Teil 1: Business Process Outsourcing – gemeinsam die Cost-to-Serve reduzieren

14. September 2021

Templatelösungen und Kooperation als integrale Bestandteil des Outsourcing

“Outsourcing und der Wechsel auf SaaS-Lösungen mögen auf den ersten Blick helfen, um die Cost-to-Serve (CtS) zu senken und damit dem steigenden Kostendruck zu begegnen. Eine skalenorientierte Kooperation auf Augenhöhe verwirklicht schon heute Synergien und bietet die Möglichkeit Prinzipien moderner IT-Architekturen kontinuierlich zu realisieren.“

Andreas Mönter, Enterprise Solution Architect, items GmbH

Die Energieversorgung unterliegt einem stetigen und sich beschleunigenden Wandel. Auf der einen Seite steigt der Kostendruck aufgrund des weiterhin zunehmenden Wettbewerbs und der schnellen Taktfolge umfangreicher regulatorisch bedingter Projekte. Auf der anderen Seite sind Investitionen in Digitalisierung und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder notwendig. Die IT ist hierbei sowohl Enabler für Neues als auch vermeintlicher Kostentreiber im Unternehmen. Zur Senkung der Cost-to-Serve gerade in nicht wettbewerbsdifferenzierenden Funktionen erscheint ein – wie auch immer gestaltetes – Outsourcing des IT-Betriebs als ein mögliches Mittel.

Inhaltsverzeichnis

1. Vom Groben zum Feinen – Potenziale ermitteln
2. Unterschiedliche Motive für Prozessauslagerungen
3. IT im Wandel der Zeit und der Anforderungen

1. Prozessauslagerung – Potenziale ermitteln

Vor der Entscheidung „Make-or-Buy“ steht die Erfassung bzw. Aufbereitung der Kosten-strukturen im Unternehmen und der sich anschließende Vergleich mit den potenziellen Outsourcingpartnern. Um hier das ganze Bild zu erhalten und die Kostentreiber vollständig zu identifizieren, sollte dies nicht nur den IT-Systembetrieb umfassen, sondern auch die Prozesskosten einschließen. Unabhängig von Quelle und Betrachtung ist zu konstatieren, dass die IT-Kosten zwar im Regelfall die leichter zu erfassende Größe darstellen, diese aber mit ca. 10-30% den kleineren Anteil an den gesamten Prozesskosten ausmachen. Den größeren Anteil macht die Prozessausführung bzw. Sachbearbeitung aus. Gleichzeitig besteht idealerweise eine Interdependenz zwischen diesen Größen: Höhere IT-Kostenanteile dienen in diesen Fällen zur Senkung der manuellen Prozessanteile. Anders ausgedrückt: Was nützen niedrige IT-Kosten, wenn diese durch intensiveren Personaleinsatz am System kompensiert werden müssen?

Um diesem Effekt gerecht zu werden, bietet das Standardleistungsverzeichnis (SLV) des BEMD eine gute Orientierungshilfe für den Meter-2-Cash-Prozess. Das SLV zeigt Standardprozesse auf und ermöglicht einen gezielten Benchmark mit einer standardisierten Anfrage von Vergleichswerten am Markt. Das Mapping der eigenen gewachsenen Prozess- und Organisationsstrukturen auf einen Standardkatalog setzt voraus, dass auf beiden Seiten detailliertes Wissen über die Prozessinhalte und -kosten vorhanden ist.

Standardleistungsverzeichnis (SLV)

Das Standardleistungsverzeichnis wurde vom Bundesverband der Energiemarktdienstleister e.V. (BEMD) erarbeitet. Es umfasst Leistungsmodule der Standardprozesse für die Marktrollen Lieferant, Netzbetreiber und Messstellenbetreiber. Das SLV dient als Grundlage bei Ausschreibungen und Marktanfragen sowohl von Dienstleistern als auch Versorgern.

Auf der Seite des Systembetriebes sind gleichermaßen verschiedene Faktoren für eine umfassende Bewertung ausschlaggebend. Dies umfasst eine quantitative Betrachtung der Kosten für Betrieb, Wartung, Weiterentwicklung und Lizenzen auf der einen, aber auch den qualitativen Abgleich des Leistungsumfangs zwischen Eigen- und Fremdbetrieb auf der anderen Seite.

Sowohl bei dem Vergleich der IT- als auch der Prozesskosten empfiehlt es sich, iterativ vorzugehen und das Bild vom Groben zum Feinen zu schärfen, bis der notwendige Detailierungsgrad erreicht wurde. Im Ergebnis dieser Analysen lässt sich das Potenzial einer möglichen System- und/oder Prozessauslagerung abschätzen.

2. Unterschiedliche Motive für Prozessauslagerungen

Beim Heben des Kostenpotenzials kann das Business Process Outsourcing (BPO) auf verschiedenen Wegen unterstützen. Die Herausgabe von ganzen Prozessketten an einen spezialisierten Dienstleister sollte gut abgewogen werden, können hier doch gerade am Anfang Reibungsverluste entstehen. In einem ersten Schritt sollte die Motivation bei dem Einsatz von BPO zunächst in der Entlastung der Mitarbeiter, dem Freiwerden von eigenen hochqualifizierten Ressourcen für neue Tätigkeiten, dem Ersatz von ausgeschiedenen Mitarbeitern oder der Steigerung der Qualität liegen. Gleichzeitig ist zu prüfen, welche Maßnahmen zur Prozess- und Organisationsverbesserungen im Unternehmen getroffen werden können. Idealerweise sollte schon während der Potenzialanalyse offen über die Ziele gegenüber den Mitarbeiter:innen kommuniziert werden, um Vorbehalte abzubauen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Bei der Abschätzung des Potenzials für das Business Process Outsourcing ist immer zu berücksichtigen, dass die Steuerung eines Dienstleisters eigene Ressourcen bedarf. Aufgrund der zum Teil hohen Standardisierung in den Prozessen der Energiewirtschaft ist der Einsatz eines externen Dienstleisters zeitweise oder dauerhaft denkbar. Die Abrechnung der Leistungen ist zeit- oder stückbasiert möglich.

3. Die IT im Wandel der Zeit und der Anforderungen

Die Systemarchitekturen in der Energieversorgerbranche sind bis heute durch zusammenhängende und untrennbare  Strukturen geprägt. Das Abrechnungssystem deckte in der Vergangenheit den Großteil der Prozesse ab. Mit der Zeit wuchs die Anzahl der umgebenden Systeme und somit auch die Vielschichtigkeit der Systemlandschaften. Dennoch verblieben die Abrechnung und die Marktkommunikation als Kernfunktionen in einem zentralen, aber auch häufig „ungeliebten“ System.

Durch die Notwendigkeit, kundenspezifische Anforderungen und die regulatorischen Vorgaben mit nur geringen Vorleistungen des Herstellers in diesem zentralen System umzusetzen, war ein branchenspezifischer Standard nicht zu erreichen und die Komplexität stieg auch innerhalb des Systems. Die wachsende Vielfalt der Anforderungen innerhalb und außerhalb des zentralen Abrechnungssystems hatte zu Folge, dass auch die Kosten für die Wartung und Weiterentwicklung des Systems immer weiter stiegen. Aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen geraten die Cost-to-Serve (CtS) immer mehr in den Fokus der Systemkostenträger in den Unternehmen und werden zu einer entscheidenden Kenngröße für den Systembetrieb.

Die steigenden Bedarfe an die Systeme und der Fachkräftemangel führten schon in der Vergangenheit dazu, dass Anforderungen und Projekte nicht mehr im eigenen Hause realisiert werden konnten und zwangsläufig IT-Dienstleistungen ausgelagert wurden. Das Outsourcing des gesamten IT-Betriebs ist der nächste logische Schritt. Mit der Vergabe des Systembetriebs wird der Wunsch verknüpft, die Individualität in den Systemen zu senken und die Automatisierung zu steigern. Dadurch erhofft man sich die Cost-to-Serve der Abrechnungssysteme wieder in den Griff zu bekommen. Heute gehen die Einschätzungen so weit, dass die Abrechnung nicht mehr wettbewerbsdifferenzierender Faktor ist. Die Effizienz in der Bearbeitung von Massenprozessen steht mittlerweile im Vordergrund.

Wie sieht also ein Kooperations-Modell aus, das den Anforderungen gerecht wird und die Cost-to-Serve tatsächlich reduzieren kann? Und welche Vorteile hat ein solches Modell gegenüber einer Einzellösung? Diese Fragen beantworten wir euch in wenigen Tagen in unserem zweiten Teil. Wenn euch dieser Beitrag gefallen hat und ihr den zweiten Teil nicht verpassen wollt, abonniert gerne unseren Blog.

Andreas Mönter

Enterprise Solution Architect
Andreas Mönter ist Enterprise Solution Architect. Mit seinem ganzheitlichen Blick auf Unternehmensprozesse entwickelt er passgenaue Lösungen für unsere Kunden. Hierbei liegt sein Fokus auf den Potenzialen neuer SAP-Anwendungen, den Blick über den Tellerrand scheut er dabei aber nicht. Als Verfechter neuer Arbeitsweisen treibt er im “items-goes-Agile"-Team die agile Transformation innerhalb der items voran. Dafür kommen dem Wirtschaftsingenieur seine Erfahrungen als Projekt- und Programmleiter zu Gute.