Monitoring und Wiedervernässung von Mooren
Die CO2-Kompensation ist ein probates Mittel, um die eigene Umweltbilanz zu verbessern. Auch wenn die Reduktion der Treibhausgas-Emission die nachhaltigere Lösung ist, ist die Kompensation der unvermeidbaren Emissionen eine Möglichkeit, um ökologisch aktiv zu werden. Kompensationslösungen unterscheiden sich jedoch zum Teil stark in ihrer Qualität. Die Wiedervernässung von Moorböden ist eine der effektivsten und kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen mit einem hohen Reduktionspotential von CO2-Äquivalenten. Denn obwohl Moore weltweit nur 3 % der Landfläche ausmachen, sind in Ihnen rund 650 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Doppelt so viel, wie in allen Wäldern der Erde zusammen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde am Dienstag, dem 29.03. durch die Bundesumweltministerin Steffi Lemke das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ vorgestellt. In diesem werden Fördermittel in Höhe von 4 Milliarden Euro bereitgestellt, unter anderem auch für die Wiedervernässung von Mooren und alternative Bewirtschaftungsformen.
In diesem Blogbeitrag wollen wir uns die Wiedervernässung genauer ansehen. Welcher Nutzen genau entsteht, warum sie für den Standort in Deutschland eine besondere Rolle einnimmt und wie IoT bei der Wiedervernässung und beim Monitoring des Moorzustandes schon heute unterstützen kann.
Moore als natürliche CO₂-Speicher
Von den in Deutschland ursprünglich vorkommenden Mooren sind nur noch ca. 3-5 % Restflächen in naturnahmem Zustand verblieben. Die Moore hierzulande wurden fast vollständig trockengelegt, um sie land- oder forstwirtschaftlich zu nutzen. Während allgemein bekannt ist, dass Wälder CO₂-Senken darstellen, ist das Wissen, dass die weltweiten Moore mehr CO₂ speichern als die Wälder, weniger verbreitet. Eine Renaturierung und Wiedervernässung leistet einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Klimaschutz und darüber hinaus auch zur Diversität des Landschaftsbildes, der Artenvielfalt und Verbesserung weiterer ökologischer und wirtschaftlicher Faktoren.
30 % des in der Erde gebundenen Kohlenstoffs ist in Mooren gebunden. Ein nasses Moor stellt somit einen natürlichen CO₂-Speicher dar. Der Grund: Im Moor herrscht Sauerstoffmangel. Hierdurch zersetzt sich organisches Material deutlich langsamer. Der in dem Material gebundene Kohlenstoff verbleibt somit in der sich bildenden Torfschicht. Wird es allerdings, z. B. für den Torfabbau, entwässert, zersetzt sich das Material und der vorher gebundene Kohlenstoff sowie weitere Gase werden frei. Aus einer Tonne Kohlenstoff werden dann 3,7 Tonnen CO₂.
Konventionelle Moorbewirtschaftung
Moore werden oder wurden unter anderem aus den folgenden Gründen trockengelegt:
- Torfabbau, um diesen als Brennstoff zu nutzen und für die Bodenverbesserung.
- Schaffung von Weide-/Ackerland, Heugewinnung und Streuwiesen.
Trockengelegte und bewirtschaftete Moorböden befinden nach drei bis vier Jahrzehnten in einem Zustand, in dem sie kaum noch wirtschaftlich genutzt werden können. Durch die Entwässerung und Nutzung verfestigt sich der Torfkörper, er nimmt weniger Wasser auf und verliert durch Auswaschung Nährstoffe. Der Boden vermulmt. Da trockengelegte, abgetragene Moore heute wirtschaftlich genutzte Flächen sind, wird nun nach Lösungen gesucht, die eine Renaturierung und gleichzeitig nachhaltige wirtschaftliche Nutzung dieser Böden ermöglichen.
Alternative Bewirtschaftungsformen gesucht
Unter dem Fachbegriff der Paludikultur (palus = lat. Sumpf/Morast) wird die land- und forstwirtschafliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore verstanden. Diese nachhaltige Bewirtschaftung soll es ermöglichen, einerseits das Moor wieder zu vernässen und somit die CO₂-Speicherwirkung zu erhalten bzw. wieder in Gange zu setzen. Andererseits soll sie die wirtschaftlichen Interessen der Betriebe und Kommunen, die ebendiese Flächen Jahrzehnte lang bewirtschaftet haben, erfüllen.
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung fasst dabei folgende Produkte- und Nutzungsformen zusammen:
- Energiepflanzen für Heizkraftwerke oder Biogasanlagen
- Rohstofflieferanten für Baustoffe (Nutzholz oder alternative Baustoffe, z.B. für Wärmedämmung, Schalungsplatten, Putzträgermatten, Trennwände, Sichtschutzelemente)
- Nahrungsmittelproduktion inklusive Tierhaltung
- Futterpflanzen und/oder als Einstreu nutzbare Pflanzen
- Torfersatzstoffe
- Rohstoffe für Medizin oder Kosmetik
Darüber hinaus stellen sich für die Umgebung weitere positive Auswirkungen ein: Die Artenvielfalt erhöht sich, die Flächen entwickeln sich zu Nähr- und Stoffsenken, außerdem speichern sie Wasser, was vor dem Hintergrund zunehmender Starkregenereignisse auf besonders Interesse stoßen könnte.
Konkretes Vorhaben im Moor
In Niedersachsen befindet sich eine solche Versuchsfläche des Projekts „CANAPE“: eine Versuchsfläche zum Anbau von Torfmoosen im Ort Barver, betrieben durch die Stiftung Naturschutz. Die Torfmoosen (Sphagnum) werden hier angebaut, um mit dem perspektivischen Ziel sie zu ernten und als hochwertigen Torfersatzstoff in Erden und Kultursubstraten verwenden zu können.
Für die Kultur der Torfmoose ist ein stabiler Wasserstand kurz unter der Bodenoberfläche ideal. Da dies aber durch Entwässerung und geänderte saisonale Niederschlagsverteilung natürlicherweise kaum noch vorkommt, werden bei Torfmooskulturen die Wasserstände durch technische Zuwässerung künstlich gesteuert. Hierzu wird für die Torfmooskultur ein Zielwasserstand in Höhe der Bodenoberfläche festgelegt, der sensorgesteuert überwacht wird. Sinkt der Wasserstand in der Kultur unter eine vorgegebene Höhe, erfolgt automatisch eine Zuwässerung bis zum Erreichen des Sollwertes. Die Bewässerung ist damit sichergestellt, aber erfolgt ohne Weitergabe des Pegelstands an die Betreiber.
Die Ablesung des Pegels war damit nur vor Ort möglich. Mehrmals im Monat – vor allem in heißen Sommern – musste Dr. Jens-Uwe Holthuis (Projektleiter NSRP CANAPE, Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz) dafür nach Barver fahren. Dies hat zwar den Vorteil, dass in diesem Zuge auch andere Sicht-Kontrollen durchgeführt werden können, das Begehen eines Moores und der Messstelle ist aber zeitaufwändig und nur unter einigen Voraussetzungen, also nicht immer, möglich.
Mithilfe der durch die Stadtwerke Huntetal zur Verfügung gestellten IoT-Geräte kann der Pegelstand nun laufend geprüft werden. Konkret waren dies:
- Ein LoRaWAN-Gateway, dass die Messdaten empfängt und zur weiteren Auswertung weiterleitet
- ein Messsystem zur Messung des Grundwasserpegels
- Ein Messsystem zur Messung des Moorwasserpegels
- ein Schachtwasserzähler mit Impuls Modul für den Wasserrechtsnachweis für Wasserentnahme eines Vorfluters
„Die LoRaWAN-Anlage in unserer Sphagnumfarm Barver bewährt sich sehr gut, sodass ich auch aus dem Homeoffice nun gut über den stundenaktuellen Wasserstand im bzw. über dem Moor Bescheid weiß. So lässt sich die Dynamik der Wasserstandsbewegungen gut nachvollziehen.“ – Dr. Jens-Uwe Holthuis.
Weiteres Automatisierungspotenzial
Für die Bewässerung von Torfmoosen ist unter bestimmten Umständen ein Rückhalt bzw. Speicherung von Überschusswasser (z. B. im Winter oder nach Starkregen) sinnvoll, um in Zeiten mit witterungsbedingtem Wasserdefizit eine Bewässerungsreserve zu haben. Speziell im Frühjahr kann der Wasserstand im Vernässungsgebieten allerdings auch so weit steigen, dass zur Vermeidung von Schäden an Dämmen oder Vegetation Überschusswasser gesteuert abgeleitet werden muss. Die Regulierung kann dann z. B. durch Einstellung von Gebietsüberläufen oder steuerbaren Wehren in Gräben erfolgen.
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Zusätzliche Mehrwert des Projektes
Durch Entwässerungsmaßnahmen für den Torfabbau und/oder die Urbarmachung der Moore ist der Wasserstand heute in vielen Mooren – auch in Schutzgebieten der Diepholzer Moorniederung – abgesenkt. Hinweise darauf liefert insbesondere mooruntypische Vegetation, die sich bei zu niedrigen Wasserständen einstellt.
Durch Wiedervernässungsmaßnahmen soll der Wasserstand der Diepholzer Moore jetzt wieder in moortypische Bereiche angehoben werden und dadurch sowohl die Lebensraumqualität für moortypische Pflanzen und Tiere verbessert als auch CO2-Emissionen verringert werden. Bislang erfolgt dies in der Regel durch passive Wiedervernässung, d.h. durch Verwallungen im Gelände. Das Niederschlagswasser wird auch durch Dämme in Gräben am Abfluss in die Vorflut (Entwässerungsgräben) gehindert und stattdessen im Gebiet zurückgehalten. Daneben werden stark wasserzehrende Bäume aus Vernässungsgebieten entnommen. „An manchen Stellen reicht dies jedoch nicht aus, sodass punktuell über aktive Bewässerungsmaßnahmen, ähnlich wie bei der Sphagnum-Paludikultur in Barver, verstärkt nachgedacht wird. Bislang kommen außerdem nur in einzelnen Mooren überhaupt digitale Wasserstandslogger zum Einsatz.“, so Anna Bartel (Fachdienst Kreisentwicklung, Landkreis Diepholz). Die schon vorhandenen Wasserstandslogger sind aber ohne Fernübertragung und müssen stattdessen manuell ausgelesen werden.
„Ein großflächiger Einsatz von Messung und Fernauslesung wird angestrebt und rückt dank IoT-Technologie in greifbarere Nähe“, so Anna Bartel. Die Messung der Wasserstände zeigt dem Landkreis dann einerseits die Bereiche mit besonders großem Handlungsbedarf auf und dient andererseits der Erfolgskontrolle von durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen. Im Projekt in Barver werden somit wertvolle Erfahrungen für den gesamten Landkreis Diepholz gesammelt, die bei weiteren Renaturierungsmaßnahmen mit oder ohne aktivem Wassermanagement in der Planung hilfreich sind.
Digitale Erfassung von Moorwasserpegeln ist also bei der Wiedervernässung von Mooren eine Methode, über die einfach und schnell bestehende Maßnahmen evaluiert und zukünftige Maßnahmen geplant werden können.
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