Redispatch 2.0: Die Umsetzung geht in den Vollgasmodus
Das Thema Redispatch 2.0 nimmt mit Blick auf die Umsetzungsfrist zum 1. Oktober 2021 zunehmend Fahrt auf. Wo es lange um die eher theoretische Ausgestaltung des Themas ging, geht es nun mit Vollgas in die Umsetzungsphase. Für Netzbetreiber heißt es jetzt, die notwendigen Prozesse aufzubauen und Datengrundlagen zu schaffen.
Ein erster, wesentlicher Schritt für den Anschlussnetzbetreiber (ANB) und den Einsatzverantwortlichen (EIV) ist die Aufbereitung der Stammdaten der Erzeugungsanlagen bzw. der jeweiligen Redispatch 2.0-Ressourcen. Mit den Begriffen technische Ressource (TR), steuerbare Ressource (SR), Steuergruppe (SG) und Cluster-Ressource (CR) stehen im Zuge des Redispatch 2.0 eine Vielzahl von Ressourcen zur Verfügung, die mit unterschiedlichen Stammdaten zu versehen sind. Da der ANB seit dem 01. April die Möglichkeit hat, die jeweiligen IDs der Ressourcen zu beantragen, werfen wir in unserem Beitrag einen Blick auf die unterschiedlichen Typen von Ressourcen und wie die IDs eigentlich zu unterscheiden sind.
Redispatch 2.0-Ressourcen im Überblick
Im Sinne des Redispatch 2.0 existieren vier unterschiedliche Typen von Ressourcen: technische Ressourcen (TR), steuerbare Ressourcen (SR), Steuergruppen (SG) und Cluster-Ressourcen (CR). Alle Ressourcen bauen in diesem Konstrukt aufeinander auf und sollen im Folgenden definiert werden:
technische Ressource (TR)
Bei einer technischen Ressource handelt es sich um ein technisches Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt. Es stellt im Kontext der Ressourcen die kleinstmögliche Einheit dar. Somit kann es sich um jede Art von Verbrauchern oder Erzeugern handeln. Ob eine Fernsteuerbarkeit der technischen Ressource gegeben sein muss, ist in diesem Kontext irrelevant.
steuerbare Ressource (SR)
Eine steuerbare Ressource ist im Prinzip eine Erweiterung einer technischen Ressource. Wie der Name sagt, ist die Erzeugung oder der Verbrauch der Anlage(n) aus der Ferne steuerbar. Eine steuerbare Ressource wirkt somit auf mindestens einen Netzanschlusspunkt. Eine SR setzt sich daher aus einer einzelnen oder mehreren TR zusammen, wobei die SR mindestens einer Marktlokation (MaLo) zugeordnet ist. Jede TR ist in diesem Zusammenhang genau einer SR zugeordnet. Insgesamt ist immer genau ein EIV für die SR verantwortlich. Die SR selbst kann über den Aufforderungs- und Duldungsfall aufgerufen werden. Für den Duldungsfall gilt: Sofern TR über eine gemeinsame technische Steuerungseinrichtung durch den Netzbetreiber (NB) steuerbar sind, müssen diese TR zu einer SR zusammengefasst werden. Für den Aufforderungsfall gilt: Sofern TR am selben Netzanschlusspunkt einspeisen oder der NB die netzanschlusspunktübergreifende Aggregation freigegeben hat und diese TR die gleichen (kalkulatorischen) Kosten haben sowie diese TR denselben verantwortlichen EIV haben, können TR zu einer SR zusammengefasst werden.
Steuergruppe (SG)
Bei der Steuergruppe handelt es sich um eine Ressource, die nachträglich im Redispatch 2.0-Prozess geschaffen wurde. Eine SG enthält i. d. R. mehrere SR, wobei jede SR maximal einer SG zugeordnet sein darf. Die Bildung der SG obliegt dem ANB. Die Steuergruppe wurde u. a. für die SR geschaffen, die über die klassische Fernwirktechnik gesteuert wird, bei der ein einzelnes Ansteuern der SR nicht möglich ist. Stattdessen ist eine Steuerung ausschließlich in Gruppen möglich. Um technische Änderungen an den SR zu vermeiden, wurde nachträglich die Gruppe der SG eingeführt. Die Steuerung der SG erfolgt somit über ein einheitliches Signal des ANB. Der ANB übernimmt somit die Rolle des anweisenden Netzbetreibers. Alle SR innerhalb einer SG sind damit dem Duldungsfall zugeordnet.
Cluster-Ressource (CR)
Bei einem Cluster handelt es sich um eine Zusammenfassung steuerbarer Ressourcen, die auch Steuergruppen miteinschließen kann. Die Cluster-Ressource ist zwischen dem clusternden und vorgelagerten Netzbetreiber abzustimmen. Die Zuordnung einer SR oder SG zu einer CR erfolgt durch den clusternden Netzbetreiber. Ein vorgelagerter Netzbetreiber darf eine SG nur gesamthaft einem Cluster zuordnen. Ebenso ist eine Bündelung der CR untereinander erlaubt. Eine Clusterung von SR oder SG und CR untereinander ist nur erlaubt, wenn eine ähnliche netztechnische Wirkung auf das vorgelagerte Netz und ähnliche Kosten bestehen.
Die Identifikationsnummern der Ressourcen
Zur Identifikation der TR, SR, SG oder CR wird eine 11-stellige Identifikationsnummer (ID) benötigt. Die ID stellt den Primärschlüssel des Stammdatenmodells im Redispatch 2.0 für die jeweiligen Ressourcen dar. Somit ist für den ANB die Beantragung und Zuweisung der IDs einer der ersten Schritte in der Umsetzung des Redispatch 2.0. Die Bereitstellung der IDs übernimmt zentral die Energie Codes und Services GmbH nach Beantragung des ANB. Die Vergabe an die TR und SR erfolgt dezentral durch die Netzbetreiber. Eine Veränderung aller IDs ist unzulässig, solange die TR, SR, SG oder CR besteht. Dies schließt einen Wechsel des Netzbetreibers, einen Wechsel des Betreibers der technischen Ressource (BTR) oder EIV mit ein.
Der ANB hat zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, dass dem EIV ausreichend SR-IDs zur Verfügung stehen. Die Zuweisung der SG-ID liegt im Verantwortungsbereich des Netzbetreibers. Die Identifikation, um was für eine Ressource (TR, SR, Steuergruppe, Cluster) es sich handelt, ist am Codetyp der ID an Hand der ersten Prüfziffer zu erkennen. Folgende Prüfziffern kennzeichnen die Redispatch 2.0-Ressourcen:
D: technische Ressource (TR)
C: Steuerbare Ressource (SR)
B: Steuergruppe (SG)
A: Cluster-Ressource (CR)
Jeder Netzbetreiber kann ab dem 01. April 2021 die TR-ID und SR-ID für sein Netzgebiet beantragen. Die Vergabe erfolgt durch den Netzbetreiber. Der EIV ist vom Netzbetreiber über seine ID zu informieren. Die Zuordnung einer TR zu einer SR erfolgt bis zum 14. Mai 2021durch den ANB. Die Zuordnung ist dem EIV mitzuteilen. Ist dem Netzbetreiber der EIV nicht bekannt, ist der Betreiber der technischen Ressource (BTR) zu kontaktieren. Ist der EIV mit der Zuordnung des Netzbetreibers nicht einverstanden, ist eine Kontaktaufnahme mit dem ANB erforderlich. Aus Sicht des BDEW sollte die Zuordnung und Abstimmung der IDs mit dem EIV bis zum 16. Juni 2021 abgeschlossen sein.
Die IDs bilden somit einen ersten, wichtigen Schritt zur Umsetzung des Projekts Redispatch 2.0. Am Ende ist es aber nur ein Baustein im Einführungsszenario, das der BDEW für das Thema Redispatch 2.0 skizziert hat. In einem weiteren Blogartikel werden wir auf das Einführungsszenario noch einmal detaillierter eingehen.
Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog.
Wer wissen will, wie die Einführung von Redispatch 2.0 im EVU aussehen soll, findet auf unserem Blogbeitrag zum Redispatch 2.0 Einführungsszenario mehr Informationen.