Intelligente Messstellenbetreiber – Marktüberblick 2020

23. Februar 2022

Was macht eigentlich der intelligente Messstellenbetreiber im Jahr 2020?

Das Thema Smart Metering bzw. intelligente Messsystem ist vermutlich eines der am meisten diskutierten und längsten Themen der Energiewirtschaft der vergangenen Jahre. Gab es bereits erste Prototypen für Smart Meter Mitte der 2000er-Jahre dauerte es bis zum Jahr 2016, bis der Gesetzgeber eine gesetzliche Grundlage mit dem Messstellenbetriebsgesetz lieferte, auf die viele Unternehmen, welche sich bereits Jahre zuvor mit dem Thema beschäftigten, warteten. Nachdem vermutlich viele in der Branche nun den Start des Rollouts intelligenter Messsysteme erwartet hatten, dauerte es weitere 4 Jahre, bis das BSI im Jahr 2020 für einen Teil der betroffenen Kunden sein Go durch die Zertifizierung von drei intelligenten Messsystemen gab.

Nachdem im Jahr 2020 nun für einen Großteil der Kunden in der Sparte Strom geeignete Hardware in Form intelligenter Messsysteme und moderner Messeinrichtungen zur Verfügung steht und der Rollout sich nun langsam in seiner Anlaufphase zum Großprojekt für Messstellenbetreiber entwickelt, stellen wir uns die Frage, was sich im Markt des intelligenten Messstellenbetriebs in Deutschland getan hat. Wie viele Marktakteure sind aktiv? Welche Wertschöpfungsstufen übernehmen die intelligenten Messstellenbetreiber? Gibt es wettbewerbliche Messstellenbetreiber und wie sieht es mit dem spartenübergreifendem Metering aus? Hierfür haben wir uns den neuen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur angeschaut, welcher viele statistische Informationen über die Entwicklung des intelligenten Messstellenbetriebs liefert:

Welche Aufgaben übernimmt der intelligente Messstellenbetreiber im Jahr 2020?

Wer wissen möchte, welche Aufgaben der intelligente Messstellenbetreiber (iMSB) eigentlich übernehmen muss, wird schnell im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) fündig. Hier steht geschrieben, dass der iMSB für den Einbau, Betrieb und die Wartung intelligente Messsysteme und moderner Messeinrichtung zuständig ist. Die Definition schließt auch die Aufgabe der Smart-Meter-Gatewayadministration mit ein, welche als eine der wesentlichen neuen Aufgaben des iMSB angesehen wird. Gleiches gilt für die Abrechnung des Messstellenbetriebs, wobei in der Vergangenheit vielfach darüber diskutiert wurde, ob der Messstellenbetrieb separat oder zusammen mit dem zuständigen Lieferanten abgerechnet werden soll.

Schaut man auf die Marktzahlen des Jahres 2020 ist schnell festzustellen, dass die Mehrheit der iMSB sich vor allem auf die klassischen Aufgaben rund um das Management der Messsysteme beschäftigen. So übernehmen die meisten iMSB den Einbau (544 von 868), den Betrieb (657 von 868) und die Wartung (621 von 868) der Systeme selbst. Gleiches gilt für die Abrechnung des Messstellenbetriebs, welcher durch den iMSB selbst erfolgt (636 von 868). Der etwas niedrigere Anteil in der Wertschöpfungsstufe des Einbaus lässt sich vor allem durch den höheren Einsatz von Dienstleistern im Konzernverbund erklären. Da auch schon früher in diesem Bereich auf Dienstleister zurückgegriffen wurde, überrascht es wenig, dass der Anteil etwas geringer ist.

Komplett anders sieht es jedoch bei der Aufgabe der Smart-Meter-Gateway-Administration aus, für die eine Zertifizierung erforderlich ist. So sind in Deutschland mittlerweile 42 Unternehmen als zertifizierte Smart-Meter-Gateway-Administratoren (SMGWA) tätig. Da die meisten iMSB über keine Zertifizierung verfügen, eigenständig die Aufgabe des SMGWA auszuüben, ist die Inanspruchnahme von Dienstleistern dementsprechend hoch, weswegen nur 53 iMSB die Aufgabe des SMGWA selbst übernehmen und die Mehrheit von über 500 iMSB auf einen Dienstleister zurückgreifen, wobei die Mehrheit auf Dienstleister aus dem Konzernverbund zurückgreift.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Wie viele wettbewerbliche intelligente Messstellenbetreiber gibt es?

Eines der Themen der Branche war die Rolle und Auswirkung des wettbewerblichen intelligenten Messstellenbetreibers (wMSB) im Netz, welche nicht nur im eigenen Versorgungsgebiet des Konzernes tätig werden darf, sondern auch in anderen Versorgungsgebieten. Zur Steigerung des Wettbewerbs ist es dem wMSB erlaubt, Kunden deutlich flexiblere Angebote zu machen als es dem grundzuständigen intelligenten Messstellenbetreiber (gMSB) erlaubt ist. Viele in der Branche fürchteten daher, dass der wMSB dem gMSB einen Großteil der Kunden durch ein deutlich flexibleres und evtl. auch größeres Angebot an Dienstleistungen abwerben könnte.

Im Jahr 2020 spielt der wMSB in Versorgungsgebieten jedoch noch eine recht unbedeutende Rolle. Zwar gibt es mittlerweile für den Kunden eine große Auswahl an möglichen dritten MSBs, welche sich um den Messstellenbetrieb kümmern könnten, jedoch ist der Marktanteil noch sehr gering.  So können mindestens die Hälfte der Kunden aus einem Angebot von mindestens 10 Messstellenbetreibern wählen. In fünf Versorgungsgebieten aus mehr als 100, wohingegen in 33 Netzgebieten keine dritten MSBs tätig sind. Das Maximum liegt bei 154 dritten Messstellenbetreibern in einem Netzgebiet.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Wirft man jedoch einen Blick auf den Marktanteil der wettbewerblichen Messstellenbetreiber, betreuen diese in der Summe etwa 515.745 Messlokationen. Dies entspricht einem Marktanteil von etwa einem Prozent in Deutschland. Betrachtet man die Messlokationen in Zusammenhang mit den Netzgebieten, liegt der Marktanteil in über 90 % der Netzgebiete zwischen 0 % und 2 %. In 37 Netzgebieten ist sogar kein dritter Messstellenbetreiber tätig. Bei einigen wenigen Marktgebieten liegt der Marktanteil wesentlich höher. In einem Versorgungsgebiet sogar oberhalb von 50 %.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Wie viel Messsysteme sind bereits verbaut worden?

Der verpflichtende Rollout von intelligenten Messsystemen und modernen Messeinrichtungen bedeutet für die Messstellenbetreiber ein logistisches Großprojekt, um den gesetzlichen Zeitplan der vollständigen Umrüstung aller Messlokationen innerhalb von ca. 10 Jahren umzusetzen. Da alle iMSB jedoch verpflichtet sind, innerhalb von 3 Jahren mindestens 10 Prozent ihrer Messlokationen mit intelligenten Messsystemen oder modernen Messeinrichtungen auszustatten und wir uns langsam der Halbzeit annähern, werfen wir einen Blick auf den deutschlandweiten Einbaustand:

Bis Ende 2020 wurden insgesamt 25.500 intelligente Messsysteme im Bereich der Pflichteinbaufälle (>6.000 kWh Verbrauch oder > 7kW Anlagenleistung) verbaut. Dies entspricht einer Steigerung von 1.000 auf 25.500 Systemen innerhalb eines Jahres. In Relation zu einem Pflichteinbauanteil von 9,5 Millionen stellt dies somit noch einen geringen Anteil dar und ist von der 10 prozentigen Pflichtquote innerhalb der ersten drei Jahre noch sehr weit entfernt. Von den optionalen Einbaufällen (43 Mio. mögliche Messlokationen) haben knapp 2000 ein intelligentes Messsystem erhalten. Anders sieht dies bei den über 7 Millionen modernen Messeinrichtungen aus. Hier läuft der Rollout aber bereits seit 2017, weswegen die Einbauquote wesentlich höher ist. Perspektivisch planen 76 iMSB auch die optionale Gruppe mit intelligenten Messsystemen auszustatten, 371 planen dies nicht und 349 Unternehmen sind noch unentschlossen.

Was macht das Thema spartenübergreifende Ablesung?

Eines der Themen zur Steigerung der Effizienz des intelligenten Messstellenbetriebs sollte die spartenübergreifende Ablesung sein, um sich ein mehrjähriges, manuelles Ablesen vor Ort zu ersparen. Dafür bietet das MsbG dem iMSB die Option, weitere Sparten an das iMSB anzuschließen. Nach dem Monitoring-Bericht 2021 der BNetzA planen dies zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nur wenige Unternehmen. Mit 110 von 868 Unternehmen liegt der größte Anteil noch in der Sparte Gas gefolgt von Wasser mit 51, im Bereich Fernwärme mit 50 und Heizwärme mit 31 Unternehmen. Das Stimmungsbild könnte hierbei zwei mögliche Rückschlüsse zulassen. Zum einen sind die meisten iMSB mit ihren Pflichtaufgaben und der Ablesung in der Sparte Strom beschäftigt, weswegen für zusätzliche Themen nicht ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Auf der anderen Seite könnte dies an der noch fehlenden Hardware oder Prozessen liegen, weswegen eine Vielzahl von Unternehmen die Anbindung der jeweiligen, zusätzlichen Sparte ausschließen.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Welche Zusatzleistungen werden angeboten?

Die große Frage nach zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten durch den intelligenten Messstellenbetrieb trieb eine Vielzahl von Vertrieben der Unternehmen um und tut es vermutlich bis heute immer noch. Wirft man einen Blick in den Monitoringbericht ist der Anteil von Zusatzleistungen jedoch recht gering. Bei dem Angebot handelt es sich auch weniger um neue, innovative Geschäftsmodelle, sondern die Zusatzdienstleistung, welche das MsbG selbst nennt. So ist das meistangebotene Produkt die Bereitstellung von Strom- und Spannungswandlern (547 von 868). Die Nutzung des intelligenten Messsystems als Vorkassensystem wird hingegen kaum verwendet. Lediglich 28 Unternehmen bieten dies an, 318 sind noch unentschlossen. Die Entwicklung weiterer Geschäftsmodelle rund um das Thema intelligenter Messstellenbetrieb schließen die meisten Unternehmen (755 von 868) jedoch kategorisch aus.  

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Wie erfolgt die Rechnungsstellung?

Die Abrechnung des intelligenten Messstellenbetriebs ist von Beginn an eine der wesentlichen Frage. Vor allem, ob die Rechnung separat oder zusammen mit dem Lieferanten an den Kunden erfolgen sollte. Insgesamt zeigt sich ein klarer Trend für eine gemeinsame Rechnungsstellung. So weisen 248 von 868 Unternehmen ihre Rechnung immer zusammen mit dem Lieferanten aus. 470 von 868 Unternehmen tun dies ebenfalls, stellen aber auch separate Rechnungen aus, wohingegen 68 Unternehmen vollständig auf eine separate Rechnungsstellung setzen. 82 Unternehmen haben der Bundesnetzagentur zu dieser Frage keine Information mitgeteilt.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Wie erfolgt die Anbindung der Systeme?

Damit die intelligenten Messsysteme ihre Informationen an den iMSB übertragen können, ist eine Kommunikationstechnologie zur Anbindung des SMGW erforderlich. Im Bereich der SLP-Kunden setzen die iMSBs dabei auf einen Technologiemix, welcher größtenteils aus den drei Techniken Power-Line (PLC), Mobilfunk und der Nutzung bestehender Internetleitungen besteht.  

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

Im Bereich der RLM-Kunden wird hingegen zum großteil weiterhin auf Mobilfunklösungen zurückgegriffen. Dies dürfte vor allem an der bereits bestehenden Erfahrung der Unternehmen liegen, bei der die Zählerfernauslesung bereits auf Mobilfunklösungen basierte:

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt
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Welche Preisobergrenzen wurden 2020 erhoben?

Um den intelligenten Messstellenbetrieb zu finanzieren, sind alle iMSB berechtigt, ein Entgelt gegenüber dem Kunden zu erheben. Diese wurde jedoch gesetzlich im MsbG mit der Preisobergrenze (POG) gedeckelt. Mit Spannung wurde daher in der Branche erwartet, wie sich die POGs der iMSB entwickelt haben, da die POGs bereits wirtschaftlich eng für die iMSB kalkuliert wurden. Aus diesem Grund ist es auch weniger verwunderlich, dass sich die Entgelte der iMSB größtenteils an den POGs orientieren und im Durchschnitt nur knapp unterhalb der POGs liegen. Oft handelt es sich dabei nur um wenige Cent pro Jahr für ein intelligentes Messsystem. Ähnlich sieht es bei der Preisobergrenze von modernen Messeinrichtungen, welche mit 19,82 € p.a. nur knapp unterhalb der POG von 20 € p.a. liegt.

Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt
Monitoringbericht 2021 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

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Marcel Linnemann

Leitung Innovation & Grundsatzfragen Energiewirtschaft
Marcel Linnemann, Wirt. Ing. Energiewirtschaft, Netzingenieur, ist Leiter Innovation und regulatorische Grundsatzfragen bei items und Autor diverser Fachbücher und -artikel rund um die Thematiken der Energiewirtschaft und der Transformation