Redispatch 2.0 – Das Stromnetz wird 2021 flexibler

Flexbilität im Stromnetz

Die Energieerzeugung ist längst nicht mehr wie vor 20 Jahren ein Geschäft für wenige hunderte konventionelle Kraftwerke. Mittlerweile erzeugen mehr als 1,7 Millionen Erneuerbare Energien- Anlagen (EE-Anlagen) elektrische Energie und müssen in das Stromnetz integriert werden. Hinzu kommt eine steigende Anzahl neuer Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektromobile, die in das Netz integriert werden müssen. Für ein physikalisches System, bei dem zu jedem Zeitpunkt genauso viel Energie verbraucht wie erzeugt werden muss und für das die physikalischen Grenzen, wie z. B. die der Transportkapazität beachtet werden müssen, stellt dies unter Berücksichtigung des weiteren Ausbaus an EE-Anlagen eine enorme Herausforderung dar. Ein Instrument zur Gewährleistung der Netzstabilität stellen die sogenannten Redispatch-Maßnahmen dar.

Was ist Redispatch?

Der Begriff Redispatch steht für die Änderung der Kraftwerkeinsatzplanung zur Vermeidung von Netzengpässen. Dies geschieht auf Basis von Lastfluss- oder Netzbelastungsberechnungen. Für die Netzstabilität ist in diesem Zusammenhang der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erforderlich, der eine Übersicht über die Ein- und Ausspeisepunkte der verschiedenen Netzebenen erstellt und nutzt.

Grundsätzlich wird im Rahmen des Redispatch zwischen Standard-Redispatch-Maßnahmen und Sondermaßnahmen differenziert. Bei einer Redispatch-Maßnahme geht es vor allem darum, Netzengpässe zu verlagern, indem Kraftwerke an Standorten mit einer hohen Energienachfrage aktiviert werden und im Gegenzug Kraftwerke in Regionen mit geringerer Nachfrage ihre Erzeugung drosseln müssen (Standard-Redispatch-Maßnahme). Ist auf Basis der Berechnung ein Netzengpass absehbar, weist der Übertragungsnetzbetreiber die Anlagenbetreiber an, ihren Fahrplan zu ändern. Für die Abweichung erhalten die Anlagenbetreiber eine Entschädigung. Die Berechnung erfolgt auf Basis des BDES-Branchenleitfadens zur Vergütung von Redispatch-Maßnahmen.

In diesem Kontext ist zwischen dem negativen und positiven Redispatch zu differenzieren. Bei Sondermaßnahmen ist ein Engpass nicht zeitlich vorhersehbar, weswegen eine Anweisung zur Änderung des Kraftwerkeinsatzplans kurzfristig durch den ÜNB erfolgt. Der Redispatch wird heute mit konventionellen Großkraftwerken ab 10 MW durchgeführt.

Auslöser, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG)

Auf Grund des starken Zubaus von EE-Anlagen in den letzten 10 Jahren, zunehmenden Netzengpässen auf den unteren Netzebenen sowie den geplanten Kapazitätsverringerungen konventioneller Erzeugungsanlagen, wie z. B. dem geplanten Kohleausstieg, wird derzeit eine Reform des Redisptach geplant. Ausgangsbasis hierfür ist das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG), das neue Vorgaben zum Umgang mit Netzengpässen enthält und ab dem 01. Oktober 2021 umzusetzen ist. Die einzelnen Regelungen des Einspeisemanagements für EE- und KWK-Anlagen werden in das EnWG überführt. Das Vorhaben wird in der Branche als Redispatch 2.0 bezeichnet.

Im Gegensatz zu früher schließen die Neuregelungen alle 890 Verteilnetzbetreiber (VNB) mit ein, da jeder VNB verpflichtet wird, am Redispatch teilzunehmen. Für viele Netzbetreiber bedeutet dies die Implementierung neuer Prozesse, die für eine gemeinsame Kommunikation und Datenaustausch notwendig sind. Die Änderungen sind jedoch noch nicht final beschlossen und werden derzeit von den Verbänden in Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde erarbeitet.

Redispatch 2.0

Im Gegensatz zur bestehenden Regelung des Redispatch sollen nicht mehr nur noch die konventionellen Anlagen mit einer installierten Leistung größer 10 MW in das Redispatch integriert werden. Im Rahmen der Gesetzesnovelle sind auch konventionelle und KWK-Anlagen zwischen 0,1 bis 10 MW installierter Leistung zu integrieren. Ebenfalls sind alle EE-Anlagen größer 0,1 MW zu berücksichtige sowie alle EE-Anlagen, die kleiner 0,1 MW sind und über eine Steuerungseinheit verfügen. Dies würde alle EE-Anlagen betreffen, die über ein intelligentes Messsystem mit einer Steuerbox verfügen. Bis 2032 dürften hiervon alle Anlagen mit einer installierten Leistung größer 7 kW betroffen sein. Somit sind in Zukunft nicht mehr wenige einzelne Großkraftwerke vom Redispatch betroffen, sondern auch ein Großteil der mehr als 1,7 Millionen EE-Anlagen.

Darüber hinaus sind nicht mehr nur die Anlagenbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Bilanzkreisverantwortlichen betroffen, sondern auch die Verteilnetzbetreiber der ersten sowie nten-Ebene. Die Entschädigungsprozesse sollen im Kern auf dem Branchenleitfaden für die Abrechnung von Redispatch-Maßnahmen beruhen sowie dem Leitfaden zum Einspeisemanagement 3.0 der BNetzA.

 

ERklärung Redispatch 1.0 vs. 2.0
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Diskutierte Redispatch-Modelle

Wie ein finales Modell am Ende aussehen könnte, welcher Datenbedarf besteht und welche Prozesse im Einzelnen noch auszugestalten sind, findet sich derzeit noch im Bearbeitungsprozess. Die aktuellen Entwicklungen können auf der Website des BDEW nachverfolgt werden. Im Rahmen des Entwicklungsprozesses differenziert der BDEW zwischen drei unterschiedlichen Bilanzierungsmodellen:

  • Modell 0 für konventionelle und KWK-Anlagen
  • Modell 0+ für EE-Anlagen
  • Modell 1 für EE-Anlagen

Für die Modelle 0 und 0+ ist u. a. die Lieferung von Planungsdaten erforderlich, wohingegen Modell 1 auf Planungsdaten verzichtet. Insgesamt differenzieren alle Modelle zwischen unterschiedlichen Leistungsstufen und zu übermittelnden Daten. Je nach installierter Leistung müssen ggf. Planungs-, Stamm-, Echtzeitdaten, Nichtbeanspruchbarkeiten und marktbedingte Anpassungen der Fahrweise durch Bilanzkreisverantwortliche bei PV/Wind mitgeteilt werden.

Eine Kernaufgabe der Netzbetreiber wird die Berechnung und Mitteilung von Flex-Ressourcen sein, die aggregiert werden müssen, so dass einzelne Cluster gebildet werden können. Die Flex-Ressourcen spiegeln die Flexibilitätsoptionen der Erzeugungsanlagen wider. Hierfür ist eine Prognose für den Folgetag auf 15min-Basis notwendig. Die Abrechnung erfolgt ebenfalls über den Netzbetreiber. Hierfür wird wahrscheinlich das Spitz- oder Pauschalverfahren nach dem Leitfaden zum Einspeisemanagement 3.0 eingesetzt. Inwiefern sich die einzelnen Prozesse und Modelle weiterentwickeln bleibt diesbezüglich abzuwarten.

Auch VNB ohne EinsMan vom Redispatch betroffen

Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass alle Anlagenbetreiber nach dem NABEG verpflichtet sind am Redispatch teilzunehmen, auch wenn die Anlage derzeit nicht Teil des EinsMan ist. Diesbezüglich ist der Anlagenbetreiber verantwortlich für:

  • Meldung/Ergänzung von Stammdaten und Verwaltung bei Änderungen
  • Erstellung und Aktualisierung der Einspeiseprognose bei Anlagen, die nicht durch EIV verbindlich planbar sind
  • Ergänzung/Aktualisierung der netztechnischen Wirksamkeit von Anlagen im eigenen Netz auf Übergabepunkte des vorgelagerten Netzes
  • Meldung von Flexibilitätsbeschränkungen für vorgelagerte Netzbetreiber
  • Wenn der ANB die Anlagen in seinem Netzgebiet selber anweist, kommen weitere Pflichten, wie z. B. der Bilanzkreisausgleich und die Abrechnung hinzu.

(Quelle BDEW)

Auswirkungen auf die ARegV

Durch die Neugestaltung des NABEG ist bislang noch unklar, welche Auswirkungen sich für die Erlösobergrenze für Netzbetreiber ergeben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Verwaltungsaufwand für Maßnahmen des Engpassmanagements durch die steigende Anlagenzahl zunehmen wird. Dadurch steigt auch die Nachweispflicht gegenüber der Regulierungsbehörde, sofern die Kosten als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten (dnbk) anerkannt werden sollen. Nach §15 EEG liegt dies dann bei EE-Anlagen vor, wenn die Maßnahme erforderlich war, diese nicht durch den Netzbetreiber zu vertreten ist und die Zahlung im gesetzlichen Rahmen liegt.

Durch die Tatsache, dass die meisten Erzeugungsanlagen bedingt durch die Energiewende vor allem im Verteilnetz installiert werden, wird der VNB in Zukunft wahrscheinlich einen erhöhten Aufwand gegenüber der Regulierungsbehörde haben. Hinzu kommt, dass der Verwaltungsaufwand in der Regel über eine Pauschale abgedeckt werden muss. Dadurch ist der VNB gezwungen, möglichst automatisierte Prozesse zu etablieren. Hinzu kommt die aktuelle Problematik der mangelnden Datenbasis im Verteilnetz. Viele Verteilnetzbetreiber haben keine Informationen über genaue Netzengpässe oder Spannungsbandverletzungen. Diese könnten aber gerade auf Verteilnetzebene notwendig werden, wenn z. B. mehrere Ladesäulen und EE-Anlagen auf einem Strang angeschlossen sind. Hier stellt sich auch die Frage, ob die derzeitige Planung des BDEW mit Stammdaten und einer Überschlagsrechnung für EE-Anlagen unter 100 kW ausreicht oder nicht vielmehr ein Echtzeitmonitoring des Verteilnetzes notwendig ist.

Entwicklung weiterhin offen

Viele Fragen sind im Rahmen der Ausgestaltung des Redispatch 2.0 noch offen und werden sicherlich in den nächsten Monaten konkretisiert werden. Spannend dürfte für Netzbetreiber vor allem werden, welche Daten im Verteilnetz erhoben werden müssen, um die Anforderungen des Redispatch 2.0 zu erfüllen. Es dürfte auch die Automatisierung der Prozesse zur Reduktion des Verwaltungsaufwands von hoher Priorität sein. So könnte die Flex-Prognose je Anlage auf 15min-Basis für den Folgetag für VNBs ein hoher Aufwand darstellen, da u. a. die Volatilität der EE-Anlagen zu berücksichtigen ist.

Elektromobilität im Fokus der Stromsteuer

Umlagen, Abgaben und Steuern in der E-Mobilität

Spätestens mit dem neuen Klimapaket der Bundesregierung und den geplanten Subventionen im Bereich Ladeinfrastruktur für Elektromobile ist klar, dass das Themenfeld Umlagen, Abgaben und Steuern in der E-Mobilität in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Hierbei stehen Versorger nicht nur vor der Herausforderung eine hohe Anzahl von Ladepunkten in das Stromnetz zu integrieren, sondern auch die Themen Abrechnung, Steuern und Umlagen gewinnen im Bereich der Elektromobilität zunehmend an Bedeutung. Wurde in der Vergangenheit der Fahrtstrom an vielen Ladepunkten auf Grund mangelnder Auslastung kostenlos bereitgestellt, findet eine zunehmende Integration der Ladepunkte in Abrechnungssysteme statt. Dabei rückt auch die Komplexität der Umlagen, Abgaben und Steuern in den Fokus. Der vorliegende Blogbeitrag legt dabei einen Schwerpunkt auf das Thema Stromsteuer im Bereich E-Mobilität. In welchen Fällen ist eine Stromsteuerbefreiung möglich? Wie fällt diese an und was versteht die StromStV unter dem Begriff Elektromobilität? Andere Themen wie die EEG-Umlage oder NNE werden nicht betrachtet.

Elektromobilität im Sinne der Stromsteuer

Der Begriff der Elektromobilität wurde in §1c der StromStV geregelt. Im Sinne der Stromsteuer fallen alle Batterieelektrofahrzeuge sowie von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge (Plug-in-Hybride) unter den Begriff Elektromobilität. Bei einem Batteriefahrzeug handelt es sich um ein Kraftfahrzeug mit einem elektrischen Antrieb, wobei der elektrische Energiespeicher von außerhalb des Fahrzeuges wieder aufladbar sein muss §1 StVG. Ein Hybridfahrzeug besitzt dagegen mehrere Antriebe. Mindestens bei einem Antrieb muss es sich um einen elektrischen handeln. Dieser muss ebenfalls von außen über einen elektrischen Speicher aufladbar sein.
Sind elektrische Fahrzeuge nicht im Straßenverkehr zugelassen und befinden sich ausschließlich auf einem Betriebsgelände, fallen sie nicht unter die Regelung des § 1c StromStV. Ein Beispiel sind elektrisch betriebene Gabelstapler auf dem Betriebsgelände. Weiterhin gilt für die E-Mobilität und Stromsteuer, dass auch elektrische Fahrräder unter die Ausnahmeregelung fallen können, wenn sie ausschließlich auf dem Betriebsgelände genutzt werden.

Entstehung der Stromsteuer

Die Entstehung der Stromsteuer ist geregelt in §5 Abs.1 StromStG. Stromsteuer entsteht dabei, „dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird, oder dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt“ (§5 StromStG). Derjenige, der den Strom bereitstellt, wird im Sinne des StromStG als Versorger und Steuerschuldner gewertet, auch wenn eine Lieferung an einen Letztverbraucher stattfindet.
Dabei ist im Kontext der Elektromobilität zu berücksichtigen, dass es sich bei einer Ladesäule um eine Kundenanlage im Sinne des EnWG handelt. Unter der Annahme, dass ausschließlich vollbesteuerter Strom bezogen wird und es sich um eine Ladesäule auf dem Betriebsgelände des Versorgers handelt, welche zum Beispiel der Belieferung der eigenen Arbeitnehmer dient, ist eine Befreiung des Versorgerstatus nach §3 EnergieStG möglich, sofern eine Belieferung des Stroms über eine Kundenanlage erfolgt. Durch die Bereitstellung des Stroms über eine Ladesäule wird in diesem Kontext der Strom nicht über das öffentliche Versorgungsnetz bereitgestellt, sondern über die Kundenanlage des EnWG. Eine Steuer durch die Entnahme aus dem öffentlichen Versorgungsnetz kann somit nicht erhoben werden.
Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StromStV ist derjenige, der nach § 3 StromStG versteuerten Strom zur Nutzung durch oder unmittelbar an elektrisch betriebene Fahrzeuge leistet, als Letztverbraucher zu werten. Somit stellt das Unternehmen ein Letztverbraucher im Sinne des StromStG dar. Aus diesem Grund ist ein Eintrag beim Hauptzollamt nicht notwendig. Die Rolle des Versorgers und somit Steuerschuldners nimmt in diesem Fall der Lieferant des Unternehmens ein, da das Unternehmen den Strom versteuert von diesem bezieht und die Stromsteuer über die Jahresabrechnung rechtskonform abführt. Die entstandenen Kosten können an den Ladesäulennutzer weitergereicht werden oder vom Unternehmen getragen werden. Maßgeblich ist hierfür die Abrechnung an der Ladesäule in Kombination mit dem Messsystem. Die Verpflichtung der Abgabe der Stromsteuer des Unternehmens gegenüber dem Lieferanten bleibt in jedem Fall bestehen, auch wenn dieses seinen Mitarbeitern den Strom kostenlos zur Verfügung stellt.

Elektromobilität - Übersicht Befreiung von der Stromsteuer

Stromsteuerbefreiung

Das StromStG bietet grundsätzlich die Möglichkeit der Stromsteuerbefreiung in bestimmten Fällen. Im Falle der Elektromobilität kann eine Entlastung der Stromsteuer nach §§ 9b, 10 StromStG für das produzierende Gewerbe oder den Spitzenausgleich nicht in Anspruch genommen werden (§ 9b Abs.1 StromStG; § 10 Abs.1 StromStG). Anders als im EEG ist eine Schätzung der entnommenen Strommenge, sofern kein Messsystem zur Erfassung des verbrauchten Stroms der Ladesäule vorliegt, möglich (§§ 17b Abs. 4a, 19 Abs. 4 StromStV). Elektromobile, die nicht unter die Definition des § 1c StromStV fallen, sind weiterhin begünstigungsfähig.
Handelt es sich hingegen um eine Eigenversorgung mit Erneuerbaren Energien, ist eine Befreiung von der Stromsteuer nach § 9 StromStG möglich. Dies gilt sowohl für die Eigenversorgung von Privathaushalten als auch für Unternehmen für deren eigene Fahrzeuge. Ebenfalls ist eine Befreiung für die übrigen Regelungen nach § 9 StromStG möglich. Privathaushalte können die gleichen Regelungen in Anspruch nehmen wie der beschriebene Fall des Unternehmens. Bei einer Belieferung durch einen Lieferanten handelt es sich ebenfalls um eine Belieferung einer Kundenanlage, bei der kein Versorgerstatus zustande kommt. Bei einer Eigenversorgung fällt ebenfalls keine Stromsteuer an (§ 9 StromStG).

PV-Anlagen im Post EEG-Zeitalter

Über eine Millionen EEG-Anlagen in zwölf Jahren

Der Klimawandel und die Pariser Klimaziele stehen aktuell, insbesondere auch im Kontext von Fridays for Future, im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das Ziel von mindestens 80 % Erneuerbaren Energien stellt hierbei das selbsternannte Ziel der Bundesregierung dar. Bereits Anfang 2000 wurden hierfür die Weichen mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zur Förderung alternativer Energiequellen gestellt. Das EEG sollte im Kern dazu dienen, regenerative Energien in ihrer Entwicklung zu fördern. Mittlerweile liegt der Anteil des regenerativ produzierten Stroms in Deutschland bei über 40%.

Der Zubau entstand vor allem auf Grund der staatlich garantierten Einspeisevergütung für eine Dauer von 20 Jahre durch das EEG. Ende des nächsten Jahres werden also die ersten Erneuerbaren Energien-Anlagen aus der EEG-Vergütung fallen. Für die Anlagenbetreiber stellt sich deswegen die Frage, was mit ihrer Anlage passieren soll und welche Möglichkeiten des Weiterbetriebs bestehen.
Bis zum Jahr 2032 sollen laut Analyse der Übertragungsnetzbetreiber über eine Millionen Anlagen aus der EEG-Vergütung fallen. So steht die Frage im Vordergrund, wie mit diesen Anlagen zu verfahren ist. Im Rahmen dieses Blogbeitrages soll der Fokus auf PV-Anlagen liegen.

PV-Anlagen benötigen einen Direktvermarkter

Wie für alle regenerativen Erzeugungsanlagen garantiert das EEG ein Einspeiseprivileg für 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres. Dies bedeutet für den erzeugten Solarstrom aus Post-EEG-Anlagen die Erhebung einer EEG-Umlage von 40% nach §61a EEG. Somit entfällt das Privileg des Eigenverbrauchs für PV-Anlagen < 10 kWpeak.

Ebenso endet die Tätigkeit des Übertragungsnetzbetreibers als Vermarkter des eingespeisten Stroms in die Versorgungsnetze, sofern sich die Anlagen nicht in der Direktvermarktung befinden. Dies bedeutet für den Anlagenbetreiber, dass jede erzeugte Kilowattstunde Strom, die nicht eigenverbraucht werden kann und in das öffentliche Netz eingespeist wird, durch einen Direktvermarkter abgenommen werden muss. Ansonsten müsste der Anlagenbetreiber selbst die Rolle des Lieferanten und Vermarkters einnehmen. Gerade für kleine Haushaltsanlagen birgt dies jedoch einen zu hohen Aufwand. Dazu kommt, dass unabhängig von der Frage, wer die Rolle des Direktvermarkters übernimmt, der Wechsel der Vermarktungsform dem zuständigen Netzbetreiber mitgeteilt werden muss. Gleiches gilt auch für Windkraftanlagen, welche im Rahmen des Beitrags nicht betrachtet werden sollen, auch wenn die meisten Vermarktungsmodelle ähnlich zur Photovoltaik sind.

Herkömmliche PV-Anlagen sind in der Regel für einen längeren Betrieb als 20 Jahre konzipiert und verfügen in der Regel nach 20 Jahren noch über 80% ihrer ursprünglichen Leistung. Aus diesem Grund ist zu klären, welche Weiterbetriebsmodelle für Post-EEG-Anlagen denkbar sind.

Post EEG PV-Anlagen

Unterschiedliche Betriebsmodelle für Post EEG-Anlagen

Für Photovoltaikanlagen sind mehrere Modelle denkbar. Grundsätzlich sind hierfür im Kern drei Fragen zu beantworten:

  1. Wem soll in Zukunft die Anlage gehören? Dem ursprünglichen Besitzer oder einem Dritten?
  2. Soll überschüssige Energie in das Netz eingespeist werden?
  3. Über welchen Zeitraum soll die Anlage betrieben werden?

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass ein Weiterbetrieb der Anlagen über Direktvermarkter erfolgen wird, wobei die Anlage im Besitz des ursprünglichen Erzeugers bleibt. Gegen eine monatliche Pauschale oder eine feste Vergütung pro kWh kann der Strom an der Börse in das Portfolio des Direktvermarkters aufgenommen werden. Die rechtlichen Pflichten der Vermarktung, Prognose etc. übernimmt der Dienstleister.

Zur Steigerung der Effizienz kann der Eigenverbrauch durch einen Stromspeicher optimiert werden. Die Sinnhaftigkeit ist hierbei jedoch vom Zustand der Erzeugungsanlage und der Dauer des geplanten Weiterbetriebs abhängig. Der Energievertrieb kann über eine Börse oder über dezentrale, bilaterale Handelsplätze stattfinden.

Demgegenüber steht die Alternative des Repowerings der Solaranlage, bei der die Erzeugungsanlage zu einem gewissen Grad erneuter wird und dann im Sinne des EEGs als Neuanlage gewertet wird. Hierbei entsteht ein erneuter, aber verringerter Vergütungsanspruch, für 20 Jahre zzgl. des Inbetriebnahmejahrs im Sinne des EEG. Hierbei ist jedoch die Größe des Anschlusses zu berücksichtigen, der evtl. nicht für ein Repowering ausgelegt wurde. Die Anforderungen diesbezüglich sind mit dem zuständigen Netzbetreiber zu klären.

Alternativ kann die Anlage mit einem Energiespeicher zur Eigenstromversorgung optimiert und am Wechselrichter komplett auf der Einspeiseseite abgeregelt werden. So entfällt die Verpflichtung der Auswahl eines Direktvermarkters. Die Maßnahme ist ebenfalls beim zuständigen Netzbetreiber zu melden. Genauso sind Konstruktionen mit einem Heizstab in einem Spitzenlastkessel der Heizungsanlage denkbar, der durch die PV-Anlage mit überschüssiger Energie versorgt wird. Da die PV-Anlage bereits abgeschrieben ist, ist eine wirtschaftliche Betriebsweise möglich.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, die PV-Anlage an einen neuen Betreiber zu verkaufen, der die Pflichten der Energiebelieferung übernimmt. Hierbei ist auch die Kombination eines Mieterstrommodells denkbar, da die Energieerzeugung und -abnahme nicht durch eine Person übernommen wird.

Bei einer Umrüstung auf Eigenverbrauch ist jedoch eine Veränderung des Messkonzeptes zu berücksichtigen und ggf. notwendig, um eine abrechnungskonforme Bilanzierung sicherzustellen. Dies kann zu zusätzlichen Kosten beim Messsystem führen, wie auch zu einer Veränderung des Zählerschrankes, der ggf. nicht über den notwendigen Platz verfügt.

items Betriebsmodelle Post EEG-Anlagen

Strategien der Anlagenwartung

Im Rahmen des Weiterbetriebs von PV-Anlagen ist in jedem Fall die geplante Dauer des Weiterbetriebs zu klären. Hierbei ist zwischen drei verschiedenen Betriebsweisen zu differenzieren:

1. langfristige Betriebsweise:

Die Betriebsweise ist für einen langfristigen Weiterbetrieb ausgelegt. Es existiert ein umfangreiches Wartungs- und Versicherungskonzept, um die Leistungsfähigkeit der Anlage zu erhalten. Die Anlage wird lediglich bei einem Großkomponentenschaden nicht weiterbetrieben.

2. mittelfristige Betriebsweise:

Die Betriebsweise ist für einen mittelfristigen Weiterbetrieb über mehrere Jahre ausgelegt. Es wird eine jährliche Wartung durchgeführt. Einzelne, kostengünstige Wartungsmaßnahmen werden durchgeführt. Bei mittleren bis größeren Schäden wird der Betrieb der Anlage eingestellt.

3. kurzfristige Betriebsweise:

Die kurzfristige Betriebsweise ist bis zum ersten Schadensfall ausgelegt. Es werden lediglich die notwendigen Wartungsmaßnahmen durchgeführt. Bei einem relevanten Schadensfall wird die Anlage nicht mehr weiterbetrieben. Das Ziel der Betriebsweise ist die Erzielung der maximalen Rendite bei möglichst geringen Instandhaltungskosten.

Bei der Auswahl der jeweiligen Strategie sind vor allem der Standort, der Zustand und die noch vorhandene Leistungsfähigkeit der Anlage zu berücksichtigen. Bei stark beschädigten Anlagen ist entweder die Installation einer Neuanlage sinnvoll oder die kurzfristige Betriebsweise.

Post EEG – Chance für EVUs

Gerade für Stadtwerke stellen Post-EEG-Anlagen ein ungeheures Potenzial dar. Oft sind in einem Netzgebiet 10% aller Haushalte (sofern es sich um ein EVU im ländlichen Raum handelt) mit einer Erneuerbaren-Energien-Anlage ausgestattet, die in den nächsten Jahren aus der Förderung herausfallen können. Hier bietet sich für Stadtwerke das Potenzial, die Rolle des Direktvermarkters zu übernehmen oder die Anlage als Mieterstromanlage weiterzubetreiben. Darüber hinaus können weitere Services im Bereich E-Mobilität integriert werden. Das EVU rückt so stärker in die Rolle eines Dienstleisters, die zur Bindung der Kunden immer notwendiger wird.

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

Energiemanagement – effizient mit LoRa

Energiebewusstsein und Ernergiemanagement für Unternehmen

Der Umgang mit Energie ist auch in Unternehmen zunehmend ein politisches, wie auch inhaltliches Thema. Durch die Proteste von Fridays for Future rücken das Verhalten und der Umgang mit Energie eines jeden Einzelnen zunehmend in den Vordergrund. Auch Unternehmen sind von dieser Ernergiemanagement – Debatte nicht ausgeschlossen.

In diesem Zusammenhang gibt es bereits seit einigen Jahren verschiedene Management – Systeme, die Unternehmen ab einer gewissen Mindestgröße umzusetzen haben, um einen Überblick über den eigenen Energieverbrauch zu erlangen und den Verbrauch kontinuierlich zu senken. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sind maximal verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen, das die Abbildung des Gesamtenergieverbrauchs zu einem Zeitpunkt zur Ableitung von Energieeinsparmaßnahmen zum Ziel hat. Immer mehr Unternehmen führen hingegen ein sogenanntes Energiemanagementsystem ( EnMS ) ein, um entweder neuen regulatorischen Verpflichtungen nachzukommen oder finanzielle Vorteile in Anspruch nehmen zu können.

Was ist ein Energiemanagement – System?

Die Einführung eines EnMS, dass die Abbildung des Energieverbrauchs bei kontinuierlicher Verbesserung der Energieeffizienz des Unternehmens fördern soll, ist in der ISO 50001 beschrieben. Das EnMS basiert in diesem Kontext auf dem klassischen PDCA-Zyklus (Plan, Do, Act, Check). Im Gegensatz zum Energieaudit, ist die Umsetzung von Maßnahmen verpflichtend. Hierfür sind einzelne Aktionspläne zu definieren und in festgelegten Zeiträumen umzusetzen.

Ein Ernergiemanagement – System besteht insgesamt aus drei Bausteinen: einem etablierten Managementsystem, das Verantwortliche innerhalb der Organisation benennt, und einem Dokumentenmanagementsystem. Darüber hinaus umfasst das EnMS ein aktives Energiemonitoring der eigenen Verbräuche an Hand festgelegter Bilanzgrenzen des Unternehmens, auf dessen Basis Energieeinsparmaßnahmen getroffen werden. Der Prozess wird dabei oft von einer EnMS-Software gestützt. Ausgangsdaten für ein Ernergiemanagement – System können Strom-, Wasser-, Gasverbräuche sein, aber auch Druckluft, Heizöl, Prozesswärme oder Benzinverbräuche. Sämtliche Energieträger sind innerhalb eines Unternehmens zu berücksichtigen.

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Die Mehrwerte eines Ernergiemanagement – Systems

Die Beweggründe für ein Ernergiemanagement – System haben oft finanzielle oder rechtliche Hintergründe. Wollen Unternehmen zum einen eine Bafa-Förderung in Anspruch nehmen, ist die Umsetzung eines EnMS in der Regel verpflichtend. Gleiches gilt für eine Abgabenreduzierung oder Abgabenbefreiung wie es z. B. bei der Stromsteuer oder EEG-Umlage der Fall ist. Des Weiteren können die Daten auch zur Vermeidung von Lastspitzen verwendet werden, um die eigenen Netznutzungsentgelte zu optimieren.

Warum ein Energiemanagement System items

Probleme eines EnMS heute

In der Praxis steht und fällt der Erfolg eines Ernergiemanagement – System mit der notwendigen Datenqualität. Je mehr Daten erhoben werden, desto besser können Energiefresser identifiziert und Einsparmaßnahmen umgesetzt werden. Hierfür ist ein Submetering-System erforderlich, über das die einzelnen Energieverbräuche erfasst und zur Berechnung der KPI genutzt werden können. Oft werden die Zähler von den Mitarbeitern abgelaufen und die Daten werden entweder nachträglich manuell in das IT System eingepflegt oder es erfolgt eine Datenübermittlung durch eine App. In jeden Fall sind jedoch Mitarbeiterressourcen erforderlich, um die Messwerte zu erheben.

Effizientes Submetering durch LoRa

Der Einsatz wertvoller Mitarbeiterressourcen kann mit LoRaWAN-fähigen Zählern bzw. Sensorik reduziert werden. Durch die günstige Konnektivitätstechnologie können Zähler schneller, in genau festgelegten Zeiträumen und mit einer besseren Datengranularität ausgelesen werden.

Hierfür ist eine intelligente Technologie-Architektur notwendig, welche die Daten über einen LoRa-Netzwerkserver überträgt und diese durch eine Middleware aufbereitet. Die Daten werden anschließend an die Applikation, das EnMS weitergeleitet. Hier kann der Mitarbeiter Energieeinsparmaßnahmen planen. Kommt es zur Überschreitung von Grenzwerten, wird z. B. eine Push-Benachrichtigung auf ein mobiles Endgerät geschickt.

Energiemanagementsystem items

EnMS, ein Geschäftsmodell für Stadtwerke

Es ist davon auszugehen, dass das Thema Energiemanagement weiterhin an Bedeutung gewinnen wird. Gerade kleinere Unternehmen werden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit immer stärker mit dem Thema Energiekosten und regulatorischen Auflagen konfrontiert werden. Hierbei sind Stadtwerke oft erste Ansprechpartner, da diese nicht nur selbst ein Ernergiemanagement – System für ihr eigenes Unternehmen umsetzen müssen, sondern diese Aufgabe oft auch von ihrer Kommune für deren eigene Liegenschaften übernehmen.

Der Einbau von Sensorik wie z. B. Strom-, Wasser- oder Wärmezähler, stellt eine Kernkompetenz eines jeden Stadtwerks da, neben dem technischen Verständnis für Energieoptimierung. Das Stadtwerk kann hierbei als Dienstleister für ein EnMS für kleinere Kunden auftreten. Mit einem mandantenfähigen IT-System ist das Stadtwerk in der Lage, die einzelnen EnMS der Kunden zu verwalten. Gerade im Kontext der sinkenden Margen im Stromvertrieb stellt das Geschäft der Energiedienstleistung ein neues Geschäftsfeld für die Stadtwerke dar, dessen Kernkompetenzen bereits heute vorhanden sind.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

Von der IoT-Wertschöpfungskette zum Geschäftsmodell

IoT: Eine Wertschöpfungskette für Praktiker

Buzzwords wie Smart City oder das Internet of Things geistern schon lange durch den Raum. Viele Stadtwerke testen bereits ihre ersten Prototypen mit LoRaWAN und planen bei einzelnen Use-Cases einen größeren Rollout wie z. B. bei der Überwachung von Ortsnetztransformatoren.

Ein flächendeckender Einsatz eines IoT-Netzes für eine Vielzahl von Use-Cases bedeutet jedoch die Etablierung von standardisierten Prozessen, um einen ordnungsgemäßen Betrieb des IoT-Netzes, wie auch der Use-Cases sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang soll der Beitrag einen groben Überblick über die einzelnen Themen des Geschäftsfeldes IoT geben. Die Darstellung der Übernahme einzelner Aufgaben durch bestimmte Rollen ist exemplarisch zu betrachten und kann in der Praxis je nach Mindset des Stadtwerks abweichen.

Einzelthemen im Bereich IoT – Was ist zu tun?

Hardware als Fundament des IoT

Das wichtigste in einem Funknetz ist die notwendige Sensorik und Aktorik. Hierfür sind in der Regel spezielle Hardwarekomponenten teils hochspezialisierter Hersteller erforderlich. Gerade bei einem flächendeckenden Rollout ist es erforderlich, industrietaugliche Hardware mit entsprechender Zertifizierung zu verwenden. Der Einsatz selbstgebauter und teilweise mangelhaft zusammengesetzter IoT – Hardware ist nicht zu empfehlen, da sich diese mit hoher Wahrscheinlichkeit als zu fehleranfällig erweisen kann. Gerade Zertifizierungen und Hardwaretests etc. sind sehr zeit- und kostenintensiv, so dass diese nicht durch Stadtwerke übernommen werden sollten. Lediglich für einzelne Spezialfälle kann ggf. eine Ausnahme gemacht werden.

Softwareanbindung

Neben einer funktionierenden Hardware ist ebenso die Software für die Verwaltung der Sensorik sowie des jeweiligen Anwendungsfalls zu berücksichtigen. Diese muss ggf. an das jeweilige IT-System des Stadtwerks angepasst werden. Gerade das Thema Schnittstellen ist hierbei von hoher Bedeutung, da die Software des Herstellers evtl. auch Daten aus dem eigenen Datenhub benötigt. Hierfür wird in der Regel auf den Dienstleister der verwendeten IoT – Plattform zurückgegriffen.

Technische Beratung & Implementierung

In der Praxis erweist es sich oft als schwierig, die geeignete Hardware zu identifizieren. Gerade im Kontext von LoRaWAN existiert eine Vielzahl fehleranfälliger und nicht funktionsfähiger Hardware. Hier kann auf die Expertise von Dienstleistern und Hardwareherstellern zurückgegriffen werden, die bereits erste Erfahrungen in der Praxis gemacht haben. Gleiches gilt für IoT – Softwarelösungen, die einen hohen Unterschied im Reifegrad aufweisen können.

Die technische Implementierung übernimmt dabei in der Regel der beauftragte Dienstleister.

Strategie- und Produktentwicklung

Bei den Themen Smart City und Internet of Things handelt es sich im Grunde um ein Querschnittsthema, das nicht in Form einzelner Projekte gesehen werden sollte, sondern ganzheitlich zu betrachten ist. Die Entwicklung des eigentlichen Produktes ist dann sehr individuell zu betrachten; der Leistungsanteil zwischen dem Stadtwerk, Dienstleister und Hardwarehersteller kann dabei sehr stark schwanken.

Sensorinstallation & Vertrieb

Die Installation der Sensoren vor Ort findet grundsätzlich durch das Stadtwerk statt, das bereits heute über das notwendige Wissen durch den Betrieb von Infrastruktur verfügt. Ggf. kann dies der Kunde des Stadtwerks auch selbst tun, wenn es sich um ein B2B- oder B2C-Geschäftsmodell handelt. In der Praxis wird meistens mit internen Use-Cases begonnen, um erste Erfahrungen mit IoT-Anwendungsfällen zu sammeln.

Vom Projekt in den Betrieb

Field-Service – die Basis für IoT

Wie bereits erwähnt, besteht ein IoT-Netz aus einer Vielzahl miteinander vernetzter Sensoren. Diese müssen auf der einen Seite implementiert und auf der anderen Seite ggf. in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Spätestens bei batteriebetriebener Sensorik muss am Ende des Lebenszyklus ein Wechsel der Batterie erfolgen. Darüber hinaus werden für den jeweiligen Anwendungsfall unterschiedliches Wissen und Fähigkeiten benötigt.

So benötigt ein einfacher Temperatursensor innerhalb eines Gebäudes keine Installation durch eine zertifizierte Fachkraft, während die Montage eines Wasserzählers in Schächten eine qualifizierte Ausbildung erfordert. Gerade das breite Spektrum an Anwendungsfeldern erfordert ein hohes Maß an Kompetenzen, die in der Regel innerhalb eines Energieversorgungsunternehmens vorzufinden sind.

Nicht nur die Installation und Wartung von Sensoren wird im Field-Service mitberücksichtigt, sondern auch die der notwendigen Gateways, wenn es sich beispielsweise um ein LoRaWAN-Netz handelt, das durch das Energieversorgungsunternehmen selbst betrieben wird.

Netzbetrieb LoRaWAN

Betreibt ein Energieversorgungsunternehmen selbst ein IoT-Netz, wie zum Beispiel ein LoRaWAN-Netz, dann ist die Übernahme der Tätigkeit des Netzbetriebs notwendig, wie es auch heute schon bei Energieversorgungsnetzen der Fall ist. Bei einem LoRaWAN-Netz ist zum Beispiel darauf zu achten, dass nicht alle Sensoren mit dem Spreading-Faktor 12 senden, da ansonsten die Datenübertragung gestört werden kann.

Darüber hinaus kann es im operativen Betrieb auch zu einer Störung der Gateways kommen. Diese können sich beispielsweise aufhängen und müssen neugestartet werden. Dies kann u. a. per Remote-Zugriff oder Unterbrechung der Stromverbindung erfolgen. Das genaue Vorgehen ist jedoch abhängig von der jeweiligen Technologie.

IT-Betrieb

Neben dem Betrieb des Netzes ist auch der Betrieb der IT-Infrastruktur erforderlich. Dies umfasst zum einen den Betrieb der erforderlichen Server und zum anderen das Einspielen neuer Releases.

Anwendungsbetrieb und Betreuung von IoT – Lösungen

Die IoT-Lösungen bestehen in der Regel aus einer Kombination von Hard- und Softwarelösungen. Gerade IT-Systeme benötigen diesbezüglich eine Anwendungsbetreuung, um auf Fehler im System, Anwendungsfragen wie auch Fragen nach potentiellen Features reagieren zu können.

Nach ITIL wird dabei zwischen dem First-, Second- und Third-Level-Support differenziert. Der Third-Level-Support wird in der Regel vom Hersteller der Sensorik bzw. der Entwicklungsfirma der Softwarelösung durchgeführt. First- und Second-Level-Support können durch einen IT-Dienstleister übernommen werden. In der Praxis gibt es dazu oft vereinbarte Rahmenverträge über eine bestimmte Laufzeit.

Fachbereich Stadtwerk

Bei IoT-Anwendungsfällen ist zu differenzieren, welche Art von Use-Cases umgesetzt und betrieben werden. Bei internen Prozessen, wie zum Beispiel der Überwachung von Ortsnetztrafostationen mittels LoRaWAN-fähiger Sensorik, ist der jeweilige Fachbereich für den ordnungsgemäßen Betrieb der Sensorik sowie den Einsatz der Softwarelösung verantwortlich.

IoT im Kundenservice B2B und B2C

Neben internen Use-Cases gibt es ebenfalls IoT – Produkte für den B2B- und B2C-Bereich. Hierfür ist ein Kundensupport seitens des Energieversorgungsunternehmens notwendig. Sensorik muss ggf. bestellt und dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Eine klassische Delivery-Kette bis zum Endkunden ist aufzubauen. Daneben ist ein Kundensupport zu etablieren, der Störungen und Fehler aufnimmt sowie dem Kunden beratend zur Seite steht.

Fazit

Alles in allem ist festzuhalten, dass das Geschäftsfeld IoT aus einer Vielzahl von Einzelthemen und Betriebsprozessen besteht. Die konkrete Ausgestaltung der Details der Prozesse ist abhängig von den jeweiligen Use-Cases, wobei ein Field-Service, der Netzbetrieb, der IT-Betrieb sowie eine Anwendungsbetreuung immer notwendig sind. Generell ist in der Praxis immer der Beginn mit internen Anwendungsfällen zu empfehlen.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

LoRaWAN: Haben Sie ihr Verteilnetz im Griff?

Die Energiewende – eine Aufgabe für das Verteilnetz

Spätestens durch Fridays for Future und die letzte Europawahl, verbunden mit dem Aufschwung der Grünen, ist das Thema Klimapolitik und Energiewende wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Bis 2050 sollen 80% der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien kommen und andere Sektoren wie u. a. die Mobilität auf Erneuerbare Energien umgestellt haben.

Dies bedeutet vor allem für Netzbetreiber eine enorme Kraftanstrengung. Wurde Strom früher grundsätzlich in großen konventionellen Kraftwerken produziert und top-down zum Kunden transportiert, findet die Energiewende vor allem im Verteilnetz statt. Bereits heute werden 95% aller Neuanlagen im Verteil- und Mittelspannungsnetz installiert. Durch die zunehmende Anzahl an volatilen Erzeugungsanlagen steigt die Komplexität der Netzsteuerung.

LoRaWan Verteilnetz Netzaufbau

Das Verteilnetz – eine Blackbox

Historisch gesehen unterliegen die Verteilnetze jedoch dem Problem, dass es an der notwendigen Transparenz mangelt. Im Gegensatz zum Höchst- oder Hochspannungsnetz verfügt das Verteilnetz nicht über eine Sensorik, die Auskunft über den Ist-Zustand des Netzes gibt. So ist es in der Regel nicht bekannt, wie stark Betriebsmittel im Verteilnetz belastet werden. Für eine aktive Netzsteuerung benötigt man jedoch eine Datenbasis sowie notwendige Aktoren, die auf Basis der Informationen Netzsteuerungsmaßnahmen durchführen können.

Als erster Schritt werden in der Branche derzeit intelligente Messsysteme diskutiert, durch die Vernetzung von Erzeugungsanlagen Informationen über Anlagen über 7 kW Leistung und Verbraucher mit einem Verbrauch größer 6.000 kWh liefern sollen. Da jedoch die Messwerte mit einem zu großen Zeitverzug und ggf. in einer zu geringen Auflösung bereitgestellt werden sowie nur ein geringer Teil mit intelligenten Messsystemen ausgestattet wird, ist vor allem eine Überwachung von Betriebsmitteln wie zum Beispiel Transformatoren und Leitungen notwendig.

Das Herzstück des Netzes – die Transformatoren

Gerade Assets im Netz, die für eine top-down-Betriebsweise mit einer langen Lebensdauer ausgelegt sind, sind für die Anforderungen der Energiewende nicht ausgelegt. So sind Transformatoren im Verteilnetzen nicht in der Lage, Strom zurück auf höhere Netzebenen zu transformieren. Erste Lösungen stellen regelbare Ortsnetztransformatoren dar, die besser mit stärken Netzschwankungen umgehen können. Diese haben jedoch wie die herkömmlichen Transformatoren dasselbe Problem, der Netzbetreiber erhält keine Information über den Zustand und die Auslastung seines Betriebsmittels. Lediglich der Stufenschalter bei regelbaren Ortsnetztransformatoren regelt sich wie bei Transformatoren im Höchstspannungsnetz automatisiert.

Mittels LoRaWAN-fähiger Sensorik ist es bereits heute möglich, Transformatoren zu überwachen. Durch die Messung der Spannung, Stromstärke sowie der Phasenverschiebung können kostengünstig die Schein-, Wirk- und Blindleistung je Transformator berechnet werden. Durch die Messung kann außerdem die Auslastung des Transformators bestimmt werden, welche die Lebensdauer beeinflusst. Aus diesem Grund werden in der Praxis Transformatoren in Teillast von max. 70% betrieben, da mit zunehmender Last die Betriebstemperatur steigt und die Isolierung schneller zerstört wird. Durch einen zusätzlichen Temperatursensor könnte darüber hinaus auch ein thermisches Alterungsprofil je Transformator unter Berücksichtigung des Transformatorentyps berechnet werden. Die Daten können dann in den jeweiligen Fachsysteme oder über die 104-Schnittstelle in der Netzleitwarte visualisiert werden.

Gerade unter Berücksichtigung der Anforderungen der Energiewende können so erste Schritte eingeleitet werden, um Betriebsmittel fit für die Erneuerbaren Energien zu machen.

LoRaWan Verteilnetz Trafostationen

Private Ladeinfrastruktur netzdienlich steuern

Im Verteilnetz geht es jedoch nicht nur um erneuerbare Energieerzeugungsanlagen oder Transformatoren. Vor allem das Thema private Ladeinfrastruktur im Verteilnetz ist durch die perspektivische Zunahme der Elektromobilität von wesentlicher Bedeutung, da der Gleichzeitigkeitsgrad im Verteilnetz dadurch in bestimmten Zeitfenstern stark ansteigt. Bislang wurde in der Gesetzgebung lediglich die öffentliche Ladeinfrastruktur geregelt, die demnächst mit einem intelligenten Messsystem auszustatten ist.

Für private Ladeinfrastruktur gibt es jedoch bislang nur eine unzureichende Regelung. Zwar kann vom §14a EnWG Gebrauch gemacht werden, dies geschieht in der Praxis bislang jedoch nur selten. Es besteht für den Netzbetreiber allerdings die Möglichkeit, eine Steuerungsmöglichkeit über die technischen Anschlussbedingungen festzulegen.

Zur Steuerung dieser benötigt der Netzbetreiber jedoch geeignete Infrastruktur, die das Einspielen von Ladeprofilen nach dem OCPP-Protokoll erlaubt. Hierfür laufen bereits die ersten Piloten mittels LoRaWAN. Ziel ist die Entwicklung einer intelligenten Steuerung, welche die Ladeleistung je Auslastung des Netzes reguliert. Gerade bei Stichleitungen ist dies notwendig, wenn eine höhere Ladeleistung installiert ist, als technisch zur Verfügung steht.

Erster Schritt Informationstransparenz

Oft wird gerade im Zusammenhang mit Netzsteuerung vom intelligenten Netz oder Smart Grid gesprochen. Mit dem Ansatz des Monitorings von Betriebsmitteln, wie Trafostationen oder Ladekurven von privater Infrastruktur, kann bereits ein Mehrwert generiert werden. Instandhaltungsprozesse können durch die Ermittlung des thermischen Alters optimiert, Netzplanungsprozesse durch das Monitoring effizient angepasst werden. Bis zur vollständigen Umsetzung des Smart Grid ist es sicherlich ein langer Weg, allerdings können bereits heute die ersten Fundamente für das Netz von Morgen gelegt werden.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

Die EU erweitert die Pflichten des Submeterings

Heizkostenverteiler müssen spätestens ab 2027 fernausgelsesen werden

Das Thema Smart Metering beschäftigt die Energieversorgungsbranche schon seit mehreren Jahren. Seit Ende 2018 steht nun das erste zertifizierte Smart-Meter-Gateway (SMGW) zur Verfügung, so dass ab 2019 mit dem flächendeckenden Rollout begonnen werden kann. Passend zu Beginn des Rollouts erweitert die EU mit dem Beschluss der neuen Energieeffizienzrichtlinie im Rahmen des EU-Winterpakets die Aufgaben und Pflichten im Bereich Submetering.

Spartenübergreifende Ablesung wird Pflicht

Im Rahmen der Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie schreibt die neue Richtlinie die Einführung eines Verpflichtenden Submeterings vor, wenn es sich um ein Mehrzweckgebäude oder mehrere Wohneinheiten mit einer zentralen Anlage zur Wärme-/Kälteerzeugung handelt oder dieses über einen Zugang zu einem Fernwärme-/Fernkältesystem verfügt. In diesem Fall sind individuelle Verbrauchszähler in allen Wohneinheiten zu implementieren, wenn dies technisch durchführbar und kosteneffizient zu realisieren ist. Ist der Einsatz von individuellen Zählern nicht möglich, sind an jedem Heizkörper Heizkostenverteiler zu verwenden. Von einer Installation kann nur abgesehen werden, wenn eine Kosteneffizienz nach den Richtlinien und Regeln des jeweiligen Mitgliedstaates nicht gegeben ist. Die Bewertung der Kosteneffizienz sowie die Umlage der Kosten bei nicht vorhandenen individuellen Zählern hat nach allgemeinen und transparenten Regeln zu erfolgen, welche vom Mitgliedsstaat festgelegt werden. In neu errichteten Gebäuden ist jedoch immer der Einsatz eines individuellen Trinkwarmwasserzählers vorgeschrieben.

Grundsätzlich ist die Installation von Strom-, Wärme- und Wasserzählern noch nicht gleichbedeutend mit einer spartenübergreifenden Ablesung über das MsbG; durch die Umsetzung der Richtlinie werden die festgelegten Regeln des MsbGs nicht geändert. Eine Pflichtauslesung der Sparte Strom erfolgt erst ab einem Jahresverbrauch von 6.000 kWh pro Jahr bzw. einer Erzeugungsleistung von 7 kW §31 MsbG. Eine Auslesung von Wasserzählern ist weiterhin nicht vorgesehen. Jedoch ändert sich mit der Neugestaltung der Energieeffizienzrichtlinie das Submetering im Bereich Wärme.

Fernablesung von Heizkostenverteilern wird Pflicht

Im Zuge der Weiterentwicklung der Energieeffizienzrichtlinie sieht die EU eine verpflichtende Fernauslesung von Heizkostenverteilern vor. Demnach müssen installierte Zähler und Heizkostenverteiler, welche nach dem 25. Juni 2020 installiert werden, fernauslesbar sein. Alle weiteren Heizkostenverteiler sind bis zum 01. Januar 2027 umzurüsten oder durch neue zu ersetzen. Voraussetzung hierfür ist die technische und ökonomische Machbarkeit. In diesem Kontext steht jedem Mitgliedsstaat offen, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, wie es bei den intelligenten Messsystemen in Deutschland der Fall war. Da die Richtlinie schon zum 25. Juni 2020 umzusetzen ist, bleibt fraglich, ob eine Studie bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegt. Vielmehr ist von einer Verzögerung auszugehen. Ist das Ergebnis negativ, kann der jeweilige Mitgliedsstaat von der Regelung abweichen.

Nach der nationalen Rechtslage würde dies bedeuten, dass die Fernablesung von Heizkostenverteilern oder individuellen Verbrauchszählern über das SMGW zu erfolgen hat. Nach §6 MsbG muss ab dem 01. Januar 2021 sowieso eine zusätzliche Sparte bei Liegenschaftsmodellen über das SMGW erhoben werden. Hierbei wird in §6 Abs. 1 Nr.2 MsbG explizit auf die Sparte Wärme hingewiesen. Durch die Erweiterung der Energieeffizienzrichtlinie auf alle Heizkostenverteiler sind nun nicht mehr nur Objekte im Rahmen des Liegenschaftsmodells des MsbG betroffen, sondern sämtliche Wohnungen, wodurch Wohnungseigentümergemeinschaften ebenfalls von der Mehrspartenablesung über das SMGW betroffen sind.

Submetering-Regelung

Die Abrechnung muss ab 2022 monatlich erfolgen

Im Rahmen der Rechnungsstellung hat die Abrechnung der Wärme-, Kälte- und Trinkwasserversorgung auf Verlangen des Kunden in elektronischer Form erfolgen zu können. Der genaue Aufbau der Rechnung wird im Anhang der Energieeffizienzrichtlinie beschrieben. Maßgeblich hierbei ist, dass die Rechnungsstellung auf Basis der erhobenen Werte erfolgt. Die Rechnung ist dem Kunden ab dem 25. Juni 2020 mindestens zweimal pro Jahr zuzustellen. Handelt es sich um eine Fernauslesung, hat die Abrechnung ab dem 1. Januar 2022 monatlich zu erfolgen. Die Bereitstellung kann, wie bei der Sparte Strom, die über das intelligente Messsystem ausgelesen wird, über eine Portallösung erfolgen.

Des Weiteren verfügt der Endverbraucher über das Recht, dass seine historischen Verbrauchsdaten auf Verlangen dem Energiedienstleister zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist jedoch von jedem Mitgliedstaat eine Regelung zu treffen, wenn kein direkter Vertrag zwischen dem Endverbraucher und dem Energiedienstleister im Rahmen des Messstellenbetriebs besteht.

Beispiel einer Metering-Architektur

Unter der Annahme, dass das Gutachten zu dem Ergebnis einer technischen und ökonomischen Machbarkeit kommt, müsste die Fernauslesung nach jetziger nationaler Gesetzeslage in die Metering-Architektur integriert werden. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die technische Integration der Heizkostenverteiler dar. Durch die dezentrale Verteilung innerhalb eines Wohnquartiers ist die Verwendung einer funkbasierten Konnektivitätstechnologie erforderlich, um bauliche Maßnahmen zu vermeiden, die auch aus ökonomischen Gesichtspunkten in keinem Verhältnis ständen. Potenzielle Technologien könnten LoRaWAN oder W-MBus darstellen. Das W-MBus ist bereits nach der TR-03109 zulässig. Eine Auslesung der Verbrauchswerte kann aber auch mittels LoRaWAN erfolgen. Hierfür wird ein LoRa-Indoor-Gateway am SMGW über die LMN-Schnittstelle implementiert. Über eine Wireless-MBus-Bridge oder LoRa-native Heizkostenverteiler könnte die Ablesung erfolgen. Gleichzeitig könnte die vorhandene Infrastruktur für die Ermittlung der Warmwassertrinkzähler verwendet werden. Die Übermittlung der Verbrauchsdaten an das Backend findet über die WAN-Anbindung des SMGW statt. Der LoRaWAN-Server übernimmt dabei das Gerätemanagement der LoRaWAN-fähigen Hardware. Die Administration erfolgt über den Smart-Meter-Gateway-Administrator (SMGWA).

LoRaWAN-Architektur-Metering

Nationale Gesetzgebung bleibt abzuwarten

Die weitere Entwicklung bezüglich der verpflichtenden Fernauslesung für Heizkostenverteiler bleibt im Detail abzuwarten. Eine Umsetzung der Richtlinie muss bereits zum 25. Juni 2020 erfolgen. Somit hat der deutsche Gesetzgeber ein gutes Jahr Zeit. Ob dieser auf die Durchführung einer Machbarkeitsstudie verzichtet und eine verpflichtende allgemeine Fernauslesung einführt ist bislang völlig offen. Zwar hat der Gesetzgeber diese Option auch bei der Einführung der intelligenten Messsysteme in Anspruch genommen, allerdings besteht durch die Einführung von Liegenschaftsmodellen ab dem 01. Januar 2021 sowieso eine Pflicht der Mehrspartenauslesung. Die Energieeffizienzrichtlinie verschärft somit nur das bestehende Gesetz. Gleichzeitig wird durch eine verpflichtende monatliche Abrechnung ein erhöhter Aufwand für den Messstellenbetreiber geschaffen.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanagement items GmbH

LoRaWAN & 450connect ein Duo mit Zukunft?

Keine Smart City ohne Connectivity

Kaum ein Tag vergeht an der nicht über die Weiterentwicklung unserer Städte diskutiert wird. Ob über die Energieversorgung von Morgen wie bei Fridays for Future, unzureichende Verkehrsinfrastruktur oder überhöhte Luftschadstoffwerte. Probleme haben unsere Städte viele, doch in einem sind sich alle einig: Die Stadt der Zukunft soll Smart bzw. Intelligent werden.

Wer nach Definitionen zum Thema Smart City sucht wird schnell feststellen, dass es Kern um die Vernetzung von Assets geht, welche miteinander agieren und kommunizieren, um einen Mehrwert für die Bürger der Stadt zu erzielen. Das erforderliche Fundament ist somit eine kostengünstige Connectivity für tausende von Assets, welche eine Smart City entstehen lassen.

Im Versorgerumfeld fallen dabei immer zwei Namen 450connect und LoRaWAN. Doch welche Technik eignet sich wann und welche Vorteile bieten die zwei Technologien?

Ein Duo mit Gegensätzen

Grundsätzlich lässt sich bei der Analyse der beiden Technologien feststellen, dass sie grundlegend verschieden für unterschiedliche technische Anforderungen sind. LoRaWAN ist den sogenannten Low Power Area Networks zuzuordnen. Diese zeichnen sich vor allem durch ihre energiesparende Betriebsweise aus, welche jedoch nur über eine geringe Bandbreite von einigen Kilobits pro Sekunde verfügt. Als Frequenz nutzt LoRaWAN das unlizenzierte Frequenzband von 864 MHz.

Die Technologie 450connect basiert hingegen auf der CDMA-Technologie und nutzt das lizensierte 450 MHz Band, wodurch es auch LTE unterstützt. Dadurch kann ein Upload von bis zu 1,5 Mbit/s und Download von bis zu 9 Mbit/s erzielt werden. Durch die höhere Bandbreite ist jedoch keine energiesparende Betriebsweise möglich.

Der Vertrieb und Betrieb der Infrastruktur findet in Deutschland durch das Unternehmen 450connect statt, welche eine Tochtergesellschaft der Alliander aus den Niederlanden ist, die dort die 450 MHz-Infrastruktur betreibt. Die Technologie muss als Dienstleistung bezogen werden. Ein Betrieb des Netzes durch die Stadtwerke ist nicht möglich.

Der Use Case bestimmt die Technik

Welche Technologie zu welchem Zeitpunkt notwendig ist, hängt in der Regel vom jeweiligen Use Case ab. Ist eine hohe Bandbreite wie z. B. bei intelligenten Messsystemen notwendig, wo bereits ein Firmwareupdate 100 MB groß sein kann, ist eine Umsetzung mittels LoRaWAN nicht möglich. Der Duty Cycle muss dabei auch nicht beachtet werden. Jedoch benötigen vernetzte Assets mit 450connect eine aktive Stromversorgung, was bei der Umsetzung der Use Cases zu berücksichtigen ist. Ein Use Case wie die intelligente Mülltonne könnte mit 450connect somit nicht realisiert werden, da jede Mülltonne eine Stromversorgung benötigt.

Zur Umsetzung des Use Cases Smart Waste wäre hingegen LoRaWAN viel geeigneter, da die Übermittlung eines Füllstandes eine geringe Bandbreite erfordert und LoRaWAN-Sensorik keine aktive Stromversorgung benötigt.

Herausforderung kritische Infrastruktur

Gerade im Versorgerumfeld ist zwischen zwei Arten der Infrastruktur zu differenzieren. Kritische Infrastrukturen werden in der Regel als besonders schützenswert eingestuft. Oft muss eine Überwachung oder Steuerung in Echtzeit garantiert werden, wie z. B. bei Schalthandlungen im Stromnetz. Hierfür ist eine Technologie wie 450connect sinnvoll.

Unkritische Use Cases wie z. B. der Überwachung von Mülltonnen oder Parkplätzen kann hingegen mittels LoRaWAN realisiert werden. Hier bietet das Sensorik-Ökosystem von LoRaWAN einen entscheidenden Vorteil gegenüber 450connect, dass Sensorik sich klar auf das Thema Metering fokussiert.

Ein sinnvolles Duo LoRaWAN & 450connect

Grundsätzlich ist festzughalten, dass LoRaWAN und 450connect zwei sinnvolle Bausteine für eine Smart City darstellen. 450connect legt einen besonders starken Fokus auf den Bereich kritische Infrastruktur speziell das Thema Metering und Stromnetze. Durch die hohe Bandbreite und Echtzeitfähigkeit können die hohen regulatorischen Anforderungen für kritische Infrastrukturen eingehalten werden.

LoRaWAN verfügt mit seinem Ökosystem über eine größere Anwendungsvielfalt im Kontext Smart City, wobei Use Cases auch im Batteriebetrieb realisiert werden können. Niedrige Bandbreiten verhindern jedoch zum Teil die Umsetzung von Use Cases. Beide Technologien stellen somit ein sinnvolles Duo zur Erhebung und Weiterverarbeitung von Daten dar, welche in einer IoT-Plattform zusammengeführt werden können.

 

450connect die ungewisse Zukunft

Unsicherheit bei der Verwendung von 450connect gibt es jedoch hinsichtlich der Weiterverwendung der 450 MHz Frequenz. Bis zum Jahr 2020 verfügen lediglich zwei Unternehmen über die Nutzungsrechte. Wie eine Weiterverwendung ab dem Jahr 2020 aussieht ist bislang unklar. Es wird jedoch seitens der Energiewirtschaft eine Reservierung der Frequenz für kritische Infrastruktur durch die BNetzA angestrebt. Hierfür ist jedoch eine Umwidmung der Frequenz erforderlich.

Daneben wäre ebenfalls eine Verlängerung der Frequenznutzugsrechte nach § 55 Abs.9 TKG möglich, wenn der BNetzA konkrete Investitionsvorhaben angezeigt werden. Eine regionale Zuteilung für jeden einzelnen Netzbetreiber ist nach § 2 Abs.2 Nr.7 TKG und § 55 Abs.5 Nr.4 TKG nicht möglich, weswegen weiterhin von einem zentralen Betriebsmodell auszugehen ist. Darüber hinaus ist bei einer Zuteilung der Frequenz für 2020 zu beachten, dass bei einer höheren Nachfrage eine Ausschreibung verpflichtend ist. Dabei entscheidet allein das höchste Gebot. Dies könnte ab dem Jahr 2020 einen Anstieg der Kosten der Datenübertragung bedeuten, um die Kosten des Vergabeverfahrens zu decken. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten.

Marcel Linnemann
Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH

 

Agilität – hippes Schlagwort oder solides Werkzeug?

Der Grundgedanke von Agilität ist alt: 1943 erhielt Kelly Johnson, ein Konstrukteur eines US-amerikanischen Rüstungs- und Technologiekonzerns, den Auftrag, in 180 Tagen einen neuen Kampfjet zu bauen. Ein scheinbar unmöglicher Auftrag. Johnson ließ seine Experten selbstorganisiert arbeiten, schirmte sie von bürokratischen Störungen ab und brachte sie in Kontakt mit den späteren Nutzern,- den Piloten. In erstaunlichen 143 Tagen war die P-80 Shooting-Star fertig entwickelt. Intuitiv wurden dabei agile Werte und Prinzipien angewendet.

Agilität – Warum gewinnt dieses alte Thema seit einigen Jahren so sehr an Popularität?

Die Antwort ist genauso komplex wie die Strukturen, in denen wir uns befinden:

  • Unsere Arbeitswelt hat sich gewandelt. Sie verändert sich schneller und disruptiver. Langwierige Lastenheft- und Pflichtenheftphasen zum Beispiel, sind hier die schon lange die falsche Antwort.
  • Zudem ist unsere Welt komplexer geworden und Prognosen lassen sich nur mit wachsender Unsicherheit aufstellen. Aus diesem Grund muss mehr experimentiert werden, es muss intensiver kommuniziert werden, außerdem muss man sich bewusst auf Kurswechsel und Scheitern einstellen.
  • Kunden sowie Dienstleistern fällt es in einer unbeständigen Umwelt besonders schwer, Anforderungen langfristig zu definieren, zu planen und umzusetzen. Klassischerweise wird in Projekten in der Softwareentwicklung nach dem Wasserfallmodell vorgegangen. Das lineare Vorgehensmodell basiert auf aufeinander folgenden Projektphasen mit vordefinierten Start- und Endpunkten. Ergebnisse einer Phase gehen wie bei einem Wasserfall als bindende Vorgaben für die nächsttiefere Phase ein. Am Ende einer langfristigen Planung nach dem Wasserfallmodell haben sich die Anforderungen des Kunden in einer dynamischen Umwelt bis zur Fertigstellung bereits verändert. Auch dies spricht gegen Wasserfallmodelle und für iterative Vorgehensweisen im Sinne von Agilität.
  • Die aktuell auf den Arbeitsmarkt strömende Generation Y (geboren zwischen 1980 und 2000), auch Millennials genannt, stellt besondere Ansprüche an Unternehmen. Die durch ein hohes Bildungsniveau gekennzeichnete Generation Y, legt neben einer gesunden Work-Life-Balance, besonderen Wert auf Selbstverwirklichung in eigenverantwortlichem Arbeiten. MitarbeiterInnen fordern zunehmend mehr Eigenverantwortung und weniger Hierarchien.

Was steckt aber konkreter hinter dem populären Schlagwort?

Agilität ist mehr als eine einzelne agile Methode, wie Scrum oder Kanban. Agilität (im Unternehmenskontext) ist ein Mindset, bestehend aus agilen Werten und Prinzipien, welches Unternehmen dazu befähigt, sich schnell an verändernde Umwelteinflüsse anzupassen. Die vier Werte und 12 Prinzipien wurden 2001 im agilen Manifest durch Vertreter unterschiedlicher agiler Methoden festgehalten.

Eines der 12 Prinzipien setzt auf die regelmäßige Auslieferung funktionierender Software innerhalb kurzer Zeitspannen, idealerweise innerhalb weniger Wochen.
Das Produkt wird also in kleine, auslieferbare Teilfunktionen heruntergebrochen und kann dem Kunden nach kurzer Zeit präsentiert werden. Der Kunde ist intensiver in den Entwicklungsprozess eingebunden und kann zeitnah Feedback zu der Funktion geben. Auf Feedback kann schon im nächsten Entwicklungszyklus reagiert werden.
Im Vergleich dazu ist es bei konventionellem Vorgehen, bei dem erst nach einem langen Zeitraum ein großes Produkt ausgeliefert wird, schwierig Feedback umzusetzen.
Ein Fehler im Fundament beispielsweise,  ist dann möglicherweise überhaupt nicht mehr zu beheben. Bei einem agilen Vorgehen sind durch die Einbindung des Kunden und sein zeitnahes Feedback die Kosten für Veränderungen jedoch deutlich geringer und eine Kursänderung oft überhaupt nur möglich. Zudem wächst das gemeinsame Verständnis von Dienstleister und Kunden im Laufe einer solchen intensiven Zusammenarbeit.

Wenn agile Werte und Prinzipien gelebt werden, wirken sie sich auf alle Bereiche eines Unternehmens aus. Durch iterative Prozesslandschaften mit kurzen Planungszyklen können Produkte schnell und in enger Abstimmung mit dem Kunden ausgeliefert werden. An Stelle von Silostrukturen treten kundenorientierte Netzwerkstrukturen. Agile Unternehmenskulturen sind von Transparenz, Dialog, Vertrauen und eine konstruktive Fehlerkultur geprägt. Zusammenfassend sind agile Unternehmen enger an Kunden und Mitarbeitern orientiert. Die Einführung von Agilität erfordert langfristig kontinuierliche Veränderungen der Strukturen, Prozesse, Führung, HR-Instrumente und der Unternehmenskultur. Dies erklärt auch, warum Agilität im Zusammenhang mit vielen Bereichen genannt wird. Man erhält den Eindruck, alles und jeder müsse nun agil sein.

Muss nun jeder auf den Agilitäts-Zug aufspringen?

Jein! Agilität ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, wirtschaftlich in einer von Veränderungen geprägten Umwelt zu überleben. Unternehmen, die in einer beständigen Umwelt arbeiten, können getrost an ihren konventionellen Strukturen festhalten.
Auch für Projekte, bei denen das Ziel und die Werkzeuge klar sind, ist das Wasserfallmodell nach wie vor richtig. In einer turbulenten Umwelt kann es aber zunehmend sinnvoll sein, vom großen Tanker auf ein wendigeres Boot umzusatteln. Wie wendig das Boot sein muss, das wird vom Gewässer abhängen und die Zeit zeigen. In jedem Fall lohnt es sich, dem Schlagwort Agilität aus der jeweiligen Unternehmensperspektive auf den Grund zu gehen. Denn dahinter steckt ein interessanter Ideen- und Methodenkoffer mit viel Potenzial für neue Ansätze.

 

Über die Autorin
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Anne Kramer Foto
Anne Kramer studierte Betriebswirtschaft an der FH Münster und schrieb ihre Bachelorarbeit für die items zum Thema „Roadmap zu einer agilen Unternehmensorga
nisation“.

Seit Januar 2019 verstärkt sie als Projektleiterin das Projektmanagementteam und wird die Implementierung von Agilität bei der items vorantreiben.

 

 

 

Na? Schon neugierig?

ITEMS-JUBILÄUMSFORUM 2019  vom 15.05.19 – 16.05.19 in Ostbevern

Sehr geehrte Kunden, Partner und Freunde der items,

ich hoffe sehr, Sie am 15./16. Mai 2019 beim items-Jubiläumsforum 2019 im Landhotel Beverland, Ostbevern, mitten zwischen Münster und Osnabrück, begrüßen zu dürfen.

Ja, Jubiläumsforum! Die items gibt es im Mai 2019 bereits 20 Jahre! Wir haben eine unglaublich bewegende Zeit von 1999 bis heute erlebt: Die Versorgungswirtschaft und der öffentliche Personennahverkehr haben sich grundlegend verändert. Parallel dazu trat ein unglaublicher Technologiewandel ein. Die Komplexität ist um ein Vielfaches gestiegen.

In dieser Zeit hat sich die items von einem kleinen IT-Unternehmen mit 33 Mitarbeitern und 2,5 Mio. € Umsatz zu einem anerkannten Player mit 300 Mitarbeitern an 5 Standorten und 40 Mio. € Umsatz entwickelt. Ein spannender und erfolgreicher Weg, auf den wir sehr stolz sind! Und wir können uns sicher sein, dass noch viel
größere Veränderungen in den Branchen und in der Technologie und damit auch für die items und ihre Kunden vor uns liegen.

Das Alles ist Grund genug, um beim items-Jubiläumsforum im Rahmen der Fachtagung unter dem Motto „Innovation nachhaltig gestalten“ gemeinsam mit Ihnen über die aktuellen und künftigen Entwicklungen und Herausforderungen zu reden. Wir haben hierfür ein interessantes und vielseitiges Programm mit unterschiedlichen
Formaten und hervorragenden Referenten zusammengestellt.

Bei der Abendveranstaltung am 15. Mai wollen wir dann mit Ihnen das Firmenjubiläum „20 Jahre items“ feiern. Wir werden dabei sicherlich kurz „in den Rückspiegel schauen“. Lassen Sie sich überraschen. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen einen unbeschwerten Abend zu erleben. Wir wollen damit „danke“ sagen für die
hervorragende Zusammenarbeit, die enge Partnerschaft und für das entgegengebrachte Vertrauen.

Wir sehen uns am 15. Mai zum items-Jubiläumsforum 2019!
Ihr Einladung erhalten Sie in wenigen Tagen direkt in Ihr Postfach.

Ihr Ludger Hemker
Geschäftsführer items GmbH

www.itemsforum.de

Das Paradoxon im Bereich E-Mobility: Ladesäulen fördern und doch verhindern

E-Mobilität – jeder will sie, doch wann kommt sie?

Elektromobilität, Dieselskandal oder Feinstaubwerte sind längst keine Themen mehr, die bei den Bürgern großes Interesse hervorrufen. Schon seid knapp 10 Jahren plant die Politik die Erreichung des Ziels von mehr als 1 Millionen Elektrofahrzeugen, doch bislang sind immer noch nur ein paar Zehntausend Fahrzeuge auf dem Markt.

Auch die Diskussion, was zur Weiterentwicklung der E-Mobilität zuerst notwendig ist – die Ladeinfrastruktur oder das Elektroauto – ist eher ein leidiges Dauerthema. Die Politik beantwortet die Frage ganz klar mit der Antwort Ladeinfrastruktur. So stellen der Bund, das Land und die Kommunen unterschiedliche Fördertöpfe zum Ausbau der Ladeinfrastruktur bereit.

Der Europäische Fahrplan für Ladeinfrastruktur

Gleiches gilt für die Europäische Union, die mit dem neuen Beschluss  der Gebäude und Energieeffizienzrichtlinie im Mai 2018 einen ersten Ausbauplan für Ladeinfrastruktur vorgesehen hat. Demnach muss ab dem Jahr 2020 für alle neuen Nichtwohngebäude und die, die einer größeren Renovierung unterzogen werden sowie die über mehr als 10 Parkplätze verfügen, mindestens ein Ladepunkt bereitgestellt werden. Für jeden 5. Stellplatz müssen die notwendigen Schutzrohre für eine spätere Installation von Ladepunkten installiert werden. Die Verlegung von Schutzrohren für jeden Parkplatz gilt auch für alle neuerrichteten Wohngebäude bzw. diejenigen, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, wenn diese über mehr als 10 Parkplätze verfügen. Ab 2025 ist darüber hinaus für alle Gebäudetypen, die mehr als 20 Parkplätze haben, eine einheitliche Regelung durch den Nationalstaat zu treffen.

Von einer Pflichtausstattung mit Ladepunkten bzw. Schutzrohren kann nur in folgenden Fällen abgesehen werden:

  • Für alle Gebäude, für die ein Antrag auf Befreiung vor dem 10.3.2021 gestellt wird
  • Bei Bedrohung der Netzstabilität
  • Wenn die Kosten für die Lade- und Leistungsinstallation die Gesamtkosten der Renovierung um mehr als 7% überschreiten
  • Öffentliche Gebäude, die ähnlichen Bedingungen der 2017/94/EU unterliegen

Bild1_EU-Winterpaket

Das E-Mobilitätsparadoxon – keine Ladepunkte im ländlichen Raum

Insgesamt scheint der Fahrplan klar. Ladeinfrastruktur wird durch Steuergelder subventioniert, um die E-Mobilität weiter voran zu bringen. Doch ist das wirklich so? Gerade der jetzige Ausbau von Ladeinfrastruktur leidet unter zwei wesentlichen Problemen: Die Art der Fördervergabe sowie der Genehmigungspflicht von Ladepunkten durch den Netzbetreiber.

Im energiewirtschaftlichen Kontext ist die Marktrolle des Ladesäulenbetreibers nicht dem Netzbetreiber oder Vertrieb zuzuordnen. Vielmehr agiert er im freien Wettbewerb und unterliegt ökonomischen Zwängen. Ladeinfrastruktur wird folglich dort errichtet, wo der bestmögliche Profit zu erwarten ist. Dadurch entsteht Ladeinfrastruktur vor allem in dichtbesiedelten Gebieten bzw. an Verkehrsknotenpunkten wie z. B. Autobahnen. Der ländliche Raum wird völlig vernachlässigt, da der Betrieb einer Ladesäule nicht wirtschaftlich realisierbar ist. Netzbetreiber können diese Aufgabe aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen, weswegen perspektivisch von einer Ungleichverteilung auszugehen ist. Auch das sich noch in der Gesetzgebung befindende EU-Winterpaket verspricht keine Besserung. Es unterstützt weiterhin das Betriebsverbot von Ladeinfrastruktur durch den Netzbetreiber auf Grund seiner Monopolstellung.

Das E-Mobilitätsparadoxon – Zustimmungspflicht für Ladesäulen

Die wichtigste Entscheidung, die wahrscheinlich starke negative Auswirkungen auf den Ausbau von Ladeinfrastruktur hat, ist die Neufassung der Niederspannungsverordnung. Demnach muss in Zukunft jeder Ladepunkt vom Netzbetreiber genehmigt werden. Erhält der Ladesäulenbetreiber keine Genehmigung, ist eine Errichtung nicht möglich. Die Genehmigungsfrist beträgt zwei Monate, wobei dem Netzbetreiber keine Konsequenzen drohen, wenn er diese Frist nicht einhält.

Daher ist von einer Praxis auszugehen, nach der Netzbetreiber nicht auf Anträge reagieren, um den Prozess zu verzögern, und ggf. Ladeinfrastruktur des eigenen Vertriebs fördern. Genauso wird das Netz durch dieses Instrument nicht auf die zukünftigen Anforderungen vorbereitet. De facto hat der Gesetzgeber dem Netzbetreiber ein Werkzeug in die Hand gegeben, den Ausbau von Ladeinfrastruktur aktiv zu verzögern. So steht die Gefahr im Raum, dass Steuergelder in Millionenhöhe für Ladeinfrastruktur bereitgestellt, aber nicht genutzt werden können, und zudem Ladeinfrastruktur nur in Ballungsgebieten installiert wird, wo sie bereits eh schon vorgesehen sind.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager | items GmbH

Ihr Weg in die neue SAP HANA-Welt

Wie Sie Ihre Möglichkeiten mit der neuen SAP HANA-Welt nutzen können, möchte Ihnen die items am 16.01.2019 in Zusammenarbeit mit der SAP AG und der bpc AG im Rahmen einer Informationsveranstaltung aufzeigen. In diesem Event erfahren Sie

  • Welche Lösungen Ihnen die SAP mit Ihrer intelligenten Suite bietet, um den Herausforderungen in der Versorgungswirtschaft zu begegnen
  • Wie der Weg in eine digitalisierte Landschaft aussehen kann
  • Welche Vorteile die neue SAP-Generation bietet
  • Wie Cloudbasierte Lösungen und On-Premise-Systeme zusammenarbeiten
  • Was die neue SAP-Welt für Ihre Mitarbeiter und Ihre Prozesse bedeutet
  • Wie Sie Ihre Prozesse zukünftig abbilden und optimieren / neu ausrichten
  • Erste Eindrücke zur Plattform der Zukunft im Rahmen von Live Demos
  • Wie Kundenanforderungen an eine moderne Lösungsplattform umgesetzt werden
  • Vorschläge zur Transformation der bestehenden Systeme in die neue Plattform der Zukunft

Mit Blockchain zum autonomen Quartier

Vom Hype zum Realismus

Kaum eine Studie zum Thema Blockchain in der Energiewirtschaft vergeht, ohne dass eine vollständige Revolution der bisherigen Versorgungslandschaft angekündigt wird. Von der Ablösung der Rolle des Lieferanten bis zu der des Verteilnetzbetreibers, es gibt kaum eine Stufe in der Wertschöpfungskette, die angeblich nicht durch die Blockchain-Technologie verändert werden soll.

Zu Beginn des Jahres 2018 noch auf dem Höhepunkt des Gartner Hype Cycles, kehrt langsam Realismus in der Branche ein. Die Frage ist, welche Probleme wirklich mit der Blockchain gelöst werden können, denn bei der Blockchain handelt es sich um eine Technologie, die sich noch im Entwicklungsstadium befindet, auch wenn die Entwicklungsgeschwindigkeit rasant ist.

Die Vorteile einer sicheren dezentralen Datenbank verbunden mit der Funktionalität der Smart Contracts, welche die Basis für autonome, standardisierte Prozesse darstellen können, kann sicherlich ein interessantes Werkzeug für die Energieversorgungsbranche darstellen, welche die Herausforderungen einer dezentralen Energiewende realisieren muss.

Die Probleme von Morgen sind nicht mehr mit der Technologie von heute lösbar

Gerade bei der heutigen Marktentwicklung stellt sich die Frage, mit welcher Technologie die Herausforderungen der Energiewende gelöst werden können. So nimmt der Zubau Erneuerbarer Energien im Verteilnetz stetig zu. Bereits heute werden über 95% aller Anlagen dort installiert. Durch den zunehmenden Trend der Installation von Speichern und privater Ladeinfrastruktur wird es für den zuständigen Netzbetreiber immer schwieriger, sein Netz zuverlässig zu steuern. Verfahren von heute, bei denen die Regelung einzelner Assets manuell in der Netzleitstelle durch Anweisung des vorgelagerten Netzbetreibers erfolgt, werden bei der Vielzahl von Erzeugern und Verbrauchern auf einzelnen Netzsträngen in Zukunft nicht mehr möglich sein. Vielmehr ist eine Querschnittstechnologie erforderlich, die automatisiert, ohne menschliches Eingreifen, die Steuerung des Netzes übernimmt.

Diesbezüglich kann Blockchain, über die Funktionalität der Smart-Contracts, die geeignete Querschnittstechnologie darstellen. Private Walletboxen, die bislang gar nicht oder lediglich über Zeitschaltuhren gesteuert werden, könnten so beispielsweise automatisiert gesteuert werden, denn die meisten Netze sind nicht auf Basis eines Gleichzeitigkeitsgrades von 1 ausgelegt worden, damit alle Hausbesitzer zeitgleich um 17 Uhr ihr Elektromobil auftanken können. Ein Netzzusammenbruch könnte so verhindert werden.

Daneben würde die Blockchain-Technologie die Implementierung kleinteiliger, regionaler Geschäftsmodelle ermöglichen, um über den Energievertrieb neue Einnahmemöglichkeiten zu generieren. Geschäftsmodelle wie Mieterstrom oder Quartierlösungen erfordern ein anderes Vorgehen, als es heute beim üblichen Massenkundengeschäft der Fall ist.

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Der erste Pilot für die Vision von Morgen

Unter Berücksichtigung des Trends der komplexeren Netzsteuerung und der Entwicklung des Kunden zum Prosumer, kann es bereits heute Sinn machen, sich frühzeitig mit einem Piloten zu beschäftigen. Hierbei könnte ein Blockchain Mieterstrom-Share-Investing-Modell ein interessantes Projekt darstellen.

Das Ziel hierbei ist der Aufbau eines Mieterstromprojektes, bei dem die Mieter in die PV-Anlage investieren können. Abhängig vom Investment erfolgen Bilanzierung und Zuordnung des Eigenverbrauchs an die jeweiligen Parteien. Das Objekt wird vom EVU als Mieterstrombetreiber betrieben. Eine Verzinsung des Kapitals findet über einen Teil der Mieterstromzulage statt.

Statt wie bisher, haben Kunden nun die Möglichkeit, in neue Projekte zu investieren und von diesen direkt zu profitieren. Darüber hinaus profitiert der Kunde aktiv durch einen günstigeren Strompreis. Durch den Einsatz der Blockchain kann eine sachgerechte und transparente Bilanzierung des Eigenverbrauchs erfolgen, dem eingesetzten Investment gegenübergestellt werden und von jedem Akteur exakt nachvollzogen werden.

Der Feldtest umfasst eine intelligente, manipulationssichere Abrechnung, deren technologische Grundidee sich auch auf das Stromnetz übertragen lässt.

Durch den Anstieg von Assets sowohl im Bereich der Erzeugung als auch auf der Verbrauchsseite, Beispiel E-Mobility, ist eine automatische Interaktion der einzelnen Assets erforderlich. Hierfür ist insbersondere die Blockchain als Querschnittstechnologie geeignet. Durch einen Prototyp können bereits heute erste Szenarien für die Energiewelt von Morgen getestet werden. Der Prototyp kann darüber hinaus auch mit beliebigen Use-Cases wie einer intelligenten E-Ladesäule verknüpft werden. Durch einen Piloten wird die technische Grundlage für ein sich selbstverwaltendes und autonomes Quartier geschaffen, das skaliert werden kann.

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Der Gesetzgeber schafft die Grundlage mit dem EU-Winterpaket

Die Förderung dezentraler, autonomer Quartierslösungen soll nach dem Willen des Gesetzgebers deutlich stärker als bisher ausgebaut werden. Eine Grundlage soll das neue Liberalisierungspaket der EU, das EU-Winterpaket, darstellen. In der aktuell neu beschlossenen  Erneuerbaren Richtlinie in Artikel 21, ist eine Möglichkeit des Peer-to-Peer-Handels durch den Endverbraucher vorgesehen, bei dem dieser z. B. seinen überschüssigen Strom an seinen Nachbarn verkaufen könnte, ohne dass er die Rolle des Lieferanten einnehmen muss. Gleichzeitig sollen alle Umlagen für Mieterstromprojekte fallen, um so einen möglichst schnellen Ausbau zu ermöglichen. Die Richtlinie soll zum 01.01.2020 in Kraft treten, wobei die Umsetzung in nationales Recht bis Mitte 2021 zu erfolgen hat.

Durch die Schaffung eines rechtlichen Rahmens, der die regulatorischen Hürden für einen dezentralen Energiehandels senkt, verbunden mit einer finanziellen Subventionierung, könnte die Blockchain-Technologie ein realistisches Szenario darstellen. Ein Grund mehr, bereits heute mit dem ersten Piloten zu beginnen.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanagement

Mal wieder was ausgeh(a)ckt: Tech-Visionäre beim Münsterhack 2018

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Schon seit etlichen Jahren ist bekannt, wie lebenswert Münster ist. So wurde die Westfalenmetropole 2004 als erste deutsche Großstadt mit der Goldmedaille des LivCom-Awards als lebenswerteste Stadt der Welt ausgezeichnet. In diesem Jahr bescheinigt eine ZDF-Studie, dass die höchste Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen in Münster zu finden ist.
Doch ist diese Stadt auch schon perfekt? Finden sich nicht immer wieder Potenziale, um gute Dinge noch besser zu machen? Manchmal sind es kleine Optimierungen in unserem täglichen Doing, die uns aufatmen lassen – kleine, smarte und innovative Ideen, die uns unser Tägliches erleichtern.

Also her mit den kreativen Köpfen, den bunten Ideen und dem frischen Blick auf das, was Münster weiterhin lebens- und liebenswert machen soll.
Der 2. Münsterhack war die perfekte Plattform für die digitale Stadtentwicklung mit visionären Impulsen.

Ein Hackathon der Leidenschaft

Am 5. und 6. Oktober 2018 war es soweit. Auf dem zweiten Münsteraner Hackathon stellten sich viele kreative Köpfe den Herausforderungen des Alltags und der Idee, mit charmanten Impulsen Münster unter Einsatz von IT noch lebenswerter zu machen. Der Münsterhack wurde wie im Vorjahr von der items GmbH und dem Digital Hub Münster organisiert.

Unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Markus Lewe hatten die 58 Teilnehmer 36 Stunden Zeit, sich neue, innovative Ideen für Münster auszudenken und diese den über 200 Gästen auf der Abendveranstaltung am 6. Oktober zu präsentieren.

Dem Jury-Team, bestehend aus Bernadette Spinnen, Leiterin des Münster Marketing; Mirko Czesla, Leiter F+E Mobile, viadee; Dr. Thomas Haiber, Prokurist der Stadtwerke Münster, Ludger Hemker, Geschäftsführer der items GmbH, Marcus Krüger, Geschäftsführer der cronos Unternehmensberatung GmbH und Marc Zahlmann, Leiter Marketing/Abos des Aschendorff-Verlages, fiel es nicht leicht, unter all den tollen Ideen drei Gewinner auszuwählen. Und so wurde über eine Stunde hinter verschlossenen Türen verhandelt, welche Innovation wohl Münster am ehesten voranbringt.

Die Gewinnerthemen des Münsterhack: Fischsterben, frustfreies Busfahren und Taschengeldbörse

Dank des Gewinnerteams Hack(a)Tonne besteht für die überlebenden Fische im Münsteraner Aasee, die in diesem Jahr zu tausenden verendet sind, nun die Möglichkeit im Sommer wieder Luftholen zu können .
Die Hack(a)Tonne wurde als eine Messtonne zur Gewässeranalytik entwickelten, um einem erneuten Fischsterben entgegen zu wirken.

Platz zwei der Prämierten wurde von Team Bussistant belegt. Ihre App sagt zuverlässig, auf Basis von Verkehrs- und Twitterdaten die Abfahrtszeiten der Buslinien per Sprachassistent vorher, um ein frustfreies Busfahren zu ermöglichen.

Die drittplatzierten Gewinner des Hacks beschäftigten sich mit der Optimierung der Taschengeldbörse und kreierten eine Schnittstelle zwischen der Agentur und den privaten Dienstleistern, um eine reibungslose und effiziente Kommunikation und Abwicklung der kleinen Hilferufe sicher zu stellen.

Mit dem Nachhaltigkeitspreis wurde das Unternehmen Leihleeze gewürdigt, welches im letzten Jahr den ersten Platz auf dem Münsterhack 2017 mit einer Fahrradsharing-Platform errang und mittlerweile erfolgreich gegründet wurde.

Der zweite Münsterhack war ein voller Erfolg und für das nächste Jahr entwickeln sich bereits einige bahnbrechende Ideen in den Köpfen der Münsteraner. Wer den Esprit des diesjährigen Hackathons gern nachempfinden möchte..

Wir als items freuen uns, auch 2019 wieder als Impulsgeber und kreativer Teil des Münsterhacks, den Technologiestandort Münster weiter auszubauen und visionäre, leidenschaftliche Menschen auf dem MS-Hack zusammenzuführen.

Herzliche Grüße

Silke Gärtner | Managerin Marketing & Corporate Communications | items GmbH

Mieterstrom gleich kalter Kaffee? Nein!

Energie ist ein Substitut und brauch doch neue Formate

Sinkende Margen an der Strombörse, wechselwillige Kunden und eine zunehmende Entwicklung von kleinteiligen Geschäftsmodellen. Dies sind immer häufiger die Herausforderungen, denen sich die Energievertriebe stellen müssen. Die Zeiten, in denen Frau Meier ihr Leben lang bei einem Stadtwerk blieb, sind längst vorbei. Energie ist ein Substitut ohne besonderen Mehrwert, weswegen gerne von der Challenge des Wandels vom Lieferanten zum Dienstleister gesprochen wird. Ein Schlagwort, was viele aus der Branche nicht mehr hören können und wollen, aber in dem doch sehr viel Wahrheit steckt.

Kunden wollen mehr und zwar jetzt!

Die Kunden von heute sind anspruchsvoller geworden. Natürlich gibt es noch den Kunden, der sich nicht für seine Stromrechnung interessiert, allerdings steigt der Anteil derer, welche von der Energiewende partizipieren wollen oder müssen. Für viele Hausbesitzer ist es längst normal, eine PV- oder Solarthermieanlage auf dem Dach zu haben und die Integration von Speichern ist nur noch eine Frage der Zeit.

Ohne es zu wollen verliert ein Stadtwerk seine Rolle und wird zum Lieferanten von Ausgleichsenergie degradiert, wenn die Sonne gerade nicht scheint und die PV-Anlage somit keine Energie produziert. Eine Rolle, die aus wirtschaftlicher Sicht und unter Berücksichtigung der Ausgleichsenergiepreise höchst unwirtschaftlich ist.

Die einzige, die bislang noch nicht von der Energiewende partizipieren konnte, war die Gruppe der Mieter. In der Vergangenheit hatten diese nicht die Möglichkeit, eine Erneuerbare-Energien-Anlage zu betreiben und eine Abgabenbefreiung in Anspruch zu nehmen. Um dies zu ändern, hat der Gesetzgeber im letzten Jahr ein neues Mieterstromgesetz verankert im EEG für Photovoltaikanlagen auf den Weg gebracht.

Mieterstrom – Was ist das?

Bei einem Mieterstrommodell geht es darum, dass ein Lieferant auf dem Hausdach eines Gebäudes eine PV-Anlage installiert, welche die Mieter vor Ort mit Strom versorgen soll. Die Mieter entscheiden dabei selbst, ob sie an dem Mieterstrommodell teilnehmen wollen (hier rot markiert). Der selbstverbrauchte Strom aus der PV-Anlage ist hierbei z. T. umlagebefreit, weswegen er unter dem normalen Strompreis liegen muss. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine Preisobergrenze von 90% des aktuellen Grundversorgertarifs für den Arbeitspreis definiert. Kann erzeugter Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht verbraucht werden, wird dieser in das Netz eingespeist. Die Vergütung erfolgt entweder über eine festen Einspeisevergütung nach dem EEG oder über die Direktvermarktung. Für den Mieter ergibt sich der Vorteil, dass er aktiv an der Energiewende teilhaben und dabei seine Kosten auf der jährlichen Stromrechnung senken kann. Das Stadtwerk hat hingegen die Möglichkeit, aktiv als Dienstleister und Betreiber des Mieterstrommodells aufzutreten, anstatt lediglich die Rolle des Energielieferanten zu übernehmen. Darüber hinaus erhält der Betreiber der PV-Anlage für jede erzeugte und selbstverbrauchte Kilowattstunde einen zusätzlichen Mieterstromzuschlag on-top.

 

Was sind die Voraussetzung und wie hoch ist die Mieterstromvergütung?

Nicht jedes Mieterstromprojekt kann in den Genuss des Mieterstromzuschlages kommen. Das Gesetz gilt nur für Neuanlagen, deren Leistung kleiner 100 kWpeak< ist (§19 Abs.1 EEG). Die Anlage muss in unmittelbarer Nähe zum Verbraucher installiert werden, ohne dass das öffentliche Netz beansprucht wird. Das jährliche Fördervolumen ist auf 500 MW pro Jahr begrenzt.

Die Höhe der Mieterstromvergütung ist abhängig von der geltenden, festgelegten fixen Einspeisevergütung. Von dieser wird ein gesetzlich festgelegter Wert von 8,5 ct/kWh abgezogen. Dadurch ergibt sich ein Mieterstromzuschlag, welcher mit der Anlagengröße korreliert:

 

Wer sind die Mitspieler beim Mieterstromprojekt?

Die zentrale Rolle bei einem Mieterstromprojekt übernimmt der Mieterstrombetreiber. Er ist für den Betrieb der Erzeugungsanlage, den Vertragsabschluss mit dem Endkunden und die Belieferung der Restenergie zuständig, wenn die Erzeugungsanlage einmal keine Energie liefert. Der Besitzer der Immobilie erhält für die Bereitstellung seiner Dachfläche eine monatliche Pacht. Andere Kooperationen sind in diesem Zusammenhang auch denkbar. Die Lieferung des Reststroms kann auch durch einen externen Lieferanten im Auftrag des Mieterstrombetreibers erfolgen. Der Messstellenbetreiber ist für den Betrieb des Messsystems verantwortlich. Durch den Einsatz von intelligenten Messsystemen übernimmt dieser auch die Rolle des Messdienstleisters. Der überschüssige Strom aus der PV-Anlage kann wahlweise durch den Netzbetreiber bei einer festen Einspeisevergütung vermarktet werden oder direkt über einen Direktvermarkter an der Börse.

Die Teilnahme am Mieterstromprojekt erfolgt für den Mieter auf freiwilliger Basis. Eine Zwangsteilnahme ist nur in Ausnahmefällen wie z. B. bei Studentenwohnheimen möglich.

 

Mieterstrom – Lohnt sich das?

Nicht jedes Mieterstromprojekt ist wirtschaftlich. Trotzdem ist das Thema aus strategischer Sicht sinnvoll für jedes EVU. Mieterstromprojekte können nur gelingen, wenn eine lokale Zusammenarbeit zwischen dem Mieterstrombetreiber, dem Vermieter und den Mietern stattfindet. Durch die zusätzliche Förderung können bereits heute Projekte wirtschaftlich betrieben werden. Eine Integration der Abrechnung in das SAP ist bereits heute möglich. Hinzu kommen fallende Preise für PV-Module und Speicher, welche die Wirtschaftlichkeit weiter steigern werden.

Eines steht bereits heute fest: immer mehr Marktanbieter im Bereich Mieterstrom treten auf dem Markt auf, weswegen eine frühzeitige Besetzung des Themas aus strategischer Sicht sinnvoll ist. Denn ein Mieterstromprojekt ist die erste Stufe zu einer Quartierslösung, bei der ein EVU als kommunaler Dienstleister auftreten kann.

Was ist eure Meinung zum Thema Mieterstrom? Diskutiert mit uns auf unserem Blog oder sprecht uns direkt an!

Marcel Linnemann

Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH

 

Impuls #3: Auf Konfliktkurs: dynamische Tarife vs. dynamische Netzentgelte

Auf Konfliktkurs: Anreizmechanismen und ihre Auswirkungen

Elektrizität ist in unserer Gesellschaft mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Jeder kennt sie, jeder konsumiert sie. Zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort, zu einem festen Preis. Jeder ist es in diesem Land gewohnt, Strom überall und zu jedem Zeitpunkt zu festen Konditionen zu erhalten, was zu einer starren und sehr unelastischen Nachfrage führt. Im Zuge der Energiewende und der Zunahme volatiler Erzeugungsanlagen ist die Beibehaltung eines unelastischen Verbrauchs jedoch eher unvorteilhaft, da es zu einer stärkeren Verschiebung des Angebots kommt, auf welche die Nachfrage nicht reagiert. Aus diesem Grund sollen dynamische Anreizmechanismen, wie z. B. dynamische Tarife oder dynamische Nutzungsentgelte, das Verbrauchsverhalten positiv beeinflussen. Doch stimmt dies eigentlich? Und passen unterschiedliche Anreizsysteme zusammen?

Spätestens seit dem Beschluss des Gesetzespakets zur Digitalisierung der Energiewende und der damit verbundenen Einführung von intelligenten Messsystemen (iMsys) ist der Energiebranche der dynamische Tarif ein Begriff. Mit ihnen soll es möglich sein, das Verbrauchsverhalten durch Monetisierung des Verbrauchszeitpunkts zu flexibilisieren. Viele Akteure versprechen sich davon eine Steuerung des Verbrauchsverhaltens, welche zu sinkenden Preisen für den Verbraucher und einem netzdienlicheren Verhalten führen soll.

Das Worst-Case-Szenarium für das Netz?

Doch was passiert eigentlich, wenn über 40 Millionen Haushalte in 10 Jahren über einen dynamischen Tarif verfügen? Es ist davon auszugehen, dass in diesem Kontext eine Standardlösung verwendet wird, sodass am Ende nur eine geringe Variabilität unter den dynamischen Tarifen vorherrscht. Dies hat dann wiederum zur Konsequenz, dass Millionen von Haushalten auf dasselbe Preissignal reagieren. Aus einem Stromüberschuss im Netz würde schnell ein Defizit entstehen, wenn alle Stromspeicher und intelligenten Verbraucher gleichzeitig Strom aus dem Netz entnähmen. Sprungartige Verbräuche würden somit zu einer Zunahme der Netzinstabilität führen, welche zu höheren Kosten führen könnten und auf die Allgemeinheit umzulegen wären. Im schlimmsten Fall käme es zu einem Stromausfall.

Zur Eindämmung dieser Gefahren und zur Steigerung eines netzdienlichen Verhaltens plant die EU im Rahmen des EU-Winterpakets die Einführung dynamischer Netznutzungsentgelte Art. 16 Verordnung des europäischen Parlamentes und des Rates über den Elektrizitätsbinnenmarkt (Neufassung).

In Szenarien mit einer hohen Netzbelastung soll nach dieser Verordnung das Verhalten der Letztverbraucher monetär sanktioniert werden. Hierbei kann es jedoch zu einem Widerspruch zwischen den dynamischen Tarifen und den Netzentgelten kommen. So bekäme ein Letztverbraucher zum Zeitpunkt X zwar einen günstigen Tarif, da besonders viel Ökostrom günstig an der Börse eingekauft werden kann, gleichzeitig ist jedoch das Netz physischen Restriktionen unterworfen, welche eine Lieferung zu diesem Zeitpunkt unvorteilhaft machen. Die Folge: es wird ein deutlich höheres Netznutzungsentgelt (NNE) erhoben, welches den dynamischen Stromtarif unwirtschaftlich macht.

Das Beispiel zeigt, dass eine enge Verzahnung von dynamischem Tarif und Netzentgelten notwendig ist. Eine Trennung beider Mechanismen kann zu einem Konflikt führen, welcher die Versorgungssicherheit beeinträchtigen könnte. Selbst bei Einführung nur eines Mechanismus, ist auf die Ausgestaltung genau zu achten. Die einheitliche Reaktion auf Preissignale, welche zu einer sprunghaften Verbrauchsveränderung führt, schadet letztendlich dem Netz mehr als es ihm nützt.

Wir dürfen also gespannt sein, was in den nächsten Monaten und Jahren passiert.

Marcel Linnemann

Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH