TMA LoRaWAN-Netz: Warum ein technisches Regelwerk notwendig ist
In den klassischen Energieinfrastrukturen wie Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme ist die Einhaltung von technischen Mindeststandards zur Gewährleistung der Systemstabilität und Qualität längst selbstverständlich. Die wahrscheinlich bekanntesten technischen Mindeststandards in der Energiebranche stellen vermutlich die technischen Anschlussbedingungen (TAB) im Stromnetz da.
Dabei handelt es sich um ein Regelwerk für den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsverteilungsnetz (0,4 kV). Dieses Regelwerk definiert die grundsätzlichen Anforderungen des Verteilungsnetzbetreibers an den Netzanschluss, die Kundenanlage und den Betrieb einer Anlage. Der Anlagenbetreiber ist verpflichtet, diese Bedingungen einzuhalten. Durch die Festlegung einer einheitlichen, technischen Vorgehensweise soll die Systemstabilität des Netzes langfristig sichergestellt werden. Auf Grund der guten Erfahrungen der letzten Jahrzehnte hat sich für jede Infrastruktursparte die Definition einheitlicher, technischer Regeln durchgesetzt.
Mit der neuen Marktentwicklung von Stadtwerken, IoT-Infrastrukturen wie u. a. LoRaWAN-Netze zu betreiben, stellt sich ähnlich wie bei Energienetzen die Frage, nach welchen technischen Regeln dieses Netz betrieben werden soll. Denn durch die zunehmende Bereitstellung der Infrastruktur an Dritte, zur Erschließung neuer Geschäftsfelder, wird die Regelung einer einheitlichen Nutzung zunehmend wichtiger. Aus diesem Grund hat die items GmbH zusammen mit einigen ihrer Kunden einen ersten Entwurf für eine TAB unter dem Namen technische Mindestanforderungen (TMA) erstellt.
TMA LoRaWAN-Netz: Überblick über die wesentlichen Regelungen
Zur Sicherstellung der technischen Mindeststandards (TMA) für LoRaWAN-Netze sind eine Vielzahl von Regelungen zu treffen. Einen groben Überblick möglicher Bausteine soll in diesem Abschnitt gegeben werden:
LoRaWAN-Gateways: Ein wesentliches Thema des LoRaWAN-Netzbetriebs ist die Festlegung der Mindeststandards für die Gateways in der TMA. Hierzu zählt u. a. die Festlegung, welche Geräte durch den LoRaWAN-Netzbetreiber zugelassen sind. Zwar ist in der Theorie ein Herstellermix möglich, erhöht jedoch langfristig den Wartungsaufwand, da bestimmte Prozesse wie das Einspielen von Updates unterschiedlich funktionieren. Oft verwenden die Hersteller auch unterschiedliche Gatewaymanagementsysteme, so dass ein Überblick mittelfristig schwieriger wird. Daneben ist eine Vielzahl von anderen Faktoren zu regeln, z. B. wie eine Montage der Geräte zu erfolgen hat, wer die Geräte verwalten und aufbauen darf, wie eine Erschließung des Standortes erfolgt usw.
Sensorik: Neben den LoRaWAN-Gateways gilt es, die Mindestanforderungen an die Sensorik zu definieren. So ist z. B. die Festlegung der Einhaltung deutscher, technischer Mindeststandards je Sensorik zwingend erforderlich, da noch immer eine Vielzahl mangelhaft verarbeiteter Hardware im Umlauf ist. Daneben ist eine wichtige Regelung die Einhaltung des Duty-Cycle, um langfristig die Stabilität des eigenen LoRaWAN-Netzes zu gewährleisten. Zudem ist zu regeln, wer im Fall eines Verstoßes die Sensorik aus dem Netz entfernen darf.
IT-Sicherheit: Wie bei jeder anderen IT-Infrastruktur auch, sind neben den Anforderungen an die Hardware technische Mindestanforderungen an das LoRaWAN-Netz im Rahmen der IT-Sicherheit zu definieren. Dazu zählt sicherlich, ob die IT-Infrastruktur in einer Cloud oder einem Rechenzentrum betrieben werden soll. Auch ist z. B. festzulegen, wie die Gateways zum LNS abzusichern sind (Bsp. Glasfaseranschluss, M2M-Simkarten etc.).
IT-Infrastruktur & Schnittstellen: Im Rahmen des Betriebs der IT-Infrastruktur ist u. a. zu definieren, welche Infrastruktur vom Netzbetreiber vorgegeben ist und welche durch den Netznutzer selbst auswählbar sind. Zwingend erforderlich ist eine Festlegung des eingesetzten LoRaWAN-Netzwerk-Servers (LNS) und eine Regelung, wie Daten an externe LoRaWAN-Netze bereitzustellen sind. Aktuell empfehlen wir hier den Einsatz eines Multiplexers, um den Aufbau paralleler Netzinfrastruktur zu vermeiden.
Kritis-Prozesse: Da eine Vielzahl der LoRaWAN-Anwendungsfälle im Kritis-Bereich wie z. B. Stromnetze erfolgen können, ist zu klären, ob hierfür eine zusätzliche Regelung erforderlich ist. Beispielsweise kann die Festlegung eines n-1-Kriteriums für Gateways erfolgen, um im Fall eines Gatewayausfalls die Betriebsfähigkeit weiterhin sicherzustellen. Auch sollte u. a. eine Regelung getroffen werden, wie diese Informationen zu schützen sind. Aktuell empfehlen wir, hier z. B. eine Weiterleitung der Daten in das TTN-Netzwerk zu verbieten, da die Frage des Dateneigentums nicht geklärt ist.
Assetmanagement: Ein wichtiges Thema ist der Bereich des Assetmanagements. Vor allem dann, wenn es auch Dritten gestattet ist, Gateways im LoRaWAN-Netz einzubinden. Sollten darüber hinaus externe Standorte genutzt werden, sollten die Bedingungen der Zutrittsregeln abgestimmt sein. Ebenso sollte der Netzbetreiber die Möglichkeit haben, zur Sicherstellung des Betriebs Zugriff auf die Gateways des Dritten zu haben. Daneben sollte die Verwaltung des Assetmanagements der Gateways zentral durch den Netzbetreiber erfolgen. Die erforderlichen Informationen sollten in den TMA festgehalten werden.
Netzabdeckung & -ausbau: Ein weiteres Thema ist die Regelung der Messung der Netzabdeckung und des -aufbaus. Daneben ist zu klären, wer für die Verdichtung verantwortlich ist und welche Rechte der Netznutzer gegenüber dem Netzbetreiber hat. Empfehlenswert ist es außerdem, wenn der Netzbetreiber dem Netznutzer Informationen über die aktuelle Netzabdeckung bereitstellt und die Informationen regelmäßig aktualisiert.
TMA LoRaWAN-Netz: Handlungsempfehlung
Mit der Entwicklung eigener technischer Mindestanforderungen (TMA) für das LoRaWAN-Netz sollten Stadtwerke spätestens dann beginnen, wenn eine Nutzung des Netzes durch Dritte geplant ist. Allerdings kann dies auch schon vorher erforderlich sein, wenn die Größe des Stadtwerks einen kritischen Schwellwert überschreitet und eine Vielzahl von Abteilungen das Netz nutzt. Wie bei allen Kommunikationsnetzen ist auch die Störung eines LoRaWAN-Netzes möglich, weswegen die Festlegung technischer Mindestanforderungen eine erste Präventionsmaßnahme darstellt, auf der auch die Festlegung von (künftigen) Betriebsprozessen möglich ist. Zum aktuellen Zeitpunkt verfügen wenige LoRaWAN-Netzbetreiber über eine TMA. Mit der zunehmenden Vermarktung des Netzes und der Öffnung für Dritte ist auch hier wie bei allen anderen Infrastrukturen von Stadtwerken von einem technischen Mindeststandards auszugehen.
Service der items
Da die items zahlreiche Stadtwerke auf den Weg zum IoT-Netz- und Plattformbetreiber begleitet sowie in der Projektumsetzung unterstützt, wurde zusammen mit mehreren Kunden eine erste Version der TMA erstellt. Diese kann gegen eine Einmalgebühr von der items bezogen werden. Daneben haben Stadtwerke die Möglichkeit, einen TMA-Servicevertrag abzuschließen, über den eine jährliche Überarbeitung der TMA erfolgt und dem Kunden zugstellt wird. Auf Grundlage des Musterentwurfs kann dann eine individuelle Anpassung erfolgen. Darüberhinaus unterstützen wir Kunden bei der Entwicklung ihres Organisations- und Netzbetriebskonzept für einen erfolgreichen Aufbau Ihrer IoT-Sparte. Bei Interesse an der ersten Version der TMA oder bei Beratungsbedarf zu der Thematik sprechen Sie uns gerne an.