Energiespeicher und ihr Platz im zukünftigen Strommarktdesign

Ein großes Problem bei der Diskussion um ein dekarbonisiertes Energiesystem, in dem über 90 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen soll, ist die fluktuierende Erzeugung: Wind und Solar sind keine konstanten Energiequellen, sondern abhängig von Wetter, Jahreszeit und Standort.

Speicher sind daher für viele ein großer Hoffnungsträger, um dieses Problem zu lösen. Ende letzten Jahres veröffentlichte das BMWK die Speicherstrategie, die sich für die Integration von Speichern in ein neues Energiesystem ausspricht. Auch in der Kraftwerkstrategie und dessen Transformation wird viel Wert auf Speicher gesetzt. Ebenso in der Diskussion um einen Kapazitätsmarkt gewinnen Speicher zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass Speicher kein Allheilmittel sein können: Fehlende Kapazitäten zum Speicherbau in Deutschland, umweltschädliche Batterietechnologien und regulatorische Komplexitäten legen dem Speicherausbau Steine in den Weg.

Derzeit wird bemängelt, dass es keine koordinierte Speicherstrategie für Strom, Wärme und Wasserstoff gibt. Zudem ist die Regulatorik für Speicher auf viele Rechtsnormen verteilt: Das BMWK begründet dies damit, dass die Maßnahmen der Speicherstrategie zu vielfältig seien, um sie in einer gesammelten Gesetzesinitiative zu adressieren. Doch wie können Speicher ein zukünftiges Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien voranbringen? Der Nutzen von Speichern in einem grünen Energiesystem.

Energiespeicher können das künftige, von erneuerbaren Energien geprägte System auf vielfältige Weise unterstützen: Auf der Ebene der Systeminfrastruktur können sowohl die Netzstabilität als auch die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. In Privathaushalten können Speicher die Selbstversorgung unterstützen und damit zu Kostenersparnissen führen. Für Industrie und Gewerbe bieten sie die Möglichkeit, Prozesse zu dekarbonisieren und die Energieeffizienz der Unternehmen zu verbessern.

Insbesondere im Hinblick auf die Netzstabilität bieten Speicher ein großes Stabilisierungspotential, können aber auch das Netz überlasten: Durch einen nicht netzdienlichen Betrieb können Speicher Netzbelastungen verschärfen und so zu Netzengpässen führen, anstatt diese auszugleichen. In dem Fall wäre ein größerer Netzausbau notwendig, der wiederum mit hohen Kosten verbunden ist – die durch den Speicher eigentlich gesenkt werden sollen. Nicht netzdienlich ist beispielsweise die erhöhte Einspeisung zu Zeiten eines erhöhten Strompreises. So könnten Speicherbetreiber finanziell von ihren Anlagen profitieren, die Netze aber in der Konsequenz überlastet werden. Andererseits entstehen ebenfalls Probleme, wenn Speicherbetreiber aufgrund niedriger Kosten nicht einspeisen und es schlussendlich an Strom mangelt.

Doch um ein vollständig nachhaltiges Energiesystem zu erreichen, braucht es ab einem Erneuerbaren-Anteil von über 90 Prozent Speicher, um die vollumfängliche Integration grüner Energien zu erreichen. Speicher müssen dann eingesetzt werden, um Engpässe und Überschüsse auszugleichen. In der zuletzt veröffentlichten Speicherstrategie des BMWK wird allerdings darauf hingewiesen, dass Speicher erst ab einem Erneuerbaren-Energien-Anteil von 60 bis 80 Prozent tatsächlich die kosteneffektivste Lösung sind. Darunter bieten flexible Kraftwerke oder ein effektives Lastmanagement kostengünstigere Alternativen zum Speicherbau.

Auch im Kapazitätsmarkt können Speicher gut integriert werden: Sie stellen Kapazitäten bereit – so könnte der Speicherbetrieb netzdienlich rentabel werden. Statt für die Einspeisung werden die Betreiber für die Bereitstellung ihrer Kapazitäten vergütet. So kann die Netzstabilität nachhaltiger gesichert werden und Speicher dennoch attraktiv für Investitionen wirken.

Regulatorische Probleme

Aktuell fehlen Speicher in der Energiebilanz und werden im Bilanzkreismanagement nicht berücksichtigt. Auch die Netzausbaukosten müssen Netzbetreiber in großen Teilen noch selbst tragen, da Speicher offiziell nicht vollständig als Erneuerbare-Energien-Anlage eingestuft werden können. Der Grund dafür ist, dass Speicher zum Großteil mit dem aktuellen Grautrom-Mix gespeist werden. Dieser ist nicht zu 100 Prozent erneuerbar, somit sind es auch die Speicher nicht und fallen schlussendlich aus der Förderung heraus.

Um den netzdienlichen Betrieb zu fördern, sollen Stromspeichern ebenfalls keine Vergünstigungen bei den Stromgestehungskosten gewährt werden. Abgaben, Umlagen und Netzentgelte sind bei Einspeisung und Speicherung in normalem Umfang zu zahlen. Bei den Netzentgelten gibt es zwar eine Sonderregelung für Speicher – § 18 StromNEV – durch die sie indirekt Netzentgelte vermeiden, zudem entfallen die Netzentgelte zumindest teilweise, wenn nicht vollständig für Stromspeicher gemäß § 118 EnWG oder § 19 StromNEV. Eine Sonderrolle fordern die Betreiber vor allem deswegen, da sie ansonsten keine Möglichkeit sehen, ihre Speicher wirtschaftlich zu betreiben. Hierzu liegt dem Bundesgerichtshof (BGH) aktuell ein Entwurf vor. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das durch einen Kapazitätsmarkt gelöst werden könnte.

Wie soll es weiter gehen?

Das BMWK erkennt in seiner Speicherstrategie einen großen zukünftigen Bedarf an Speicherkapazitäten für Strom, thermische Energie sowie Wasserstoff. Der Ausbau der Speicherkapazitäten soll daher beschleunigt werden und eine bessere Integration ins Energiesystem erreicht werden.

Ein besonderer Fokus soll dabei auf Heimspeichern liegen: Hier rechnen sich aktuelle Batterietechnologien am ehesten, auch soll so die Entstehung von Energiegenossenschaften unterstützt werden. Langfristig werden zwar mehr Langzeitspeicher benötigt, jedoch müssen hier noch nachhaltige Technologien gefunden werden – Batteriespeicher bestehen zum Großteil aus Lithium, was die Energiebilanz wieder verschlechtert. Für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken, die aktuell die grünste Speichertechnologie darstellen, sind die topografischen Kapazitäten in Deutschland bereits voll ausgeschöpft. Daher will das BMWK die Forschung zu neuen, grünen Speichertechnologien vorantreiben.

Das ergibt viel Sinn, wenn man den Blick einmal auf die EU richtet: Die EU-Energieminister*innen einigten sich im März dieses Jahres, dass Speicher in einem europäischen grünen Energiesystem nicht wegzudenken sind. Aktuell wird auch ein grenzüberschreitender Speicherbetrieb diskutiert, um regionale Kapazitäten europaweit optimal nutzen zu können.

Fest steht, dass Speicher schon bald benötigt werden – bis 2030 wird von einer benötigten Minimalkapazität von 25 GW, eher aber 90 GW, bis 2050 wird von einer benötigten Kapazität zwischen 40 und 170 GW ausgegangen. Aktuell verfügt Deutschland über eine Speicherkapazität von 12,7 GW und wird diese nicht zeitnah ausgebaut, ist in Zukunft mit größeren Blackouts zu rechnen, da die erzeugte grüne Energie nicht effektiv genutzt wird: Das bedeutet, dass in Zeiten hoher Erzeugungskapazitäten gespeichert werden muss, um bei Windstille oder nachts den gespeicherten Strom nutzen zu können.

Doch nicht nur Strom muss in Zukunft speicherbar sein, für das Gelingen der Wärmewende sind vor allem auch Wärmespeicher wichtig. Aktuell sind Speichertechnologien oft teuer und schrecken daher vor allem Endkunden ab, für eine effektive Förderung fehlt aber noch die regulatorische Einheitlichkeit. Auf dieser Ebene tut sich jedoch einiges. Es bleibt also spannend, wie sich die Regulatorik rund um Energiespeicher in Deutschland und Europa entwickeln wird.

Die gefühlten 1000 Arten der Solarenergie im EEG

Solarenergie als wesentlicher Baustein der Energiewende

Die Erreichung der Klimaziele und die Umsetzung der Energiewende sind wesentliche Bausteine der Politik und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Bei der Transformation des Strom- und Wärmesektors liegt der Fokus klar auf der Elektrifizierung und der Umstellung auf erneuerbare Erzeugungstechnologien. Im Vordergrund steht dabei der Ausbau von Wind- und Solarenergie, die das Fundament der zukünftigen Stromversorgung in Deutschland bilden sollen. Um diesen Ausbau zu beschleunigen, hat der Gesetzgeber in den letzten Monaten eine Reihe von Änderungen insbesondere im Bereich der Photovoltaik auf den Weg gebracht.

Betrachtet man den aktuellen Status quo, so findet man aus regulatorischer Sicht eine Vielzahl von PV-Anlagentypen im EEG, die unterschiedlichen Förderkonstrukten und Ausschreibungsbedingungen unterliegen. Mit Blick auf das Jahr 2030 sieht der Gesetzgeber einen jährlichen PV-Zubau von 6,5 bis 11 GW Leistung vor, so dass die zukünftige PV-Leistung noch einmal deutlich über der heutigen Gesamtleistung liegen wird.

In diesem Blogbeitrag soll es jedoch weniger um das Ausschreibungsdesign und die jährlichen Zubaumengen gehen. Vielmehr soll ein Überblick über die verschiedenen Arten der Photovoltaik aus Sicht des EEG gegeben werden:

Die Standardanlagen im EEG

Der Begriff Photovoltaik wird im EEG eher selten verwendet. Stattdessen wird häufig von Solarenergie oder allgemein von Solaranlagen gesprochen. Generell ist der Begriff Solaranlage ein Sammelbegriff für alle Anlagentypen, was sich auch in der Begriffsdefinition widerspiegelt, denn eine Solaranlage ist jede Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (§ 3 Nr. 41 EEG).

Differenziert man den Begriff der Solaranlage einen Schritt weiter, so zeigt sich, dass zwei Arten von Solaranlagen den Großteil des Zubaus von Photovoltaikanlagen bestimmen: Solaranlagen des ersten und des zweiten Segments. Unter Solaranlagen des ersten Segments versteht man jede Freiflächenanlage und jede Solaranlage auf, an oder in einer baulichen Anlage, die weder ein Gebäude noch eine Lärmschutzwand ist (§ 3 Nr. 41 EEG), während Solaranlagen des zweiten Segments jede Solaranlage auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand sind (§ 3 Nr. 41b EEG).

Bei Solaranlagen des ersten Segments versteht man unter Freiflächenanlagen Solaranlagen, die auf Freiflächen, wie zum Beispiel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder Brachland, installiert sind. Gebäudeintegrierte Anlagen sind wiederum Anlagen, die in die Architektur von Gebäuden integriert sind und dienen nicht nur der Energieerzeugung, sondern können auch Teil der Gebäudehülle sein, wie beispielsweise Solarfassaden oder -dächer. Bei Dachanlagen als Teil von Solaranlagen des zweiten Segments handelt es sich um Solaranlagen, die auf Gebäudedächern installiert sind. Hierbei kann es sich sowohl um geneigte als auch um flache Dächer handeln.

Die aktuellen Ausbauziele innerhalb der beiden Segmente sind etwa gleich groß, weswegen beide Segmente die gleiche Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende haben. Allerdings gibt es Unterschiede im Ausschreibungsdesign oder der Vergütungsstrukturen. Die Unterscheidung von Solaranlagen des ersten und zweiten Segments existiert schon seit längerem und wurde kurz nach der Durchführung der ersten Ausschreibungen vor einigen Jahren eingeführt.

Die Sonderanlagen im EEG

Neben den „Normalanlagen“ im EEG gibt es noch eine Reihe von PV-Sonderanlagen. Dazu gehören unter anderem Agri-PV, Parking-PV, Floating-PV und Moor-PV. Mit dem Solarpaket I ist ein eigenes Ausschreibungsdesign vorgesehen, das durch eine schrittweise Erhöhung auf bis zu 3.000 MW pro Jahr einen immer größeren Beitrag zum Solarausbau in der Fläche leisten wird. Insgesamt ist damit keine Erhöhung der Ausschreibungsmengen (und der dafür insgesamt benötigten Flächen) verbunden. Soweit die Mengen nicht durch spezielle Solaranlagen gedeckt werden können, rücken klassische Freiflächenanlagen in diesem Ausschreibungssegment nach, um die Mengen für die Zielerreichung zu sichern. Generell können Agri-PV, Parking-PV, Floating-PV und Moor-PV wie folgt definiert und durch folgende Merkmale beschrieben werden:

  1. Agri-PV (Agri-Photovoltaik):
    • Definition: Agri-PV bezieht sich auf die Integration von Photovoltaikanlagen in landwirtschaftlich genutzte Flächen.
    • Merkmale: Die Solaranlagen werden über landwirtschaftlich genutzten Flächen installiert, wodurch eine Doppelnutzung des Landes ermöglicht wird. Diese Systeme können so konzipiert sein, dass unter den Solarmodulen Nutzpflanzen angebaut oder Vieh gehalten werden kann.
  2. Parkplatz-PV:
    • Definition: Parkhaus-PV bezieht sich auf die Installation von Photovoltaikanlagen über Parkplätzen.
    • Merkmale: Solarpaneele werden auf Parkplatzkonstruktionen installiert, um erneuerbare Energie zu erzeugen und gleichzeitig den Parkplatz vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Dies ermöglicht eine effiziente Nutzung der verfügbaren Fläche.
  3. Floating-PV (schwimmende Photovoltaik):
    • Definition: Floating-PV bezieht sich auf die Installation von Photovoltaikanlagen auf der Wasseroberfläche von Seen, Teichen, Stauseen oder anderen Gewässern.
    • Merkmale: Die Solarmodule werden auf schwimmenden Strukturen installiert, um Solarenergie zu erzeugen. Dies hat den Vorteil, dass Land eingespart wird und gleichzeitig die Kühlung der Solarmodule durch das Wasser verbessert wird.
  4. Torf-PV:
    • Definition: Moor-PV bezieht sich auf die Integration von Photovoltaikanlagen in Moorlandschaften.
    • Merkmale: Die Solarmodule werden auf speziellen Plattformen oder Konstruktionen über Moorflächen installiert. Dies ermöglicht die Nutzung von Flächen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für die konventionelle Landwirtschaft nur eingeschränkt geeignet sind.

Neue PV-Anlagentypen im EEG

Neben den „normalen“ und „besonderen“ Solaranlagen im EEG wurden mit dem Solarpaket I der Bundesregierung weitere Anlagentypen aufgenommen, die als neue PV-Anlagentypen bezeichnet werden können. Dazu gehören unter anderem die Biodiversitäts-PV-Anlagen. Dabei handelt es sich um eine besonders naturverträgliche Variante der Freiflächen-PV. Die genauen Kriterien für diesen Anlagentyp sind noch offen und sollen bis zum Frühjahr 2024 durch detaillierte Anforderungen in einer Verordnung geregelt werden. Dabei stehen ökologische und technische Anforderungen im Vordergrund.

Darüber hinaus wurde eine eigene Definition für Balkonanlagen, sogenannte Steckersolargeräte, beschlossen. Demnach ist ein Steckersolargerät ein Gerät, das aus einem oder mehreren Solarpaneelen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zum Anschluss an den Endstromkreis eines Letztverbrauchers besteht (§ 3 Nr. 43 EEG). Die Leistung der Anlage ist auf 2 kW begrenzt, wobei die Abgabeleistung am Wechselrichter 800 W nicht überschreiten darf. Damit wurden die Leistungsgrenzen vom Gesetzgeber nochmals deutlich angehoben.

Darüber hinaus wurde eine eigene Definition für sogenannte Garten-PV-Anlagen geschaffen. Dabei handelt es sich um eine PV-Anlage im Garten eines Hausbesitzers oder auf einem Carport bis zu einer Leistung von 20 kW, wenn die Errichtung einer Anlage auf einem Hausdach nicht möglich ist (§48 EEG). Hier wird eine feste Vergütung von 7 ct/kWh angestrebt.

Schließlich gibt es noch die innovativen PV-Anlagen. Hierbei handelt es sich um Versuchsanlagen, die neue Technologien oder Konzepte zur Verbesserung der Effizienz oder der Integration der Photovoltaik erproben. Für diesen Anlagentyp werden separate Ausschreibungen durchgeführt, teilweise auch gemeinsam mit anderen Technologien.

Fazit

Insgesamt ist festzustellen, dass es im EEG aus regulatorischer Sicht eine Vielzahl von PV-Anlagentypen gibt, auch wenn die technologische Funktionsweise bei allen Anlagen ähnlich sein dürfte. Entscheidende Klassifizierungsmerkmale aus Sicht des EEG sind jedoch der Standort, die Leistung und der Nutzungszweck der Solaranlagen.

Trotz der Vielzahl der Anlagentypen wird der Schwerpunkt des Ausbaus weiterhin auf Solaranlagen des ersten und zweiten Segments liegen, auch wenn die Bedeutung von PV-Sonderanlagen weiter zunehmen dürfte. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Einteilung in Standard-, Sonder- und neue PV-Anlagen um eine eigene Klassifizierung des Autors handelt und sich die Begrifflichkeiten nicht immer 1:1 im EEG wiederfinden.

Neue Geschäftsmodelle wie die gemeinschaftliche Versorgung von Gebäuden oder Mieterstrom sowie die Erhöhung des Eigenverbrauchs dürften auch weiterhin Anreize für Stromkunden schaffen, in die Errichtung von Photovoltaikanlagen zu investieren. Gleiches gilt für Unternehmen, die ihre Energiekosten durch Eigenerzeugung senken wollen. Auch wenn die Photovoltaik aufgrund der volatilen Erzeugung ohne Speichertechnologie nicht zu einer dauerhaften Grundlastsicherung führt, dürfte der Ausbau der Photovoltaik in Deutschland weiter voranschreiten. 

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nutzung der solaren Strahlungsenergie nicht ausschließlich durch PV-Anlagen erfolgen muss, sondern auch durch Solarthermie, bei der nicht die elektrische Energie, sondern die erzeugte Wärme genutzt wird. In der aktuellen politischen Diskussion, auch im Zusammenhang mit der viel diskutierten Solaranlagenpflicht auf Hausdächern, wird die Solarthermie im öffentlichen Diskurs vernachlässigt, obwohl ihre Wirtschaftlichkeit je nach Anwendungsfall mit der einer Photovoltaikanlage konkurrieren kann.

Gebäudestrom – Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung – die neue Mieterstromalternative?  

Gebäudestrom: Kommt eine neue Alternative zum Mieterstrom?

Die Frage, wie Bewohner von Mehrfamilienhäusern besser an der Energiewende beteiligt werden können, beschäftigt Politik und Energiewirtschaft schon lange. Die Idee von Mieterstromprojekten ist bislang nicht so recht in Fahrt gekommen, auch wenn das Thema langsam Fahrt aufnimmt. Ein wesentlicher Grund dafür ist sicherlich die Komplexität und die hohen Umsetzungshürden für unerfahrene Akteure in der Energiewirtschaft. Die komplexeren Messkonzepte, Bilanzierungspflichten oder der erhöhte Abstimmungsaufwand zwischen den energiewirtschaftlichen Marktrollen dürften wesentliche Gründe dafür sein, dass Mieterstromprojekte bisher nicht durchstarten konnten und teilweise auch heute noch nicht können. Insofern ist es zu begrüßen, dass die Politik z. B. mit dem Gemeinschaftsstrom nach Lösungen sucht, wie die Nutzung von PV-Strom in Mehrfamilienhäusern von Gewerbeimmobilien verbessert werden kann.

Mit der Suche nach einfacheren Mieterstrommodellen folgt der Gesetzgeber den Zielen der EU, die Zugangsvoraussetzungen und regulatorischen Hürden für Mieter weiter zu senken. In diesem Blogbeitrag soll daher näher beleuchtet werden, wie das vorgeschlagene Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung ausgestaltet ist, welche Vor- und Nachteile es hat und vor welchen Herausforderungen die Energiewirtschaft bei der Umsetzung stünde.

Gebäudestrom: Funktionsweise des neuen Modells

Nach dem ersten Entwurf des BMWK zum Gebäudestrom sieht das gemeinschaftliche Gebäudestrom-Modell eine Entkopplung von Anlagenbetreiber- und Versorgerrolle vor. Demnach könnten Gebäudeeigentümer zukünftig die Möglichkeit erhalten, selbst eine PV-Anlage zu betreiben und die Nutzer des Gebäudes (Mieter, Eigentümer) an der erzeugten Strommenge zu beteiligen. Dazu muss der Anlagenbetreiber mit den teilnehmenden Haushalten einen sogenannten Gebäudestromvertrag abschließen. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, vertraglich einen relativen Anteil an der erzeugten Strommenge der Anlage zu erwerben. Insofern hat der Letztverbraucher einen ideellen Anteil an der Erzeugungsanlage. Dieser Anteil ist jedoch insofern nur ideell, als er sich nur auf den Verbrauch des von der Erzeugungsanlage erzeugten Stroms und nicht auf die Anlage selbst bezieht.

Der Vertrag räumt den teilnehmenden Letztverbrauchern das Recht ein, die von der Gebäudestromanlage erzeugte elektrische Energie in Höhe des anhand eines Verteilungsschlüssels ermittelten Anteils zu nutzen und legt einen entsprechenden Verteilungsschlüssel fest. Darüber hinaus enthält der Vertrag eine Vereinbarung über den Betrieb, die Wartung und Instandhaltung der Gebäudeenergieanlage sowie die Kostentragung hierfür. Die Finanzierung erfolgt somit über eine jährliche Umlage für die Abnahme des Jahresanteils. Eine mengenbezogene Abrechnung findet nicht statt. Aus diesem Grund muss der Betreiber auch keine vollständige Abrechnung im Sinne des EnWG durchführen, sondern es genügt eine vereinfachte Abrechnung nach § 40a und § 40b Abs. 1 bis 4 EnWG.

Der Anlagenbetreiber ist in diesem Modell nicht wie ein klassischer Lieferant für die komplette Stromlieferung verantwortlich. Jede Partei sucht sich einen Lieferanten für die Restlieferung (im Zweifel den Grundversorger). Der Anlagenbetreiber hat jedoch für die Umsetzung des erforderlichen Messkonzeptes zu sorgen. Der erzeugte Strom gilt aus Sicht des Teilnehmers als Eigenverbrauch, wenn Verbrauch und Erzeugung in derselben Viertelstunde erfolgen. Es gilt der Grundsatz, dass nur so viel Menge auf alle Teilnehmer verteilt wird, wie in der jeweiligen Viertelstunde erzeugt und gemessen wurde. Dem Verbraucher kann nicht mehr Menge zugeordnet werden, als er in der Viertelstunde verbraucht hat. Zusätzlich wird der Eigenverbrauch durch einen festgelegten Verteilschlüssel nach oben begrenzt. Hierbei ist zwischen einem statischen und einem dynamischen Schlüssel zu unterscheiden.

Bei einem statischen Schlüssel wird ein konstanter Anteil in der jeweiligen Viertelstunde festgelegt, der vom Nutzer genutzt werden kann, solange Verbrauch und Erzeugung zeitgleich stattfinden. Bei einer dynamischen Verteilung hingegen kann der Anteil innerhalb der Viertelstunde flexibel verteilt werden, z. B. wenn ein Teilnehmer seinen Anteil in der jeweiligen Viertelstunde z. B. aufgrund eines geringen Strombedarfs nicht voll ausschöpfen kann. Eine zusammenfassende Darstellung des Modells kann der folgenden Abbildung entnommen werden:

Gebäudestrom: Vor- und Nachteile auf einen Blick

Der Ansatz, die Komplexität des Gebäudestroms durch die Trennung der Rollen des Anlagenbetreibers und des klassischen Energieversorgers zu reduzieren, ist zu begrüßen und lässt erwarten, dass das Modell aus Nutzersicht einfacher, transparenter und übersichtlicher wird. Auch der Verzicht auf unterjährige Informationspflichten zum Eigenverbrauch und die Reduzierung der Anforderungen an die Rechnungslegung sind ein sinnvoller Schritt. Gleichzeitig ist eine hohe Investitionssicherheit für den Anlagenbetreiber gegeben, da die Finanzierung über eine jährliche Umlage erfolgt und nicht mehr mengenabhängig ist. Ein Vorteil für die Teilnehmer ist der günstigere Strompreis bei gleichzeitiger Beibehaltung der freien Lieferantenwahl.

Allerdings hat das Modell auch einige Nachteile, die vor der Einführung des Gebäudestrommodells abgewogen werden sollten. Im Gegensatz zum Mieterstrommodell besteht aus Sicht des Anlagenbetreibers kein Anspruch auf die Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags. Hinzu kommt, dass die Eigenverbrauchsmenge des Teilnehmers je nach Ausgestaltung des Gebäudestromnutzungsvertrages durch den Verteilungsschlüssel gedeckelt ist. Damit besteht aus Teilnehmersicht ggf. kein Anreiz, den Eigenverbrauch über die nach dem (statischen) Verteilschlüssel zugeordnete Verbrauchsmenge hinaus zu erhöhen. Hinzu kommt, dass das Modell für institutionelle Immobilieneigentümer zu kurz greifen könnte, da deren Anforderungen i. d. R. weitergehender sind (z. B. Ladeinfrastruktur, Wärmepumpen etc.). Ob der potenzielle Eigenverbrauch durch die Nutzung eines „Gemeinschaftsspeichers“ optimiert werden kann, lässt sich aus dem Gesetzesentwurf noch nicht ableiten.

Gebäudestrom: Hemmnisse aus energiewirtschaftlicher Sicht und alternative Konzepte

Darüber hinaus erscheint das Modell noch nicht zu Ende gedacht, da eine Vielzahl von energiewirtschaftlichen Anforderungen noch nicht durchdacht zu sein scheint. Das Modell bedeutet voraussichtlich eine deutliche Verkomplizierung für Residuallieferanten, Messstellenbetreiber und Netzbetreiber, wobei insbesondere die Frage der Bilanzierung ungeklärt ist. Durch die Lieferung der Energie aus der PV-Anlage und der Reststromlieferung aus dem Netz (z. T. mit virtuellen Messwerten) hat der Letztverbraucher in der gleichen Viertelstunde zwei Lieferanten, was energiewirtschaftlich derzeit nicht abbildbar ist. Unklar ist auch, welche Energielieferung (Gebäudestrom oder Reststrom) die Wahl des MSB bestimmt. Hinzu kommt ein weiteres Problem, auf das der BDEW bereits im Juni hingewiesen hat: „Die Residuallieferungen werden in der Regel als All-Inclusive-Verträge inklusive Messstellenbetrieb und Netzentgelten angeboten. Hier muss es klare Regelungen geben. Die rein virtuelle Verrechnung führt dazu, dass die originären Viertelstundenzählerstände aus dem intelligenten Messsystem von den vom Messstellenbetreiber für den jeweiligen Lieferanten abgegrenzten und mitgeteilten Zählerstandsdaten abweichen und ggf. zu einem Informations- und Transparenzdefizit gegenüber dem Kunden mit erhöhtem Clearingaufwand führen.“ Diese Problematik würde sich bei Anwendung des virtuellen Summenzählermodells noch verschärfen. Zudem führt das Modell zu einem erhöhten Informationsaufwand beim Netzbetreiber, da im Gebäudestrommodell der Anlagenbetreiber nur eine Informationspflicht über den Verteilungsschlüssel gegenüber dem Netzbetreiber hat. Dieser müsste die Information gemäß den Pflichten der MaKo mit allen relevanten Akteuren teilen.

Alles in allem erscheint das derzeitige Konzept des Gebäudestroms gut gemeint und auf den ersten Blick logisch und einfach, aber energiewirtschaftlich schwer umsetzbar. Das heißt aber nicht, dass es keine bessere, weniger verwaltungsaufwändige Alternative gibt. Eine Möglichkeit wäre, den Modellvorschlag des BDEW zum Gebäudestrom zu übernehmen. Dabei würde die PV-Anlage als Volleinspeiser mit der regulären EEG-Vergütung in Betrieb genommen und ein zusätzlicher Zuschlag gezahlt. Mit den zusätzlichen Einnahmen könnten die Nebenkosten für die Bewohner gesenkt werden. Gleichzeitig sollte der Strom aus der PV-Anlage zu verbesserten Konditionen in die Energiebilanzierung nach § 23 GEG einbezogen werden. Als Verteilungsschlüssel würde die Wohnungsgröße dienen. Der Vorteil dieses Modells wäre, dass keine aufwendige Bilanzierung, kein neues Messkonzept etc. erforderlich wäre. Die Umsetzung wäre sofort möglich.

Fazit

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung in der derzeit vorgeschlagenen Konstellation umgesetzt wird, ist aufgrund der hohen energetischen Anforderungen als gering einzustufen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber neue Alternativen zu den klassischen Mieterstrommodellen beschließen wird, um zum einen den Anforderungen der EU gerecht zu werden und zum anderen die Nutzung von PV-Strom in Mehrfamilienhäusern endlich voranzubringen, da die derzeitige Entwicklung von Mieterstromprojekten bei weitem nicht ausreicht.

Ob der Vorschlag des BDEW für einen einfacheren Ansatz zur Senkung der Nebenkosten umgesetzt wird, bleibt sicherlich abzuwarten. Der Vorschlag zeigt aber, dass deutlich einfachere Modelle existieren und auf den Markt kommen werden. Die Idee, diese Modelle z. B. mit der energetischen Bilanzierung des Gebäudes zu verknüpfen, wie es der BDEW vorschlägt, wäre sicherlich zu begrüßen, da dies zwei Vorteile hätte: Zum einen würde der Wert der Immobilie steigen, da dieser zunehmend mit der energetischen Bilanzierung korreliert, zum anderen würden die laufenden Kosten der Bewohner sinken, was neben den finanziellen Einsparungen auch die Akzeptanz der Bürger für die Umsetzung der Energiewende erhöht. Alles in allem ist es daher gut, dass die Diskussion um alternative Lösungen zum Mieterstrommodell langsam Fahrt aufnimmt, auch wenn wir bei der Lösungsfindung wohl noch lange nicht am Ziel sind.

Contracts-for-Differences (CfDs) – Das neue Förderinstrument für erneuerbare Energien

Die Energiepreisentwicklung als Chance für Contracts-for-Differences (CfDs)

Es vergeht wohl kaum ein Tag, an dem nicht über die steigenden Energiekosten in Deutschland diskutiert wird. Die Frage, bis zu welchem Niveau die Preise steigen werden, ist vermutlich auch kaum vorhersehbar. Viele Experten sehen die wesentlichen Herausforderungen erst für den Winter 2023/24, wenn die Gasspeicher ohne russisches Gas gefüllt werden müssen. Schlagworte wie Strom- und Gaspreisbremse, Entlastung der Bürger oder eine Überarbeitung des Strommarktdesigns werden aktuell auf politischer Ebene diskutiert. Denn das politische Ziel ist klar: Die Energiepreise müssen sinken. Fragt man jedoch wie, scheint die konkrete Ausgestaltung auf operativer Ebene noch sehr unklar zu sein. Ein mögliches Instrument zur Senkung der Energiepreise und zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien könnten allerdings sog. Contracts-for-Differences (CfDs) sein – auf Deutsch: Differenzverträge.

Ursprünglich war das Förderinstrument im Entwurf des Osterpaketes im Frühjahr dieses Jahres vorgesehen, bei der das BMWK die Möglichkeit haben sollte, mittels einer Verordnungsermächtigung die Einführung von Differenzverträgen für Offshore-Windenergieanlagen sowie mit der Option zur Ausweitung auf andere Erzeugungsarten auszuweiten. Diese Möglichkeit wurden jedoch gestrichen. Contracts-for-Differences sind nur noch für Windturbinen im Offshore-Bereich für zentral untersuchte Flächen vorgesehen. Zusätzlich wurde bereits vorab beschlossen, die Förderung für Produktionsanlagen von Wasserstoff über Contracts-for-Difference zu fördern.

In unserem Blogbeitrag wollen wir uns einmal der Frage widmen, was eigentlich Contracts-for-Difference sind, wie diese funktionieren und welche Mehrwerte das Förderinstrument bietet, um zum einen die Stromkosten am Markt zu senken und gleichzeitig den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Zusätzlich werfen wir einen Blick auf die Frage, welchen Vorteil Contracts-for-Difference gegenüber der gleitenden Marktprämie und ordnen die energiewirtschaftlichen Mittel für euch ein.

Contracts-for-Differences (CfDs) – Definition und Funktionsprinzip

Contracts-for-Difference (Differenzverträge) kommen ursprünglich aus der Finanzwelt und dienen dazu, Preisschwankungen am Markt sowohl für den Anbieter als auch den Nachfrager abzusichern. Hierfür wird zwischen den beiden Parteien ein Referenzpreis (strike price) vereinbart, welcher als Ausgangsbasis dient. Liegt zum vereinbarten Zeitpunkt der Referenzpreis unter dem momentanen Marktpreis, muss der Käufer die Differenz zwischen vereinbartem Referenzpreis und Marktpreis an den Verkäufer bezahlen. Liegt der Marktpreis über dem Referenzpreis, verhält es sich umgekehrt. Der Verkäufer hat die Differenz zu begleichen.

Wirkungsweise von Differenzverträgen
©DIW Berlin 2022

Für erneuerbare Energien könnten Contracts-for-Difference eine alternative Absicherungsform bedeuten. Liegt der Strompreis oberhalb des Referenzwertes, hat der Anlagenbetreiber die zusätzlichen Gewinne abzuführen. Liegt der Preis jedoch darunter, muss der Käufer / Letztverbraucher für die zusätzliche Differenz unterhalb des Differenzpreises aufkommen. Für beide Seiten entsteht so ein geringeres Risiko. Der Verbraucher erhält eine gewisse Planbarkeit hinsichtlich seiner potenziellen Stromkosten, der Erzeuger kann mit langfristigen konstanten Erlösen rechnen, wodurch sein Finanzierungsrisiko sinkt.

Carbon-Contracts-for-Difference vs. Contracts-for-Differences

Contracts for Difference sind nicht zu verwechseln mit Carbon-Contracts-for-Difference, welche zur Förderung von Erzeugungskapazitäten im Bereich der Wasserstofferzeugung umgesetzt werden sollen. Hierbei verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, eine noch unreife Technologie wettbewerbsfähig zu machen, die am Anfang zu hohen Kosten zu kompensieren, aber die langfristigen externen Kosten hinsichtlich der Emissionen zu berücksichtigen. Das Funktionsprinzip durch die Bildung eines Referenzpreises ist wie bei Contracts-for-Difference identisch, es kommen jedoch zusätzliche Faktoren gerade hinsichtlich des CO₂-Ausstoßes hinzu. Das BMWK hat hierfür ein schönes Beispiel beschrieben, wie Carbon-Contracts-for-Difference funktionieren:

„Unternehmen A, das mittels herkömmlicher Technologie produziert, hat Produktionskosten von zehn Euro für ein Gut und muss zusätzlich für fünf Euro Emissionszertifikate für den CO₂-Ausstoß der Produktion kaufen. Insgesamt liegen die Produktionskosten des Gutes also bei 15 Euro. Solange der CO₂-Preis relativ niedrig ist, ist die Produktion von Unternehmen A mit herkömmlichen Technologien günstiger als für Unternehmen B, das mithilfe einer teureren, treibhausgasneutralen Technologie produziert und Produktionskosten von 16 Euro hat. Die sogenannten CO₂-Vermeidungskosten bei Unternehmen B betragen sechs Euro. Der Staat und das Unternehmen B können nun einen CCfd abschließen, der die Differenz zwischen dem Marktpreis für Emissionszertifikate und den CO₂-Vermeidungskosten ausgleicht. In unserem Beispiel beträgt diese Differenz einen Euro (sechs Euro CO₂-Vermeidungskosten minus fünf Euro Zertifikatspreis). Ist der Marktpreis für Emissionszertifikate niedriger als die CO₂-Vermeidungskosten, zahlt der Staat den Differenzbetrag an Unternehmen B. Im umgekehrten Fall muss Unternehmen B die Differenz zahlen.“

Contracts-for-Differences – Eine Einordnung zum bisherigen Förderinstrument der gleitenden Marktprämie

Die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag bedeutet für die Erreichung der Klimaziele bis 2030 je nach Erzeugungsart eine Verdoppelung bis Vervierfachung der bislang installierten Erzeugungsleistung. Was es somit bedarf, ist eine höhere Geschwindigkeit im Ausbau, kürze Genehmigungsverfahren, aber vor allem auch verlässliche Finanzierungsmöglichkeiten für Investoren, welche nicht ausschließlich auf die Belastung des Letztverbrauchers abzielen.

Differenzverträge vermeiden Risiken für die Projektentwickler und führen gleichzeitig zu einer Stabilisierung des Strompreises für die Konsumenten, indem sie Produzent gegen fallende Strompreise absichern und Mitnahmeeffekte bei hohen Strompreisen vermeiden. Die aktuelle Förderregelung von erneuerbaren Energien zielt vor allem auf das Modell der gleitenden Marktprämie ab, welches eine einseitige Absicherung zugunsten des Erzeugers vorsieht, da diese alle Erlöse einbehalten können, sofern der Strompreis über dem anzulegenden Wert liegt.

Dies gilt in Deutschland für fast alle Windkraft- und etwa 1/3 aller PV-Anlagen. Denn das gleitende Marktprämienmodell setzt darauf, dass jeder Erzeuger im Marktprämienmodell sowohl den Börsenstrompreis erhält, plus zusätzlich einer energieträgerspezifischen Marktprämie, die eine fixe Vergütung voraussetzt und den Durchschnittswert des Stroms aus dem Energieträger am Spotmarkt für ein Jahr oder Monat abzieht (Marktprämie = fixe Einspeisevergütung – Marktwert). Die Kombination aus Marktprämie und dem Börsenerlös stellt den Gesamterlös des Erzeugers dar. Bei besonders hohen Börsenstrompreise profitiert der Erzeuger somit stark zulasten des Letztverbrauchers.

Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die (erwarteten) Strompreise deutlich unter den Kosten der geförderten Wind- und Solaranlagen lagen. Bei Ausschreibungen hatte dies zur Konsequenz, dass mögliche Erlöse über die Marktprämie hinaus kaum in den Geboten berücksichtigt wurden; dieser Fall trat nur in wenigen Stunden mit außergewöhnlich hohen Preisen auf. Kommt es jedoch zu sinkenden Technologiekosten und steigenden Börsenpreisen, tendieren Projektentwickler dazu, zusätzliche Erlöse bei der Realisierung der Anlage einzupreisen und in den Auktionsverfahren niedrigere Gebote abzugeben, bis diese auf null fallen, wie bei den Ausschreibungen im Offshore Bereich zu beobachten war. Das Finanzierungsrisiko nimmt jedoch durch diese Entwicklung zu, wodurch das Marktprämienmodell seine Wirkung verliert, genau diese zu senken. Im schlimmsten Fall ist der Betrieb der Anlage darauf ausgelegt, dass weiter mit einem Anstieg der Energiepreise zu rechnen ist.

Um aktuell eine ausreichende Erlösstruktur für EE-Anlagen zu sichern, wird u.a. das PPA-Vertragsmodell diskutiert, welches vor allem bei Post-EEG-Anlagen Anwendung finden soll. Bei PPA-Verträgen besteht jedoch das Problem, dass diese nur von wenigen Unternehmen eingegangen werden können, die über eine ausreichende Abnahmemenge und liquide Mittel verfügen. Daher können PPAs nur als Ergänzung angesehen werden, aber nicht zur Lösung, um die Ausbauziele der Bundesregierung zu sichern.

Contracts-for-Differences – Eine automatische „Übergewinnsteuer“

Ein weiterer Nebeneffekt bei der kategorischen Anwendung von Contracts-for-Differences wäre vermutlich, dass eine Diskussion der Abschöpfung von Übergewinnen nicht notwendig gewesen wäre. Würden die Contracts-for-Differences über eine staatliche Institution organisiert, könnten die zusätzlichen Mehreinnahmen oberhalb des Referenzpreises in Form einer Umlage zurückgegeben werden.

Beispielhaft ist dies an der folgenden Abbildung zu sehen. Bei hohen Strompreisen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese oberhalb des Referenzwertes liegen. Die Letztverbraucher bekämen die Mehrkosten über eine Umlage zurückerstattet. Die Finanzierung erfolgt durch die Mehrerlöse der Erzeuger. Bei niedrigen Strompreisen verhält sich dies jedoch umgekehrt. Der Vorteil aus staatlicher Sicht liegt darin, dass keine zusätzlichen Steuergelder aufgewendet werden müssen. Es handelt sich vielmehr um eine Art EEG-Umlage, welche je nach Marktsituation in zwei Richtungen wirken kann. Aus Erzeugersicht werden Markteingriffe planbar und stellen keinen unkalkulierbaren Eingriff am offenen Herzen des Strommarktes dar, wie es aktuell auf politischer Ebene diskutiert wird.

Konzept eines Differenzvertrags
©DIW Berlin 2022

Die Implementierung des Förderinstruments in Form von Contracts-for-Differences bietet sich somit an, die Volatilität am Energiemarkt mittel- bis langfristig zu senken und das Strommarktdesign zu beeinflussen. Gleichzeitig können durch die Festlegung unterschiedlicher Referenzpreise, Erzeugungsstandorte von EE-Anlagen berücksichtigt werden, wie dies bereits im Referenzertragsmodell bei Windkraftanlagen an Land der Fall ist.

Zur Steigerung der Nachfrage von Contracts-for-Differences könnten sich Modelle zur Bündelung der Nachfrage auf einer staatlichen Auktionsplattform anbieten, bei dem Erzeuger auf die nachgefragten Referenzpreise oder umgekehrt bieten können. Der Staat nimmt hierbei die Rolle der Clearingstelle ein. Zur Bündelung der Nachfrage könnte die bestehende Marktrolle des Aggregators verwendet werden.

Fazit

Auch wenn Carbon-Contracts-for-Differences noch nicht wirklich in der Energiewirtschaft angekommen sind, bieten sie ein Potenzial, das bisherige Fördersystem der gleitenden Marktprämie nachhaltig und positiv zu verändern. Durch den doppelten Ausgleichsmechanismus partizipieren sowohl Erzeuger von stabilen Erlösen als auch die Letztverbraucher durch eine geringere Volatilität am Energiemarkt. Es bleibt abzuwarten, ob das BMWK in einem seiner nächsten Gesetzesnovellierungen einen neuen Versuch unternehmen wird, das Förderinstrument in seiner Anwendungsmöglichkeit auszuweiten.

Vorerst muss sich die Energiewirtschaft weiter mit den Förderinstrumenten, der gleitenden Marktprämie und PPA-Verträgen zufriedengeben. Allerdings kann zumindest im Bereich Wasserstoff bald von ersten Förderprogrammen für Carbon-Contracts-for-Differences gerechnet werden. Auf der Website des BMWK ist bereits eine erste Ankündigung für ein Förderprogramm zu finden. Insgesamt ist es jedoch nicht als unwahrscheinlich anzusehen, dass die Bedeutung von Contracts-for-Differences zunehmen wird. Die aktuelle Diskussion zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns sollte die Entwicklung eher beschleunigen als bremsen.

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Abschaffung der EEG-Umlage – Wie erfolgt die Umsetzung?

Abschaffung der EEG-Umlage – 1. Juli als Stichtag 

Pünktlich zum 01. Juli endet vermutlich eine Ära in der Energieversorgung. Aus Sicht für den Letztverbraucher erfolgt die Abschaffung der Zahlungspflicht der EEG-Umlage, auch wenn diese natürlich weiterhin an den Betreiber von EE-Anlagen gezahlt wird. Für Stadtwerke bzw. genau genommen die Lieferanten bedeutet dies, dass die Abschaffung der EEG-Umlage an die Letztverbraucher in Form einer Preisanpassung weiterzugeben ist. Welche Regeln hier gelten und wie dies funktioniert, wollen wir uns in diesem Beitrag anschauen. 

Abschaffung der EEG-Umlage – Preisabsenkungspflicht zum 1. Juli 

Für die Abschaffung der EEG-Umlage sieht der Gesetzgeber eine Verpflichtung zur Weitergabe der Preissenkung durch den Lieferanten an den Letztverbraucher vor. Hierfür ist der volle Betrag von 3,723 ct/kWh an den Kunden unverzüglich und im vollen Umfang weiterzugeben (§118 Abs.37 EnWG). Dies gilt, soweit die EEG-Umlage Bestandteil der Preiskalkulation des Lieferanten war, wovon im Regelfall auszugehen ist (§118 Abs.38 EnWG). Die Senkungspflicht besteht allerdings nur, wenn der Energieliefervertrag vor dem 31.01.2022 abgeschlossen wurde, aber begrenzt vom 01.07.2022 bis 31.12.2022 (§118 Abs.39 EnWG). Läuft hingegen der Vertrag zum Jahresende am 31.12.2022 aus und besteht eine Option der Vertragsverlängerung für den Kunden, kann dieser nur zu den aktuell geltenden Preisen zum Jahresende verlängert werden. 

Damit die Preissenkung auch wirklich beim Letztverbraucher ankommt, ist es den Lieferanten verboten, gegenläufige Kostensteigerungen, z. B. durch steigende Einkaufspreise an der Börse, zum 01.07.2022 weiterzugeben (§118 Abs.40 EnWG). Somit sind Preisanpassungen für Lieferanten nur zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt und unter Beachtung der geltenden Preisanpassungsrechte erlaubt.  

Eine Besonderheit gilt allerdings für Neukundenverträge, welche ab dem 01.07.2022 abgeschlossen wurden, diese sind von der Regelung nicht erfasst! Somit gilt, wer zum 01.07.2022 oder zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Energieliefervertrag mit einem Lieferanten abschließt, dem müssen die Preissenkungen nicht weitergegeben werden.  

Abschaffung der EEG-Umlage – Weitere Änderungen im EEG 

Bedingt durch die Abschaffung der EEG-Umlage kommt es zu weiteren Ergänzungen im EEG. Dies ist u.a. im §60 Abs. 1a bis c EEG der Fall. Demnach bleiben die Erhebungs- und Abrechnungssysteme aus Sicht des Netzbetreibers erhalten. Die Prozesse für den Netzbetreiber ändern sich somit nicht. Allerdings gilt zum 1. Juli der Grundsatz, dass keine Erhebung, Meldung und Zahlung von und für entsprechende Letztverbrauchermengen mehr erforderlich sind. Eine Ausnahme gilt für Jahresbetrachtungen bis Ende 2022, wozu u.a. Eigenversorgungen von KWK-Anlagen oder Stromspeicher-Saldierung zählen. Die Höhe der EEG-Umlage berechnet sich in diesem Fall aus dem Mittelwert der veröffentlichten EEG-Umlage und 0 Cent pro Kilowattstunde.  

Insgesamt entfällt die Pflicht für die Erfassung der EEG-Umlage relevante Strommengen am 30. Juni. Um für die spätere Abrechnung den noch EEG-Umlagen relevanten Stromanteil zu ermitteln, haben Lieferanten zwei Möglichkeiten. Entweder erfolgt eine Selbstablesung durch den Kunden oder eine rechnerische Abgrenzung durch den Lieferanten. Als letzte Option wäre aber auch eine Schätzung durch den Netzbetreiber zulässig. Daher bietet es sich aus Kundensicht an, die Strommengen bis zum 30. Juni 2022 zu melden und die Zahlung der EEG-Umlage zum Endabrechnungstermin in 2023 durchzuführen.  Die Endabrechnung findet nach dem alten System im EEG 2021 statt, bevor auf das neue Abrechnungssystem ohne EEG-Umlage umgestiegen wird. Die genauen Regeln sind im neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) zu finden. Die Details des EnUG haben wir euch bereits in einem anderen Blogbeitrag detailliert zusammengefasst.  

Abschaffung der EEG-Umlage – Umgang mit Zählern 

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage werden sich sicherlich viele Unternehmen, aber auch EVUs die Frage stellen, ob einzelne Zähler zur Erfassung der EEG relevanten Strommengen (Stichwort: Submetering) noch erforderlich sind. Grundsätzlich gilt aus Sicht der EEG-Umlage ab dem 01. Juli das Prinzip, dass der Einbau und Betrieb von einem Zähler nicht mehr notwendig ist, da die EEG-Umlage nicht mehr abgeführt werden muss.  

Allerdings sollte der Ausbau des Zählers kritisch hinterfragt werden, gerade für Fälle nach §60 Abs.1b EEG 2023 bzw. §61c, §61l EEG 2021 sowie für rechtliche Anforderungen abseits der EEG-Umlage, wie es zum Beispiel bei Mieterstrom zur Befreiung der Netznutzungsentgelte (NNE) der Fall ist oder bei bestimmten Unternehmen im Bereich der Stromsteuerbefreiung. Insgesamt sollte vorab genau geprüft werden, ob für die Inanspruchnahme von Umlageprivilegien nach dem Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) Erzeugungs- oder Abgrenzungszähler notwendig sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen Messen und Schätzen im EnUG weiterhin gelten! 

Abschaffung der EEG-Umlage – Ausnahmen für Jahresbetrachtungen 

Wie schon erwähnt, bleibt für das Jahr 2022 eine Jahresbetrachtung zur Abrechnung der EEG-Umlage für bestimmte Anwendungsszenarien bestehen. So ist eine Jahresbetrachtung für die Eigenversorgung hocheffizienter KWK-Anlagen (§61c EEG 2021), für die Saldierung von Stromspeichern (§61l EEG 2021) und die Stromkennzeichnungen erforderlich.  

Für diese Szenarien berechnet sich die Höhe der EEG-Umlage aus dem durchschnittlichen Wert in Cent pro Kilowattstunde aus den von den Übertragungsnetzbetreibern veröffentlichten EEG-Umlage für das erste Halbjahr 2022 und der EEG-Umlage für das zweite Halbjahr, welche in diesem Fall 0 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Für diese Szenarien bleibt die Pflicht zur Erfassung der Strommengen und Meldepflichten für das gesamte Kalenderjahr 2022 bestehen. Die Möglichkeit Abschläge anzupassen, besteht weiterhin. Die Endabrechnung erfolgt in der Regel erst 2023.   

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Fazit

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage endet für die Letztverbraucher die Zahlung der EEG-Umlage, welche perspektivisch durch Steuergelder und Einnahmen durch den nationalen CO2-Handel finanziert werden soll. Allerdings hat der Staat in den nächsten Jahren die Möglichkeit, die Querfinanzierung der EEG-Umlage durch Steuergelder einzustellen, wodurch die EEG-Umlage entweder wieder eingeführt werden kann oder die Kosten über die Netznutzungsentgelte umgelegt werden können.  

Kurzfristig bedeutet die Abschaffung der Umlage für alle Letztverbraucher natürlich eine Entlastung. Es ist jedoch kritisch zu hinterfragen, ob die Preissenkung einen langfristigen Effekt haben wird, da die Börsenpreise für Strom sich wieder auf einem Allzeit-Rekord befinden. Daher ist es als sehr wahrscheinlich anzusehen, dass bereits im Herbst neue Preisanpassungen vonseiten der Lieferanten erfolgen. Auch die Reaktivierung zusätzlicher Reservekapazitäten durch das Zwangsabschalten von Gaskraftwerken nach dem Energiesicherungsgesetz können die allgemeinen Kosten am Markt ggf. steigern.  

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Das neue Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG)

EnUG: Hintergrund Energie-Umlagen-Gesetz

Unabhängigkeit von konventionellen Energieträgern und 80 % Erneuerbare Energien bis 2030 im Stromsektor. Der deutsche Gesetzgeber hat sich für die Transformation des Energiesektors ambitionierte Ziele gesetzt. Um die Weichen in Richtung klimaneutrales Deutschland zu stellen, hat der Gesetzgeber im April einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des EEG 2023 vorgelegt sowie weiterer energiewirtschaftlicher Gesetze. Die Bezeichnung des Gesetzespakets lautet „Osterpaket“.

Im sog. Osterpaket findet nicht nur eine Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) statt, sondern auch eine Reformierung des Abgabe- und Umlagesystems, welches bislang in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen verteilt war. Um das Puzzle der Regulierung zumindest etwas übersichtlicher zu gestalten, enthält das Osterpaket ein neues Gesetz, das sog. Energie-Umlagen-Gesetz, kurz EnUG. Das Gesetz dient „[…] der Finanzierung der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie im Zusammenhang mit der Offshore-Netzanbindung entstehenden Ausgaben der Netzbetreiber […]“ §1 EnUG-Entwurf. Somit liegt der Fokus des Gesetzes auf der Ermittlung der jeweiligen Umlagen (Bsp. EEG-/KWK-Umlage) und des Ausgleichs des Finanzierungsbedarfes.

Zusätzlich regelt das EnUG viele Details im Bereich der Abgaben- und Umlagenbefreiung, welche den Ausbau regenerativer Erzeuger und Verbraucher schneller vorantreiben soll, aber auch die stromintensive Industrie nicht zu stark belasten soll. Im Folgenden wollen wir uns nun in diesem Blogbeitrag einige Änderungen und Details des EnUG näher anschauen:

EnUG: Umlageerhebung bei elektrisch angetriebenen Wärmepumpen

In der Vergangenheit mussten Betreiber von Wärmepumpen für den Strom, welche sie aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen, die vollen Umlagen- und Steuern entrichten. Vergünstigen waren lediglich möglich, wenn die Energie vor Ort produziert wurde und ein Eigenverbrauch vorlag. Mit dem Osterpaket und dem EnUG ändert sich dies nun. Ab Inkrafttreten des EnUG sollen sich der Anspruch auf Zahlung der Umlagen für die Netzentnahme auf null von Strom verringern, wenn dieser in einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe verbraucht wird und die Wärmepumpe über einen eigenen Zählpunkt verfügt §22 Abs.1 EnUG.

Konkret bedeutet diese Maßnahme eine starke Förderung von Wärmepumpen, da sich die Kosten auf die reinen Stromgestehungskosten reduzieren. Da lediglich nur für einen geringen Kreis nach §11 Abs.2 EnUG keine Möglichkeit zur Befreiung der Abgaben- und Umlagen vorliegt, kann die Mehrheit der Wärmepumpenbetreiber von der Befreiung profitieren. Für die Zukunft könnte das Gesetz somit einen enormen Anschub für die Wärmepumpentechnik bedeuten.

EnUG: Umlageerhebung bei EEG-Bestandsprivilegien

Der zukünftige Wegfall der EEG-Umlage wurde von vielen Marktakteuren als positives Zeichen gewertet, den Letztverbraucher beim Strompreis zu entlasten. Vor allem durch den raschen Preisanstieg für Energie, welcher sich seit dem Russland-Ukraine-Konflikt ergibt. Allerdings sind nicht nur Letztverbraucher von der Zahlung der EEG-Umlage betroffen, sondern auch Erzeuger, da nach dem EEG 2021 alle Erzeuger mit einer Leistung größer 30 kW verpflichtet, sind für jede eingespeiste Kilowattstunde einen Anteil an der EEG-Umlage zu zahlen.

Daher stellt sich auch für diese Betreiber die Frage, ob die EEG-Umlage zur Mitte dieses Jahres wegfällt. Wie mit diesen Bestandsanlagen umgegangen wird, welche nach dem alten Recht zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind, regelt das EnUG in §24. Demnach gilt: „Soweit eine EEG-Umlage erhoben wird, sind die §§ 61e bis § 61i, § 62b Absatz 5, § 74a Absatz 1 und 2, § 104 Absatz 2 und 6 sowie die betreffenden Begriffsbestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass, soweit sich für eine Strommenge nach den genannten Bestimmungen die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage verringert oder erhöht hätte, für diese Strommenge auch nach diesem Gesetz eine entsprechend verringerte oder erhöhe EEG-Umlage auf die Netzentnahme erhoben wird.“

Dies bedeutet, dass Anlagenbetreiber den Stand des EEG bis zum Jahr 2023 abwarten müssen und erst dann sichergehen können, ob sie weiterhin zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind.  Für Neuanlagen, welche zwischen dem Osterpaket und der Novellierung des EEGs an das Netz gehen, dürfte die Regelung daher besonders interessant sein und evtl. auch zur Verschiebung des Netzanschlusses führen.

EnUG: Umlagebefreiung bei der Herstellung von Grünem Wasserstoff

Mit dem Ziel des schnellen Erdgasausstieges und der Substitution von russischem Gas setzt das BWK stark auf den Energieträger Wasserstoff. Dieser kann je nach Produktion ohne CO2-Emissionen hergestellt werden. Voraussetzung hierfür ist der Einsatz von Strom aus Erneuerbaren Energien. Dann wird der erzeugte Wasserstoff als grüner Wasserstoff bezeichnet.

Da die Produktion von grünem Wasserstoff jedoch mit höheren Kosten verbunden ist, als Wasserstoff auf Basis konventioneller Energieträger wie zum Beispiel Erdgas und Deutschland die Entwicklung von grünem Wasserstoff zur Erreichung der eigenen Klimaziele beschleunigen will, sieht das EnUG eine Umlagebefreiung für grünen Wasserstoff vor.

Demnach verringert sich der Zahlungsanspruch für grünen Wasserstoff auf null, wenn zur Herstellung unabhängig vom Verwendungszweck Strom aus Erneuerbaren Energien eingesetzt wird. Voraussetzung ist ein eigener Zähler, der mit dem Stromnetz verbunden ist §24 EnUG. Die Umlagebefreiung gilt bis zum 1. Januar 2030. Die genauen Rechtsanforderungen, welche grüner Wasserstoff zu erfüllen hat, damit er als grüner Wasserstoff bezeichnet werden darf, soll noch in einer zusätzlichen Rechtsverordnung des Bundes festgelegt werden. Der Einsatz von Strom aus Erneuerbaren Energien ist jedoch Pflicht §26 EnUG. Zur Untersuchung, ob im Zusammenhang mit der Produktion von grünem Wasserstoff Netzengpässe im Stromnetz auftreten können, ist bis zum 31. Dezember 2023 ein Bericht durch das BMWK vorzulegen. Für stromintensive Unternehmen existiert eine Sonderregelung in §36 EnUG.

EnUG: Voraussetzung Umlagenbegrenzung stromintensive Industrie:

Die Voraussetzung zur Umlagebegrenzung für die stromintensive Industrie ist in §30 EnUG geregelt. Die Regelung entspricht im Kern nach § 64 Absatz 1 EEG 2021. Dabei wird die Struktur des § 64 Absatz 1 EEG 2021 übernommen, jedoch ohne das Zugangskriterium der Stromkostenintensität des § 64 Absatz 1 Nummer 2 EEG 2021. Außerdem werden die Vorgaben der Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Europäischen Kommission zu stromkostenintensiven Unternehmen (Abschnitt 4.11, Rn. 399 ff.) umgesetzt.

Zwingende Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Umlagenbegrenzung ist der Betrieb eines Energiemanagementsystemes sowie der Nachweis durch das Unternehmen energieeffizient zu arbeiten. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Unternehmen alle wirtschaftlichen Maßnahmen, welche im Energiemanagementsystem hinterlegt wurden, durchgeführt wurden. Ist ein Nachweis in dieser Form nicht möglich, kann das Unternehmen die Auflagen auch erfüllen, wenn Strombedarf zu mindestens 30 Prozent mit Grünstrom gedeckt wird oder Dekarbonisierungsmaßnahmen getätigt haben.

Die Investition muss mindestens 50 Prozent des für das zweite, dem Antragsjahr vorangegangene Jahr gewährten Begrenzungsbetrags betragen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Prüfung der Bundesregierung geplant, ob zu einem späteren Zeitpunkt der Wert 50 Prozent auf 80 Prozent angehoben werden soll, um eine einheitliche Investitionsquote mit der BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung zu erhalten.

EnUG: Umlagebegrenzung für E-Busse

Zur Förderung von elektrisch betriebenen Bussen im Straßenverkehr sieht das EnUG für Verkehrsbetriebe eine Begrenzung der Umlagen auf maximal 20 % vor. Vorausgesetzt, §dass im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr die an der betreffenden Abnahmestelle selbst verbrauchte Strommenge unmittelbar für den Fahrbetrieb elektrisch betriebener Busse im Linienverkehr verbraucht wurde und unter Ausschluss der in das Netz zurückgespeisten Energie mindestens 100 Megawattstunden betrug§ §38 EnUG.

Hierbei handelt es sich um eine Überführung der bereits bestehenden Regel nach §65a EEG 2021. Allerdings wurde die Umlagebefreiung erweitert, da das Gesetz ursprünglich nur eine Befreiung von der EEG-Umlage und nicht von allen Umlagen auf maximal 20 % vorsah. Ein Prüfungsvermerk eines Prüfers mit Angaben zu den Strommengen der Verkehrsunternehmen muss nicht mehr mit dem Antrag eingereicht werden. Es genügen nunmehr die Angaben des Verkehrsunternehmens zu den Strommengen. Außerdem müssen wie bisher die Stromlieferungsverträge und die Stromrechnungen als Nachweise eingereicht werden.

EnUG: Landstromanlagen

Die Regelung von Landstromanlagen wurden nahezu 1:1 aus dem EEG in das EnUG überführt. Es gilt weiterhin die Regelung, dass eine Umlagenbegrenzung auf maximal 20 % möglich ist, wenn der Betreiber der Anlage nachweist, dass die Landstromanlage ausschließlich Strom an Seeschiffe liefert, die Belieferung eines Seeschiffes an dem Liegeplatz nicht dauerhaft für einen längeren Zeitraum angelegt ist und im letzten Kalenderjahr die Strommenge, die die Landstromanlage an Seeschiffe geliefert hat und die auf den Seeschiffen verbraucht worden ist, mehr als 100 Megawattstunden betragen hat §39 EnUG.

Wie auch bei der Umlagenbegrenzung bei E-Bussen besteht für Landstromanlagen die wesentliche Neuerung, dass die Umlagenbegrenzung nicht nur für die EEG-Umlage gilt, sondern nun für alle Umlagen.

EnUG: Messen und Schätzen von Energiemengen

Das EnUG greift die bestehenden Reglungen nach §62b EEG 2021 weitestgehend auf. Anpassungen werden jedoch im Bereich der Mitteilungspflichten sowie der geänderten Umlageerhebungssystematik gemacht. Somit kann weiterhin der Leitfaden der BNetzA „Messen und Schätzen“ verwendet werden. Bereits nach § 62b EEG 2021 installierte Messgeräte können weiterhin für die Abgrenzung und die Sicherstellung der Zeitgleichheit verwendet werden, soweit der Abgrenzungsbedarf gleich bleibt.

Anpassungen erfolgen im Bereich der Zeitgleichheitserfordernis. „Da es für die Umlagepflicht nach der neuen Umlageerhebungssystematik stets auf die Netzentnahme ankommt, muss in Fällen, in denen in Abhängigkeit von Verbrauchsmengen (eines bestimmten Letztverbrauchers oder in einer bestimmten Verbrauchseinrichtung) hinter der Entnahmestelle Umlageprivilegien in Anspruch genommen werden, nunmehr die Zeitgleichheit der Netzentnahme und des vom relevanten Letztverbraucher selbst verbrauchten (privilegierten) Letztverbrauchs sichergestellt werden.

Eine messtechnische Sicherstellung (durch eine mess- und eichrechtskonforme Viertel- stunden-Messung der Netzentnahme und des abgrenzungsbedürftigen Ist-Verbrauchs) ist jedoch auch nach der neuen Systematik nur dann erforderlich, wenn die Zeitgleichheit nicht schon anderweitig sichergestellt ist. Wenn z.B. alle Letztverbräuche innerhalb der Kundenanlage ausschließlich durch die Netzentnahmemengen an einer Entnahmestelle gedeckt werden (d.h. insbesondere nicht durch innerhalb der Kundenanlage erzeugte Strommengen oder durch Netzentnahmen eines anderen Netznutzers gedeckt werden können), dürfte dem Zeitgleichheitserfordernis bereits durch eine Arbeitszählung der Netzentnahme und der abgrenzungsbedürftigen Strommengen Genüge getan sein.“

EnUG: Umgang mit geringfügigen Stromverbräuchen

Der Umgang mit geringfügigen Stromverbräuchen wird nun auch im EnUG behandelt und ist in den §45 EnUG aus dem EEG §62a EEG 2021 überführt worden. Die Begrifflichkeit des Letztverbrauchers wird trotz der geänderten Umlageerhebungsmechanik beibehalten, da auch für die Inanspruchnahme von Umlageprivilegien durch den Netznutzer auf Netzentnahmemengen nach wie vor ausschlaggebend ist, ob der entnommene Strom von einem bestimmten Letztverbraucher verbraucht wird. Durch die Übernahme der bisherigen Regelung in das EnUG, kann für die Zurechnung geringfügiger Stromverbräuche Dritter weiterhin der Leitfaden zum Messen und Schätzen der BNetzA entsprechend angewendet werden.

EnUG: Förderung von Güllekleinanlagen

Da seit dem 1. Januar 2020 die ersten Anlagen aus der EEG-Förderung auslaufen (Bezeichnung ausgeförderte Anlagen) wurde in der vergangenen EEG-Novelle eine Regelung zur Anschlussfinanzierung für kleinere ausgeförderte Anlagen von 100 kW sowie für Windkraftanlagen an Land erlassen. Davon unberücksichtigt bleiben allerdings Güllekleinanlagen. Hierfür soll nun eine Regelung bis zum 20. Oktober 2022 gefunden werden, damit auch für diese Anlagen eine Anschlussfinanzierung gesichert ist. Die Höhe der Vergütungssätze sowie die Laufzeit sollen im EnUG geregelt werden.

EnUG: Mitteilungspflichten der Netznutzer zur Umlagenbefreiung

Wenn einer der Netznutzer eine der Regelungen des EnUGs in Anspruch nehmen will, um sich von Teilen oder der gesamten Umlage befreien zu lassen, sind hierfür nach §52 EnUG Angaben gegenüber dem zuständigen Netzbetreiber zu erteilen. Hierzu hat der Netznutzer dem Netzbetreiber mitzuteilen, auf welcher Grundlage und welche Netzmengen er eine Verringerung der Umlagen in Anspruch nimmt. Die Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Änderung der Umlage offensichtlich und dem Netzbetreiber bereits bekannt ist.

Daneben hat der Netznutzer anzugeben, ob es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, da sonst ggf. keine Umlagenbefreiung bzw. -verringerung möglich ist. Auch sind Angaben über mögliche, offene Rückforderungen aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem europäischen Binnenmarkt zu machen. Des Weiteren sind alle Angaben mitzuteilen, welche zu einer Änderung der Umlagenbefreiung oder -verringerung führen kann.

Damit die Umlagenverringerung wirksam wird, sind dem Netzbetreiber im jeweiligen Kalenderjahr bis zum 31. März folgende Informationen mitzuteilen:

  1. die Entnahmestellen, an denen Netzentnahmen mit verringerten Umlagen anfallen,
  2. die Letztverbraucher, zu deren Verbrauch die Netzentnahme mit verringerter Umlagenpflicht erfolgt,
  3. den Grund, weshalb die Umlagen verringert sind, und
  4. die aus dem Netz entnommenen Strommengen jeweils aufgeschlüsselt nach den Entnahmestellen, Letztverbrauchern und Gründen nach den Nummern 1 bis 3.

Für Unternehmen, welche eine Umlagenbefreiung für die Herstellung von grünem Wasserstoff anstreben, ist nach §52 Abs.3 EnUG die Vorlage eines Prüfungsvermerks durch einen Prüfer erforderlich. Dieser listet u.a. den maximalen Stromverbrauch in der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff im Auslegungszustand während einer Betriebsstunde unter normalen Einsatzbedingungen der maximalen Leistungsaufnahme der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff auf. Außerdem die in dem betreffenden Kalenderjahr in der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff verbrauchte Netzentnahmemenge.

EnUG: Ermittlung des Finanzierungsbedarfes

Die Höhe der notwendigen finanziellen Mittel erfolgt durch die Berechnung der Übertragungsnetzbetreiber bis zum 30. September eines jeden Kalenderjahres in Kooperation mit den zuständigen Ministerien §4 EnUG. Dabei entfällt die Finanzierung der EEG-Umlage durch den Letztverbraucher, um diesen durch den starken Anstieg der Stromkosten zu entlasten. Da allerdings weiter die Fördergarantien gegenüber den Erzeugern über eine Laufzeit von 20 Jahre gelten, wird die Umlage durch staatliche Mittel finanziert werden.

Grundlage hierfür ist das bereitgestellte Sondervermögen es Bundes „Energie- und Klimafonds“. Da der Fond rechtlich aber noch umstritten ist, besteht laut EnUG keine Garantie der Zahlungsübernahme, da die Mittel ursprünglich zur Finanzierung der Coronakrise gedacht waren. Die genaue Höhe der Finanzierung ergibt sich daher nach dem offiziellen Bescheid des Gesetzgebers gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern.

Die restlichen Kosten, welche zur Finanzierung erforderlich sind, sind durch Umlagen zu decken. Die Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen auf ihrer gemeinsamen Internetseite bis zum 31. Oktober eines Kalenderjahres die Höhe der nach diesem Gesetz zu erhebenden Umlagen für das jeweils folgende Kalenderjahr §11 EnUG. Zahlungen, die sich aus dem EEG, sowie dem KWKG ergeben, sind von dem Übertragungsnetzbetreiber an die nachgelagerten Verteilnetzbetreiber zu erstatten §13 EnUG.

Fazit zum Energie-Umlagen-Gesetz

Durch die Novellierung des EEG hin zum EEG 2023 und der Schaffung eines neuen Gesetzes, welches die gesamte Thematik der Abgaben und Umlagen zumindest etwas zentraler in einem Gesetz bündelt, gewinnt die Thematik deutlich an Überblick. Zwar sind steuerliche Themen für z. B. die Stromsteuer nicht im Energie-Umlagen-Gesetz aufgeführt, allerdings hat der Interessierte nun eine zentrale Anlaufstelle, wenn es rund um das Thema Abgaben und Umlagen geht.

Einige Themen wie die deutliche Umlagenbefreiung von Wärmepumpen oder Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff könnten mit den Subventionen des Staates an Marktattraktivität gewinnen, wie auch einen Wachstumsschub erfahren. Für Netzbetreiber bedeutet dies sicherlich einen zusätzlichen Aufwand die möglichen Neuanlagen zu genehmigen, aber auch das Stromnetz für potenzielle, neue Lastspitzen zu erhöhen.

Die Ausrichtung auf Wärmepumpen, Subventionierung von E-Bussen oder die Herstellung von grünem Wasserstoff zeigt klar den Trend des Gesetzgebers, die Transformation des Stromsystems im Zuge der internationalen Entwicklungen voranzutreiben und zu beschleunigen. Der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare-Energien soll so mittel- bis langfristig einen Wachstumsschub erfahren. Um jedoch das Ziel von 100 % Erneuerbare Energien bis 2035 im Stromsektor zu erreichen, ist sicherlich in den nächsten Monaten und Jahren mit noch weiteren Gesetzesnovellierungen zu rechnen. Daher könnte es durchaus sein, dass das Energie-Umlagen-Gesetz auch im nächsten Jahr weitere Veränderungen erfährt.

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Update (August 2022):

Nach dem endgültigen Beschluss des Osterpaketes wurde das energie-Umlagen-Gesetz nun in Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) umbenannt. Auch wurde nun klargestellt, dass eine Umlagenbefreiung ausschließlich die KWK- und Offshore-Umlage betrifft. Für die ÜNBs wurde nun ein gesetzlicher Anspruch geschaffen, dass die EEG-Umlage wirklich durch den Staat finanziert wird.

Abschaffung EEG-Umlage – Wie geht es weiter?

Abschaffung EEG-Umlage: Ab Mitte 2022 Realität

Oft wurde über sie diskutiert: die EEG-Umlage. Vielen Akteuren war sie zu hoch und sie wurde als Preistreiber der Energiewende gesehen, der den deutschen Strompreis zu schnell nach oben schießen ließ und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gefährdete. Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren intensiv über das Auslaufen bzw. die Abschaffung der EEG-Umlage diskutiert. Mit der Coronapandemie wurde zur Entlastung der Letztverbraucher eine Deckelung der EEG-Umlage für die Jahre 2021 und 2022 vorgesehen, um den Strompreis stabil zu halten, da sonst eine Umlagenexplosion stattgefunden hätte. Jetzt, mit der Novellierung des EEG 2023 und des Energie-Umlagen-Gesetzes, soll Mitte 2022 die Abschaffung der EEG-Umlage kommen.

Doch nur weil man die EEG-Umlage in diesem Jahr abschafft, heißt das noch nicht, dass die EEG-Umlage sofort ihre Bedeutung verliert. Da für bestehende und neue EE-Anlagen weiterhin über 20 Jahre ein Förderanspruch besteht, ist vielmehr zu klären, wie und auf welchem Weg die Finanzierung erfolgen soll. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Blogbeitrag einmal anschauen, wie die Finanzierung der EEG-Umlage nach dem EEG 2023 erfolgen soll. Um jedoch ein besseres Verständnis von der Funktionsweise der EEG-Umlage zu erhalten, werfen wir einen kurzen Blick zurück und schauen uns zuerst den ursprünglichen Finanzierungsmechanismus der EEG-Umlage an:

Der ursprüngliche Finanzierungsmechanismus der EEG-Umlage

Jede EE-Anlage, die in Deutschland die Förderung für die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) in Anspruch nimmt, muss über die EEG-Umlage mitfinanziert werden. Grob skizziert kann man sich den Erlöspfad des Stroms wie folgt vorstellen:

Die EE-Anlage des Betreibers produziert Strom und speist diesen in das öffentliche Stromnetz ein. Der eingespeiste Strom wird auf dem Energiemarkt verkauft, z. B. an einer Strombörse. Die Vermarktung des Stroms erfolgt entweder durch den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), den Anlagenbetreiber selbst oder durch einen von ihm beauftragten Direktvermarkter. Am Markt erzielt der Betreiber einen Preis für jede produzierte MWh. Erzielt der verkaufte Strom am Markt z. B. einen Preis von 70 € pro MWh und beträgt die garantierte Vergütung über 20 Jahre von 120 € pro MWh, so ergibt sich eine Differenz von 50 € pro MWh. Diese Differenz muss durch die Letztverbraucher am Markt ausgeglichen werden. Hierfür erfolgt die Erhebung der EEG-Umlage, damit der zuständige Netzbetreiber die garantierte Einspeisevergütung gegenüber dem Anlagenbetreiber auszahlen kann.

Die Erhebung der EEG-Umlage erfolgt für jede verbrauchte kWh Strom aus dem öffentlichen Stromnetz, die durch einen nicht-privilegierten Letztverbraucher genutzt wird. Der Betrag ist vom Lieferanten gegenüber dem Letztverbraucher auf seiner Stromrechnung auszuweisen. Sollte der Letztverbraucher von der EEG-Umlage (teilweise) befreit sein, ist von einem privilegierten Letztverbraucher die Rede. Zusätzlich müssen bestimmte Anlagenbetreiber ab einer Leistung von 30 kWPeak ebenfalls einen Teil der EEG-Umlage entrichten. Die Höhe der EEG-Umlage berechnet sich durch die jährliche Differenz sowie zusätzliche Sicherungspuffer, welche die ÜNB jedes Jahr festlegen. Da mit der Abschaffung der EEG-Umlage für Letztverbraucher nun eine wesentliche Säule der Finanzierung der EEG-Umlage wegfällt, muss nun eine alternative Erlösquelle gefunden werden, um die garantierten Zahlungen gegenüber den Anlagenbetreibern zu gewährleisten.

Finanzierungsmodell nach der Abschaffung der EEG-Umlage

Die Novelle des EEG 2023 sieht im Kern zwei Finanzierungsmechanismen vor, wie trotz einer Abschaffung der EEG-Umlage die Zahlung der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung sichergestellt werden soll. Zum einen soll die EEG-Umlage durch den CO₂-Preis erhoben werden, der seit zwei Jahren durch das BEHG erhoben wird. Zu einem gewissen Anteil erfolgt die Querfinanzierung durch den nationalen CO₂-Preis bereits heute. Die übrigen finanziellen Mittel, die zur Finanzierung der EEG-Umlage notwendig sind, kommen aus Steuermitteln aus dem Bundeshaushalt.

Die Steuermittel sollen aus dem Sondervermögen des Bundes, dem sog. „Energie- und Klimafond“, sichergestellt werden, § 6 Abs. 1 EnUG. Allerdings haben die ÜNB keinen verbindlichen Anspruch auf staatliche Zuschüsse aus dem Fond, § 6 Abs. 2 EnUG. Für die genaue Höhe der steuerlichen Zuwendung erlässt der Bund zum 20. Oktober eines jeden Jahres einen Erlass, wie hoch die staatlichen Zahlungen wirklich ausfallen. Die Möglichkeit der Einspruchserhebung gegen den Zahlungserlass haben die ÜNB nicht. Sollte die staatliche Zahlung nicht zur vollständigen Finanzierung der EEG-Umlage ausreichen, so haben die ÜNB die Möglichkeit, die EEG-Umlage für nicht-privilegierte Letztverbraucher wieder einzuführen §10 EnUG. Die Höhe der EEG-Umlage ist transparent bis zum 31. Oktober eines Kalenderjahres für das kommende Jahr von den ÜNB zu veröffentlichen; § 11. Bei der Erhebung einer notfalls notwendigen EEG-Umlage hat der ÜNB die Möglichkeit, die EEG-Umlage separat auszuweisen oder in die Netznutzungsentgelte (NNE) mit einzukalkulieren. Außerdem ist für ÜNB und VNB ein Ausgleichssystem zur Finanzierung der Kosten vorgesehen, damit u. a. die VNB die Auszahlung der garantierten Einspeisevergütung leisten können. Die genauen Details sind im Energie-Umlagen-Gesetz zu finden.  

Umgang mit Anlagenbetreibern

Im Zuge der Diskussion der Abschaffung der EEG-Umlage war bislang immer nur die Rede von der Abschaffung der EEG-Umlage für Letztverbraucher. Allerdings stellt sich auch die Frage, wie mit Anlagenbetreibern von Anlagen mit einer Leistung größer 30 kWPeak umgegangen wird, die bislang einen Teil der EEG-Umlage für jede eingespeiste kWh zahlen müssen.

Wie mit diesen Bestandsanlagen umgegangen wird, die nach dem alten Recht zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind, regelt das EnUG in § 24. Danach gilt: „Soweit eine EEG-Umlage erhoben wird, sind die §§ 61 e bis § 61 i, § 62 b Absatz 5, § 74 a Absatz 1 und 2, § 104 Absatz 2 und 6 sowie die betreffenden Begriffsbestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden, mit der Maßgabe, dass, soweit sich für eine Strommenge nach den genannten Bestimmungen die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage verringert oder erhöht hätte, für diese Strommenge auch nach diesem Gesetz eine entsprechend verringerte oder erhöhe EEG-Umlage auf die Netzentnahme erhoben wird.“

Dies bedeutet, dass Anlagenbetreiber den Stand des EEG bis zum Jahr 2023 abwarten müssen und erst dann sichergehen können, ob sie weiterhin zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind. Für Neuanlagen, die zwischen dem Osterpaket und der Novellierung des EEGs an das Netz gehen, dürfte die Regelung daher besonders interessant sein und evtl. auch zur Verschiebung des Netzanschlusses führen.

Fazit

Bei genauem Studium des EnUG ist klar zu erkennen, dass von einer vollständigen Abschaffung der EEG-Umlage kaum die Rede sein kann. Zum einen, da eine Zahlung an die Anlagenbetreiber, die eine Förderung nach dem EEG in Anspruch nehmen, weiterhin notwendig ist. Zum anderen, weil überhaupt nicht klar ist, ob für die nächsten Jahre eine staatliche Finanzierung sichergestellt ist. Schon heute beträgt die EEG-Umlage mehr als 25. Mrd. € pro Jahr. Stellt man den Betrag dem staatlichen Sondervermögen gegenüber, dürfte schnell klar werden, dass der Betrag eventuell keine drei Jahre ausreicht. Vor allem, da das Sondervermögen nicht nur zur Finanzierung der EEG-Umlage gedacht ist. Mit steigenden Kosten ist außerdem zu rechnen, wenn die Ausbaupläne des Gesetzgebers deutlich beschleunigt werden sollen und ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf für eine höhere Einspeisung aus neuen EE-Anlagen besteht.

Hinzu kommt die Problematik, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch überhaupt nicht klar ist, ob der Gesetzgeber das Sondervermögen überhaupt verwenden darf, da die Mittel ursprünglich zur Bekämpfung der Coronapandemie gedacht waren und die Opposition den Gang vor das Bundesverfassungsgericht prüft. Im Worst-Cast-Szenario könnten somit die notwendigen Mittel wegfallen. Die EEG-Umlage müsste wieder erhoben werden, da die Einnahmen aus dem nationalen CO₂-Preis nicht ausreichen und ggf. keine alternativen staatlichen Mittel bereitgestellt werden. Aus politischen und taktischen Gründen ist dann vermutlich damit zu rechnen, dass die ÜNB keine eigene, neue EEG-Umlage erheben werden, sondern die Kosten in den Netznutzungsentgelten verstecken werden, da das EnUG ihnen diese Möglichkeit gibt. Da die Kalkulation der Netznutzungsentgelte nicht transparent veröffentlicht wird, könnten die wirklichen Kosten der EEG-Umlage ggf. nicht auffallen.

Des Weiteren ist mittelfristig mit einem Wegfall der Einnahmen aus dem nationalen CO₂-Preis zu rechnen, da die EU eine Weiterentwicklung des europäischen CO₂-Handels vorsieht. Ob dann noch Mittel aus dem CO₂-Preis in die EEG-Umlage fließen können, bleibt abzuwarten. Hinzu kommt für Anlagenbetreiber größer 30 kWPeak die Ungewissheit, ob weiterhin die Pflicht der Zahlung der EEG-Umlage bestehen bleibt, da im EnUG diese Option noch offengelassen wird. Auf der anderen Seite könnte eine EEG-Umlage auch nicht mehr notwendig sein, wenn sich die Energiepreise weiter auf einem hohen Niveau am Markt entwickeln.

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Update (August 2022):

Mit dem Beschluss des Osterpaketes im Juli wurde nun nachträglich ein gesetzlicher Anspruch der ÜNB geschaffen, dass der Staat die EEG-Umlage ausgleichen muss. Dies wurde in dem ersten Entwurf nicht garantiert, der hier im Beitrag thematisiert wurde.

Rückbau und Recycling von EE-Anlagen – Was ist zu beachten?

22 Jahre EEG – Zeit über das Recycling von EE-Anlagen zu sprechen

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geht nun im Jahr 2022 in das 22. Lebensjahr. Die Energiewende selbst ist längst kein neues Phänomen mehr, sondern ein kontinuierlicher Prozess, welchen wir seit über zwei Dekaden beschreiten. Mit ihr ist das Ziel einer nachhaltigen, effizienten und umweltfreundlichen Energiepolitik verbunden. Dabei liegt das Augenmerk meist auf der reinen regenerativen Energieerzeugung oder der gesamten CO2-Bilanz einer Erneuerbaren-Energien-Anlage (EE-Anlage). Doch wie bei allen Anlagen, ob konventionell oder erneuerbar, hat jede Erzeugungsanlage eine maximale Lebensdauer. So auch eine EE-Anlage.

Da in Deutschland die ersten EE-Anlagen mit dem Auslaufen aus der EEG-Förderung ihrer maximalen Lebensdauer immer näherkommen, stellt sich die Frage, wie ein Rückbau und Recycling von EE-Anlagen funktioniert bzw. was technisch möglich ist. Da der Aspekt des Recyclings in der öffentlichen Diskussion größtenteils noch eine untergeordnete Rolle spielt, die mit der Zunahme des Rückbaus von EE-Anlagen jedoch zunehmen wird, wollen wir in diesem Blogbeitrag einmal betrachten, welche Regeln u. a. für Windkraftanlagen gelten und wie ein Rückbau funktioniert. Instandhaltungs- und Wartungsprozesse, welche die Lebensdauer verlängern und somit eine wesentliche Basis für eine gute Ökobilanz von EE-Anlagen sind, sollen in diesem Blog weniger thematisiert werden. 

Rückbau von EE-Anlagen – Welche Rechtsvorschriften gelten?

Zum aktuellen Zeitpunkt existiert in Deutschland kein zentrales, einheitliches Gesetz bzw. keine Verordnung, die sich mit dem Rückbau von EE-Anlagen beschäftigt. Vielmehr ist eine Vielzahl von Vorschriften in unterschiedlichsten Gesetzen zu finden. Hiermit sind auch unterschiedliche Anforderungen an die Komplexität des Rückbaus und des Recyclings von Anlagen verbunden. Die Entsorgung von Photovoltaik-Modulen ist relativ einfach, in Gegensatz zu Windkraftanlagen. PV-Anlagen unterliegen den allgemeinen Anforderungen der Elektroaltgerätesammlung. Somit ist die Entsorgung einer PV-Anlage rechtlich nicht komplizierter als die einer Waschmaschine.

Für Windkraftanlagen gilt dies nicht. Vielmehr sind eigene Rückbau- und Recyclingkonzepte erforderlich. Diese können jedoch nicht standardmäßig aus der Schublade genommen werden. Stattdessen fordert das Bundesemissionsschutzgesetz, auf die Diversität der Anlagen und deren Umfeld Rücksicht zu nehmen, sodass ein maßgeschneidertes Rückbaukonzept erforderlich ist.

Rückbau von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?

Rückbauanzeige und Stilllegung

Der Rückbau von Windkraftanlagen erfolgt in einem mehrschrittigen Prozess. Sofern ein Rückbaukonzept vom Betreiber der Anlage erfolgreich erstellt wurde, ist eine Rückbauanzeige der Anlage zu stellen. Hierfür ist die Baubehörde vor Ort zu informieren. Gleichzeitig ist eine Abmeldung im Marktstammdatenregister erforderlich. Im nächsten Schritt erfolgt eine Stilllegung der Anlage, bei der die Windkraftanlage vom öffentlichen Netz getrennt wird. Die Trennung hat durch schaltberechtigtes, qualifiziertes Personal zu erfolgen.

Trockenlegung

Nach der Stilllegung erfolgt die Trockenlegung der Windkraftanlage. Hierfür sind alle Getriebe- und Altöle, Fette, Schmierfette etc. zu entfernen und nach der Altölverordnung zu entsorgen. Der Austritt von Ölen und Flüssigkeiten in die Umwelt ist zu vermeiden. Da Schaltanlagen oft Schwefelhexafluorid enthalten, darf die Entsorgung nur durch qualifiziertes Personal nach der Chemikalien-Klimaschutzverordnung erfolgen. Ebenso sind die Anforderungen der EU-Verordnung für fluorierte Treibhausgase einzuhalten. Außerdem sind die Vorschriften der DIN EN 60480 einzuhalten sowie die freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller und Betreiber von elektrischen Betriebsmitteln größer 1 kV.

Demontage der Rotorblätter

Nach erfolgreicher Trockenlegung beginnt die Demontage mit der Entfernung der Rotorblätter. Der Abbau der Rotorblätter kann einzeln oder gesamt erfolgen (Einzelblattdemontage vs. Sterndemontage). Die weitere Zerlegung der Rotorblätter erfolgt am Boden und ist abhängig von der Art des Recyclings der Rotorblätter. Da die Rotorblätter jedoch aus unterschiedlichen Materialien bestehen, erfolgt die Zerlegung der Rotorblätter vor Ort so, dass sämtlicher Sägestaub, staubkontaminiertes Kühlwasser etc. aufgefangen werden, um ein Entweichen in die Umwelt zu verhindern.   

Rückbau des Turms

Die Art und Weise beim Rückbau des Turms einer Windkraftanlage hängt von der Art des Turms ab. Bei Stahl- oder Gittertürmen ist eine schrittweise Demontage mittels Krans möglich. Gleiches gilt für Betonhybridtürme, wobei im Notfall auch eine Sprengung des Turms in Betracht kommen kann. Ebenfalls ist ein klassischer Abriss des Turms möglich, wobei die schrittweise Demontage den Standardfall darstellt, da unnötiger Lärm und Staub für Mensch und Umwelt vermieden werden kann.  

Demontage des Fundaments

Das Umweltbundesamt empfiehlt eine vollständige Entsorgung, die in der Regel über Lossprengungen und Abgraben erfolgt. Die entstandene Grube ist mit standorttypischem Boden zu füllen. Das Ergebnis soll eine uneingeschränkt nutzbare Fläche nach § 35 Abs.5 BauGB sein.

6. Kranstellflächen, Zuwegungen und Kabeltrassen

Nachdem die Rotoren, der Turm und das Fundament verschwunden sind, erfolgt die Entsorgung aller nicht mehr notwendigen Kabel und Leitungen. Die Zufahrtswege und Kranstellflächen können renaturiert werden.

Recycling von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?

Der Rückbau Windkraftanlage ist eine wichtige Voraussetzung, um ein bestmögliches Recycling zu gewährleisten. Nach dem heutigen Stand der Technik sind jedoch noch nicht alle Probleme gelöst, die für das vollständige Recycling einer Windkraftanlage erforderlich sind. Ausgangsbasis ist eine sorgfältige Trennung sämtlicher Materialien. Hierzu zählen vor allem Kupfer, Aluminium, Stahl, Beton, Elektroschrott, seltene Erden und PVC.

So ist beim Fundament beispielsweise darauf zu achten, dass Stahl und Beton voneinander getrennt werden. Der Betonstahl kann u. a. für neuen Betonstahl verwendet werden oder für Betonbruch, der wiederum für neue Windkraftanlage eingesetzt werden kann. Die Entsorgung des Stahls erfolgt unter Beachtung der Stahlschrottsortenliste. Elektroschutt kann hingegen von Sekundärkupferhütten verarbeitet werden. Da die größte Masse eines Windrades Beton und Stahl ausmachen, können diese Stoffe bei einer Trennung gut verwertet werden.

Eine Herausforderung ist jedoch die Entsorgung der Rotoren. Diese bestehen aus Faserverbundwerkstoffen und müssen in Glas- und Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe getrennt werden. Glasfaser-verstärkte Kunststoffe können teilweise als Ersatzbrennstoffe energetisch verwertet werden, während Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe der spezialisierten Faserrückgewinnung zugeführt werden sollten. Das Vergraben von Rotoren im Erdreich, um sich ein aufwendiges Recycling zu sparen, ist in Deutschland seit 2005 verboten. Außerdem enthält ein Rotorblatt etwa 15 kg Balsaholz, das aufgrund seiner Eigenschaften enorm leicht und druckfest ist. Somit eignet es sich ideal, um als Stützelemente für die Rotoren verwendet zu werden. Da zum aktuellen Zeitpunkt eine Abtrennung durch den eingesetzten Klebstoff nicht möglich ist, wird das Holz mit den Kunststofffasern mit verbrannt. Erste Ansätze zur Abtrennung des Balsaholzes existieren allerdings schon.

In den nächsten Jahren kann mit einer Zunahme von Recycling von Windkraftanlagen gerechnet werden. Da sich diese als äußerst kompliziert erweist, hat das Bundesumweltministerium 2019 eine Studie durchgeführt, um die Kapazitäten der Entsorgung zu untersuchen. Das Ergebnis ist, dass die Kapazitäten unserer Entsorgung vermutlich nicht ausreichend für das Recycling von Windkraftanlagen sind und noch Ausbaubedarf aufweisen.

Anmerkung

Die Idee für den Blogbeitrag entstand im Rahmen des items-Projekts ÖKOPROFIT zur Verbesserung des eigenen Nachhaltigkeitsmanagements. Es kam die Frage auf, wie eigentlich das Recycling von EE-Anlagen funktioniert. Inwieweit alle Recyclingempfehlungen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, konnten wir für diesen Blogbeitrag nicht recherchieren. Stattdessen haben wir uns an den Empfehlungen des Umweltbundesamtes orientiert.

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Koalitionsvertrag und Energiewende – Was steht im Koalitionsvertrag?

Koalitionsvertrag und Energiewende: Ein umfangreiches Maßnahmenpaket

Pünktlich zum Ende des Jahres ist es soweit, die neue Ampel-Regierung steht und mit ihr ein neuer Koalitionsvertrag mit unterschiedlichsten Themen, Neuerungen und angestrebten Maßnahmen, die im Laufe der kommenden Legislaturperiode angegangen werden sollen. Die Umsetzung und Gestaltung der Energiewende hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft stellt ein Themenschwerpunkt der zukünftigen Regierung dar. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf einem einzelnen Sektor wie z. B der Stromwirtschaft, vielmehr sollen nach dem Koalitionsvertrag sämtliche Sektoren und Ziele noch einmal angefasst werden, um die Geschwindigkeit für den Umbau des Energiesystems deutlich zu erhöhen.

Zwar bewegen sich viele Handlungsfelder noch auf einem sehr normativen Niveau, wodurch eine Aussage über die konkreten Maßnahmen in vielen Bereichen noch nicht möglich sind, jedoch wollen wir in diesem Blogbeitrag einen Blick auf die unterschiedlichen Ziele, Maßnahmen und betroffenen Sektoren werfen, die im Koalitionsvertrag aufgeführt sind.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Thema Klimaschutz

Im Koalitionsvertrag bekennen sich die Beteiligten Akteure zum 1,5-Grad-Ziel auf Basis der internationalen Abkommen. Verschärft wurde hierfür das Ziel der Klimaneutralität sektorübergreifend und technologieoffen bis 2045 für alle Branchen. Mit dem Klimaschutzgesetz des vergangenen Sommers wurde bereits für einzelne Sparten das Zieldatum von 2050 auf 2045 herabgesetzt. Nun soll dies einheitlich für alle Sparten bis 2045 erfolgen. Da die Umsetzung der Energiewende als Querschnittsaufgabe angesehen wird, sollen künftige Gesetzentwürfe und Verordnungen grundsätzlich einem Klimacheck unterzogen werden. Die genaue Ausgestaltung ist an dieser Stelle noch offen, soll jedoch durch das federführende Ressort erfolgen.

Als Basis-Monitoring über den Stand der Energiewende in Deutschland soll ein Governance-System eingeführt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um keine neue Idee, sondern eine verpflichtende Umsetzung, die auf Grund der EU-Governance-Verordnung umzusetzen ist. Zur Beschleunigung der Umsetzung und Erreichung der Klimaziele soll bis Ende 2022 ein Klimaschutzsofortprogramm entworfen werden, um Umsetzungsvorhaben voranzutreiben, aber auch den notwendigen regulatorischen Handlungsrahmen zu schaffen. Gestützt durch unterschiedliche Energie- und Klimafonds soll die Finanzierung nachhaltiger, ökologischer Projekte gesichert werden. Hierbei wird auch die KfW-Bank miteinbezogen. Somit zielt das Koalitionspapier im Kern wesentlich auf eine schnellere Umsetzung der Energiewende ab. Basis hierfür ist eine vorgezogene Klimaneutralität, die Anpassung des regulatorischen Handlungsrahmens sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Erneuerbare Energien

Der Ausbau Erneuerbarer-Energien (EE) soll nach dem Willen der Ampelkoalition deutlich gestärkt werden. Dies ist auch notwendig, aufgrund der Anpassung der Strombedarfsprognose für das Jahr 2030. Diese wird nun auf einen jährlichen Bedarf von 680-750 TWh geschätzt. Durch den gestiegenen absoluten Strombedarf ist eine höhere Erzeugungskapazität erforderlich, um das relative Ziel des erneuerbaren Erzeugungsanteils zu erreichen. Mit Blick auf das Jahr 2030 wird dieses von bisher 65 % auf 80 % EE-Anteil heraufgesetzt.

Dies bedeutet für die bestehenden Ausschreibungen eine deutliche Anhebung des notwendigen Ausschreibungsvolumens. Dabei soll jedoch nicht nur einfach das jährliche Volumen heraufgesetzt werden, vielmehr soll auch eine dynamische Anpassung möglich sein, wenn ein Unterschreiten der Ausbaupfade festgestellt wird. Hinzu sollen die Rahmenbedingungen für nichtgeförderte EE-Anlagen im PPA-Modell, regionale EE-Erzeugungskonzepte sowie bessere Rahmenbedingungen für Bürgerenergiegenossenschaften geschaffen werden. Zudem ist eine bessere Förderung für Quartiers- und Mieterstromlösungen geplant. Konkrete Angaben über die Höhe der Förderung sind allerdings noch nicht zu finden. Um den Aufbau und die Errichtung von EE-Anlagen aber grundsätzlich zu erleichtern, sollen Planungs- und Genehmigungsprozesse durch einheitliche Bewertungsmethoden beschleunigt werden sowie der Einsatz externer Projektteams zur Entlastung der öffentlichen Behörden beitragen.

Zur Steigerung der Akzeptanz von EE-Anlagen vor Ort sollen Kommunen finanziell von Windkraftanlagen (WKA) oder PV-Freiflächenanlagen auf ihrem Gebiet profitieren. Welche zusätzlichen Änderungen an dieser Stelle zu erwarten sind, bleibt abzuwarten, da eine finanzielle Beteiligung bereits mit der Novellierung des EnWGs im Sommer 2021 möglich ist.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Photovoltaik

Um den angestrebten Anteil von 80 % EE im Jahr 2030 zu realisieren, plant die Ampelkoalition eine verfügbare Erzeugungsleistung von 200 GWPeak im Bereich der Photovoltaik. Dies würde einen enormen Ausbau der Photovoltaik innerhalb der kommenden 9 Jahre bedeuten. Im Jahr 2020 verfügte Deutschland über ca. 54 GW Photovoltaik. Somit bedeuten die Beschlüsse des Koalitionsvertrags eine Vervierfachung der bereits verfügbaren Erzeugungsleistung. Um die hierfür notwendige Geschwindigkeit zu erreichen, sollen bisherige Hemmnisse wie die Beantragung und Genehmigung von Netzanschlüssen, Ausschreibungspflichten für große Dachanlagen sowie Vergütungssätze angepasst werden.

In welche Richtung sich daher die Vergütungssätze entwickeln werden, die zu einem ähnlichen Boom wie 2011 nach dem Unfall von Fukushima geführt haben, bleibt abzuwarten, auch, welche Auswirkungen die möglichen neuen Prozesse zur Genehmigung von PV-Anlagen für Netzbetreiber haben. Mit zunehmender Dichte von EE-Anlagen im eigenen Erzeugungsnetz dürfte jedoch der Bedarf an Monitoring- und Berechnungslösungen zur Auswirkung von EE-Anlagen im eigenen Netzgebiet weiter steigen. Zum einen, um die notwendige Prüfgeschwindigkeit einhalten zu können, zum anderen, um die Auswirkungen besser analysieren und damit die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.

Für Neubaugebiete können Netzbetreiber aber schon einmal mit einem flächendeckenden Einsatz von PV-Dachanlagen rechnen, da die Koalition eine PV-Pflicht für gewerbliche Neubauten vorsieht. Bauhürden für private Bauherren sollen möglichst abgeschafft werden, mit dem Ziel, alle Dachflächen in Deutschland nutzbar zu machen. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Windkraft

Neben der Photovoltaik soll in den nächsten Jahren der Ausbau von WKA gestärkt werden. Hierfür sollen 2 % der Landesfläche als Vorrangfläche für Onshore-Anlagen gesichert werden. Um eine gleichmäßigere Verteilung der WKA zu gewährleisten, sollen auch Standorte mit einer geringeren Windhöffigkeit gefördert werden. Ebenso plant die Koalition eine Erleichterung des Repowerings, um den Verlust möglicher alter WKA nach Ablauf der Förderung zu verhindern. Inwieweit das Repowering auch für die Standorte erleichtert werden sollen, die nach heutigen Regelungen nicht mehr für ein Repowering geeignet sind, bleibt abzuwarten.

Für den Offshore-Bereich wird das jetzige Vergabeverfahren in Form von Ausschreibungen beibehalten. Lediglich das Ausbauziel wird angehoben. So sollen bis 2030 30 GW Erzeugungsleistung, 2035 40 GW und 2045 70 GW zur Verfügung stehen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Sonstige EE

Zusätzlich zum Ausbau der Windkraft und Photovoltaik sollen Bio- und Geothermie weiter gestärkt werden. Allerdings nennt der Koalitionsvertrag keine konkreten Ausbaumengen. Vielmehr soll eine neue Biomasse-Nachhaltigskeitsstrategie entwickelt werden sowie ein Konzept zur stärkeren Nutzung der Geothermie. Insgesamt wirkt es jedoch so, als ob die Parteien ihren Fokus klar auf die Nutzung der Windenergie und Photovoltaik legen und Biomasse sowie Geothermie weiterhin ein Nischendasein fristen werden. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Atom- und fossile Energie

Mit dem Ausbau der Erneuerbare-Energien strebt die Ampelkoalition, wie bereits die Vorgängerregierung, mittelfristig denn Ausstieg aus der Kohleenergie an. Sofern möglich, soll dieser auf 2030 vorgezogen werden statt wie bislang geplant 2038. Die Neuerung stellt hier jedoch den guten Willen bis 2030 auszusteigen dar. Ein Kohleausstieg bis 2030 ist nach dem Kohleausstiegsgesetz grundsätzlich schon heute möglich, da mehrere Überprüfungszeitpunkte für einen vorzeitigen Ausstieg vorgesehen sind. Um einen möglichen vorzeitigen Ausstieg sozial, wie auch gesellschaftlich abzufedern, sollen Maßnahmen des bestehenden Strukturanpassungsgesetzes vorgezogen werden.

Als Brückentechnologie sieht der Koalitionsvertrag die Stromerzeugung aus Erdgaskraftwerken und KWK-Anlagen vor. Diese sollen so lange die bestehende Energielücke schließen, bis eine ausreichende Versorgungssicherheit durch Erneuerbare-Energien gesichert ist. Da mit der nationalen Wasserstoffstrategie der Vorgängerregierung mit einem höheren Wasserstoffanteil im bestehenden Gasnetz zu rechnen ist und grüner Wasserstoff als wesentliche Säule einer nachhaltigen Energieversorgung angesehen wird, sollen neue Erdgaskraftwerke H2-ready gemacht werden. Bestehende Kraftwerke sind ebenfalls darauf vorzubereiten.

Die Atomenergie nimmt im Koalitionsvertrag keine Rolle für die künftige Energieversorgung ein. Am beschlossenen Atomausstieg wird weiterhin festgehalten.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Energienetze

Spartenübergreifend funktionierende, intelligente und überwachte Energienetze sind eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Energiewende, was der Koalitionsvertrag ebenfalls anerkennt. Um die Netze schnellstmöglich auf die künftigen Anforderungen vorzubereiten, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller durchlaufen werden können, aber auch Bürgerbeteiligungen besser koordiniert werden. Dies soll vor allem für den Aus- und Aufbau der Strom- und Wasserstoffnetze gelten. Um die zukünftige Netzplanung ganzheitlich durchzuführen, sollen getrennte Netzszenarien durch die BNetzA nicht mehr separat je Sparte erfolgen. Vielmehr soll ein Plan für ein Klimaneutralitätsnetz entwickelt werden. Parallel dazu ist eine Roadmap Systemstabilität bis Mitte 2023 geplant, um die Versorgungssicherheit langfristig im Zuge des Umbaus des Energiesystems zu gewährleisten. Grundsätzlich sieht der Koalitionsvertrag die dringende Notwendigkeit, die Netze schneller und besser zu digitalisieren, weswegen der Ausbau von iMsys beschleunigt werden soll und bei der Netzplanung ein größerer Fokus auf der Netzsteuerung liegen soll. Für den Bereich Speicher ist sogar eine eigene Säule im Energiesektor geplant, die rechtlich noch zu definieren ist. In der Praxis dürfte daher vor allem spannend sein, ob mit dem klaren Ziel der Errichtung mehr intelligenter Netze auch eine Anpassung des Finanzierungsrahmens erfolgen soll oder ob es für Netzbetreiber durch die Anreizregulierung weiterhin attraktiver ist, Kupfer zu verbauen, anstatt Intelligenz in die Netze zu bringen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Strommarktdesign

Um das Energiesystem auf einen hohen Anteil Erneuerbare-Energien vorzubereiten, ist die Entwicklung eines neuen Strommarktdesign geplant. Hierfür soll es ab 2022 eine neue Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ geben, auf der verschiedenste Akteure konkrete Vorschläge für ein neues Strommarktdesign machen können. Wesentlicher Eckpfeiler soll eine Reform der Finanzierungsarchitektur sein. So soll die EEG-Umlage zum 1. Januar 2023 abgeschafft und durch den nationalen CO2-Handel ersetzt werden. Inwieweit dies möglich ist, bleibt abzuwarten, da eine Integration der nationalbesteuerten CO2-Emissionen in den EU-ETS-Handel geplant ist. Wie die Gelder dann auf europäischer Ebene verteilt würden, ist aktuell noch nicht klar definiert, wodurch ggf. eine Gegenfinanzierung der noch anfallenden EEG-Vergütungen gegenüber Anlagenbetreibern nicht gewährleistet wäre.

Mit dem Ende der Kohleenergie 2030 ist außerdem eine Abschaffung der Subventionierung von EE-Anlagen geplant, wodurch die Erneuerbaren-Energien in den „freien Markt“ entlassen würden. Alle weiteren Abgaben und Umlagen, wie z. B. die Energiesteuer, Netzentgelte, KWK-Umlage, Ausnahmetatbestände für spezielle Abgaben und Umlagen, sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Je nach Größe der angestrebten Reformen dürfte es spannend zu beobachten sein, inwiefern neue Regelungen und alte mit einem Bestandsschutz aufeinandertreffen und eine Übergangsphase zwischen beiden Reformwelten gestaltet werden kann.

Das wesentliche Instrument zur Ausgestaltung des Handlungsrahmens des neuen Strommarktdesigns soll die CO2-Bepreisung einnehmen. Hierfür soll ein Mindestpreis von 60€/t auf EU- und nationaler Ebene durchgesetzt werden. Bis zum Jahr 2030 soll der Handel über alle Sparten erfolgen. Am Preispfad des nationalen CO2-Handels wird weiterhin festgehalten. Es soll jedoch, wie bereits von der EU gefordert, ein nationales Instrument zur sozialen Abfederung der CO2-Kosten geben.

Außerdem kann dem Koalitionsvertrag entnommen werden, dass vom Prinzip des Energy-Only-Marktes abgerückt wird, nach dem ausschließlich der Markt Angebot und Nachfrage bestimmen soll. So ist der Aufbau technologieoffener Kapazitätsmärkte vorgesehen. Was dies konkret in der Praxis bedeutet, bleibt mit großem Interesse abzuwarten, da Deutschland bereits über eine Vielzahl unterschiedlichster Kapazitätsmärkte (Sicherheitsreserve, Winterreserve, Regelenergieleistung etc.) verfügt.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Wasserstoff

Als wesentliche neue Säule und perspektivisches Substitut zu Erdgas strebt die Ampelkoalition einen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur an. Hierfür sollen bis 2030 10 GW Elektrolyseleistung installiert werden, 5 Jahre früher als in der nationalen Wasserstoffstrategie festgelegt. Da die Leistung von 10 GW gerade einmal dem heutigen Wasserstoffbedarf der deutschen Industrie entspricht, ist ein umfangreiches Update der nationalen Wasserstoffstrategie mit ambitionierteren Zielen für 2022 vorgesehen. Zur Beschleunigung der Errichtung von Elektrolysekapazitäten ist ein effizient ausgestaltetes Förderprogramm vorgesehen. Zur Schaffung einer grünen Wasserstoffnachfrage, sollen öffentliche Einrichtungen verpflichtet werden, eine bestimmte Quote des eigenen Energiebedarfs mit grünem Wasserstoff zu decken. Das Instrument der Carbon Contracts for Difference soll zugelassen werden.  

Der grüne Wasserstoff soll vorrangig aus einheimischer Produktion gedeckt werden, insbesondere in Verbindung mit Offshore-Wind. Als Brückentechnologie ist jedoch auch blauer Wasserstoff zulässig. Da jedoch eine einheimische Produktion nicht zu 100 % umzusetzen ist, soll der Ausbau von internationalen strategischen Partnerschaften wie z. B. mit Chile oder Russland vorangetrieben werden.

Der Energieträger Wasserstoff soll nicht auf einzelne Sektoren oder Anwendungsfelder zugelassen, sondern in seiner Breite geöffnet werden. Hierfür strebt der Koalitionsvertrag eine technologieoffene Wasserstoffregulatorik ein, die allerdings klimaneutral auszugestalten ist. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Nachweissystems soll auf europäischer Ebene ein Zertifizierungssystem entwickelt werden.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Gebäude und Wärme

Da ein Großteil der Energie in Deutschland für die Bereitstellung thermischer Energie im Gebäudesektor eingesetzt wird, möchte die Ampelkoalition den Anteil erneuerbarer Energien sowie die Energieeffizienz steigern. Hierfür soll zum einen der Neubaustandard ab dem 1. Januar 2025 auf das KfW-Haus 40 gesenkt sowie das GEG (Gebäudeenergiegesetz) angepasst werden. Demnach sollen alle neu eingebauten Heizungen auf einer Mindestbasis von 65 % EE betrieben werden. Für alle größeren Um- und Ausbauten soll ab dem 1. Januar 2024 der EH 70-Standard gelten.

Sofern möglich, soll der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen mit einem EE-Anteil von 50 % bis 2030 ausgebaut werden. Voraussetzung hierfür soll eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein.  

Fazit

Die Ziele und Ambitionen des Koalitionsvertrags können durchaus als anspruchsvoll bezeichnet werden. Durch den möglichen frühzeitigeren Ausstieg aus der Kohle sowie das Beibehalten des Atomausstiegs, bei gleichzeitiger Anhebung der Strombedarfsprognose und einem höheren EE-Ziel von 80 % bis 2030 bei stagnierenden Ausbauzahlen zum aktuellen Zeitpunkt, muss ein deutlicher Ausbau von EE-Anlagen zwingend erfolgen. Viele der Ziele sind jedoch noch auf einem sehr hohen normativen Niveau formuliert, so dass es am Ende auf die konkrete Ausgestaltung ankommen wird. Wie gelingt es konkret, die Ausbauzahlen zu erhöhen, Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, die Bürger miteinzubeziehen, neue Wasserstoffinfrastrukturen zu errichten oder den Rahmen für intelligente Energienetze zu schaffen?

Sollten hierfür in den nächsten 24 Monaten nicht die ausreichenden Handlungsrahmen geschaffen werden, ist durchaus mit einem Comeback des Energieträgers Erdgas zu rechnen, welcher die Lücken zwischen Erneuerbaren Energien und der Kohle-/Atomenergie schließen soll. Ob eine starke Fokussierung auf Wind- und Solarenergie ausreicht und wie die Netze mit der Zunahme einer immer volatileren Energieversorgung zu Recht kommen, ist ebenfalls abzuwarten. Notwendig hierfür wäre sicherlich ein Regulierungsrahmen, der stärkere Anreize für Netzbetreiber setzt, mehr in Intelligenz als in Kupfer zu investieren. Wie dies gelingen soll, dazu wird im Koalitionsvertrag jedoch wenig gesagt. Die Erkenntnis, die Netze auf der Steuerungsebene weiter zu ertüchtigen, ist aber sicherlich als richtig einzustufen. Ein neuer regulatorischer Rahmen für Energiespeicher, die zur Pufferung von Spitzenleistungen erforderlich sind, der aber bislang ein einziger Flickenteppich ist, ist mehr als überfällig.  

Positiv zu sehen ist das sektorübergreifende Denken des Koalitionsvertrags. Separate Planungen für nationale Strom- und Gasinfrastrukturen machen wenig Sinn, wenn die Gasinfrastruktur perspektivisch durch Wasserstoff abgelöst werden soll, welche den Strom für den Betrieb der Elektrolyseanlagen bringen soll. Den Ansatz, ein Konzept für ein sektorübergreifendes, klimaneutrales Energienetz zu entwickeln, könnte zur Hebung von Synergieeffekten beitragen.

Das bestehende Strommarktdesign weiterzuentwickeln, ist auch als logischer Schritt zu werten. Hier scheint jedoch noch nicht klar sein, wie der europäische und nationale CO2-Handel ineinandergreifen. Auf der einen Seite wird eine europäische Lösung angestrebt, auf der anderen Seite sollen die Einnahmen des nationalen CO2-Handels zur Kompensation der EEG-Umlage eingesetzt werden, wobei der nationale CO2-Handel womöglich durch ein einheitliches europäisches System abgelöst wird, wodurch ggf. eine Finanzierungslücke entstehen könnte. Insgesamt ähnelt der Prozess zur Abstimmung des Strommarktdesigns sehr dem letzten Prozess, als das BMWi unter Siegmar Gabriel das letzte Grün- und Weißbuch zum nächsten Strommarktdesign entwickelte. Hierbei sollte die Ampelkoalition aufpassen, nicht noch weitere Kapazitätsmärkte neben den bestehenden zu schaffen, wie im Koalitionsvertrag gefordert, da dies die Grundpfeiler des Energy-Only-Marktes stark beeinflussen könnte, sofern das Marktdesign von Angebot und Nachfrage beibehalten werden soll.    

Die Rolle der neuen Energiesparte Wasserstoff bleibt auch mit dem Koalitionsvertrag schwer abzuschätzen und wirkt teilweise widersprüchlich. Die Erzeugungskapazitäten liegen noch deutlich hinter dem Bedarf, der für eine großflächigere Substituierung von Erdgas notwendig ist, weswegen das Update der nationalen Wasserstoffstrategie 2022 abzuwarten bleibt. So ist es fragwürdig, ob ein Großteil des grünen Wasserstoffs wie im Koalitionsvertrag gefordert aus einheimischen Ressourcen gewonnen werden kann. Da die Notwendigkeit von Wasserstoffimporten aus dem Ausland aber im Koalitionsvertrag anerkannt wird, sollte sich ein erforderliches Gleichgewicht sicherlich einstellen. Auffällig ist jedoch, dass primär über Erzeugungskapazitäten von Wasserstoff gesprochen wird und wenig über die regulatorischen Rahmenbedingungen.

Allgemein kritisch zu betrachten ist die Fragestellung, ob der Koalitionsvertrag die deutsche Energiepolitik in einem zu nationalen und zu wenig europäischen Kontext denkt. Im Bereich der CO2-Bepreisug oder Zertifizierung von Energieträgern ist dies bereits gegeben, jedoch weniger in der grenzüberschreitenden Vernetzung der Energieinfrastrukturen oder der Errichtung von Erzeugungskapazitäten in angrenzenden Nachbarländern. Zumindest finden sich im Koalitionsvertrag wenig Anhaltspunkte, wie ein europäischer Energiebinnenmarkt der Zukunft auszugestalten ist.

Viele Maßnahmen und Ziele aus dem Koalitionsvertrag wie z. B. ein Governancesystem zur Überwachung des Fortschritts der Energiewende oder ein Abfederungssystem für sozialschwächer gestellte Menschen basieren im Kern auf Verordnungen und Richtlinien der EU, die bereits beschlossen wurden und bei denen Deutschland hinterherhinkt. Alles in allem bieten die Beschlüsse jedoch eine solide Grundlage, um die Klimaziele zu erreichen. Wie in so vielen Dingen, wird es am Ende davon abhängen, wie die konkrete Ausgestaltung durch den Gesetzgeber erfolgt.

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Post-EEG-Anlagen die Reglung des EEG 2021 im Detail

Post-EEG nun endgültig geregelt


Bis zur Verabschiedung des EEG 2021 war für Anlagen, deren 20-jährige Vergütungsperiode abläuft, der zukünftige rechtliche Rahmen noch nicht abschließend geklärt. Dementsprechend gespannt wurde die zukünftige rechtliche Behandlung dieser Anlagen erwartet. Um diese Lücke zu schließen, erfolgte Ende 2020 eine Novellierung des EEG. In dieser wurde für bestimmte Post-EEG-Anlagen eine Anschlussvergütung festgelegt. Im Rahmen dieses Blogbeitrags werfen wir einen Blick darauf, wie die Anschlussfinanzierung für Post-EEG-Anlagen konkret aussieht:

Post-EEG-Anlagen heißen nun ausgeförderte Anlagen

Der Begriff auslaufender Anlagen aus der EEG-Förderung wurde in der Branche lange als Post-EEG-Anlagen bezeichnet. Mit der Novellierung des EEG 2021 heißen Post-EEG-Anlagen nun ausgeförderte Anlagen. Nach §3 Nr.3a EEG 2021 handelt es sich um Anlagen, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen worden sind und bei denen der ursprüngliche Anspruch auf Zahlung nach der für die Anlage maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beendet ist. Mehrere ausgeförderte Anlagen sind zur Bestimmung der Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ausgeförderten Anlagen als eine Anlage anzusehen, wenn sie nach der für sie maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs auf Zahlung als eine Anlage galten.

Für diese Anlagen gilt übergangsweise eine neue Einspeisevergütung (§ 21 Abs. 1, § 100 Abs. 5). Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen kleineren Anlagen bis einschließlich 100 Kilowatt und Windenergieanlagen an Land, unabhängig von deren installierter Leistung.

Post-EEG-WKA an Land

Für WKA an Land sind zwei unterschiedliche Fördersystematiken vorgesehen: eine Ausschreibung oder eine feste Einspeisevergütung nach dem Monatsmarktwert. Für Windenergieanlagen an Land ist eine Anschlussfinanzierung bis Ende 2022 vorgesehen. Die Höhe der Vergütung kann über eine Ausschreibung ermittelt werden § 23b Abs. 2. Die Grundlage der Ausschreibungsausgestaltung bildet die Verordnungsermächtigung in § 95 Nr. 3a. Nach dieser dürfen ausschließlich Windenergieanlagen an Land teilnehmen, deren Flächen aus planungsrechtlichen Gründen keine Errichtung einer neuen Anlage zulassen. Das Ausschreibungsvolumen ist auf 1500 MW für 2021 und 1000 MW für 2022 begrenzt. Bei einer Unterzeichnung sind die Zuschläge auf 80 % der Gebote begrenzt. Die Gebotshöchswerte liegen zwischen 3 und 3,8 ct/kWh. Die genaue Gestaltung der Ausschreibung folgt spätestens bis zum 30. Juni 2021 durch die BNetzA.

Für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land, die keinen Zuschlag aus einer Ausschreibung nach § 23b Absatz 2 Satz 1 erhalten haben, besteht eine Anschlussförderung bis zum 31. Dezember 2021. Danach ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, den Strom selbst oder über einen Direktvermarkter in der sonstigen Direktvermarktung zu vermarkten. Ein Wechsel von der festen Einspeisevergütung für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land in die sonstige Direktvermarktung ist nur einmal möglich. Spekulationen auf eine bessere Vergütung sollen so verhindert werden.

Grundsätzlich können alle ausgeförderten Windenergieanlagen an Land ab dem 01.01.2021 eine gesetzliche Anschlussvergütung für das Jahr 2021 erhalten. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung richtet sich nach dem Monatsmarktwert abzgl. einer Vermarktungspauschale. Windenergieanlagen an Land ohne Ausschreibungszuschlag erhalten in 2021 und 2022 unterschiedliche, absinkende Zuschläge von 1 ct/kWh bis 0,25 ct/kWh.

Post-EEG-Anlagen kleiner < 100 kW

Auch für ausgeförderte Anlagen bis 100 kW, die keine Windkraftanlagen an Land sind, sieht der Gesetzgeber eine Anschlussförderung vor. Diese können den erzeugten Strom dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und erhalten hierfür einen technologiespezifischen Jahresmarktwert abzüglich einer Vermarktungspauschale. Durch den Einbau eines iMsys erfolgt eine Reduzierung der Vermarktungspauschale. Bei der Weitervermarktung handelt es sich um eine Übergangsregelung bis Ende 2027. Eine Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung ist in diesem Modell zulässig.

Des Weiteren gilt eine erweiterte Umlagenbefreiung von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage für eigenverbrauchten Strom bei einer installierten Anlagenleistung von 30 kW unabhängig von der jeweiligen Vermarktungsform. Bei Altanlagen über 30 Kilowatt fällt bei Eigenversorgung die reduzierte EEG-Umlage in Höhe von 40 Prozent für die vor Ort verbrauchte Menge an.

Ausgeförderte Anlagen werden automatisch zu der neuen Vergütungsform nach Ablauf der Vergütungsperiode zugeordnet § 21c Abs. 1 EEG 2021. Durch die Begrenzung auf Windenergieanlagen an Land und Anlagen kleiner 100 kW fallen Biogas- und PV-Anlagen mit einer installierten Leistung oberhalb von 100 kW aus der Anschlussfinanzierung. Hier ist eine Vermarktung über die sonstige Direktvermarktung erforderlich.

Post-EEG-Anlagen Vermarktungsmöglichkeiten nach dem EEG 2021

Alternative Sonstige Direktvermarktung

Alternativ zur Anschlussförderung haben die Anlagenbetreiber die Möglichkeit, ihre Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung weiter zu vermarkten. In diesem Fall sind die Anforderungen des §10b EEG 2021 zu beachten, wonach die Nutzung eines iMsys oder einer anderen Technik zur Messung und Regelung der Ist-Einspeisung erforderlich ist. Anlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW sind von dieser Regelung befreit, sofern die gesamte Einspeisung des Stroms in das Netz erfolgt.

Wenn die Mitteilung beim Netzbetreiber über den Wechsel der Vermarktungsform zur sonstigen Direktvermarktung nicht bis zum 18.12.2020 erfolgt ist, erfolgt automatisch ein Wechsel der Veräußerungsform in § 21c EEG 2021, nach der die Mitteilung an den Netzbetreiber vor Beginn des jeweils vorangehenden Kalendermonats erfolgen muss.

Der Wechsel zwischen den Veräußerungsformen ist für Windenergieanlagen an Land für das Jahr 2021 nur einmal zwischen den Veräußerungsformen der Einspeisevergütung und der sonstigen Direktvermarktung erlaubt §21b Abs.1a EEG 2021.

Hinweis (Update Juli 2021): Voraussichtlich Q4 2021 erscheint beim Springer Vieweg Verlag das Buch Post-EEG-Anlagen – Praxishilfe für Energieversorgungsunternehmen und Anlagenbetreiber zum Umgang mit ausgeförderten Anlagen das Buch bietet einen Leitfaden über die regulatorischen Änderungen, mögliche Geschäftsmodelle und Hinweise für den Aufbau des Post-EEG-Geschäftsmodells im eigenen EVU. Des Weiteren ist als Update zu diesem Blogbeitrag zu ergänzen, dass die Ausschreibung für ausgeförderte Windkraftanlagen an Land von der EU nicht genehmigt wurde. Somit laufen alle WKA-Anlagen 2021 aus der Netzbetreiberförderung aus und wechseln in die Sonstige Direktvermarktung.

Update: Wenn du mehr über das Thema Post-EEG-Anlagen erfahren möchtest empfehlen wir unser Buch beim Springer Vieweg Verlag – Post-EEG-Anlagen in der Energiewirtschaft

EEG 2021 – Was kommt auf die Energiewirtschaft zu?

Das neue EEG für 2021

Lange war es angekündigt, nun ist es da. Mitte September hat das BMWi den Gesetzentwurf des neuen EEG 2021 vorgelegt, um die drängenden Themen wie z. B. den Umgang mit Post-EEG-Anlagen oder den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien zu regeln. Mit mehr als 170 Seiten handelt es sich wie erwartet um einen größeren Entwurf, der bereits seit mehreren Monaten im Verzug ist. Da u. a. für Post-EEG-Anlagen bis zum 01.01.2021 eine Anschlussregelung erforderlich ist, drängt die Zeit. Wir als items GmbH haben uns einmal die Mühe gemacht, uns die wesentlichen Änderungen des EEG 2021 näher anzuschauen.

Die Hauptthemen des EEG 2021

Eine wesentliche Änderung des EEG 2021 stellt die Verschärfung der deutschen Klimaziele dar. So soll der Sektor Strom im Jahr 2050 zu 100 % und nicht mehr zu 80 % aus Erneuerbaren Energien versorgt werden. Dies schließt ebenfalls importierten Strom mit ein. Entsprechend erfolgt eine Anpassung der Ausbauziele bis 2029. Hinzu kommt eine besondere Berücksichtigung von Anlagen im Süden Deutschlands, um ein Ungleichgewicht der Installation der Erzeugungsanlagen zu verhindern. Die zweite wesentliche Änderung betrifft den weiteren Umgang mit Post-EEG-Anlagen. Außerdem plant der Gesetzgeber, die Akzeptanz der Bürger durch gezielte Maßnahmen zu steigern.

Post-EEG Anlagen – die Anschlussregelung

Der Gesetzgeber plant eine langfristige Regelung bis Ende 2027 für sog. Post-EEG-Anlagen, die aus der 20-jährigen Förderung ab dem 01.01.2021 auslaufen. In diesem Kontext spricht der Gesetzgeber von ausgeförderten Anlagen. Bei ausgeförderten Anlagen handelt es sich um Anlagen unter einer installierten Leistung von 100 kW, die vor dem 01.01.2021 in Betrieb genommen wurden und keinen Anspruch mehr auf eine Vergütung nach dem EEG haben §3a EEG 2021.

Die Vermarktung erfolgt automatisch weiter durch den Netzbetreiber, sofern vom Anlagenbetreiber kein Dritter mit der Vermarktung beauftragt wurde. Die gesamte Menge ist durch den Netzbetreiber zu liefern. Ein Eigenverbrauch ist nicht erlaubt, solange kein iMsys zur Erfassung des Eigenverbrauchs installiert ist. Die Höhe der Vergütung berechnet sich aus dem Jahresmarktwert des jeweiligen Energieträgers abzüglich der Vermarktungskosten.

Durch die Begrenzung der ausgeförderten Anlagen auf eine Leistung von 100 kW profitieren ausschließlich kleinere PV-Anlagen von der Neuregelung. Für größere PV-Anlagen oder Windkraftanlagen bedeutet dies weiterhin, dass keine Anschlussregelungen existieren. Somit müssen sich diese Betreiber einen Direktvermarkter suchen und mit diesem einen PPA-Vertrag abschließen. Allerdings kündigt der Gesetzentwurf an, dass auch noch für größere EE-Anlagen mit dem Fokus auf Windenergie eine Übergangslösung, auch unter dem Blick auf Corona, kommen soll.

Neues Instrument Windenergieabgabe

Zur Steigerung der Akzeptanz der Erneuerbaren Energien vor Ort plant der Gesetzgeber die verpflichtende Einführung von Bürgerstromtarifen. Betreiber von Windkraftanlagen (WKA), die einen Zuschlag im Rahmen der Ausschreibung erhalten, müssen in Zukunft für die Dauer der Förderung eine Abgabe von 0,2 ct/kWh ohne Gegenleistung an die Kommune abführen. Hierfür ist ein Vertrag in Schriftform festzuhalten. Die Zahlung an die Kommune erfolgt jährlich.

Im Referentenentwurf war zuvor noch die Möglichkeit der Einführung von Bürgerstromtarifen vorgesehen, mit der der Anlagenbetreiber die Abgabe auf 0,1 ct/kWh senken könnte. Nach der Ressortabstimmung ist die Einführung der Bürgerstromtarife gestrichen.

Bei diesem Tarif handelte es sich um einen Stromtarif, der maximal 90 % der Kosten des örtlichen Grundversorgertarifs entsprochen hätte. Der Anlagenbetreiber hätte mit mindestens 80 Bürgern einen solchen Bürgerstromtarif abschließen müssen, um von der Senkung der Abgabe gegenüber der Kommune profitieren zu können. Sofern der Betreiber mindestens einen, aber weniger als 80 Verträge abgeschlossen hätte, erhöht sich der zu leistende Betrag um die Anzahl der weniger als 80 geschlossenen Verträge multipliziert mit 100 Euro. Für die Berechnung wäre die Anzahl der Kunden maßgeblich, die bereits seit mindestens sieben Monaten einen Bürgerstromtarif abgeschlossen haben. Im Jahr der Inbetriebnahme wäre die Anzahl der Verträge zum 31.12. maßgeblich gewesen.

Schnelles Genehmigungsverfahren für kleine EE-Anlagen

Mit der Einführung des EEG 2021 plant der Gesetzgeber ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für kleine EE-Anlagen mit einer maximal installierten Leistung von 10,8 kW. Demnach hat der Netzbetreiber in 4 Wochen das Anschlussbegehren des Anlagenbetreibers zu prüfen. Erfolgt keine Rückmeldung innerhalb der Zeitfrist, so gilt der Anschluss als genehmigt.

Neue Ausschreibung für Dachanlagen

Dass PV-Anlagen ab einer Leistung von 750 kW Teil der Ausschreibung sind, ist seit dem EEG 2017 keine Neuigkeit mehr. Mit dem EEG 2021 erfolgt jedoch eine Trennung von PV-Freiflächenanlagen und PV-Dachanlagen und an Lärmschutzwänden. Dabei soll die Ausschreibungsgrenze von 750 kW auf 500 kW sinken. Für Freiflächenanlagen bleibt die Grenze von 750 kW bestehen. Durch die Änderung wäre eine Vielzahl von Dachanlage verpflichtet, an der Ausschreibung teilzunehmen. Daneben ist ein Eigenverbrauch in diesem Kontext nicht mehr möglich. Durch die Trennung in PV-Freiflächen und ‑Dachanlagen kommen mit dem EEG 2021 nun zwei verschiedene Ausschreibungsvolumina. Der Gesetzgeber differenziert damit nun zwischen PV-Anlagen des ersten Segments (PV-Freiflächen) und PV-Anlagen des zweiten Segments (Dachanlagen und an Lärmschutzwänden).

Ausschreibungsvolumen bis 2029

Mit der Novellierung des EEG werden die Ausschreibungsmengen bis zum Jahr 2029 fortgesetzt, um die Klimaziele für das Jahr 2030 mit einem EE-Anteil von 65 % im Sektor Strom sicherzustellen. Für Windenergie an Land plant der Gesetzgeber Ausschreibungsvolumen von 2,9 GW bis 5,8 GW pro Jahr. Bei PV-Dachanlagen liegen diese zwischen 0,25 und 0,35 GW pro Jahr. Wohingegen das Ausschreibungsvolumen für PV-Freiflächenanlagenmit Ausschreibungsmengen zwischen 1,6 GW und 1,9 GW deutlich höher liegen. Für Biogasanlagen mit fester Biomasse beträgt das Ausschreibungsvolumen 350 MW pro Jahr, für Biomethananlagen 150 MW pro Jahr. Für Windenenergieanlagen auf hoher See ändern sich die Mengen hingegen nicht, da hierfür eine Änderung des Wind-auf-See-Gesetzes erforderlich wäre.

Die neue Südquote

Mit der Novellierung des EEG wird eine sog. Südquote eingeführt. Durch diese Maßnahme soll eine Entlastung des Stromnetzes von Nord nach Süd sichergestellt werden. Hierfür plant der Gesetzgeber eine verpflichtende Quote für Windenergieanlagen an Land in Höhe von 15 % von 2021 bis 2023. Danach soll die Quote auf 20 % steigen. Die bisherigen Netzausbaugebiete entfallen damit.

Daneben erfolgt ebenfalls die Einführung einer Südquote für Biogasanlagen in Höhe von 50 %. Neu ist hierbei die Einführung einer Ausschreibung für Biomethananlagen, die sich ausschließlich an südliche Landkreise richtet. So sollen bis Ende 2028 jedes Jahr 150 MW Leistung von Biomethananlagen in südlichen Landkreisen realisiert werden. Die Ausschreibungsmenge erhöht sich dabei jeweils um die Menge, die im Vorjahr nicht vergeben wurde. Parallel zur Ausschreibung von Biomethananlagen bleibt die Ausschreibung für Biomasseanlagen mit fester Biomasse erhalten. Durch die Einführung dieser Maßnahmen will der Gesetzgeber einen Ausbau, der zu einem Ungleichgewicht der Stromerzeugung zwischen Nord- und Süddeutschland führt, verhindern.

Abschaffung der 6h-Regel

Für alle Neuanlagen, die ab dem 01.01.2021 an das Netz angeschlossen werden, plant der Gesetzgeber die mit dem letzten EEG 2017 eingeführte 6h-Regel abzuschaffen. Nach dieser Regel erhalten alle Anlagenbetreiber, die sich im Marktprämienmodell befinden, keine Marktprämie mehr, wenn der Spotmarktpreis länger als 6 Stunden negativ ist. In Zukunft plant der Gesetzgeber eine deutliche Verschärfung. So soll bereits die Auszahlung der Marktprämie bei negativen Strompreisen ab einer Länge von 1 Stunde gestoppt werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll die Neuregelung den Anreiz für den Einsatz der Speichertechnologie fördern, so dass EE-Strom erst in das Netz eingespeist wird, wenn der Spotmarktpreis wieder positiv ist. 

Keine Neuigkeiten für Stromspeicher

Eine Weiterentwicklung zum Umgang mit dem Thema Abgabenbefreiung für Stromspeicher fehlt in der jetzigen EEG-Novelle. Damit gilt weiterhin die jetzige Regelung des § 61i EEG. Verpflichtende Änderungen, die sich aus dem EU-Winterpaket ergeben, die u. a. eine Abgabenbefreiung für Speicher von Haushaltskunden vorsehen, werden nicht konsequent weiterverfolgt. Das Thema Power-to-X-Lösungen ist ebenfalls kaum enthalten. Lediglich eine Befreiung für grünen Wasserstoff ist angedacht. Somit bleibt abzuwarten, ob noch eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber erfolgt.

10 kW-Grenze zur Umlagenbefreiung bleibt bestehen

Aktuell zahlen Verbraucher, die eine PV-Anlage unterhalb einer Leistung von 10 kW betreiben, keine EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom. Für größere Anlagen oberhalb 10 kW ist dies Pflicht. Das EU-Winterpaket sah in diesem Kontext eine Anhebung der Grenze auf mindestens 30 kW vor, dies ist im aktuellen Entwurf noch nicht enthalten. Auch hier bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber nachbessert.

Anpassung des Mieterstromzuschlages

Wie dem letzten Mieterstrombericht der Bundesregierung zu entnehmen war, ist der Ausbau von Mieterstromprojekten auf Grund der schlechten Förderbedingungen bislang mehr als schleppend erfolgt. Ein Grund war die zu niedrige Mieterstromumlage, die an die Höhe der aktuellen PV-Vergütung abzüglich des Wertes 8,5 ct/kWh gekoppelt war. Dadurch, dass die Höhe der PV-Vergütung durch den atmenden Deckel im EEG stetig sinkt, nahm auch die Höhe des Mieterstromzuschlags ab.

Mit der Novellierung des EEG erfolgt nun eine Entkopplung des Mieterstromzuschlags von der Höhe der PV-Vergütung. Anlagen mit einer Leistung von maximal 10 kW erhalten einen Mieterstromzuschlag von 3,79 ct/kWh. Anlagen von 10 bis 40 kW 3,52 ct/kWh und Anlagen bis 500 kW 2,37 ct/kWh. Die Grenze für Mieterstromprojekte wird somit von 100 kW auf 500 kW angehoben. Die Höhe der Mieterstromvergütung sinkt ebenfalls nach den gleichen Mechanismen des atmenden Deckels wie für die feste PV-Vergütung. Eine marktgerechte Vergütung bleibt so sichergestellt.

Weitere Entwicklung bleibt abzuwarten

Wie aus dem Ausschnitt über die geplanten Änderungen des EEG ersichtlich wurde, hält die Novelle viele neue Themen bereit. Dringende Themen, wie der weitere Umgang mit Post-EEG-Anlagen, bekommen nun endlich einen rechtlichen Rahmen. Andere, wie das Thema Speicher, sind komplett vernachlässigt worden. Ebenso die Anhebung der 10-kW-Grenze zur Umlagenbefreiung auf mindestens 30 kW, wie es die EU vorsieht. Mit der Ankündigung des Gesetzgebers, die Regelung für Post-EEG-Windkraftanlagen zu ergänzen, wird deutlich, dass noch einige kleine Änderungen kommen. Ein deutlich größerer Wurf ist jedoch auf Grund des Zeitdrucks nicht zu erwarten.

Power-Purchase-Agreements (PAAs) und Post-EEG-Anlagen im energiewirtschaftlichen Kontext

Energiewirtschaftliche Tagesfragen 70. Jg. (2020) Heft 3

Das Ende der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stellt Betreiber von Solar- und Windanlagen vor die Frage, wie es in Zukunft mit diesen weitergehen soll. Eine Abschaltung gilt es zu verhindern – Power-Purchase-Agreements könnten die Lösung sein.

Welche Formen von PPAs aktuell diskutiert werden, ob virtuell, physisch, On-Site oder Off-Site, Chancen und Risiken sowie mehr zur rechtlichen Grundlage der Agreements lesen sie im neuen Artikel von Marcel Linnemann in der Energiewirtschaftliche Tagesfragen:

Power-Purchase-Agreements (PAAs) und Post-EEG-Anlagen im energiewirtschaftlichen Kontext

Redispatch 2.0 – Das Stromnetz wird 2021 flexibler

Flexbilität im Stromnetz

Die Energieerzeugung ist längst nicht mehr wie vor 20 Jahren ein Geschäft für wenige hunderte konventionelle Kraftwerke. Mittlerweile erzeugen mehr als 1,7 Millionen Erneuerbare Energien- Anlagen (EE-Anlagen) elektrische Energie und müssen in das Stromnetz integriert werden. Hinzu kommt eine steigende Anzahl neuer Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektromobile, die in das Netz integriert werden müssen. Für ein physikalisches System, bei dem zu jedem Zeitpunkt genauso viel Energie verbraucht wie erzeugt werden muss und für das die physikalischen Grenzen, wie z. B. die der Transportkapazität beachtet werden müssen, stellt dies unter Berücksichtigung des weiteren Ausbaus an EE-Anlagen eine enorme Herausforderung dar. Ein Instrument zur Gewährleistung der Netzstabilität stellen die sogenannten Redispatch-Maßnahmen dar.

Was ist Redispatch?

Der Begriff Redispatch steht für die Änderung der Kraftwerkeinsatzplanung zur Vermeidung von Netzengpässen. Dies geschieht auf Basis von Lastfluss- oder Netzbelastungsberechnungen. Für die Netzstabilität ist in diesem Zusammenhang der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erforderlich, der eine Übersicht über die Ein- und Ausspeisepunkte der verschiedenen Netzebenen erstellt und nutzt.

Grundsätzlich wird im Rahmen des Redispatch zwischen Standard-Redispatch-Maßnahmen und Sondermaßnahmen differenziert. Bei einer Redispatch-Maßnahme geht es vor allem darum, Netzengpässe zu verlagern, indem Kraftwerke an Standorten mit einer hohen Energienachfrage aktiviert werden und im Gegenzug Kraftwerke in Regionen mit geringerer Nachfrage ihre Erzeugung drosseln müssen (Standard-Redispatch-Maßnahme). Ist auf Basis der Berechnung ein Netzengpass absehbar, weist der Übertragungsnetzbetreiber die Anlagenbetreiber an, ihren Fahrplan zu ändern. Für die Abweichung erhalten die Anlagenbetreiber eine Entschädigung. Die Berechnung erfolgt auf Basis des BDES-Branchenleitfadens zur Vergütung von Redispatch-Maßnahmen.

In diesem Kontext ist zwischen dem negativen und positiven Redispatch zu differenzieren. Bei Sondermaßnahmen ist ein Engpass nicht zeitlich vorhersehbar, weswegen eine Anweisung zur Änderung des Kraftwerkeinsatzplans kurzfristig durch den ÜNB erfolgt. Der Redispatch wird heute mit konventionellen Großkraftwerken ab 10 MW durchgeführt.

Auslöser, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)

Auf Grund des starken Zubaus von EE-Anlagen in den letzten 10 Jahren, zunehmenden Netzengpässen auf den unteren Netzebenen sowie den geplanten Kapazitätsverringerungen konventioneller Erzeugungsanlagen, wie z. B. dem geplanten Kohleausstieg, wird derzeit eine Reform des Redisptach geplant. Ausgangsbasis hierfür ist das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG), das neue Vorgaben zum Umgang mit Netzengpässen enthält und ab dem 01. Oktober 2021 umzusetzen ist. Die einzelnen Regelungen des Einspeisemanagements für EE- und KWK-Anlagen werden in das EnWG überführt. Das Vorhaben wird in der Branche als Redispatch 2.0 bezeichnet.

Im Gegensatz zu früher schließen die Neuregelungen alle 890 Verteilnetzbetreiber (VNB) mit ein, da jeder VNB verpflichtet wird, am Redispatch teilzunehmen. Für viele Netzbetreiber bedeutet dies die Implementierung neuer Prozesse, die für eine gemeinsame Kommunikation und Datenaustausch notwendig sind. Die Änderungen sind jedoch noch nicht final beschlossen und werden derzeit von den Verbänden in Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde erarbeitet.

Redispatch 2.0

Im Gegensatz zur bestehenden Regelung des Redispatch sollen nicht mehr nur noch die konventionellen Anlagen mit einer installierten Leistung größer 10 MW in das Redispatch integriert werden. Im Rahmen der Gesetzesnovelle sind auch konventionelle und KWK-Anlagen zwischen 0,1 bis 10 MW installierter Leistung zu integrieren. Ebenfalls sind alle EE-Anlagen größer 0,1 MW zu berücksichtige sowie alle EE-Anlagen, die kleiner 0,1 MW sind und über eine Steuerungseinheit verfügen. Dies würde alle EE-Anlagen betreffen, die über ein intelligentes Messsystem mit einer Steuerbox verfügen. Bis 2032 dürften hiervon alle Anlagen mit einer installierten Leistung größer 7 kW betroffen sein. Somit sind in Zukunft nicht mehr wenige einzelne Großkraftwerke vom Redispatch betroffen, sondern auch ein Großteil der mehr als 1,7 Millionen EE-Anlagen.

Darüber hinaus sind nicht mehr nur die Anlagenbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Bilanzkreisverantwortlichen betroffen, sondern auch die Verteilnetzbetreiber der ersten sowie nten-Ebene. Die Entschädigungsprozesse sollen im Kern auf dem Branchenleitfaden für die Abrechnung von Redispatch-Maßnahmen beruhen sowie dem Leitfaden zum Einspeisemanagement 3.0 der BNetzA.

 

ERklärung Redispatch 1.0 vs. 2.0
© items GmbH

Diskutierte Redispatch-Modelle

Wie ein finales Modell am Ende aussehen könnte, welcher Datenbedarf besteht und welche Prozesse im Einzelnen noch auszugestalten sind, findet sich derzeit noch im Bearbeitungsprozess. Die aktuellen Entwicklungen können auf der Website des BDEW nachverfolgt werden. Im Rahmen des Entwicklungsprozesses differenziert der BDEW zwischen drei unterschiedlichen Bilanzierungsmodellen:

  • Modell 0 für konventionelle und KWK-Anlagen
  • Modell 0+ für EE-Anlagen
  • Modell 1 für EE-Anlagen

Für die Modelle 0 und 0+ ist u. a. die Lieferung von Planungsdaten erforderlich, wohingegen Modell 1 auf Planungsdaten verzichtet. Insgesamt differenzieren alle Modelle zwischen unterschiedlichen Leistungsstufen und zu übermittelnden Daten. Je nach installierter Leistung müssen ggf. Planungs-, Stamm-, Echtzeitdaten, Nichtbeanspruchbarkeiten und marktbedingte Anpassungen der Fahrweise durch Bilanzkreisverantwortliche bei PV/Wind mitgeteilt werden.

Eine Kernaufgabe der Netzbetreiber wird die Berechnung und Mitteilung von Flex-Ressourcen sein, die aggregiert werden müssen, so dass einzelne Cluster gebildet werden können. Die Flex-Ressourcen spiegeln die Flexibilitätsoptionen der Erzeugungsanlagen wider. Hierfür ist eine Prognose für den Folgetag auf 15min-Basis notwendig. Die Abrechnung erfolgt ebenfalls über den Netzbetreiber. Hierfür wird wahrscheinlich das Spitz- oder Pauschalverfahren nach dem Leitfaden zum Einspeisemanagement 3.0 eingesetzt. Inwiefern sich die einzelnen Prozesse und Modelle weiterentwickeln bleibt diesbezüglich abzuwarten.

Auch VNB ohne EinsMan vom Redispatch betroffen

Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass alle Anlagenbetreiber nach dem NABEG verpflichtet sind am Redispatch teilzunehmen, auch wenn die Anlage derzeit nicht Teil des EinsMan ist. Diesbezüglich ist der Anlagenbetreiber verantwortlich für:

  • Meldung/Ergänzung von Stammdaten und Verwaltung bei Änderungen
  • Erstellung und Aktualisierung der Einspeiseprognose bei Anlagen, die nicht durch EIV verbindlich planbar sind
  • Ergänzung/Aktualisierung der netztechnischen Wirksamkeit von Anlagen im eigenen Netz auf Übergabepunkte des vorgelagerten Netzes
  • Meldung von Flexibilitätsbeschränkungen für vorgelagerte Netzbetreiber
  • Wenn der ANB die Anlagen in seinem Netzgebiet selber anweist, kommen weitere Pflichten, wie z. B. der Bilanzkreisausgleich und die Abrechnung hinzu.

(Quelle BDEW)

Auswirkungen auf die ARegV

Durch die Neugestaltung des NABEG ist bislang noch unklar, welche Auswirkungen sich für die Erlösobergrenze für Netzbetreiber ergeben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Verwaltungsaufwand für Maßnahmen des Engpassmanagements durch die steigende Anlagenzahl zunehmen wird. Dadurch steigt auch die Nachweispflicht gegenüber der Regulierungsbehörde, sofern die Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten (dnbk) anerkannt werden sollen. Nach §15 EEG liegt dies dann bei EE-Anlagen vor, wenn die Maßnahme erforderlich war, diese nicht durch den Netzbetreiber zu vertreten ist und die Zahlung im gesetzlichen Rahmen liegt.

Durch die Tatsache, dass die meisten Erzeugungsanlagen bedingt durch die Energiewende vor allem im Verteilnetz installiert werden, wird der VNB in Zukunft wahrscheinlich einen erhöhten Aufwand gegenüber der Regulierungsbehörde haben. Hinzu kommt, dass der Verwaltungsaufwand in der Regel über eine Pauschale abgedeckt werden muss. Dadurch ist der VNB gezwungen, möglichst automatisierte Prozesse zu etablieren. Hinzu kommt die aktuelle Problematik der mangelnden Datenbasis im Verteilnetz. Viele Verteilnetzbetreiber haben keine Informationen über genaue Netzengpässe oder Spannungsbandverletzungen. Diese könnten aber gerade auf Verteilnetzebene notwendig werden, wenn z. B. mehrere Ladesäulen und EE-Anlagen auf einem Strang angeschlossen sind. Hier stellt sich auch die Frage, ob die derzeitige Planung des BDEW mit Stammdaten und einer Überschlagsrechnung für EE-Anlagen unter 100 kW ausreicht oder nicht vielmehr ein Echtzeitmonitoring des Verteilnetzes notwendig ist.

Entwicklung weiterhin offen

Viele Fragen sind im Rahmen der Ausgestaltung des Redispatch 2.0 noch offen und werden sicherlich in den nächsten Monaten konkretisiert werden. Spannend dürfte für Netzbetreiber vor allem werden, welche Daten im Verteilnetz erhoben werden müssen, um die Anforderungen des Redispatch 2.0 zu erfüllen. Es dürfte auch die Automatisierung der Prozesse zur Reduktion des Verwaltungsaufwands von hoher Priorität sein. So könnte die Flex-Prognose je Anlage auf 15min-Basis für den Folgetag für VNBs ein hoher Aufwand darstellen, da u. a. die Volatilität der EE-Anlagen zu berücksichtigen ist.