Grünstromtarife: ein Einblick in den Angebotsdschungel der Stromlieferanten

  1. Der ökologische Tarifdschungel
  2. Der Ökostromtarif – der Urvater der Grünstromtarife
  3. Funktionsweise der Grünstromzertifikate
  4. Regionaler Grünstrom
  5. Lokalstrom und Post EEG-Anlagen
  6. Fazit zum Dschungel der Grünstromtarife

Der ökologische Tarifdschungel

Ökostrom-, regionale Strom-, Landstrom- oder Post-EEG-Stromtarife. Wer sich im Netz auf die Suche nach ökologischen Stromtarifen bzw. Grünstromtarifen begibt, findet am Markt unzählige Begriffe und Tarife. Schnell stellt sich hierbei die Frage, welche Anlage fördere ich als Stromkunde eigentlich? Wo liegen die Unterschiede und welches Angebot hat den höchsten ökologischen Mehrwert zur Bekämpfung der CO2-Emissionen?

Aus diesem Grund wollen wir in diesem Blogbeitrag einen Blick auf die historische Entwicklung und Hintergründe der einzelnen Grünstromtarife werfen und erläutern, welche Arten von Anlagen der jeweilige Tarif enthalten kann.

Der Ökostromtarif – der Urvater der Grünstromtarife

Der Ökostromtarif ist der wohl älteste Grünstromtarif und wird wie jeder andere Stromvertrag auch für eine Dauer von 12 oder 24 Monaten abgeschlossen. Wirft man einen Blick in die Details des Stromlieferanten, wie sich der individuelle Strommix zusammensetzt, sieht man schnell die Information 100 % Ökostrom. So weit, so gut. Wir wollen gerne Klarheit schaffen, wie das System der Förderung von Anlagen in Deutschland funktioniert und dass Ökostrom nicht unbedingt Strom aus deutschen EE-Anlagen ist.

EE-Anlagen in Deutschland, die eine EEG-Förderung erhalten, unterliegen dem Doppelvermarktungsverbot. Für Strom aus einer geförderten deutschen EE-Anlage können also keine Grünstromzertifikate ausgestellt werden. Relevant ist das für fast alle EE-Anlagen in Deutschland, mit Ausnahme einiger Wasserkraftwerke, die schon zu alt sind. Die Grünstromzertifikate sind aber zwingende Voraussetzung dafür, dass ein Stromlieferant seinen Strom als Ökostrom verkaufen darf, da er mit diesen Zertifikaten die Herkunft seines Stroms belegen kann. Da Stromlieferanten am deutschen Markt nur geringe Mengen von Ökostrom-zertifiziertem Strom beschaffen können, werden alternative Vorgehensweisen zur Beschaffung von ökologisch zertifiziertem Strom angewandt.

Für einen Ökostromtarif erfolgt die Beschaffung des Stroms in der Regel über die Strombörse oder einen Zwischenhändler. Meist handelt es sich dabei um Graustrom. Bei Graustrom ist die Herkunft des Stroms unbekannt, weswegen ein direkter Vertrieb als Grünstrom nicht möglich ist. Daher beschafft sich der Stromlieferant parallel am Markt Grünstromzertifikate für die Menge des eingekauften Graustroms. Das Grünstromzertifikat stammt hierbei in der Regel von ausländischen Anlagen, wie z. B. norwegischen Wasserkraftwerken, die nicht dem Doppelvermarktungsverbot unterliegen. In der Regel werden die Zertifikate für diese Anlagen als Mitnahmeeffekt ausgestellt, da der Strom sowieso, also auch ohne die Grünstromzertifikate produzieren wird.

Das hat zur Folge, dass kaum eine EE-Anlage in Deutschland mit dem Ökostromtarif gefördert wird. Zusätzlich haben einige Versorger in der Vergangenheit den EEG-Anteil am allgemeinen Strommix in den Ökostromtarif eingerechnet, um sich den Kauf der Zertifikate zu sparen. Dieses Vorgehen verbietet der Gesetzgeber jedoch ab dem Jahr 2022, da einige Versorger ihren Strommix dadurch um über 50 % grün-waschen konnten.

Funktionsweise der Grünstromzertifikate

Wie bereits erläutert, ist das Zertifikatsmanagement für den Vertrieb von Grünstromtarifen entscheidend. Die Zertifikate belegen die Produktion von Grünstrom aus einer bestimmten Anlage innerhalb eines Jahres. Die gesetzliche Grundlage stellt hierfür die Herkunftsnachweisregisterverordnung (HkNDV) dar. Bei dem Herkunftsregister handelt es sich um eine elektronische Datenbank, in der die Ausstellung inländischer Herkunftsnachweise (HKN), die Anerkennung ausländischer Herkunftsnachweise sowie die Übertragung und die Entwertung in- und ausländischer Herkunftsnachweise registriert werden.

Um also an ein Grünstromzertifikat zu gelangen, muss der Betreiber seine EE-Anlage registrieren. Befindet sich die Anlage nicht in der EEG-Förderung, hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, für seine Anlage Grünstromzertifikate in Abhängigkeit von der Produktionsleistung zu erhalten. Im juristischen Sinne handelt es sich bei dem Grünstromzertifikat um ein Herkunftsnachweis. Das Zertifikat selbst ist „ein elektronisches Dokument, das ausschließlich dazu dient, gegenüber einem Letztverbraucher im Rahmen der Stromkennzeichnung nach § 42 Absatz 1 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes nachzuweisen, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde“; § 3 Nr. 29 EEG.

Nach erfolgreicher Registrierung der EE-Anlage erfolgt die Ausstellung der Herkunftsnachweise in Abhängigkeit von der Erzeugung in MWh. Der HKN wird dem Anlagenbetreiber auf seinem Konto gutgeschrieben. Dieser kann vom Anlagenbetreiber am Markt veräußert und z.B. von einem Stromlieferanten für seinen Ökostromtarif gekauft werden. Der HKN wird anschließend dem Konto des Lieferanten gutgeschrieben. Bei Lieferung des Stroms an den Endkunden erfolgt dann eine Entwertung des HKN in Höhe der gelieferten Strommenge. Somit handelt es sich bei Ökostrom vor allem um eine Bilanzierung von Strom, bei der HKN mit Strommengen kombiniert werden.

Regionaler Grünstrom

Bei regionalem Grünstrom handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Ökostromtarifs, bei der auch EE-Anlagen innerhalb der EEG-Förderung aus Deutschland teilnehmen können. Dafür wurde die gesetzliche Grundlage mit der EEG-Novelle von 2014 und dem Auslaufen des Grünstromprivilegs § 33b Nr.2 EEG 2012 gelegt. Hierbei konnten Großhändler abseits der Strombörse den Strom aus EE-Anlagen direkt vermarkten, sofern die Produktion und der Verbrauch zeitlich gekoppelt waren.

Mit dem regionalen Grünstromtarif wurde nun eine Alternative geschaffen. Es sollen vor allem die Anlagen gefördert werden, die sich in räumlicher Nähe zum Verbraucher befinden. Dabei können Anlagen, die sich in maximal 50 km Entfernung vom Verbraucher und in der geförderten Direktvermarktung nach dem EEG befinden, ein regionales Grünstromzertifikat beantragen. Die Entfernungsberechnung erfolgt über die Postleitzahl. Die Höhe des regionalen Grünstroms ist dabei auf die maximale Höhe des EE-Anteils am deutschen Strommix begrenzt. Dies bedeutet bei einem EE-Anteil von 50 %, dass der regionale Grünstromtarif zu 50 % aus Strom mit einem regionalen Grünstromzertifikat sowie zu 50 % aus Ökostrom-zertifiziertem Strom, entsprechend oben dargestelltem Prinzip, besteht.

Durch den regionalen Grünstromtarif hat der Stromlieferant nun die Möglichkeit, auch geförderte EE-Anlagen in der räumlichen Nähe des Kunden mit in den Tarif aufzunehmen, was bei einem Ökostromtarif bislang nicht ging. Durch die regionalen Grünstromzertifikate, die der Anlagenbetreiber erhält, findet auch eine aktive Förderung der lokalen Erzeugungsstruktur statt.

Lokalstrom und Post-EEG-Anlagen

Genauso häufig wie das Wort regionaler Grünstrom taucht auch der Begriff Lokalstrom am Markt auf. Auch wenn die Begriffe lokal und regional doch sehr ähnlich sind, handelt es sich im Kern doch um zwei vollständig verschiedene Grünstromtarife. Bei einem regionalen Grünstromtarif handelt es sich immer um zertifizierten regionalen Grünstrom nach dem EEG (siehe vorheriges Kapitel), während es sich bei dem Begriff Lokalstrom um einen nicht geschützten Markennamen handelt.

Der angebotene Lokalstrom kann dabei in der Regel in zwei Kategorien eingeordnet werden: Die erste Möglichkeit ist das Angebot eines klassischen Ökostromtarifs (siehe oben). Bei der zweiten Möglichkeit kann es sich um die Vermarktung von sog. Post-EEG-Strom handeln.

Unter dem Begriff Post-EEG-Anlagen werden Erzeugungsanlagen verstanden, die aus der EEG-Förderung gefallen sind, weswegen eine Zertifizierung als regionaler Grünstrom nicht mehr möglich ist. Dieser Strom kann jedoch vom Erzeuger oder Direktvermarkter als Grünstrom (beachte den Unterschied zwischen regionalem Grünstrom und Grünstrom) zertifiziert und vom Lieferanten eingekauft und verkauft werden, da keine EEG-Förderung mehr besteht. Durch die Zunahme von Anlagen, die aus der Förderung fallen, ist dieses Vorgehen der Lieferanten immer häufiger am Markt zu beobachten.

Dem Endkunden hilft es bei diesen Tarifen immer, einen Blick in die Details des Energieliefervertrags zu werfen oder sich beim örtlichen Versorger zu erkundigen, welche Post-EEG-Anlagen in dem Lokalstromtarif enthalten sein könnten bzw. ob überhaupt Strom aus Post-EEG-Anlagen vor Ort aufgenommen wurde.

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Fazit zum Dschungel der Grünstromtarife

Mittlerweile haben Stromlieferanten unterschiedliche Möglichkeiten, Ökostrom über verschiedene Grünstromtarife zu vermarkten. Geht es dem Endkunden vor allem darum, einfach nur zertifizierten Grünstrom einzukaufen, reicht ein Ökostromtarif im klassischen Sinne vollständig aus. Hier hat der Kunde zumindest noch Möglichkeiten, zwischen unterschiedlichen Qualitäten von Zertifikaten zu wählen. So setzen einzelne Versorger ausschließlich auf Strom aus Wasserkraft von Anlagen, die in Deutschland errichtet wurden. Meist handelt es sich jedoch um Anlagen aus dem Ausland.

Ist dem Endverbraucher vor allem die Förderung der lokalen Energiewende wichtig, sind Alternativen wie regionale Grünstromtarife gefragt. Hier hat der Kunde eine zertifizierte Sicherheit, dass ein Mindestanteil des Stroms aus lokalen Anlagen stammt. Um die Qualität des regionalen Grünstromtarifs zu erhöhen, haben Lieferanten auch die Möglichkeit, den restlichen Anteil aus Post-EEG-Anlagen vor Ort zu decken, deren Grünstrom zertifiziert wird. Eine Pflicht zur Einbindung von Post-EEG-Anlagen besteht jedoch nicht.

Ob der gleiche Mehrwert zur Förderung der lokalen Energie auch bei Lokalstromtarifen besteht, ist jeweils im Detail zu prüfen, da es sich nicht um einen geschützten Begriff handelt. Theoretisch könnte man sogar Strom aus lokaler Kohleenergie nutzen. Wenn der Lokalstromtarif größtenteils aus lokalen Post-EEG-Anlagen, in Kombination mit einem Herkunftsnachweis besteht, und damit ein Abschalten der ausgeförderten Anlage trotz Funktionsfähigkeit verhindert werden kann, stellt auch dieser Tarif eine sinnvolle Alternative zum regionalen Grünstromtarif dar.

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Koalitionsvertrag und Energiewende – Was steht im Koalitionsvertrag?

Koalitionsvertrag und Energiewende: Ein umfangreiches Maßnahmenpaket

Pünktlich zum Ende des Jahres ist es soweit, die neue Ampel-Regierung steht und mit ihr ein neuer Koalitionsvertrag mit unterschiedlichsten Themen, Neuerungen und angestrebten Maßnahmen, die im Laufe der kommenden Legislaturperiode angegangen werden sollen. Die Umsetzung und Gestaltung der Energiewende hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft stellt ein Themenschwerpunkt der zukünftigen Regierung dar. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf einem einzelnen Sektor wie z. B der Stromwirtschaft, vielmehr sollen nach dem Koalitionsvertrag sämtliche Sektoren und Ziele noch einmal angefasst werden, um die Geschwindigkeit für den Umbau des Energiesystems deutlich zu erhöhen.

Zwar bewegen sich viele Handlungsfelder noch auf einem sehr normativen Niveau, wodurch eine Aussage über die konkreten Maßnahmen in vielen Bereichen noch nicht möglich sind, jedoch wollen wir in diesem Blogbeitrag einen Blick auf die unterschiedlichen Ziele, Maßnahmen und betroffenen Sektoren werfen, die im Koalitionsvertrag aufgeführt sind.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Thema Klimaschutz

Im Koalitionsvertrag bekennen sich die Beteiligten Akteure zum 1,5-Grad-Ziel auf Basis der internationalen Abkommen. Verschärft wurde hierfür das Ziel der Klimaneutralität sektorübergreifend und technologieoffen bis 2045 für alle Branchen. Mit dem Klimaschutzgesetz des vergangenen Sommers wurde bereits für einzelne Sparten das Zieldatum von 2050 auf 2045 herabgesetzt. Nun soll dies einheitlich für alle Sparten bis 2045 erfolgen. Da die Umsetzung der Energiewende als Querschnittsaufgabe angesehen wird, sollen künftige Gesetzentwürfe und Verordnungen grundsätzlich einem Klimacheck unterzogen werden. Die genaue Ausgestaltung ist an dieser Stelle noch offen, soll jedoch durch das federführende Ressort erfolgen.

Als Basis-Monitoring über den Stand der Energiewende in Deutschland soll ein Governance-System eingeführt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um keine neue Idee, sondern eine verpflichtende Umsetzung, die auf Grund der EU-Governance-Verordnung umzusetzen ist. Zur Beschleunigung der Umsetzung und Erreichung der Klimaziele soll bis Ende 2022 ein Klimaschutzsofortprogramm entworfen werden, um Umsetzungsvorhaben voranzutreiben, aber auch den notwendigen regulatorischen Handlungsrahmen zu schaffen. Gestützt durch unterschiedliche Energie- und Klimafonds soll die Finanzierung nachhaltiger, ökologischer Projekte gesichert werden. Hierbei wird auch die KfW-Bank miteinbezogen. Somit zielt das Koalitionspapier im Kern wesentlich auf eine schnellere Umsetzung der Energiewende ab. Basis hierfür ist eine vorgezogene Klimaneutralität, die Anpassung des regulatorischen Handlungsrahmens sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Erneuerbare Energien

Der Ausbau Erneuerbarer-Energien (EE) soll nach dem Willen der Ampelkoalition deutlich gestärkt werden. Dies ist auch notwendig, aufgrund der Anpassung der Strombedarfsprognose für das Jahr 2030. Diese wird nun auf einen jährlichen Bedarf von 680-750 TWh geschätzt. Durch den gestiegenen absoluten Strombedarf ist eine höhere Erzeugungskapazität erforderlich, um das relative Ziel des erneuerbaren Erzeugungsanteils zu erreichen. Mit Blick auf das Jahr 2030 wird dieses von bisher 65 % auf 80 % EE-Anteil heraufgesetzt.

Dies bedeutet für die bestehenden Ausschreibungen eine deutliche Anhebung des notwendigen Ausschreibungsvolumens. Dabei soll jedoch nicht nur einfach das jährliche Volumen heraufgesetzt werden, vielmehr soll auch eine dynamische Anpassung möglich sein, wenn ein Unterschreiten der Ausbaupfade festgestellt wird. Hinzu sollen die Rahmenbedingungen für nichtgeförderte EE-Anlagen im PPA-Modell, regionale EE-Erzeugungskonzepte sowie bessere Rahmenbedingungen für Bürgerenergiegenossenschaften geschaffen werden. Zudem ist eine bessere Förderung für Quartiers- und Mieterstromlösungen geplant. Konkrete Angaben über die Höhe der Förderung sind allerdings noch nicht zu finden. Um den Aufbau und die Errichtung von EE-Anlagen aber grundsätzlich zu erleichtern, sollen Planungs- und Genehmigungsprozesse durch einheitliche Bewertungsmethoden beschleunigt werden sowie der Einsatz externer Projektteams zur Entlastung der öffentlichen Behörden beitragen.

Zur Steigerung der Akzeptanz von EE-Anlagen vor Ort sollen Kommunen finanziell von Windkraftanlagen (WKA) oder PV-Freiflächenanlagen auf ihrem Gebiet profitieren. Welche zusätzlichen Änderungen an dieser Stelle zu erwarten sind, bleibt abzuwarten, da eine finanzielle Beteiligung bereits mit der Novellierung des EnWGs im Sommer 2021 möglich ist.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Photovoltaik

Um den angestrebten Anteil von 80 % EE im Jahr 2030 zu realisieren, plant die Ampelkoalition eine verfügbare Erzeugungsleistung von 200 GWPeak im Bereich der Photovoltaik. Dies würde einen enormen Ausbau der Photovoltaik innerhalb der kommenden 9 Jahre bedeuten. Im Jahr 2020 verfügte Deutschland über ca. 54 GW Photovoltaik. Somit bedeuten die Beschlüsse des Koalitionsvertrags eine Vervierfachung der bereits verfügbaren Erzeugungsleistung. Um die hierfür notwendige Geschwindigkeit zu erreichen, sollen bisherige Hemmnisse wie die Beantragung und Genehmigung von Netzanschlüssen, Ausschreibungspflichten für große Dachanlagen sowie Vergütungssätze angepasst werden.

In welche Richtung sich daher die Vergütungssätze entwickeln werden, die zu einem ähnlichen Boom wie 2011 nach dem Unfall von Fukushima geführt haben, bleibt abzuwarten, auch, welche Auswirkungen die möglichen neuen Prozesse zur Genehmigung von PV-Anlagen für Netzbetreiber haben. Mit zunehmender Dichte von EE-Anlagen im eigenen Erzeugungsnetz dürfte jedoch der Bedarf an Monitoring- und Berechnungslösungen zur Auswirkung von EE-Anlagen im eigenen Netzgebiet weiter steigen. Zum einen, um die notwendige Prüfgeschwindigkeit einhalten zu können, zum anderen, um die Auswirkungen besser analysieren und damit die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.

Für Neubaugebiete können Netzbetreiber aber schon einmal mit einem flächendeckenden Einsatz von PV-Dachanlagen rechnen, da die Koalition eine PV-Pflicht für gewerbliche Neubauten vorsieht. Bauhürden für private Bauherren sollen möglichst abgeschafft werden, mit dem Ziel, alle Dachflächen in Deutschland nutzbar zu machen. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Windkraft

Neben der Photovoltaik soll in den nächsten Jahren der Ausbau von WKA gestärkt werden. Hierfür sollen 2 % der Landesfläche als Vorrangfläche für Onshore-Anlagen gesichert werden. Um eine gleichmäßigere Verteilung der WKA zu gewährleisten, sollen auch Standorte mit einer geringeren Windhöffigkeit gefördert werden. Ebenso plant die Koalition eine Erleichterung des Repowerings, um den Verlust möglicher alter WKA nach Ablauf der Förderung zu verhindern. Inwieweit das Repowering auch für die Standorte erleichtert werden sollen, die nach heutigen Regelungen nicht mehr für ein Repowering geeignet sind, bleibt abzuwarten.

Für den Offshore-Bereich wird das jetzige Vergabeverfahren in Form von Ausschreibungen beibehalten. Lediglich das Ausbauziel wird angehoben. So sollen bis 2030 30 GW Erzeugungsleistung, 2035 40 GW und 2045 70 GW zur Verfügung stehen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Sonstige EE

Zusätzlich zum Ausbau der Windkraft und Photovoltaik sollen Bio- und Geothermie weiter gestärkt werden. Allerdings nennt der Koalitionsvertrag keine konkreten Ausbaumengen. Vielmehr soll eine neue Biomasse-Nachhaltigskeitsstrategie entwickelt werden sowie ein Konzept zur stärkeren Nutzung der Geothermie. Insgesamt wirkt es jedoch so, als ob die Parteien ihren Fokus klar auf die Nutzung der Windenergie und Photovoltaik legen und Biomasse sowie Geothermie weiterhin ein Nischendasein fristen werden. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Atom- und fossile Energie

Mit dem Ausbau der Erneuerbare-Energien strebt die Ampelkoalition, wie bereits die Vorgängerregierung, mittelfristig denn Ausstieg aus der Kohleenergie an. Sofern möglich, soll dieser auf 2030 vorgezogen werden statt wie bislang geplant 2038. Die Neuerung stellt hier jedoch den guten Willen bis 2030 auszusteigen dar. Ein Kohleausstieg bis 2030 ist nach dem Kohleausstiegsgesetz grundsätzlich schon heute möglich, da mehrere Überprüfungszeitpunkte für einen vorzeitigen Ausstieg vorgesehen sind. Um einen möglichen vorzeitigen Ausstieg sozial, wie auch gesellschaftlich abzufedern, sollen Maßnahmen des bestehenden Strukturanpassungsgesetzes vorgezogen werden.

Als Brückentechnologie sieht der Koalitionsvertrag die Stromerzeugung aus Erdgaskraftwerken und KWK-Anlagen vor. Diese sollen so lange die bestehende Energielücke schließen, bis eine ausreichende Versorgungssicherheit durch Erneuerbare-Energien gesichert ist. Da mit der nationalen Wasserstoffstrategie der Vorgängerregierung mit einem höheren Wasserstoffanteil im bestehenden Gasnetz zu rechnen ist und grüner Wasserstoff als wesentliche Säule einer nachhaltigen Energieversorgung angesehen wird, sollen neue Erdgaskraftwerke H2-ready gemacht werden. Bestehende Kraftwerke sind ebenfalls darauf vorzubereiten.

Die Atomenergie nimmt im Koalitionsvertrag keine Rolle für die künftige Energieversorgung ein. Am beschlossenen Atomausstieg wird weiterhin festgehalten.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Energienetze

Spartenübergreifend funktionierende, intelligente und überwachte Energienetze sind eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Energiewende, was der Koalitionsvertrag ebenfalls anerkennt. Um die Netze schnellstmöglich auf die künftigen Anforderungen vorzubereiten, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller durchlaufen werden können, aber auch Bürgerbeteiligungen besser koordiniert werden. Dies soll vor allem für den Aus- und Aufbau der Strom- und Wasserstoffnetze gelten. Um die zukünftige Netzplanung ganzheitlich durchzuführen, sollen getrennte Netzszenarien durch die BNetzA nicht mehr separat je Sparte erfolgen. Vielmehr soll ein Plan für ein Klimaneutralitätsnetz entwickelt werden. Parallel dazu ist eine Roadmap Systemstabilität bis Mitte 2023 geplant, um die Versorgungssicherheit langfristig im Zuge des Umbaus des Energiesystems zu gewährleisten. Grundsätzlich sieht der Koalitionsvertrag die dringende Notwendigkeit, die Netze schneller und besser zu digitalisieren, weswegen der Ausbau von iMsys beschleunigt werden soll und bei der Netzplanung ein größerer Fokus auf der Netzsteuerung liegen soll. Für den Bereich Speicher ist sogar eine eigene Säule im Energiesektor geplant, die rechtlich noch zu definieren ist. In der Praxis dürfte daher vor allem spannend sein, ob mit dem klaren Ziel der Errichtung mehr intelligenter Netze auch eine Anpassung des Finanzierungsrahmens erfolgen soll oder ob es für Netzbetreiber durch die Anreizregulierung weiterhin attraktiver ist, Kupfer zu verbauen, anstatt Intelligenz in die Netze zu bringen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Strommarktdesign

Um das Energiesystem auf einen hohen Anteil Erneuerbare-Energien vorzubereiten, ist die Entwicklung eines neuen Strommarktdesign geplant. Hierfür soll es ab 2022 eine neue Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ geben, auf der verschiedenste Akteure konkrete Vorschläge für ein neues Strommarktdesign machen können. Wesentlicher Eckpfeiler soll eine Reform der Finanzierungsarchitektur sein. So soll die EEG-Umlage zum 1. Januar 2023 abgeschafft und durch den nationalen CO2-Handel ersetzt werden. Inwieweit dies möglich ist, bleibt abzuwarten, da eine Integration der nationalbesteuerten CO2-Emissionen in den EU-ETS-Handel geplant ist. Wie die Gelder dann auf europäischer Ebene verteilt würden, ist aktuell noch nicht klar definiert, wodurch ggf. eine Gegenfinanzierung der noch anfallenden EEG-Vergütungen gegenüber Anlagenbetreibern nicht gewährleistet wäre.

Mit dem Ende der Kohleenergie 2030 ist außerdem eine Abschaffung der Subventionierung von EE-Anlagen geplant, wodurch die Erneuerbaren-Energien in den „freien Markt“ entlassen würden. Alle weiteren Abgaben und Umlagen, wie z. B. die Energiesteuer, Netzentgelte, KWK-Umlage, Ausnahmetatbestände für spezielle Abgaben und Umlagen, sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Je nach Größe der angestrebten Reformen dürfte es spannend zu beobachten sein, inwiefern neue Regelungen und alte mit einem Bestandsschutz aufeinandertreffen und eine Übergangsphase zwischen beiden Reformwelten gestaltet werden kann.

Das wesentliche Instrument zur Ausgestaltung des Handlungsrahmens des neuen Strommarktdesigns soll die CO2-Bepreisung einnehmen. Hierfür soll ein Mindestpreis von 60€/t auf EU- und nationaler Ebene durchgesetzt werden. Bis zum Jahr 2030 soll der Handel über alle Sparten erfolgen. Am Preispfad des nationalen CO2-Handels wird weiterhin festgehalten. Es soll jedoch, wie bereits von der EU gefordert, ein nationales Instrument zur sozialen Abfederung der CO2-Kosten geben.

Außerdem kann dem Koalitionsvertrag entnommen werden, dass vom Prinzip des Energy-Only-Marktes abgerückt wird, nach dem ausschließlich der Markt Angebot und Nachfrage bestimmen soll. So ist der Aufbau technologieoffener Kapazitätsmärkte vorgesehen. Was dies konkret in der Praxis bedeutet, bleibt mit großem Interesse abzuwarten, da Deutschland bereits über eine Vielzahl unterschiedlichster Kapazitätsmärkte (Sicherheitsreserve, Winterreserve, Regelenergieleistung etc.) verfügt.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Wasserstoff

Als wesentliche neue Säule und perspektivisches Substitut zu Erdgas strebt die Ampelkoalition einen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur an. Hierfür sollen bis 2030 10 GW Elektrolyseleistung installiert werden, 5 Jahre früher als in der nationalen Wasserstoffstrategie festgelegt. Da die Leistung von 10 GW gerade einmal dem heutigen Wasserstoffbedarf der deutschen Industrie entspricht, ist ein umfangreiches Update der nationalen Wasserstoffstrategie mit ambitionierteren Zielen für 2022 vorgesehen. Zur Beschleunigung der Errichtung von Elektrolysekapazitäten ist ein effizient ausgestaltetes Förderprogramm vorgesehen. Zur Schaffung einer grünen Wasserstoffnachfrage, sollen öffentliche Einrichtungen verpflichtet werden, eine bestimmte Quote des eigenen Energiebedarfs mit grünem Wasserstoff zu decken. Das Instrument der Carbon Contracts for Difference soll zugelassen werden.  

Der grüne Wasserstoff soll vorrangig aus einheimischer Produktion gedeckt werden, insbesondere in Verbindung mit Offshore-Wind. Als Brückentechnologie ist jedoch auch blauer Wasserstoff zulässig. Da jedoch eine einheimische Produktion nicht zu 100 % umzusetzen ist, soll der Ausbau von internationalen strategischen Partnerschaften wie z. B. mit Chile oder Russland vorangetrieben werden.

Der Energieträger Wasserstoff soll nicht auf einzelne Sektoren oder Anwendungsfelder zugelassen, sondern in seiner Breite geöffnet werden. Hierfür strebt der Koalitionsvertrag eine technologieoffene Wasserstoffregulatorik ein, die allerdings klimaneutral auszugestalten ist. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Nachweissystems soll auf europäischer Ebene ein Zertifizierungssystem entwickelt werden.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Gebäude und Wärme

Da ein Großteil der Energie in Deutschland für die Bereitstellung thermischer Energie im Gebäudesektor eingesetzt wird, möchte die Ampelkoalition den Anteil erneuerbarer Energien sowie die Energieeffizienz steigern. Hierfür soll zum einen der Neubaustandard ab dem 1. Januar 2025 auf das KfW-Haus 40 gesenkt sowie das GEG (Gebäudeenergiegesetz) angepasst werden. Demnach sollen alle neu eingebauten Heizungen auf einer Mindestbasis von 65 % EE betrieben werden. Für alle größeren Um- und Ausbauten soll ab dem 1. Januar 2024 der EH 70-Standard gelten.

Sofern möglich, soll der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen mit einem EE-Anteil von 50 % bis 2030 ausgebaut werden. Voraussetzung hierfür soll eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein.  

Fazit

Die Ziele und Ambitionen des Koalitionsvertrags können durchaus als anspruchsvoll bezeichnet werden. Durch den möglichen frühzeitigeren Ausstieg aus der Kohle sowie das Beibehalten des Atomausstiegs, bei gleichzeitiger Anhebung der Strombedarfsprognose und einem höheren EE-Ziel von 80 % bis 2030 bei stagnierenden Ausbauzahlen zum aktuellen Zeitpunkt, muss ein deutlicher Ausbau von EE-Anlagen zwingend erfolgen. Viele der Ziele sind jedoch noch auf einem sehr hohen normativen Niveau formuliert, so dass es am Ende auf die konkrete Ausgestaltung ankommen wird. Wie gelingt es konkret, die Ausbauzahlen zu erhöhen, Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, die Bürger miteinzubeziehen, neue Wasserstoffinfrastrukturen zu errichten oder den Rahmen für intelligente Energienetze zu schaffen?

Sollten hierfür in den nächsten 24 Monaten nicht die ausreichenden Handlungsrahmen geschaffen werden, ist durchaus mit einem Comeback des Energieträgers Erdgas zu rechnen, welcher die Lücken zwischen Erneuerbaren Energien und der Kohle-/Atomenergie schließen soll. Ob eine starke Fokussierung auf Wind- und Solarenergie ausreicht und wie die Netze mit der Zunahme einer immer volatileren Energieversorgung zu Recht kommen, ist ebenfalls abzuwarten. Notwendig hierfür wäre sicherlich ein Regulierungsrahmen, der stärkere Anreize für Netzbetreiber setzt, mehr in Intelligenz als in Kupfer zu investieren. Wie dies gelingen soll, dazu wird im Koalitionsvertrag jedoch wenig gesagt. Die Erkenntnis, die Netze auf der Steuerungsebene weiter zu ertüchtigen, ist aber sicherlich als richtig einzustufen. Ein neuer regulatorischer Rahmen für Energiespeicher, die zur Pufferung von Spitzenleistungen erforderlich sind, der aber bislang ein einziger Flickenteppich ist, ist mehr als überfällig.  

Positiv zu sehen ist das sektorübergreifende Denken des Koalitionsvertrags. Separate Planungen für nationale Strom- und Gasinfrastrukturen machen wenig Sinn, wenn die Gasinfrastruktur perspektivisch durch Wasserstoff abgelöst werden soll, welche den Strom für den Betrieb der Elektrolyseanlagen bringen soll. Den Ansatz, ein Konzept für ein sektorübergreifendes, klimaneutrales Energienetz zu entwickeln, könnte zur Hebung von Synergieeffekten beitragen.

Das bestehende Strommarktdesign weiterzuentwickeln, ist auch als logischer Schritt zu werten. Hier scheint jedoch noch nicht klar sein, wie der europäische und nationale CO2-Handel ineinandergreifen. Auf der einen Seite wird eine europäische Lösung angestrebt, auf der anderen Seite sollen die Einnahmen des nationalen CO2-Handels zur Kompensation der EEG-Umlage eingesetzt werden, wobei der nationale CO2-Handel womöglich durch ein einheitliches europäisches System abgelöst wird, wodurch ggf. eine Finanzierungslücke entstehen könnte. Insgesamt ähnelt der Prozess zur Abstimmung des Strommarktdesigns sehr dem letzten Prozess, als das BMWi unter Siegmar Gabriel das letzte Grün- und Weißbuch zum nächsten Strommarktdesign entwickelte. Hierbei sollte die Ampelkoalition aufpassen, nicht noch weitere Kapazitätsmärkte neben den bestehenden zu schaffen, wie im Koalitionsvertrag gefordert, da dies die Grundpfeiler des Energy-Only-Marktes stark beeinflussen könnte, sofern das Marktdesign von Angebot und Nachfrage beibehalten werden soll.    

Die Rolle der neuen Energiesparte Wasserstoff bleibt auch mit dem Koalitionsvertrag schwer abzuschätzen und wirkt teilweise widersprüchlich. Die Erzeugungskapazitäten liegen noch deutlich hinter dem Bedarf, der für eine großflächigere Substituierung von Erdgas notwendig ist, weswegen das Update der nationalen Wasserstoffstrategie 2022 abzuwarten bleibt. So ist es fragwürdig, ob ein Großteil des grünen Wasserstoffs wie im Koalitionsvertrag gefordert aus einheimischen Ressourcen gewonnen werden kann. Da die Notwendigkeit von Wasserstoffimporten aus dem Ausland aber im Koalitionsvertrag anerkannt wird, sollte sich ein erforderliches Gleichgewicht sicherlich einstellen. Auffällig ist jedoch, dass primär über Erzeugungskapazitäten von Wasserstoff gesprochen wird und wenig über die regulatorischen Rahmenbedingungen.

Allgemein kritisch zu betrachten ist die Fragestellung, ob der Koalitionsvertrag die deutsche Energiepolitik in einem zu nationalen und zu wenig europäischen Kontext denkt. Im Bereich der CO2-Bepreisug oder Zertifizierung von Energieträgern ist dies bereits gegeben, jedoch weniger in der grenzüberschreitenden Vernetzung der Energieinfrastrukturen oder der Errichtung von Erzeugungskapazitäten in angrenzenden Nachbarländern. Zumindest finden sich im Koalitionsvertrag wenig Anhaltspunkte, wie ein europäischer Energiebinnenmarkt der Zukunft auszugestalten ist.

Viele Maßnahmen und Ziele aus dem Koalitionsvertrag wie z. B. ein Governancesystem zur Überwachung des Fortschritts der Energiewende oder ein Abfederungssystem für sozialschwächer gestellte Menschen basieren im Kern auf Verordnungen und Richtlinien der EU, die bereits beschlossen wurden und bei denen Deutschland hinterherhinkt. Alles in allem bieten die Beschlüsse jedoch eine solide Grundlage, um die Klimaziele zu erreichen. Wie in so vielen Dingen, wird es am Ende davon abhängen, wie die konkrete Ausgestaltung durch den Gesetzgeber erfolgt.

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Post-EEG-Anlagen die Reglung des EEG 2021 im Detail

Post-EEG nun endgültig geregelt


Bis zur Verabschiedung des EEG 2021 war für Anlagen, deren 20-jährige Vergütungsperiode abläuft, der zukünftige rechtliche Rahmen noch nicht abschließend geklärt. Dementsprechend gespannt wurde die zukünftige rechtliche Behandlung dieser Anlagen erwartet. Um diese Lücke zu schließen, erfolgte Ende 2020 eine Novellierung des EEG. In dieser wurde für bestimmte Post-EEG-Anlagen eine Anschlussvergütung festgelegt. Im Rahmen dieses Blogbeitrags werfen wir einen Blick darauf, wie die Anschlussfinanzierung für Post-EEG-Anlagen konkret aussieht:

Post-EEG-Anlagen heißen nun ausgeförderte Anlagen

Der Begriff auslaufender Anlagen aus der EEG-Förderung wurde in der Branche lange als Post-EEG-Anlagen bezeichnet. Mit der Novellierung des EEG 2021 heißen Post-EEG-Anlagen nun ausgeförderte Anlagen. Nach §3 Nr.3a EEG 2021 handelt es sich um Anlagen, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen worden sind und bei denen der ursprüngliche Anspruch auf Zahlung nach der für die Anlage maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beendet ist. Mehrere ausgeförderte Anlagen sind zur Bestimmung der Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ausgeförderten Anlagen als eine Anlage anzusehen, wenn sie nach der für sie maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs auf Zahlung als eine Anlage galten.

Für diese Anlagen gilt übergangsweise eine neue Einspeisevergütung (§ 21 Abs. 1, § 100 Abs. 5). Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen kleineren Anlagen bis einschließlich 100 Kilowatt und Windenergieanlagen an Land, unabhängig von deren installierter Leistung.

Post-EEG-WKA an Land

Für WKA an Land sind zwei unterschiedliche Fördersystematiken vorgesehen: eine Ausschreibung oder eine feste Einspeisevergütung nach dem Monatsmarktwert. Für Windenergieanlagen an Land ist eine Anschlussfinanzierung bis Ende 2022 vorgesehen. Die Höhe der Vergütung kann über eine Ausschreibung ermittelt werden § 23b Abs. 2. Die Grundlage der Ausschreibungsausgestaltung bildet die Verordnungsermächtigung in § 95 Nr. 3a. Nach dieser dürfen ausschließlich Windenergieanlagen an Land teilnehmen, deren Flächen aus planungsrechtlichen Gründen keine Errichtung einer neuen Anlage zulassen. Das Ausschreibungsvolumen ist auf 1500 MW für 2021 und 1000 MW für 2022 begrenzt. Bei einer Unterzeichnung sind die Zuschläge auf 80 % der Gebote begrenzt. Die Gebotshöchswerte liegen zwischen 3 und 3,8 ct/kWh. Die genaue Gestaltung der Ausschreibung folgt spätestens bis zum 30. Juni 2021 durch die BNetzA.

Für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land, die keinen Zuschlag aus einer Ausschreibung nach § 23b Absatz 2 Satz 1 erhalten haben, besteht eine Anschlussförderung bis zum 31. Dezember 2021. Danach ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, den Strom selbst oder über einen Direktvermarkter in der sonstigen Direktvermarktung zu vermarkten. Ein Wechsel von der festen Einspeisevergütung für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land in die sonstige Direktvermarktung ist nur einmal möglich. Spekulationen auf eine bessere Vergütung sollen so verhindert werden.

Grundsätzlich können alle ausgeförderten Windenergieanlagen an Land ab dem 01.01.2021 eine gesetzliche Anschlussvergütung für das Jahr 2021 erhalten. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung richtet sich nach dem Monatsmarktwert abzgl. einer Vermarktungspauschale. Windenergieanlagen an Land ohne Ausschreibungszuschlag erhalten in 2021 und 2022 unterschiedliche, absinkende Zuschläge von 1 ct/kWh bis 0,25 ct/kWh.

Post-EEG-Anlagen kleiner < 100 kW

Auch für ausgeförderte Anlagen bis 100 kW, die keine Windkraftanlagen an Land sind, sieht der Gesetzgeber eine Anschlussförderung vor. Diese können den erzeugten Strom dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und erhalten hierfür einen technologiespezifischen Jahresmarktwert abzüglich einer Vermarktungspauschale. Durch den Einbau eines iMsys erfolgt eine Reduzierung der Vermarktungspauschale. Bei der Weitervermarktung handelt es sich um eine Übergangsregelung bis Ende 2027. Eine Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung ist in diesem Modell zulässig.

Des Weiteren gilt eine erweiterte Umlagenbefreiung von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage für eigenverbrauchten Strom bei einer installierten Anlagenleistung von 30 kW unabhängig von der jeweiligen Vermarktungsform. Bei Altanlagen über 30 Kilowatt fällt bei Eigenversorgung die reduzierte EEG-Umlage in Höhe von 40 Prozent für die vor Ort verbrauchte Menge an.

Ausgeförderte Anlagen werden automatisch zu der neuen Vergütungsform nach Ablauf der Vergütungsperiode zugeordnet § 21c Abs. 1 EEG 2021. Durch die Begrenzung auf Windenergieanlagen an Land und Anlagen kleiner 100 kW fallen Biogas- und PV-Anlagen mit einer installierten Leistung oberhalb von 100 kW aus der Anschlussfinanzierung. Hier ist eine Vermarktung über die sonstige Direktvermarktung erforderlich.

Post-EEG-Anlagen Vermarktungsmöglichkeiten nach dem EEG 2021

Alternative Sonstige Direktvermarktung

Alternativ zur Anschlussförderung haben die Anlagenbetreiber die Möglichkeit, ihre Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung weiter zu vermarkten. In diesem Fall sind die Anforderungen des §10b EEG 2021 zu beachten, wonach die Nutzung eines iMsys oder einer anderen Technik zur Messung und Regelung der Ist-Einspeisung erforderlich ist. Anlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW sind von dieser Regelung befreit, sofern die gesamte Einspeisung des Stroms in das Netz erfolgt.

Wenn die Mitteilung beim Netzbetreiber über den Wechsel der Vermarktungsform zur sonstigen Direktvermarktung nicht bis zum 18.12.2020 erfolgt ist, erfolgt automatisch ein Wechsel der Veräußerungsform in § 21c EEG 2021, nach der die Mitteilung an den Netzbetreiber vor Beginn des jeweils vorangehenden Kalendermonats erfolgen muss.

Der Wechsel zwischen den Veräußerungsformen ist für Windenergieanlagen an Land für das Jahr 2021 nur einmal zwischen den Veräußerungsformen der Einspeisevergütung und der sonstigen Direktvermarktung erlaubt §21b Abs.1a EEG 2021.

Hinweis (Update Juli 2021): Voraussichtlich Q4 2021 erscheint beim Springer Vieweg Verlag das Buch Post-EEG-Anlagen – Praxishilfe für Energieversorgungsunternehmen und Anlagenbetreiber zum Umgang mit ausgeförderten Anlagen das Buch bietet einen Leitfaden über die regulatorischen Änderungen, mögliche Geschäftsmodelle und Hinweise für den Aufbau des Post-EEG-Geschäftsmodells im eigenen EVU. Des Weiteren ist als Update zu diesem Blogbeitrag zu ergänzen, dass die Ausschreibung für ausgeförderte Windkraftanlagen an Land von der EU nicht genehmigt wurde. Somit laufen alle WKA-Anlagen 2021 aus der Netzbetreiberförderung aus und wechseln in die Sonstige Direktvermarktung.

Update: Wenn du mehr über das Thema Post-EEG-Anlagen erfahren möchtest empfehlen wir unser Buch beim Springer Vieweg Verlag – Post-EEG-Anlagen in der Energiewirtschaft