25. September 2025

Seit 2005 bepreist das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) als weltweit erstes marktwirtschaftliches Instrument Treibhausgas-Emissionen in der Schwerindustrie und im Energiesektor und schafft gleichzeitig Anreize für klimafreundliche Innovationen. Mit Erfolg: Die CO2-Emissionen sind seither um 48 Prozent gesunken. Ab 2027 soll das ETS 1 im Industrie- und Energiesektor um einen neuen Emissionshandel ETS 2 erweitert werden, der die Sektoren Wärme, Verkehr und Kleingewerbe abdeckt. Was bedeutet das für Deutschland, das bereits seit 2021 einen eigenen nationalen Bepreisungsmechanismus (nEHS) etabliert hat?
Der Koalitionsvertrag zwischen der Union und den Sozialdemokraten vom 06.05.2025 widmet dem EU-Emissionshandel „als zentralem Baustein in einem Instrumentenmix” einen eigenen Abschnitt. Die Passage unterstreicht, dass die Koalitionäre mit Hilfe von Marktmechanismen auf der einen Seite Wettbewerbsfähigkeit erhalten bzw. zu fördern und gleichzeitig eine wirtschaftlich tragfähige Preisentwicklung anreizen wollen. Der Vertrag bestätigt auch die Einführung des Emissionshandel 2 (ETS 2), das die Bereiche Gebäude, Verkehr und kleine Unternehmen abdecken soll.

Mit der Novelle der Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV-E) am 06.08.2025 hat die Bundesregierung genau diesen Übergang vom nationalen Emissionshandel (nEHS) in ETS 2 ab 2027 formal eingeleitet. Damit endet die Festpreisphase des bisherigen Brennstoffemissionshandelsgesetz und es beginnt eine neue Ära der CO₂-Bepreisung. Zur Erinnerung: Seit 2021 bepreist Deutschland die Sektoren Gebäude, Verkehr oder auch Müllverbrennung mit einem jährlich steigenden Preis pro Tonne CO2. 2025 lieget der CO2-Preis bei mit 55 Euro pro Tonne. Dieses System lässt die Einnahmen gut kalkulieren, da man anhand des Festpreises eine ziemlich genau Abschätzung vornehmen kann.
Um den Übergang zum ETS 2 System zu gewährleisten, das einen Zertifikatehandel vorsieht entlang eines jährlichen Reduktionspfades an ausgegebenen Zertifikaten, steht 2026 ein Übergangsjahr an: Eine Auktion mit Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne CO₂, die Wettbewerb simulieren soll, praktisch aber einer Tombola ohne Lose gleicht: Aus ökonomischer Sicht ist diese Konstruktion unnötig kompliziert. Ein weiteres Festpreisjahr wie bisher 2021-2025 etabliert, wäre effizienter und weniger bürokratisch. Noch gravierender ist jedoch, dass wir uns an Nebendebatten über Auktionsregeln abarbeiten, anstatt die entscheidende Frage in den Mittelpunkt zu rücken: Wie gelingt das ETS 2 als gesellschaftliches Projekt?

Denn der CO₂-Preis wird spürbare Folgen haben. Schätzungen gehen für die frühen 2030er Jahre von Preissprüngen zwischen 70 und 400 Euro pro Tonne aus. Das bedeutet steigende Kosten für Benzin, Heizöl und Gas, was unmittelbare soziale Auswirkungen nach sich zieht. Ohne einen tragfähigen Ausgleich drohen Akzeptanzprobleme und Widerstand. Besonders Kommunen und Stadtwerke geraten in die Zwickmühle: Sie müssen einerseits in Wärmewende, Ladeinfrastruktur und Netzausbau investieren, andererseits die sozialen Härten vor Ort abfedern.

Dr. Constanze Adolf

Senior Managerin Energiewirtschaft
Constanze Adolf ist promovierte Bankkauffrau mit internationalem Studium. Seit 2024 ist sie Senior Managerin bei der items GmbH & Co. KG, wo sie den Stabsbereich „Strategie & Wissen“ Energiewirtschaft mit aufbaut und das Berliner Büro leitet. Zuvor war sie als Managing Director und Senior Partner in zwei Beratungshäusern tätig, mit Schwerpunkt auf Energy & EU Affairs. Bei einem Energiespeicher-Start-up verantwortete sie zuvor das Business Development. Mehr als 16 Jahre Erfahrung in Brüssel prägen ihre Expertise in der EU-Energie-, Klima- und Nachhaltigkeitspolitik, unter anderem als Executive Director von Green Budget Europe und Generalsekretärin der EUFED. In diesem Blog beleuchtet sie aktuelle regulatorische Entwicklungen und Trends für Stadtwerke, Netzbetreiber und kommunale Akteure.