger, die unter akutem Personalmangel leiden, weiterhin die konventionelle Strategie verfolgen, da die notwendigen Ressourcen fehlen, um die Organisation auf neue Strukturen, Prozesse, Abläufe etc. vorzubereiten. Netzbetreiber, die stärker in die Umsetzung der Nahwärmeplanung eingebunden sind, beschäftigen sich hingegen verstärkt mit der Thematik einer einheitlichen Datenbasis für die Netzplanung, da erstmals eine spartenübergreifende Planung erstellt werden muss.

Der Aufbau eines hochautomatisierten Niederspannungsnetzes ist derzeit noch weniger am Markt zu beobachten. Zum einen fehlt möglicherweise das Kapital für die Umsetzung, vor allem aber verfügen die Netzbetreiber derzeit noch nicht über die notwendige IT-Landschaft und Datenbasis, um die Vision eines vollautomatisierten Netzes überhaupt umsetzen zu können. Aus diesem Grund dürfte der Übergang zu einer stärkeren Digitalisierung nur schrittweise erfolgen, wobei der Grad der Ausprägung noch offen ist. Allerdings hat die Entscheidung zu §14a die Netzbetreiber bereits jetzt dazu veranlasst, sich verstärkt mit der Konzeption eines digitalisierten Stromnetzes zu befassen und sich intensiver mit der IT-Architektur auseinanderzusetzen.

Teil 2 – § 14a EnWG: Wie sehen die Leitplanken der Niederspannungsnetzführung aus

  1. Welche Arten von reduzierten NNE (Modulen) gibt es?
  2. Erhält der Betreiber die reduzierten NNE sofort, auch wenn die Steuerungstechnik nicht verbaut wurde?
  3. Wie sehen die Übergangsregeln für Bestandsanlagen aus?
  4. Wie erfolgt die Auszahlung der reduzierten NNE?
  5. Kann ich zwischen den Modulen wechseln?
  6. Erhalten Lieferanten einen bilanziellen Ausgleich?
  7. Welche Veröffentlichungspflichten gibt es?
  8. Welche Standards- und Regeln gibt es?
  9. Muss der Netzbetreiber nun immer physisch ausbauen?
  10. Was ist unser Fazit?

Im ersten Teil dieses Beitrags haben bereits festgestellt, dass die neue Verordnung zu § 14a von der BNetzA Ende November veröffentlicht wurde. Sie stellt die Leitplanken für den zukünftigen Betrieb des Niederspannungsnetzes dar. In einem mehrstufigen Konsultationsprozess im Jahr 2023 wurden verschiedene Aspekte der Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (SteuVE) diskutiert. Die Verordnung teilt sich grob in zwei Teile: die Steuerung und Einbindung von SteuVE ins Niederspannungsnetz und die Regelungen für reduzierte Netznutzungsentgelte (NNE). Netzbetreiber müssen SteuVE künftig in das Netz integrieren und können sie nur bei Netzengpässen abregeln. Im Gegenzug erhalten SteuVE-Betreiber reduzierte NNE. Die Verordnung schafft auch die Grundlage für dynamische Netznutzungsentgelte, die schrittweise ab 2024 eingeführt werden. Die Mindestleistung einer SteuVE beträgt 4,2 kW und variiert je nach Anlagenart und -anzahl. Betreiber müssen die Umsetzung von Schaltbefehlen nachweisen, entweder durch separate Zähler, EnMS oder digitale Schnittstellen. Für §14a-Maßnahmen gibt es Dokumentationspflichten für Netzbetreiber, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. Ein Berichtsstandard wird entwickelt, und die Dokumentation muss mindestens 2 Jahre aufbewahrt werden.

Welche Arten von reduzierten NNE (Modulen) gibt es?

Für die Teilnahme am § 14a erhalten Betreiber von SteuVE reduzierte Netzentgelte. Hierzu hat die Beschlusskammer 8 drei verschiedene Arten der NNE-Reduzierung entwickelt. Diese werden als Module 1 bis 3 bezeichnet.

Bei Modul 1 handelt es sich um ein pauschaliertes reduziertes Netzentgelt mit einem jährlichen Preisblatt, das sich aus einer festen Berechnungsformel ergibt, in der als einzige Variable der Arbeitspreis der NNE verwendet wird. Die Höhe ergibt sich aus einer sog. fixen Bereitstellungsprämie von 80 € sowie einer arbeitspreisabhängigen Stabilitätsprämie. Modul 1 wird immer gewählt, wenn sich der Kunde nicht aktiv für ein anderes Modul entscheidet (Defaultmodul). Voraussetzung für die Abrechnung ist die Inbetriebnahme der SteuVE und die Meldung an den Netzbetreiber. Bei dauerhafter Außerbetriebnahme oder Leistungsänderung ist der Netzbetreiber zu informieren.

Der pauschale Abschlag wird pro Marktlokation gewährt, unabhängig davon, ob eine oder mehrere SteuVE über eine MaLo abgerechnet werden. Der auszuzahlende NNE darf die Vergütung von 0 € nicht unterschreiten. Bei unterjähriger Teilnahme hat eine taggenaue Abrechnung zwischen Netzbetreiber und Netznutzer zu erfolgen. Modul 1 kann ab 01.04.25 mit Modul 3 kombiniert werden. Bei getrennter Messung kann ein dynamischer Tarif auch nur für die SteuVE in Anspruch genommen werden.

Alternativ steht dem Betreiber einer SteuVE ab 01.01.24 auch das Modul 2 zur Verfügung. Im Modul 2 erfolgt eine pauschale Reduzierung des Arbeitspreises auf 40 % des Arbeitspreises des jeweiligen Netzbetreibers. Voraussetzung ist die Installation einer separaten Messeinrichtung für die SteuVE. Der Kunde muss sich aktiv für das Modul 2 entscheiden. Modul 2 kann nicht mit anderen Modulen kombiniert werden. Im Modul 2 wird kein zusätzlicher Grundpreis mit dem Netzbetreiber verrechnet. Die prozentuale Reduktion des Arbeitspreises bezieht sich ausschließlich auf die Entnahmemenge der SteuVE aus dem Netz – bei Eigenverbrauch ist eine Differenzierung zwischen Netzbezug und Eigenverbrauch sicherzustellen! – Eine Viertelstundenmessung ist jedoch keine zwingende Voraussetzung. Die Inanspruchnahme eines dynamischen Tarifs nur für die SteuVE im Modul 2 bleibt weiterhin zulässig, ebenso die Befreiung von Umlagen nach dem EnFG, sofern diese in Anspruch genommen werden.

Ab dem 01.04.25 steht den Betreibern auch das Modul 3, das sogenannte Anreizmodul, zur Verfügung. Ziel des Moduls ist der Anreiz zur Verlagerung des Verbrauchs zur Entlastung der Stromnetze (vorgelagertes Instrument zur Schaltmaßnahme). Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist das Modul 1 (also nur Kombination 1 & 3 möglich) sowie die Installation eines iMS. Außerdem darf es sich nicht um einen RLM-Kunden handeln. Das Modul 3 besteht aus drei Tarifstufen (Arbeitspreisstufen): Standard-, Hochlast- und Schwachlasttarif. Hierbei ist zu beachten, dass der TAF 2 derzeit nur 2 Tarifstufen unterstützt, daher wäre der TAF 7 notwendig, der jedoch derzeit nicht zur Abrechnung herangezogen werden darf.

Die Festlegung der Tarifstufen erfolgt jährlich gemäß dem kalenderjährlichen Preisblatt (erstmalige Festlegung zum 15.10.2024). Die HT-/NT-Stufe muss mindestens in zwei Quartalen des Jahres zur Anwendung kommen (Quartale und Preisstufen sind ebenfalls im Preisblatt auszuweisen). Bei der Bildung des HT-/NT-Tarifs sind folgende Punkte zu beachten:

  • HT: Die Hochlasttarifstufe muss mindestens 2h des Tages verrechnet werden und darf die Standardtarifstufe um max. 100 % übersteigen.
  • NT: Der Netzbetreiber hat die Schwachlaststufe im Korridor zwischen 10 und 40 % der Normaltarifstufe zu bilden.
  • Verhältnis HT zu NT: Ein hypothetischer Kunde mit einem SLP-Profil für Haushaltskunden (H0) identischem Verbrauchsprofil wäre bei bestehender Wahlmöglichkeit indifferent zwischen dem Arbeitspreis für Ausspeisung ohne Leistungsmessung und dem Modul 3.
  • Mindestens 6 Monate muss ein HT/NT Tarif angewendet werden
  • Netzbetreiber können durch Festlegung auf die Anreizsetzung in Jahreszeiten verzichten, in denen eine unbeobachtete Verschiebung des Strombezugs aufgrund unerwarteter Lastspitzen nicht vertretbar ist. In diesen Zeiten wird nur der Standardtarif angewendet.

§ 14a: Erhält der Betreiber sofort den reduzierten NNE, auch wenn die Steuerungstechnik nicht installiert wurde?

Kurz: Ja, der Abschlag ist auch dann zu gewähren, wenn der Einbau einer Steuerungseinrichtung durch den Netzbetreiber / MSB nicht möglich ist. Die Begründung der BNetzA verdeutlicht dies insbesondere unter Punkt 3.3. Dort wird betont, dass ab dem 01.01.24 für alle neuen SteuVE-Anlagen eine automatische Verpflichtung zur Teilnahme am § 14a besteht. Ab dem Zeitpunkt der technischen Inbetriebnahme hat der Betreiber somit Anspruch auf die reduzierte Vergütung, da die Teilnahmepflicht nicht an das Vorhandensein der #Steuerungstechnik (iMS, Steuerbox) gebunden ist.

Besonders deutlich wird dies in Abschnitt 4.6.1, in dem die Pflicht des Betreibers zur Herstellung einer Steuerungsverbindung beschrieben wird. Dort wird betont, dass der Betreiber für die Schaffung der technischen Voraussetzungen verantwortlich ist. Entscheidend ist, dass er seiner Verpflichtung bereits dann nachgekommen ist, wenn er die erforderliche Zusatzleistung beim #MSB bestellt hat, unabhängig von der Lieferfähigkeit des MSB.

In diesem Zusammenhang wird klargestellt, dass der Betreiber zwei Möglichkeiten hat, den Steueranschluss zu beauftragen. Die erste Möglichkeit ist die Beauftragung als Zusatzleistung bei einem MSB. Wenn der MSB technisch nicht in der Lage ist, die Messstelle auszurüsten, weil er noch nicht so weit ist, kann der Kunde auf den MSB warten und erhält trotzdem den reduzierten NNE. Aus Sicht des Netzbetreibers kann dies jedoch problematisch sein, wenn er bereits im Netzabschnitt eine Steuerung benötigt.

Als zweite Option kann der Betreiber den Auftrag für die Leittechnik direkt an den Netzbetreiber vergeben. Dieser hat dann mehrere Möglichkeiten. Die erste ist ebenfalls die Beauftragung des MSB, wobei auch er ggf. auf die Bereitschaft des MSB warten muss. Die zweite Möglichkeit ist der Einbau konventioneller Leittechnik durch den Netzbetreiber. Alternativ räumt die BNetzA dem Netzbetreiber auch das Recht ein, zu warten, bis der Netzbetreiber den Zeitpunkt für geeignet hält, die steuerungstechnischen Voraussetzungen zu schaffen.

Die Kosten für die Herstellung des Anschlusses trägt in jedem Fall der Netzbetreiber, unabhängig davon, welche Option er wählt. In jedem Fall erhält der Betreiber jedoch den reduzierten NNE. Zur Vermeidung von Kommunikationsaufwand erscheint es mir jedoch sinnvoller, die Herstellung der Steuerungsanbindung direkt beim Netzbetreiber zu beauftragen.

§ 14a: Wie sehen die Übergangsregelungen für Bestandsanlagen aus?

Bestandsanlagen (vor dem 01.01.24) werden bis zum 31.12.2028 wie bisher abgerechnet (für § 14a-Anlagen gab es bereits in der Vergangenheit reduzierte NNE – dies betrifft auch den Grundpreis), Nachtspeicherheizungen darüber hinaus bis zur Außerbetriebnahme. Der Bestandsschutz für Nachtspeicherheizungen endet bei Austausch, Ersatz oder Umrüstung. Bestandsanlagen können einmalig in die neue Vergütungsstruktur des § 14a wechseln, nach der auch Neuanlagen vergütet werden. Bestandsanlagen erhalten bis zur Übergangsfrist am 31.12.2028 weiterhin den gewährten Prozentsatz zur Reduzierung des Arbeits- und Grundpreises aus dem Jahr 2023 – für Nachtspeicherheizungen gilt der gewährte Prozentsatz über die Frist hinaus.

§ 14a: Wie erfolgt die Auszahlung der reduzierten NNE?

Die Auszahlung der NNE erfolgt aus Betreibersicht über den Lieferanten. Durch den Abschluss eines Stromliefervertrages. Es besteht kein direktes Abrechnungs- und Vertragsverhältnis zwischen Betreiber und Netzbetreiber. Der Betreiber entscheidet sich daher gegenüber dem Lieferanten für ein Modul (Modul 2, Modul 1 oder Modul 1 + 3). Wird keine Wahl getroffen, kommt immer Modul 1 zur Anwendung.
Aus Transparenzgründen ist der Lieferant verpflichtet, die sich aus einer SteuVE ergebende Netzentgeltreduktion auf der Rechnung gesondert auszuweisen (Ergänzung zu § 40 Abs. 3 Nr. 4 EnWG –> Bestandteil des Stromliefervertrages). Voraussetzung ist jedoch, dass die Meldung der Inbetriebnahme an den Netzbetreiber nach § 19 Abs.2 NAV erfolgt ist.

Kann ich zwischen den Modulen wechseln?

Kurz gesagt: Ja. Ein Wechsel zwischen den Modulen ist unter Einhaltung der (technischen) Voraussetzungen, insbesondere bei einem Lieferantenwechsel möglich. Der Modulwechsel erfolgt jedoch frühestens zum Zeitpunkt der Mitteilung an den Netzbetreiber und den Lieferanten. Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen. Der Netzbetreiber ist somit in der Lage, bei Vorliegen der technischen Voraussetzungen und der Mitteilungen der Marktteilnehmer einen kontinuierlichen Wechsel zu handhaben.

Erhalten Lieferanten einen bilanziellen Ausgleich?

Die Entscheidung der BNetzA, dass für die Inanspruchnahme von SteuVE nach § 14a EnWG kein bilanzieller Ausgleich erfolgt und die Lieferanten die Mehrkosten zu tragen haben, mag bei einigen Lieferanten für Unmut gesorgt haben.

Zum Hintergrund: Als Lieferant und Bilanzkreisverantwortlicher ist man verpflichtet, möglichst genau die Strommenge zu liefern, die der Kunde in der jeweiligen Viertelstunde benötigt. Die Fahrpläne werden einen Tag im Voraus angemeldet. Dies erfordert eine entsprechende Prognose des Lieferanten, denn bei Abweichungen drohen zusätzliche Strafzahlungen für die so genannte Ausgleichsenergie.

Der ungeplante Eingriff eines Netzbetreibers durch Drosselung einer SteuVE führt somit immer zu einem Eingriff in den Bilanzkreis des Lieferanten, der die Folgekosten zu tragen hat, weshalb aus Lieferantensicht die Hoffnung bestand, dass bei § 14a-Eingriffen (netzorientierte Steuerung) ein bilanzieller Ausgleich erfolgt.

In Erwägungsgrund 4.8 des BNetzA-Beschlusses legt die Behörde nun ihre Sichtweise dar, warum ein bilanzieller Ausgleich nicht erforderlich ist. Zum einen geht die BNetzA davon aus, dass sich die Abweichung der Energiemenge durch die netzorientierte Steuerung nur marginal auf die Gesamtmenge in einem Bilanzkreis auswirkt und im „Grundrauschen“ untergeht. Der finanzielle Einfluss sei im Vergleich zum Aufwand eines nachträglichen Bilanzausgleichs vernachlässigbar.

Zudem sei ein BKV ohnehin verpflichtet, seine Prognose- und Beschaffungsmodelle ständig zu optimieren, um die Bilanzkreistreue einzuhalten, weshalb die betroffenen Marktrollen ihre Prognosen verbessern müssten, was im Zuge von § 14a-Eingriffen geschehen könne. Darüber hinaus sei der Netzbetreiber verpflichtet, den Lieferanten über die Durchführung einer § 14a-Maßnahme zu informieren. Somit hätte der Netzbetreiber auch bei längeren Eingriffen die Möglichkeit, seinen Bilanzkreis kurzfristig anzupassen.

Eine nachträgliche Anpassung ist aus den genannten Gründen nicht zu erwarten. Da die Anzahl der § 14a-Anlagen und -Eingriffe zu Beginn noch gering sein dürfte, besteht daher noch die Möglichkeit, im kommenden Jahr mit geringem Risiko aus der Praxis zu lernen, wie das eigene Bilanzkreismanagement optimiert werden kann.

Welche Veröffentlichungspflichten bestehen?

Für Netzbetreiber besteht eine Veröffentlichungspflicht im Zusammenhang mit durchgeführten §14a-Maßnahmen auf einer gemeinsamen Internetplattform, die bis 2025 von den Netzbetreibern zur Verfügung zu stellen ist. Ziel ist die Information der Netzbenutzer über die in ihrem Netzbereich durchgeführten Steuerungsmaßnahmen. Die Aktualisierung der Daten hat monatlich zu erfolgen. Eine kategorische Darstellung ist ausreichend. Es muss jedoch ersichtlich sein, ob in einer einmaligen Ausnahmesituation gesteuert wurde oder weitere Steuerungsmaßnahmen ersichtlich sind und wenn ja, bis wann eine Netzertüchtigung erfolgt.

Welche Standards und Regeln gibt es?

Obwohl die Regelungen des § 14a bereits zum 01.01.24 in Kraft treten, sind einige technische Regeln und Standards derzeit noch unklar und müssen in den kommenden Monaten definiert werden. Die BNetzA plant hierzu einen Standardisierungsprozess. Hierzu sollen die VNB bis zum 01.10.2024 / 01.01.2025 Standardisierungsvorgaben bei der BNetzA einreichen (Beteiligung des FNN). Diese Vorgaben umfassen u.a. folgende Punkte:

  1. Standardisierung der physikalischen und logischen Schnittstellen der Leittechnik (insb. Protokolle)
  2. Dokumentation der Umsetzung in SteuVE/EMS/…
  3. Definition einer Netzüberlastung/Grenzwertverletzung
  4. Format für Veröffentlichungen
  5. Verfahren zur Durchführung der Netzzustandsbestimmung
  6. Berechnungsformeln Mindestleistung und Gleichzeitigkeit
  7. Zeitraum bis zur Auslösung Leistungsreduzierung

Muss der Netzbetreiber jetzt immer physisch ausbauen?

Die Antwort ist ein klares Nein. Die bisherige Aussage, dass der Netzbetreiber im Falle einer Regelleistung sein Netz sofort (vermutlich physisch) ertüchtigen muss, ist so nicht ganz richtig. Liegt eine §14a-Maßnahme vor, muss der Netzbetreiber einen Entscheidungsbaum durchlaufen. Handelt es sich um eine atypische Netzsituation, ist keine Netzertüchtigungsmaßnahme erforderlich.

Sind hingegen im Zuge der netzorientierten Steuerung weitere § 14a-Maßnahmen absehbar, muss der Netzbetreiber umgehend Folgemaßnahmen prüfen (aber nicht sofort umsetzen). Perspektivisch muss das Netz dann dauerhaft so ertüchtigt werden, dass keine wiederholten § 14a-Maßnahmen erforderlich sind.
Die Netzertüchtigung muss jedoch nach dem Prinzip der aufwandärmsten Maßnahmen erfolgen. Da die BNetzA den physischen Netzausbau immer als die teuerste Maßnahme ansieht, sollten zunächst alle anderen kostengünstigeren Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Im Rahmen der Netzoptimierung nennt die BNetzA u.a. Maßnahmen zur Verbesserung der Lastflussrichtung oder zur gleichmäßigeren Auslastung der Phasen. Solche Maßnahmen können jedoch nur erkannt werden, wenn ein Netzmonitoring vorhanden ist. An der Digitalisierung des Verteilnetzes werden die Netzbetreiber daher mittelfristig nicht vorbeikommen. Der physische Netzausbau dürfte nach diesen Regeln eher nach dem Ultima-Ratio-Prinzip erfolgen.

§ 14a: Was ist unser Fazit?

Die Festlegungen zu §14a dürften aus Sicht der VNB wesentliche Leitplanken darstellen, wie das Netz zukünftig zu ertüchtigen und zu betreiben ist. Schwierig dürfte allerdings die Übergangszeit werden, solange der Standardisierungsprozess nicht abgeschlossen ist. Insbesondere die fehlenden Marktprozesse bis mindestens 01.10.24 dürften zu einem hohen manuellen Aufwand bei den Netzbetreibern führen.

Die Festlegung sollte unterstreichen, dass der iMS-Rollout endlich vorankommen muss, da sonst eine wesentliche Grundlage für die Datenerhebung fehlt, auch wenn das iMS nicht das alleinige Datenerhebungstool sein darf und für jedes Netzgebiet geprüft werden muss, welche Monitoringlösung in Abhängigkeit von der technischen Fragestellung am besten geeignet ist. Projekte zur Digitalisierung von Trafostationen dürften jedoch weiter an Fahrt gewinnen.

Auch wenn die Definition im Zusammenhang mit der netzorientierten Steuerung sehr umfangreich und komplex erscheint, gibt es keinen Grund in Aktionismus zu verfallen. Allerdings sollte die Definition als letzter Ansatzpunkt gesehen werden, sich Gedanken über die IT-Architektur und die Prozesse des Netzbetriebs zu machen, da konventionelle Netzleitstellen vermutlich nicht in der Lage sein werden, die Vielzahl an Daten in minütlicher Auflösung zu verarbeiten. Stattdessen sind vorgelagerte Analysesysteme erforderlich, so dass die Netzleitstelle lediglich die Übermittlung des Schaltbefehls übernimmt.

Mit Blick auf die personellen Ressourcen dürfte für 2024 jedoch klar sein, dass die Kapazitäten priorisiert werden müssen. Projekte wie die SAP-Umstellung auf Hana dürften hier ebenso klare Priorität haben wie die Weiterentwicklung der IT-Strategie aus Sicht des Netzbetreibers. Die Digitalisierung der Trafostationen kann bereits parallel erfolgen, während die Definition der Netzgebiete umgehend erfolgen muss.
Kurzfristig dürfte die Dimmung von SteuVE bei vielen Netzbetreibern nicht erforderlich sein, so dass mit ersten Maßnahmen voraussichtlich erst um 2025/26 zu rechnen ist. Die Branche hat also noch etwas Zeit zur Vorbereitung, die genutzt werden sollte.

Teil 1 – § 14a EnWG: Wie sehen die Leitplanken der Niederspannungsnetzführung aus?

  1. Was ist der Hintergrund der Verordnung?
  2. Was sind die Kernelemente der Verordnung?
  3. Was ist eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a?
  4. Welche Verbrauchseinrichtungen fallen unter den § 14a?
  5. Wie erfolgt zukünftig die Netzsteuerung im Niederspannungsnetz?
  6. Welche Mindestleistung hat eine SteuVE?
  7. Was ist die Mindestleistung einer SteuVE?
  8. Wie muss der Netzbetreiber eine §14a-Maßnahme dokumentieren

§ 14a: Was ist der Hintergrund der Verordnung?

Endlich ist sie da, die neue Verordnung zu § 14a. So oder so ähnlich mag mancher in der Branche gedacht haben, auch wenn die Festlegungen der BNetzA in Teilen sicherlich noch umstritten sind. Dennoch hat die BNetzA Ende November die neuen Regeln für den Umgang mit sogenannten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (SteuVE) im Niederspannungsnetz festgelegt und damit die Leitplanken für den zukünftigen Betrieb des Niederspannungsnetzes gesetzt.

In einem mehrstufigen Konsultationsprozess, der sich über das gesamte Jahr 2023 erstreckte, veröffentlichte die BNetzA vor der endgültigen Fassung zwei Konsultationsentwürfe, wie die Integration von SteuVE in das Niederspannungsnetz aussehen könnte. Die Diskussion war dabei stark von der Frage geprägt, wie ein Hochlauf von SteuVE gelingen kann, um die Ziele der Energiewende zu erreichen, wenn gleichzeitig der Netzausbau mit den Kapazitätsanforderungen nicht Schritt halten kann.

Insgesamt besteht die Festlegung zu § 14a aus drei verschiedenen Dokumenten der Beschlusskammern 6 und 8. Die eigentliche Festlegung ist mit knapp 10 Seiten relativ kurz gehalten und beschreibt den Prozess der Netzintegration und den Umgang mit SteuVE im Niederspannungsnetz. Um diese wenigen Seiten wirklich zu verstehen, ist es jedoch notwendig, die Begründungsdokumente der beiden Beschlusskammern (ca. 160 Seiten) zu lesen. Was hier in welcher Form geregelt wurde, wollen wir im Rahmen dieses Blogeintrags für Euch aufbereiten, wohl wissend, dass wir nicht auf alle Punkte eingehen können, aber zumindest einen ersten Überblick geben:

§ 14a: Was sind die Kernelemente der Verordnung?

Die Verordnung zu § 14a lässt sich grob in zwei Teile gliedern. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Frage der Steuerung von SteuVE sowie der Einbindung in das Niederspannungsnetz. Wichtig ist hierbei, dass der Netzbetreiber in Zukunft den Anschluss einer SteuVE nicht mehr ablehnen darf, sondern diese in das Netz integrieren muss. Erkennt er potenzielle Netzengpässe, muss er die Anlage nach den Regeln des § 14a abregeln, wobei eine Mindestleistung pro SteuVE garantiert wird. Im Gegenzug erhält der Betreiber der SteuVE ein reduziertes Netznutzungsentgelt (NNE). Die Ausgestaltung und die Regeln zur Berechnung des reduzierten NNE bilden wiederum den zweiten Teil der § 14a-Festlegung und wurden von der Beschlusskammer 8 entwickelt.
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass die Festlegung den Netzbetreibern die Leitplanken für die technische Betriebsführung im Niederspannungsnetz in Form eines bundeseinheitlichen Regelwerks zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit im Verteilernetz an die Hand gibt. Mit der Festlegung initiiert die BNetzA einen Standardisierungsprozess, wie die Netzführung mittelfristig zu erfolgen hat (netzorientierte Steuerung). Die BNetzA schafft die Grundlage für dynamische Netznutzungsentgelte (NNE), die ab 2024 schrittweise eingeführt werden.

Was ist eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a?

Unter einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung sind in der Regel folgende Verbrauchseinrichtungen zu verstehen:

  • ein Ladepunkt für Elektrofahrzeuge, der kein öffentlich zugänglicher Ladepunkt im Sinne des § 2 Nr. 5 der Ladesäulenverordnung (LSV) ist,
  • eine Wärmepumpenheizung, einschließlich Zusatz- oder Notheizgeräte (z. B. Heizstäbe),
  • eine Anlage zur Raumkühlung und
  • eine Anlage zur Speicherung von elektrischer Energie (Stromspeicher) hinsichtlich der Stromentnahme (Einspeicherung).

Die Anlagen sind nur dann relevant, wenn eine SteuVE eine Netzanschlussleistung von mehr als 4,2 kW hat und direkt oder indirekt in der Niederspannung (Netzebene 6 oder 7) angeschlossen ist. Erzeugungsanlagen, wie z. B. PV-Anlagen, sind von der § 14a-Festlegung nicht betroffen. Ebenso sind Nachtspeicherheizungen von der Regelung ausgenommen und können nach den bisherigen Regelungen weiter betrieben werden, solange keine Umrüstung der Anlage erfolgt.

Welche Verbrauchseinrichtungen fallen unter den § 14a?

Betroffen von der Festlegung sind alle neuen SteuVE, die ab dem 01.01.24 in Betrieb genommen werden. Optional haben Betreiber von alten SteuVE, die vor dem 01.01.24 in Betrieb genommen wurden, das einmalige Recht, in die neuen Regelungen des § 14a (netzorientierte Steuerung) zu wechseln.

Folgende SteuVE sind nicht betroffen:

  • Ladepunkte, die von Institutionen betrieben werden, die Sonderrechte nach § 35 Abs. 1 und 5a StVO in Anspruch nehmen dürfen
  • Anlagen nach den Ziffern 2.4.1.b. und 2.4.1.c., die nicht der Raumheizung oder -kühlung von Wohn-, Büro- oder Aufenthaltsräumen dienen, insbesondere solche, die zu betriebsnotwendigen Zwecken gewerblich genutzt werden oder der kritischen Infrastruktur dienen (z. B. Prozesswärme)
  • Betreiber geschlossener Verteilernetze nach § 110 EnWG
  • Betreiber, die nachweisen können, dass eine technische Steuerung technisch nicht möglich ist (gilt nur für den Zeitraum 01.01.24 bis 31.12.26 – dann erhält der Betreiber auch keine reduzierte NNE)

§ 14a: Wie erfolgt zukünftig die Netzsteuerung im Niederspannungsnetz?

Da die Netzbetreiber in Zukunft keine Möglichkeit mehr haben, neue SteuVE im Niederspannungsnetz aufgrund fehlender Netzanschlusskapazitäten abzulehnen, gibt die § 14a-Bestimmung den Netzbetreibern das Recht, SteuVE in ihrer Bezugsleistung zu „dimmen“. Das Wort “dimmen” bedeutet in diesem Fall, dass den SteuVE eine Mindestleistung zur Verfügung gestellt wird und eine vollständige Abschaltung nicht zulässig ist, es sei denn, eine Abschaltung der SteuVE ist technisch nicht anders möglich.

Das Dimmen der SteuVE kann technisch über zwei verschiedene Wege erfolgen. Entweder gewährt der Anlagenbetreiber dem Anlagenbetreiber eine direkte Steuerung über ein iMS oder der Betreiber der SteuVE verfügt über ein eigenes Energiemanagement (EnMS), das den Steuerbefehl des Netzbetreibers entgegennimmt, wodurch der Betreiber selbst definieren kann, welche Anlage hinter dem Netzanschlusspunkt abgeregelt wird.

Insgesamt erlaubt der § 14a dem Netzbetreiber zwei verschiedene Möglichkeiten, wie er das Niederspannungsnetz steuern kann. In einem Übergangsmodell bis maximal 31.12.2028 hat der Netzbetreiber das Recht zur präventiven Steuerung. In diesem Fall kann der Netzbetreiber die Anschlussleistung der SteuVE für maximal 2 h pro Tag begrenzen, wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Netzüberlastung droht. Ab dem Zeitpunkt der ersten Steuerung im definierten Netzbereich hat der Netzbetreiber maximal 24 Monate Zeit, um auf die zweite Steuerungsmöglichkeit, die sogenannte netzdienliche Steuerung, umzustellen.

Bei der netzdienlichen Steuerung muss der Netzbetreiber eine Art Netzmonitoring einsetzen, das permanent eine sogenannte Netzzustandsermittlung durchführt, um auf Basis von Echtzeitwerten kritische Netzzustände zu erkennen. Hierfür ist ein Mindestdigitalisierungsgrad zu erreichen, den die BNetzA bei Echtzeitdaten in minütlicher Auflösung von 15 % der Hausanschlüsse bzw. 7 % der Hausanschlüsse, wenn auch die Transformatorabgänge überwacht werden, im jeweiligen Netzbereich als erreicht ansieht. Unter einem Netzbereich wird wiederum ein durch definierte Trennstellen abgegrenzter Bereich eines Niederspannungsnetzes verstanden, der von einer oder mehreren Trafostationen versorgt wird. Dabei kann es sich sowohl um einen einzelnen Strang als auch um ein komplettes Gebiet handeln, das von einem oder mehreren Transformatoren versorgt wird. Maßgeblich für die Betrachtung ist der Schaltzustand der Trennstelle im Normalbetrieb. Daher muss der Netzbetreiber vor Einführung der netzorientierten Regelung seine Netzbereiche definiert haben!

Wird ein kritischer Netzzustand erkannt, muss der Netzbetreiber Gegenmaßnahmen ergreifen: Hier ist zu unterscheiden zwischen netzbezogenen Maßnahmen und § 14a-Maßnahmen – letztere sind immer als Ultima Ratio anzuwenden. Bis zur Aktivierung einer SteuVE muss eine Art Entscheidungsbaum durchlaufen werden, um auszuschließen, dass eine SteuVE als Ultima Ratio eingesetzt wurde. Mit der Aktivierung sind umfangreiche Dokumentationspflichten verbunden. Zwischen dem Erkennen eines netzkritischen Zustandes und der Aktivierung dürfen maximal 5 min vergehen (Stand der Technik).

In der Verantwortungskette der netzorientierten Steuerung ist somit der Netzbetreiber für die Erkennung des kritischen Netzzustandes verantwortlich. Er hat vorab alle netzbezogenen Maßnahmen auszuschöpfen (z. B. Umstellung von Strahl- auf Ringnetz), den Bedarf an gedrosselter Leistung durch die SteuVE diskriminierungsfrei zu ermitteln und den Schaltbefehl an den Messstellenbetreiber zu übermitteln. Die Umsetzung des Schaltbefehls liegt dann im Verantwortungsbereich des Betreibers der SteuVE.

Wichtig ist eine Sonderregelung im Zusammenhang mit alten SteuVE. Für SteuVE, die vor dem 31.12.23 in Betrieb genommen wurden, kann direkt in die netzorientierte Steuerung übergegangen werden. Hier besteht die Ausnahme, dass die präventive Steuerungspraxis bis zum 31.12.25 beibehalten werden kann. Ein Steuerungsvorgang bis zu diesem Stichtag löst nicht den Beginn der 24 Monate der präventiven Netzsteuerung aus, sondern erst danach.

§14a: Welche Mindestleistung hat eine SteuVE?

Grundsätzlich gilt, dass eine SteuVE immer eine Anschlussleistung von 4,2 kW im gedimmten Zustand zusteht. Der gewöhnliche Haushaltsstrom ist dabei nicht eingerechnet. Übersteigt eine SteuVE (speziell Wärmepumpen) die Leistung von 11 kW beträgt die Mindestleistung nicht 4,2 kW, sondern ist über einen Skalierungsfaktor von 0,4 zu berechnen. Im Falle von 11 kW ergäbe sich eine Mindestleistung von 4,4 kW.

Sind hingegen mehrere SteuVE hinter einem Netzanschlusspunkt installiert ergibt sich die Mindestleistung aus der Anzahl der SteuVE und einem definierten Gleichzeitigkeitsfaktor, welcher mit steigender Anzahl der SteuVE abnimmt. Hier empfiehlt sich ein Blick in die Festlegung, in der die Berechnungsformeln zu finden sind.

Eine Sonderregel gibt es auch im Zusammenhang kleiner Wärmepumpen oder Klimaanlagen mit einer installierten Einzelleistung kleiner 4,2 kW dessen Summe hinter einem Netzanschlusspunkt die 4,2 kW übersteigt. Bei Überschreitung des Schwellwertes sind die Anlagen in Summe als eine §14a-Anlage zu betrachten. Wird die Summe von > 11 kW Anschlussleistung in Summe überschritten ist nach den Regeln zur Berechnung der Mindestleistung der Skalierungsfaktor anzuwenden. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass der Netzbetreiber die Klimaanlagen und kleineren Wärmepumpen erst einmal kennen müsste – bislang gibt es keine Meldepflicht für diese Anlagen!

Eine SteuVE in Kombination mit einer Erzeugungsanlage führt wiederum zu einer Änderung der anzusetzenden Anschlussleistung. Ist hinter dem Netzanschlusspunkt eine Wärmepumpe von 11 kW installiert sowie eine PV-Anlage mit einer Leistung von 6 kW, so wird für die Wärmepumpe nur eine Leistung von 5 kW angenommen. Statt dem Skalierungsfaktor gilt nun wieder die fixe Mindestleistung von 4,2 kW.

§14a: Was ist die Mindestleistung einer SteuVE?

Grundsätzlich gilt, dass eine SteuVE immer einen Anschlusswert von 4,2 kW im gedimmten Zustand haben muss. Normaler Haushaltsstrom wird dabei nicht berücksichtigt. Übersteigt eine SteuVE (insbesondere Wärmepumpen) die Leistung von 11 kW, beträgt die Mindestleistung nicht 4,2 kW, sondern ist mit einem Skalierungsfaktor von 0,4 zu berechnen. Im Fall von 11 kW ergäbe sich eine Mindestleistung von 4,4 kW.

Sind hingegen mehrere SteuVE hinter einem Netzanschlusspunkt installiert, ergibt sich die Mindestleistung aus der Anzahl der SteuVE und einem definierten Gleichzeitigkeitsfaktor, der mit steigender Anzahl der SteuVE abnimmt. Hier empfiehlt sich ein Blick in die Spezifikation, in der die Berechnungsformeln zu finden sind.

Eine Sonderregelung gibt es auch im Zusammenhang mit kleinen Wärmepumpen oder Klimaanlagen mit einer installierten Einzelleistung kleiner 4,2 kW, deren Summe hinter einem Netzanschlusspunkt die 4,2 kW überschreitet. Wird der Schwellenwert überschritten, sind die Anlagen in Summe als eine §14a-Anlage zu betrachten. Wird die Summe von > 11 kW Anschlussleistung in Summe überschritten, ist der Skalierungsfaktor nach den Regeln zur Berechnung der Mindestleistung anzuwenden. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass der Netzbetreiber die Klimaanlagen und Kleinwärmepumpen erst einmal kennen müsste – bisher gibt es für diese Anlagen keine Meldepflicht!

Eine SteuVE in Kombination mit einer Erzeugungsanlage führt wiederum zu einer Änderung der anzusetzenden Anschlussleistung. Ist hinter dem Netzanschlusspunkt eine Wärmepumpe mit 11 kW und eine PV-Anlage mit einer Leistung von 6 kW installiert, so wird für die Wärmepumpe nur noch eine Leistung von 5 kW angenommen. Anstelle des Skalierungsfaktors gilt dann wieder die feste Mindestleistung von 4,2 kW.

§14a: Wie weist der Betreiber eine Schalthandlung nach?

Im Rahmen der netzorientierten Steuerung im Kontext des §14a müssen Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (SteuVE), die ab dem 01.01.24 in Betrieb genommen wurden und sich im Modell der netzorientierten Steuerung befinden, nachweisen, dass sie dem Schaltbefehl des Netzbetreibers nachgekommen sind. Denn aus Sicht des Netzbetreibers besteht die Problematik, dass er ggf. nicht weiß, ob vor Ort eine Leistungsreduzierung stattgefunden hat, er nur den Schaltbefehl übermittelt, der vom MSB weiterzuleiten und vom Betreiber umzusetzen ist und die Messdaten vor Ort ggf. nicht an den Netzbetreiber übermittelt werden.

Aus diesem Grund benötigt der Betreiber ein Nachweissystem, welches ihm ggf. auf Nachfrage des Netzbetreibers darlegt, dass der Schaltbefehl auch umgesetzt wurde. In Erwägungsgrund 7.2 des Beschlusses der Beschlusskammer 6 der BNetzA sind hierzu einige #Optionen aufgeführt, wie Betreiber rechtssicher nachweisen können, dass sie den Anforderungen des Netzbetreibers nachgekommen sind:

  • separater Zähler: Durch einen separaten Zähler, der die Leistungsreduzierung nachweislich aufzeichnet (Betriebsmessung), kann der Betreiber die Umsetzung nachweisen.
  • Protokollierung im EnMS: Setzt der Betreiber ein Energiemanagementsystem ein, welches das Steuersignal des Netzbetreibers empfängt und umsetzt, kann alternativ dort die Umsetzung dokumentiert werden.
  • digitale Schnittstelle: Bei einer digitalen Schnittstelle besteht die Möglichkeit, dass eine Quittierung des Steuerbefehls über eine Bestätigungsnachricht an den Netzbetreiber zurückgesendet wird.

Die Umsetzung für eine spätere Nachweisführung liegt im Ermessen des Betreibers und ist nur dann vorzulegen, wenn der Netzbetreiber erhebliche Zweifel an der Umsetzung der Steuerbefehle hat. Einzelfallprüfungen sind somit die Regel und eine permanente Bereitstellung der Dokumentation durch den Betreiber ist nicht erforderlich. Ein möglicher #Berichtsstandard ist noch nicht festgelegt, wird aber zu einem späteren Zeitpunkt von der BNetzA angestrebt. Insgesamt ist jedoch zu sagen, dass die Umsetzung der rechtssicheren Dokumentation aus Sicht des Betreibers von der Art der Steuerung, der eingesetzten Technik und der Anbindung der Anlage abhängt.

§14a: Wie muss der Netzbetreiber eine §14a-Maßnahme dokumentieren?

Kommt es zu einer Durchführung einer §14a-Maßnahme muss der Netzbetreiber für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbar mindestens folgende Punkte dokumentieren:

  1. die Anzahl der jeweiligen pro Netzbereich vorhandenen SteuVE,
  2. die Netzzustandsermittlungen, die zu einer netzorientieren Steuerung geführt haben sowie die Adressaten, Intensität und Dauer der Maßnahme; im Fall der präventiven Steuerung nach Ziffer 10.5. sind die zugrunde gelegten Berechnungen und durchgeführten Maßnahmen zu dokumentieren,
  3. alle Maßnahmen, die zur Vermeidung der Reduzierung des netzwirksamen Leistungsbezugs unternommen werden. Dies beinhaltet insbesondere Maßnahmen zu Optimierung, Verstärkung oder Ausbau des betroffenen Netzbereichs.

Ein allgemeiner Berichtsstandard soll durch die Verbände im Auftrag der BNetzA entwickelt werden. Die Dokumentation ist mindestens 2 Jahre zu archevieren.

In diesem ersten Teil unseres Blogbeitrags haben wir einen Einblick in die neuen Regelungen zu § 14a und die Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen im Niederspannungsnetz gegeben. Wir haben die Kernelemente der Verordnung und die Mindestleistungen von SteuVE behandelt.

Im zweiten Teil beleuchten wir die verschiedenen Module für die reduzierten Netzentgelte für Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (SteuVE). Modul 1 bietet eine pauschale Reduzierung des Netzentgelts, Modul 2 reduziert den Arbeitspreis um 40%, und Modul 3, das Anreizmodul, soll die Verlagerung des Verbrauchs zur Entlastung der Stromnetze fördern. Bestandsanlagen genießen Übergangsregeln, und die Auszahlung der reduzierten Netzentgelte erfolgt über den Lieferanten. Ein Wechsel zwischen den Modulen ist möglich, aber nicht rückwirkend. Lieferanten tragen die Kosten für etwaige bilanzielle Ausgleiche, und es gibt Veröffentlichungspflichten für Netzbetreiber. Trotzdem bleiben einige technische Regeln und Standards noch unklar.

Passen dynamische Netznutzungsentgelte nicht zu größeren Industriekunden?

Im Zuge der Überarbeitung des Strommarktdesigns und der besseren Integration erneuerbarer Energien in das Niederspannungsnetz ist in den letzten Monaten eine Diskussion über die Überarbeitung der Netzentgeltsystematik entbrannt. Hintergrund ist die Diskussion, wie eine bessere Flexibilisierung der Nachfrage im Strommarkt gelingen kann, damit nicht ein volatiles Angebot auf eine unelastische Nachfrage trifft. Stattdessen streben Politik und Energiewirtschaft eine Flexibilisierung der Nachfrageseite an, damit Strom aus volatilen erneuerbaren Energien dann verbraucht wird, wenn er benötigt wird.

Einen Lösungsbaustein für eine flexiblere Nachfrage sieht die Politik in der Schaffung von Marktanreizen durch die Einführung dynamischer Netzentgelte und Tarife. Gerade in Stunden mit hoher EE-Einspeisung sollen die Verbraucher von besonders günstigen Energiepreisen und Netzentgelten profitieren und ihren Verbrauch in Stunden mit hoher Stromproduktion verlagern. Dazu wurden bereits erste Instrumente auf den Weg gebracht, wie die verpflichtende Einführung dynamischer Tarife ab 2025, die aber bereits heute am Markt verfügbar sind und langsam hochgefahren werden.

Es wird auch darüber diskutiert, ab 2024 Erleichterungen für SLP-Kunden einzuführen, die auf der Niederspannungsebene agieren. Diese Verbraucher nutzen flexible Verbrauchsgeräte wie Elektroautos oder Wärmepumpen, deren Energiebezug in Zeiten von Netzengpässen reduziert werden kann. Als Anreiz für diese Flexibilität sollen diese Kunden von einem reduzierten Netzentgelt profitieren.

Generell ist zu beobachten, dass sich die Diskussion um dynamische Marktanreize sehr stark auf SLP- und Haushaltskunden konzentriert und die Auswirkungen auf Industrieebene weniger betrachtet werden. Dabei hat der Industriestrombereich einen signifikanten Anteil am deutschen Stromverbrauch, sodass sich die Frage stellt, ob die Kunden von den neuen Regelungen profitieren können bzw. einen Anreiz haben, dynamische Netzentgelte oder Tarife zu nutzen. In diesem Blogbeitrag wollen wir uns insbesondere mit der Frage beschäftigen, was passiert, wenn (energieintensive) Industriekunden an einer Lastverschiebung teilnehmen und ob es dafür überhaupt einen Anreiz gibt. Zuvor wollen wir jedoch einen Blick auf den aktuellen regulatorischen Status Quo werfen.

Die heutige Regelung der Netzentgelte

Für den normalen Haushaltskunden ist die Abrechnung der Netznutzungsentgelte (NNE) sehr einfach, da er direkt vom Arbeitspreis abhängig ist und dafür einen Preis pro kWh bezahlt. Bei RLM-Kunden ist dies im Gegensatz zu SLP-Kunden nicht der Fall, da zusätzlich ein Leistungspreis für die Nutzung des Stromnetzes zu zahlen ist.

Hinzu kommt, dass viele Industriekunden bereits heute von reduzierten NNE profitieren. Im Fokus steht hier vor allem die Regelung des § 19 StromNEV, die eine Reduzierung bei atypischer Netznutzung oder hoher gleichmäßiger Netznutzung vorsieht. Eine atypische Netznutzung liegt vor, wenn die individuelle Jahreshöchstlast außerhalb des vom Netzbetreiber definierten Zeitfensters der Netzhöchstlast liegt, z. B. im Sommer oder nachts. Kunden erhalten dann einen Nachlass von bis zu 80 Prozent auf die Netzentgelte. Eine gleichmäßige Netznutzung liegt vor, wenn Kunden mindestens 7.000 Benutzungsstunden aufweisen. Ab einem Jahresverbrauch von zehn Gigawattstunden erhalten sie dann einen Nachlass von bis zu 80 Prozent auf die Netzentgelte. Bei mehr als 8.000 Benutzungsstunden kann der Rabatt sogar auf bis zu 90 Prozent steigen. Insgesamt sind rund 70 TWh (Stand 2021) von den beiden Regelungen betroffen, was etwa einem Drittel des Industriestroms entspricht.

Herausforderungen bei einem Wechsel auf dynamische Marktanreize

Da viele Industriekunden bereits heute von reduzierten NNE profitieren, müssen diese die Auswirkungen der NNE bzw. der dynamischen Tarife auf die aktuelle Förderung nach § 19 StromNEV berücksichtigen. Eine reine Betrachtung auf einen günstigeren Arbeitspreis ist daher nicht ausreichend, da zum einen die Auswirkungen auf die Förderung, aber auch die Auswirkungen auf den Leistungspreis berücksichtigt werden müssen. So muss sich ein Industriekunde bei einer Lastverschiebung immer die Frage stellen, ob eine Lastverschiebung Auswirkungen auf die Höhe des Leistungspreises hat.

Bei einer gleichmäßigen Netznutzung ist u. a. zu berücksichtigen, dass bei einer flexiblen Anlagenauslegung mit schwankendem Stromverbrauch und damit geringen Benutzungsstunden die Netzentgelte deutlich höher sind als bei einer Auslegung mit hohen Benutzungsstunden und damit unflexiblem Grundlastbetrieb. Bei einer atypischen Netznutzung ist u. a. zu berücksichtigen, dass bei einem Strombezug unterhalb der Spitzenlast nur der Arbeitspreis anfällt, da die Leistungszahlung durch eine andere Stunde bestimmt wird. Liegt der aktuelle Stromverbrauch jedoch bereits in der Spitzenlast, führt eine Verbrauchserhöhung zu einer höheren Leistungszahlung. Industriekunden müssen daher genau abwägen, wie sie auf dynamische Marktanreize reagieren.

Ein Rechenbeispiel aus Sicht eines Industriekunden

Welche monetären Auswirkungen eine Lastverschiebung im Industriekundenbereich für einen Industriekunden haben kann, hat z. B. Agora Energiewende in einer Studie berechnet. Im konkreten Beispiel wurden sowohl die atypische als auch die gleichmäßige Netznutzung im Stromnetz der Region Berlin untersucht.

In einem Beispiel würde der Mehrbezug von einer MWh in einer Viertelstunde im Mittelspannungsnetz zu einer Erhöhung des Leistungspreises um 240.000 € p. a. führen. Selbst wenn sich die MWh auf 100 Stunden verteilt, steigt der Leistungspreis um 600 € pro Jahr. In einem anderen Beispiel, in dem eine gleichmäßige Lasterhöhung über alle Stunden mit Spitzenlastbezug von 9 bis 17 Uhr angenommen wurde, stiegen die Kosten pro MWh von 26 € auf 46 € bei 2.920 Stunden.

In der Konsequenz wäre es für die beiden Industriekunden im Rechenbeispiel unattraktiv, eine Lastverschiebung durchzuführen, weshalb die Auswirkungen auf den Leistungspreis im Kontext dynamischer Marktanreize derzeit immer berücksichtigt werden müssten.

Reformbedarf und Perspektiven dynamischer Netzentgelte im Strommarkt

Die Rechenbeispiele zeigen, dass eine Lastverschiebung durch dynamische NNE oder Tarife für RLM-Kunden teuer werden kann. Eine Reform der NNE ist daher notwendig. Die Neuregelung im Niederspannungsnetz (§ 14a EnWG) kann hier nur ein Anfang sein. Die Reform der Netzentgelte dürfte daher ein Dauerbrenner bleiben und wird auch im Rahmen des neuen Strommarktdesigns diskutiert.

Bei Beibehaltung des derzeitigen Regulierungsrahmens könnte sich eine Entwicklung ergeben, bei der dynamische NNE und Tarife primär für SLP-Kunden interessant sind. Eine grundsätzliche Diskussion über eine Anpassung der § 19 StromNEV-Regelung ist daher notwendig, wenn alle Verbrauchsgruppen von dynamischen Marktanreizen profitieren sollen. Erste Vorschläge hierzu liegen bereits auf dem Tisch, sind aber noch nicht entschieden. So schlägt u. a. Agora Energiewende vor, dass bei Lastverschiebungen der zusätzliche Verbrauch von der Höchstlast ausgenommen oder nur anteilig berechnet werden soll.

Diskutiert werden muss aber auch, ab welcher Auslöseschwelle reduzierte Netznutzungsentgelte angeboten werden sollen. Eine Möglichkeit wäre ein Schwellenwert der potenziell abzuregelnden Last, der im Redispatch ermittelt wird. Wird der Schwellenwert überschritten, könnten die Netzbetreiber 24 h oder 48 h im Voraus für ein bestimmtes Gebiet befristet niedrigere Netzentgelte veröffentlichen.

Bei einer regionalen Begrenzung entsteht allerdings ein Zielkonflikt, der nach Ansicht von Agora Energiewende genau definiert werden muss: „Je kleiner die Regionen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mehrverbrauch die Abregelungsmenge reduziert. Andererseits reduzieren wenige größere Regionen (z. B. das Gebiet eines Verteilnetzbetreibers) die Komplexität, was die Abrechnung der Netzentgelte erleichtert und die Transparenz über Zeitfenster mit reduzierten Entgelten erhöht.“

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es nicht ausreicht, die NNE im Arbeitspreis zu reduzieren. Vielmehr muss das Netzentgeltsystem insgesamt auf den Prüfstand gestellt und ein neues Modell entwickelt werden, in dem Arbeits- und Leistungspreise mit dynamischen Marktanreizen zusammenspielen können, ohne dass der Verbraucher finanzielle Sanktionen befürchten muss. Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass es 2024/25 zu einer Novellierung der Netzentgelte für die nächsten Jahre kommen wird. Die neuen Regelungen für die Niederspannung (§ 14a EnWG) waren hier nur der Anfang.

Praxisbericht: LoRaWAN in der Netzleitstelle

Smart Grid: Mit LoRaWAN in der Netzleitstelle

LoRaWAN in der Netzleistelle zur Realisierung eines intelligenten Energieversorgungsnetzes ist längst kein abstraktes Thema in der Branche mehr. Immer mehr EVUs begeben sich auf den Weg, ihre neugewonnenen Informationen in die jeweiligen Fachsysteme zu integrieren. Neben der Abrechnung von LoRaWAN-Zählern stellt die Netzleitwarte eines Stadtwerks ein präferiertes System da. Hierbei soll LoRaWAN als Übertragungstechnik dazu dienen, den Transformationsprozess des Energieversorgungsnetzes hin zu einem Smart Grid zu unterstützen.

Die Netzleitstelle als Herzstück zur Überwachung und Steuerung des Energieversorgungsnetzes nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die erhobenen Daten aus dem LoRaWAN-Netz werden dem Mitarbeiter in der Leitwarte für eine bessere Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Die Ableitung von Maßnahmen soll so besser und einfacher getroffen werden können. Doch es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie eine Integration von Messwerten aus dem LoRaWAN-Netz in die Netzleitstelle erfolgt und welche Daten dort überhaupt visualisiert werden sollten. Da viele vor Projekten rund um das Thema Netzleitwarte auf Grund der hohen Komplexität oder Sicherheitsbedenken zurückscheuen, wollen wir einen Blick darauf werfen, welche Fragestellungen zu klären sind und wie ein solches Projekt umgesetzt werden kann. Ausgangspunkt sind jedoch die technischen Voraussetzungen, weswegen wir zuerst einen Blick auf die Grundlagen der Fernwirktechnik und die notwendige IT-Architektur werfen:

Fernwirktechnik: Was sind die Grundlagen?

In der Vergangenheit und auch noch heute erfolgt die Anbindung von Assets in die Netzleitwarte oft über klassische Fernwirktechnik. Dabei stellt die Fernwirktechnik einen Teil der Netzleittechnik dar, der die Messungs-, Steuerungs- und Regelungstechnik umfasst. In der Fernwirktechnik ist zwischen der Überwachungs- und Steuerungsrichtung zu unterscheiden. Diese sind abhängig vom Blickwinkel des Betrachters, sprich dem Mitarbeiter in der Netzleitwarte. Aus Blickrichtung des Betrachters spricht man von der Steuerungsrichtung. Aus der Perspektive zum Betrachter hin, hingegen von der Übertragungsrichtung.

Die Fernwirktechnik besteht im Allgemeinen aus einem zu überwachenden Objekt, das mittels eines Fühlers überwacht wird. Der Fühler greift physikalische Größen wie z. B. den Druck oder Temperaturwert des Assets ab und wandelt den analogen Messwert mittels eines Umformers in einen digitalen Messwert um. Standardschnittstellen sind hier z. B die 0-20 mA- oder 4-20 mA-Schnittstelle. Über einen Verstärker erfolgt die Übertragung des digitalen Messwerts zu einem zweiten Umformer, der den digitalen Messwert zurück in einen analogen Messwert übersetzt und der Netzleitstelle zur Verfügung stellt. Der Mitarbeiter kann sich dann die Information des Objekts in der Netzleitstelle anzeigen lassen und ggf. Steuerungsbefehle ausgeben, sofern das Objekt über eine entsprechende Steuerungseinheit verfügt.

Grundlegende Beschreibung der Fernwirktechnik
Grundlagen der Fernwirktechnik

Hier stellt sich nun die Frage, wie eine Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle erfolgen kann und wie auf den bereits bestehenden Erfahrungen im Bereich der Fernwirktechnik aufgesetzt werden kann. Hierzu werfen wir einen ersten Blick auf die notwendige IT-Architektur:

IT-Architektur: LoRaWAN in der Netzleistelle

Bei der Integration eines Objekts mittels LoRaWAN in die Netzleitwarte ist wie auch in der Fernwirktechnik ein geeigneter Fühler auszuwählen. Der LoRaWAN-Sensor stellt dabei den Fühler dar. Dieser wandelt die analogen Messwerte in digitale Messwerte um. Alternativ können auch bereits bestehende digitale Messwerte abgegriffen werden und über eine LoRaWAN-Bridge in das „LoRaWAN-Format“ übersetzt werden, wie dies in der folgenden Abbildung dargestellt ist.

Der LoRaWAN-Sensor als Fühler ist zur Übertragung der Messwerte in das LoRaWAN-Netz eingebunden. Dieses übernimmt die Rolle des Verstärkers zum Transport der Messwerte und besteht aus dem LoRaWAN-Gateway und dem LoRaWAN-Netzwerk-Server (LNS). Die Informationen werden an den Data-Hub, die IoT-Plattform, übertragen. Dort findet die Entschlüsselung der LoRaWAN-Messwerte statt. Über eine integrierte Schnittstelle im Data-Hub erfolgt dann eine Übersetzung der Messwerte in das IEC-104-Protokoll. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Protokoll, das in der Fernwirktechnik eingesetzt wird und von der Netzleitstelle verarbeitet werden kann. Das Protokoll gibt bestimmte Arten bzw. Typen von Messwerten vor, die übertragen werden können. In diesem Beispiel sind dies die Typen 1,2 und 13.

Bei der Schnittstelle im Data-Hub handelt es sich um einen IEC-104-Slave, der mit einem IEC-104-Master aus der Netzleitwarte verbunden ist, da Netzleitwarten nach dem Master-Slave-Prinzip arbeiten. Hierfür muss eine Verbindung zwischen dem Master und dem Slave (Master-Slave-Prinzip) hergestellt werden. In unserem Beispiel steht der Data-Hub mit dem 104-Slave im kommunalen Rechenzentrum der items GmbH und der Master im Rechenzentrum des Kunden. Zur Sicherstellung einer sicheren Verbindung ist ein VPN-Tunnel zwischen Master und Slave installiert. Eine Anpassung der Firewallregeln ist hierfür notwendig.

Nachdem eine Verbindung zwischen Master und Slave hergestellt ist, müssen beide aufeinander abgestimmt werden. Nach erfolgter Konfiguration ist nun eine Einrichtung von Sensoren im Data-Hub-LoRaWAN möglich. Zur Übertragung der Messwerte sind die Sensoren mit dem IEC-104-Slave im Data-Hub zu verknüpfen. Die Netzleitwarte kann sich dann über den IEC-104-Master die Daten über das Pullprinzip abholen. Zuletzt erfolgt eine Weiterleitung der Messwerte über den Master per LAN-Verbindung in die Verbunds- bzw. Netzleitstelle.

IT-Architektur der Netzleitstelle mit LoRaWAN
IT-Architektur

Anwendungsfälle: Welche gehören in die Netzleitstelle?

Auf dem ersten Blick ist man schnell dazu verleitet, möglichst alle Informationen in der Netzleitwarte zu visualisieren. Von Strom- und Spannungsmessungen an Trafostationen und KVS-Schränken über jegliche Assets im Bereich der Gas- und Wasserversorgung wie in der Fernwärme. Bevor dies jedoch erfolgt, sollte zuerst eine Analyse und Grundsatzentscheidung getroffen werden, welche Messwerte in die Netzleitwarte gehören und welchen Mehrwert diese liefern sollen. Im Allgemeinen ist die Frage zu beantworten: Handelt es sich um Messwerte, die für ein Live-Monitoring notwendig sind oder eher um Messreihen zur Planung und Optimierung des Energieversorgungsnetzes?
Viele Messwerte werden oft nur zu Planungs- oder strategischen Optimierungszwecken benötigt, weswegen eine Integration nicht erforderlich ist. Im Fokus sollten daher Messwerte stehen, die dem Live-Monitoring dienen und die Entscheidungsfähigkeit des Mitarbeiters unterstützen. Schalthandlungen sollten dabei nicht umgesetzt werden, da die Latenzzeit und Zuverlässigkeit von LoRaWAN zu gering ist, um eine sachgerechte Umsetzung von Steuerungsbefehlen zu gewährleisten.

In der Praxis handelt es sich um Anwendungsfälle, die eher Entscheidungen in der Netzleitwarte betreffen und die die Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter beschleunigen, deren Ausfall aber nicht den Betrieb des Energieversorgungsnetzes gefährdet. Ein klassisches Beispiel stellen Schleppzeiger dar. Wird ein Schleppzeiger mittels eines LoRaWAN-Sensors überwacht und ausgelöst, erhält der Mitarbeiter die Information sofort in der Netzleitwarte. Da der Standort der Fehlermeldung bekannt ist, kann der Monteur gezielt den Fehlerort ansteuern. Die Störung kann deutlich schneller behoben werden, da nicht ggf. jede Ortsnetzstation einzeln abgefahren werden muss. Das Q-Element kann so deutlich gesteigert werden. Sollte der LoRaWAN-Sensor ausfallen, stellt dies aber keine Gefährdung des Betriebs dar, weil zur Not wie früher jede Ortsnetzstation einzeln angefahren werden kann.

Daher haben sich in der Praxis verschiedene Anwendungsfälle über die einzelnen Sparten durchgesetzt. Hierzu zählt z. B. neben der Überwachung von Schleppzeigern, das Monitoren von Kurzschlussanzeigern, die Überwachung von Sicherheitsabsperrventilen (SAV) bei Gasdruckregelstationen, das Monitoren von Fernwärmeschlechtpunkten oder die Strom- und Spannungsüberwachung netzrelevanter Trafostationen.

ISO 27001: Ist LoRaWAN in der Netzleitstelle erlaubt?

Da es sich bei der Netzleitstelle um einen Teil der kritischen Infrastruktur handelt, ist die Sicherheit ein wesentliches Kriterium. Hierfür hält jeder Netzbetreiber ein eigenes Informationssicherheitskonzept nach der ISO 27001 vor. Da mit der Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle aktiv in das System eingegriffen wird, sind immer auch die Auswirkungen auf das Sicherheitskonzept zu berücksichtigen.

Ob eine Anpassung des Informationssicherheitskonzepts nach ISO 27001 notwendig ist, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Eine Pauschalaussage ist an dieser Stelle nicht möglich, da auch der Scope des Konzepts entscheidend ist. In vielen Fällen wird der Scope erst berührt, wenn über LoRaWAN auch Schalthandlungen realisiert werden würden. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht der Fall und auf Grund der technischen Eigenschaften von LoRaWAN selten ratsam.

Da die LoRaWAN-Messwerte eher den Entscheidungsprozess des Mitarbeiters fördern, im Falle einer Nichtverfügbarkeit der Daten aber nicht den Netzbetrieb gefährden, ist eine Anpassung des Konzepts meist nicht notwendig. Allerdings haben manche Netzbetreiber ihren Scope soweit gefasst, dass schon die bloße Existenz der Information ausreicht, die Entscheidung eines Mitarbeiters zu verändern, sodass dies auch im Informationssicherheitskonzept zu berücksichtigen ist. In diesem Fall ist eine Risikobetrachtung und -bewertung durchzuführen. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen könnten im Einzelfall die Folge sein, die einen Einsatz von LoRaWAN in der Netzleitstelle nicht verhindern.

Projektumsetzung: Worauf kommt es an?

Bei Projekten rund um die Netzleitwarte haben viele Projektmanager und Beteiligte oft Bedenken, was die Umsetzung angeht. Zum einen besteht eine hohe Komplexität hinsichtlich der Integration der Projektbeteiligten, da eine Vielzahl von Mitarbeitern mit unterschiedlichem Know-how notwendig sind. Zum anderen müssen die Fragen hinsichtlich der IT-Sicherheit ausreichend beantwortet werden, um die Fachabteilung erfolgreich einzubinden. Hinzu kommt die Problematik des unterschiedlichen inhaltlichen Verständnisses der Beteiligten. Hinzu können Kommunikationsprobleme kommen, die aus einem unterschiedlichen Wording entstehen. So können z. B. Mitarbeiter aus der Fernwirktechnik unter dem Begriff Master-Slave etwas komplett anderes verstehen als die Mitarbeiter aus der IT, welche die Firewallregeln anpassen. Aus diesem Grund ist die Grundvoraussetzung, dass die notwendigen Wissenträger eingebunden sind und in diesem Fall bereits ein LoRaWAN-Netz besteht sowie der Data-Hub bereits im Einsatz ist.
Zur Integration von LoRaWAN in die Netzleitstelle sollte daher im ersten Schritt der IEC-104-Slave im Data-Hub installiert und konfiguriert werden. Im Anschluss erfolgt die Installation des VPN-Tunnels. Die Verbindung zwischen dem IEC-104-Slave im Data-Hub und dem IEC-104-Master der Netzleitstelle sollte dann über ein Ping-Signal getestet werden, um die Funktionsfähigkeit des VPN-Tunnels zu gewährleisten.

Ist der VPN-Tunnel einsatzfähig, kann die Konfiguration des IEC-104-Slave und -Master erfolgen. Hier bietet es sich an, direkt mit einem Testsensor die Konfiguration auszuprobieren. Ist die Konfiguration abgeschlossen, kann die Verbindung vom Data-Hub zur Netzleitstelle für weitere Sensoren genutzt werden. Die Umsetzung der Anwendungsfälle kann somit starten.

In der Praxis wird für ein Projekt dieser Art ein Zeitraum von 1 bis 3 Monaten benötigt. Die Zeitspanne ist abhängig vom IoT-Wissen des Kunden, der Anzahl der eingebundenen Dienstleister und der Größe des Personenkreises. Gerade bei einer hohen Dienstleisterdichte und vielen Projektbeteiligten besteht ein hoher Abstimmungsbedarf, der zu einer längeren Projektumsetzung führt. Hierbei stellten in laufenden Projekten eine ausreichende Kommunikation, die Einführung eines einheitlichen Wordings, das alle Projektbeteiligten verstehen, und die Anpassung der Firewallregeln, wenn mehrere Dienstleister integriert waren, die größten Herausforderungen dar. Je nach Komplexität liegt ein solches Projekt bei zwischen 10 bis 20 Personentagen. Zusätzliche Anpassungen in der Netzleitwarte durch den Hersteller der Netzleitwartensoftware und Aufwände für eine mögliche Anpassung des ISMS nach ISO 27001 sind in dieser Kalkulation nicht enthalten.

Projektstruktur zur Integration von LoRaWAN
Projektstruktur zur Integration von LoRaWAN

Fazit: LoRaWAN in der Netzleitstelle

Die Integration von LoRaWAN in der Netzleitstelle stellt aus heutiger Sicht kein großes Problem mehr da. Die Technik ist mittlerweile so weit, dass eine Integration problemlos möglich ist. Die Komplexität und Aufwände sind nicht höher als bei anderen, heute üblichen IT-Projekten. Durch die Integration von Messwerten in der Netzleitwarte wird den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, die Informationen aus dem LoRaWAN-Netz direkt im eigenen Fachsystem zu nutzen. Ein Zugriff auf den Data-Hub und somit ein Medienbruch für den Mitarbeiter ist somit nicht mehr nötig.
Durch die Verbesserung der Prozesseffizienz im Netzbetrieb ist von einer schnellen Amortisation der Kosten auszugehen. Durch die Steigerung des Q-Elements, z. B. durch das Überwachen von Schleppzeigern, und einer schnelleren Störungsbehebung können finanzielle Mehrwerte schnell gehoben werden. Hinzu kommt eine generelle Zeitersparnis für die eigenen Mitarbeiter, da die Anzahl des Personals bedingt durch den demographischen Wandel stetig abnimmt.

Zur Umsetzung eines sog. Smart Grids wird es jedoch nicht ausreichen, nun sämtliche Anwendungsfälle auf LoRaWAN zu realisieren und in die Netzleitwarte zu integrieren. LoRaWAN stellt in diesem Kontext nur ein zusätzliches Werkzeug dar, das die Transformation des Energieversorgungsnetzes unterstützt. Vielmehr ist in der Zukunft von einem Technologie-Mix auszugehen, bei dem sowohl kabelgebundene Lösung per Glasfaser, als auch Funklösungen wie LoRaWAN, 450 MHz oder NB-IoT zum Einsatz kommen.

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