CLS-Management: Eine energiewirtschaftliche und technische Einordnung

CLS-Management: Historie und Hintergründe

Die Steuerung von Assets in Energienetzen zur Behebung kritischer Netzzustände ist eines der wesentlichen Themen, wenn es um die Umsetzung der Energiewende geht. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und neuer elektrischer Lasten wie z. B. Wärmepumpen wird es immer schwieriger sein, das Angebot und die Nachfrage in einem Gleichgewicht zu halten. Daher bedarf es für die Netzbetreiber eines Werkzeugkastens, um weiterhin das Gleichgewicht zu gewährleisten. Ein wesentlicher Baustein sollten intelligente Messsysteme darstellen, welche Netzzustandsdaten an den Netzbetreiber übertragen sollten, damit dieser auf Basis der zusätzlichen Informationen bei kritischen Netzzuständen reagieren kann.

Auch wenn der Rollout in den letzten Jahren hat auf sich warten lassen, zeigt die kommende Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes, dass das Thema des Netzmonitorings im Niederspannungsnetz und damit verbundene Schaltmaßnahmen in den Vordergrund rücken. Damit ein Netzbetreiber überhaupt ein Asset im eigenen Netz schalten kann, reicht die bloße Installation eines intelligenten Messsystems nicht aus. Vielmehr muss das Messsystem um eine Steuerbox sowie einen verschlüsselten Kanal erweitert werden, der eine sichere Informationsübertragung gewährleistet, damit Schaltmaßnahmen korrekt ausgeführt werden.

Bei diesem sicheren Kanal handelt es sich um einen sog. CLS-Kanal, welcher vom Messstellenbetreiber (MSB) aufzubauen ist, damit z. B. ein Netzbetreiber Schaltmaßnahmen einleiten kann. Die Abkürzung CLS steht in diesem Zusammenhang für Controllable Local System. Das Thema Schalthandlungen dürfte in den nächsten Jahren zunehmen. Auch dem CLS-Management, d. h. der Aufbau und Bereitstellung des CLS-Kanals zur Durchführung von Schalthandlungen, dürfte eine zunehmende Bedeutung beigemessen werden. Daher wollen wir uns im Rahmen dieses Blogbeitrags die Funktionsweise und den grundlegenden Aufbau näher anschauen.  

CLS-Management: Wo findet das CLS-Management statt

Damit ein Verbraucher über das CLS-Management gesteuert werden kann, muss dieser über ein intelligentes Messsystem verfügen. Das zu steuernde Asset ist über die HAN-Schnittstelle mithilfe eines HAN-Kommunikationsadapters und einer Steuerbox an das SMGW angeschlossen. Somit erfolgt die Steuerung des Assets über die HAN-CLS-Schnittstelle.

Insgesamt verfügt das SMGW über drei Schnittstellen: die HAN-, LMN- und WAN-Schnittstelle. Hierbei dient die HAN-Schnittstelle zur Anbindung des steuernden Assets. Die LMN-Schnittstelle ist der Anbindung von Zählern zur Hauptmessung und Erfassung des Verbrauchs am Netzverknüpfungspunkt vorbehalten. Die WAN-Schnittstelle dient zur Kommunikation mit der Außenwelt, über die das SMGW erreichbar ist und über die der Schaltbefehl eingeht.

Ein wesentlicher Unterschied der LMN-Schnittstelle zur HAN-CLS-Schnittstelle ist, dass für Geräte im LMN das SMGW eine Entschlüsselung, Messwerterfassung, Zeitstempelung, Tarifierung und Speicherung durchführen kann. Die Werte können im SMGW somit bearbeitet und an einen externen Marktteilnehmer (EMT) weitergeleitet werden. Vermutlich sollen nur die Hauptzähler über eine drahtgebundene (RS485, HDLC) oder drahtlose Lösung (wM-Bus) angeschlossen werden.

Über die HAN-CLS-Schnittstelle kann hingegen keine Verarbeitung der Informationen im SMGW erfolgen. Es besteht lediglich die Möglichkeit der verschlüsselten Weiterleitung an den aktiven EMT über einen entsprechenden TLS-Proxyserver. Somit hat der SMGW-Administrator keine Informationen darüber, welche Schaltanweisung über den CLS-Kanal mithilfe des SMGW übermittelt wird, da die Daten vor dem Gateway verschlüsselt sind.

LMN- & HAN-Schnittstelle im Smartmeter Gateway

CLS-Management: Wer darf das CLS-Management nutzen?

Grundsätzlich steht dem CLS-Management einer Vielzahl von Marktrollen offen. Voraussetzung ist jedoch, dass er sich von einem passiven externen Marktteilnehmer (pEMT) zu einem aktiven externen Marktteilnehmer (aEMT) zertifizieren lässt. pEMTs können im Gegensatz zu aEMTs nur Daten aus dem SMGW empfangen und auf dieser Basis Geschäftsprozesse abwickeln. Hierzu gehört z. B. die Abrechnung von Energiemengen auf Grundlage der übermittelten Messwerte. Der pEMT kann keine nachgelagerten Assets per CLS ansprechen oder steuern.

Der aEMT kann hingegen nachgelagerte Assets über einen CLS-Kanal ansprechen bzw. steuern. Er benötigt hierfür eine Zertifizierung nach ISO/IEC 27000 oder IT-Grundschutz. Die Ausprägung als aEMT ist somit immer dann erforderlich, wenn ein Marktteilnehmer Dienstleistungen erbringen möchte, welche mit Schalthandlungen über den CLS-Kanal verknüpft sind. Dabei kann es sich um den gMSB handeln, welcher die verpflichtenden Zusatzdienstleistungen nach dem neuen MsbG anzubieten hat, ein Netzbetreiber, welcher im Rahmen des § 14a EnWG Assets steuert oder ein Direktvermarkter, welche das Asset auf einer Strombörse vermarktet.

Da die Zertifizierung als aEMT mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, haben die jeweiligen Marktakteure auch die Möglichkeit auf Dienstleister zurückzugreifen, welche in ihren Namen als aEMT tätig werden und eine zertifizierte aEMT-Umgebung bereitstellen. Erste zertifizierte Dienstleister sind am Markt bereits vorhanden.

Passiver und Aktiver EMT

CLS-Management: Wie sieht das grundlegende Funktionsprinzip aus?

Damit aEMT das CLS-Management nutzen kann, muss der CLS-Kanal und das CLS-Gerät erst für ihn eingerichtet werden. Hierfür erhält der aEMT ein CLS-Zertifikat für das jeweilige Gerät, mit dem er sich später als HAN-Teilnehmer gegenüber dem SMGW authentifizieren kann. Das CLS-Zertifikat des anzubindenden Assets muss der aEMT dem Smart-Meter-Gateway-Administrator (SMGW-Administrator) mitteilen. Dieser überträgt das Zertifikat in CLS-Profil an das SMGW. Erst dann kann das SMGW die TLS-Verbindung des Assets mit dem SMGW über die HAN-Schnittstelle akzeptieren.

Der sich aktuell in Arbeit befindende Entwurf der TR-03109-5 sieht im Rahmen des Authentifizierungsprozesses eine gegenseitige Authentifizierung vor. Dies bedeutet, dass nach der Kopplung des Assets mit dem SMGW und de Einspielen des CLS-Zertifikats des Assets im SMGW ein SMGW-Zertifikat erzeugt wird, welches vom SMGW zu exportieren ist. Das neue SMGW-Zertifikat muss dann an den aEMT zurück übermittelt werden. Erst dann ist der Aufbau eines CLS-Kanals und das Ansprechen des Gerätes möglich.

Spätere Änderungen und Anpassungen der Zertifikate sind durchführbar. Allerdings sollten Ausfälle der jeweiligen CLS-Anwendung eingeplant werden, da die Neuinstallation eine gewisse Zeit benötigt. Hinzu kommt, dass die Installation neuer SMGW-Zertifikate aktuell nur vor Ort möglich ist und somit Vor-Ort-Einsätze erforderlich sind.  

Der Entwurf der TR-03109-5 sieht auch den Einsatz zertifizierter Hardware vor, weswegen zur Umsetzung des CLS-Managements nicht jede beliebige Hardware genutzt werden kann. Inwieweit der Entwurf final umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Die Gesetzesnovelle des MsbG für das Jahr 2023 sieht eine Änderung der Kompetenzen zwischen dem BSI und BMWK vor, durch welche eventuell dem BSI die Zuständigkeit für die weitere Bearbeitung der Richtlinie entzogen wird. Grundsätzliche Änderungen über den Aufbau, den Ablauf und die einzusetzenden Geräte sind also möglich.

Funktionsprinzip CLS-Management

CLS-Management: Wie ist das CLS-Management im Rahmen der Netzsteuerung einzuordnen?

Das Steuern von Assets dürfte gerade für den Netzbetreiber von besonderer Bedeutung sein. Dieser wird verpflichtet im Rahmen des § 14a EnWG größere Verbraucher ab einer Anschlussleistung von 4,2 kW, welche neu an das Netz angeschlossen werden, zu steuern. Entweder durch das sofortige Abriegeln der Anlage bei Auftreten kritischer Netzzustände oder präventiv durch das Einspielen von Schaltprofilen auf Basis einer Netzsimulation, welche kritische Netzzustände für den Folgetag prognostiziert. Der Einsatz eines intelligenten Messsystems mit integriertem CLS-Management bietet dem Netzbetreiber eine Möglichkeit, wie er seine Anlagen im Niederspannungsnetz steuern kann.

Allerdings ist der Netzbetreiber nicht verpflichtet, Anlagen oder Hausanschlüsse über ein intelligentes Messsystem zu steuern. Vielmehr obliegt ihm die Auswahl der geeigneten Technik. Daher ist genauso der Einsatz der Rundsteuertechnik über die ZFA zulässig. Dem Netzbetreiber stehen damit somit mehrere Optionen zur Verfügung.

CLS-Management: Zusammenfassend – Was sind die grundlegenden technischen Anforderungen?

Auf Basis des Blogbeitrags und der bisher vorgestellten Inhalte kann auf der Ebene der Kommunikationsprotokolle folgendes festgehalten werden: Die Kommunikation mittels CLS-Kanals erfolgt vollständig verschlüsselt. Vorgesehen ist eine TLS-Verschlüsselung. Die Inhalte des CLS-Kanals sind nicht definiert, weswegen nahezu beliebige Informationen über den Kanal versendet werden können. Auf der Ebene der Messwertverarbeitung bedeutet dies aber, dass keine Informationsverarbeitung von CLS-Inhalten im SMGW stattfinden kann. Das SMGW dient lediglich dazu, die CLS-Inhalte verschlüsselt durchzuleiten und nimmt damit quasi die Funktion eines Routers ein. Der Messstellenbetreiber hat somit keine Kenntnis über die versendeten CLS-Inhalte. Er ist vielmehr lediglich dafür verantwortlich, die Initialisierung und die Bereitstellung des CLS-Kanals zu gewährleisten. Somit ist der iMSB z. B. nicht für die Durchführung von Schaltmaßnahmen verantwortlich, sondern der aEMT.

Damit ein CLS-Management initialisiert werden kann, müssen im Rahmen der Installation Zertifikate des CLS-Geräts zur Anbindung an die HAN-Schnittstelle zwischen dem CLS-Gerät und dem SMGW ausgetauscht werden. Somit ist eine gegenseitige Authentifizierung erforderlich, damit ein CLS-Gerät vom aEMT genutzt werden kann. Zur Gewährleistung der IT-Sicherheit sind die Kryptovorgaben der Zertifikate im HAN mit denen im WAN gleichzusetzen. Sollte die TR-03109-5 beschlossen werden, ist außerdem der Einsatz zertifizierter Hardware nach den Vorgaben der technischen Richtlinie erforderlich.

Benötigt der MSB Messdaten aus Tarifanwendungsfällen (TAF), dann ist zwingend eine Anbindung über das LMN erforderlich. Auch für bestimmte CLS-Anwendungsfälle sind bestimmte TAFs von Bedeutung. Hierzu zählen u. a. der TAF 9 (Abruf der Ist-Einspeisung) und TAF 10 (Übermittlung von Netzzustandsdaten).

Fazit

Die Thematik CLS-Management dürfte in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Zum einen um die neuen Anforderungen des Netzbetreibers zur Steuerung der Niederspannungsnetze umzusetzen, zum anderen um die neuen verpflichtenden Zusatzdienstleistungen des gMSB umsetzen zu können. Der Erfolg des CLS-Managements dürfte jedoch maßgeblich von der Entwicklungsgeschwindigkeit abhängen. Aktuell steckt das Thema CLS-Management noch in der Entwicklungsphase und ist noch nicht geeignet, um in Massenprozessen umgesetzt zu werden. Gerade der Zertifikataustausch stellt noch einen Prozess mit einem hohen manuellen Aufwand dar, den es noch zu automatisieren gilt.

Prozessual sollten die notwendigen Prozesse auf der Ebene der Marktkommunikation für ein Steuern von Assets über den CLS-Kanal ab dem 01. Oktober 2023 mit der kommenden Formatanpassung zur Verfügung stehen. Daher gilt es, die IT-Systeme und Hardware fit zu machen, um das CLS-Management einsetzen zu können. Um hohe Zertifizierungsaufwände zu vermeiden, ist es auch als wahrscheinlich zu erachten, dass viele Marktakteure auf Dienstleister setzen werden, welche ihnen eine zertifizierte aEMT-Umgebung bereitstellt.

Sollte das Thema CLS-Management allerdings in seiner Entwicklung zu langsam voranschreiten, dürften Netzbetreiber auf alternative Technologien ausweichen, da zur Gewährleistung der Netzstabilität im Niederspannungsnetz dann vermutlich auf bereits bewährte Technologien gesetzt wird. Es bleibt also wieder einmal spannend und am Ende eine Frage der Umsetzungsgeschwindigkeit.

items Digital Sessions: IoT Metering

Die Digitalisierung des Messwesens entwickelt sich rasant. Aus technischer, wirtschaftlicher oder regulatorischer Sicht kommt die Smart Meter Gateway Technologie nicht überall zum Tragen. Für weitere Messanforderungen entwickelt sich das IoT Metering als technologische Ergänzung. Insbesondere über LoRaWAN, Mobilfunk oder auch NB-IoT werden Zähler abgelesen und in nachfolgende Prozesse übertragen. Der Wärmesektor, beschleunigt durch die FFVAV, stellt aktuell eines der größten Wachstumsfelder im IoT Metering dar.  Neben der Fernauslesbarkeit von Wärmemengenzählern bieten die Sparte Wasser und das Submetering attraktive Möglichkeiten für das IoT Metering.  

In der Digital Session beantworten wir die Frage, wann das Smart Meter Gateway Pflicht ist und wann IoT Metering, bspw. mit LoRaWAN, eingesetzt werden kann. Wir zeigen Möglichkeiten, wie die technische Umsetzung erfolgen kann und die Prozesse bis zur Abrechnung abgebildet werden können. Die erhobenen Daten können und sollten jedoch nicht nur für die Abrechnung genutzt werden. Die weiteren Potenziale, welche sich aus der Datenerhebung ergeben, bilden den Abschluss der Session.  

  • Regulatorische Rahmenbedingungen – Wann ist ein Einsatz vom Smart Meter Gateway Pflicht und wo kann IoT Metering (z. B. LoRaWAN) eingesetzt werden? 
  • Wie kann die technische Umsetzung erfolgen und die prozessuale Abbildung bis zur Abrechnung? 
  • Welche Mehrwerte können die erhobenen Daten in anderen Themenfeldern bieten? 

Referenten: 

Alexander Sommer – Bereichsleiter Innovation und Digitale Netze 

Marcel Linnemann – Leitung Innovation und Grundsatzfragen Energiewirtschaft 

items Digital Sessions 

Immer am Puls der Zeit – unsere Digital Session. Innovativ und aufschlussreich stellen wir Ihnen jeden Monat die aktuellen Themen der Versorgungs- und Mobilitätsbranche vor. In einer guten Stunde versorgen wir Sie mit den wichtigsten Informationen und stehen Rede und Antwort zu allen Ihrer Fragen. 

Aufzeichnungshinweis: 

Damit Sie Veranstaltungen auch im Nachhinein noch einmal anschauen können, wird die Veranstaltung aufgezeichnet.\ Sie werden, zu Beginn, über den Start der Aufzeichnung informiert. Sie haben die Möglichkeit Ihr Video zu deaktivieren, auf diese Weise ist ihr Gesicht nicht zu sehen, falls Sie dies wünschen sollten. 

Falls Sie nicht wünschen sollten, dass Ihre Stimme in der Aufzeichnung zu hören ist, schalten Sie bitte Ihr Mikrofon auf stumm. 

Die Aufzeichnung wird zum Zweck der Informationsbeschaffung so lange gespeichert, wie kein Widerspruch geäußert wird. Die Aufzeichnungen werden über Microsoft Teams verarbeitet und sind ausschließlich anderen Vereinsmitgliedern zugänglich. Aufzeichnungen werden nicht an Dritte weitergeleitet. 

Sie sind nicht verpflichtet, Ihr Videobild, Ihren Audioton oder andere personenbezogene Daten wie einen Klarnamen oder ein Bild von Ihnen zu übertragen. Sofern Sie diese übertragen, erklären Sie sich mit der Aufzeichnung dieser Daten einverstanden. 

Diese Einwilligungserklärung ist freiwillig und kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Rechtmäßigkeit der, aufgrund der Einwilligung, bis zum Widerruf erfolgten Datenverarbeitung wird durch diesen nicht berührt. 

Ein Jahr Civitas Connect – ein Verein ermöglicht die Umsetzung von Smart City.

In einem Punkt sind sich kommunale Unternehmen wohl einig: Die Umsetzung der Smart City ist alternativlos. Zum einen ist es der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft, zum anderen werden datengetriebene Lösungen gebraucht, um die erklärten Klimaziele zu erreichen. Die Komplexität und Schnelllebigkeit der Klimafolgeanpassungen können nur durch digitale Lösungen beherrschbar und steuerbar gemacht werden. Wer allein vor dieser Herausforderung steht, kann sich vorstellen, wie umfänglich und kostenintensiv die Entwicklung von adäquaten Lösungen sein kann. Doch wie können gemeinsam standardisierte Lösungen erarbeitet werden? Dieser Herausforderung stellt sich der Verein Civitas Connect seit mittlerweile mehr als einem Jahr. Wir haben mit dem Geschäftsführer Ralf Leufkes gesprochen.

Warum braucht es Civitas Connect?

Der grundlegende Gedanke des Vereins ist es, dass niemand die Smart City allein umsetzen kann. Das liegt, neben der Vielzahl an Themen und beteiligten Akteuren, vor allem an limitierten Personalressourcen und dem notwendigen Know-how, um die Lösungswege allein auszuarbeiten. Für eine vollumfängliche Smart City reicht es nicht aus, ein paar Sensoren zu installieren und die Informationen von A nach B zu transportieren. Es bedarf verschiedener Kommunikationsnetze, die je nach individueller Stärke und je Anwendungsfall eingesetzt werden. Es müssen Datenplattformen, -drehscheiben und -pools sowie Software- und Hardwareschnittstellen implementiert werden, die Geräte und Programme interoperabel machen. Für ein einzelnes Unternehmen ist es nicht erschwinglich, all das im Alleingang zu entwickeln und zu betreiben, ohne dabei auf bereits erworbene Erfahrungen zurückzugreifen.

Letztes Jahr im Juni, genauer am 22.06.2020, wurde aus diesem Grund Civitas Connect mit 22 Vereinsmitgliedern, unter anderen der items GmbH, gegründet. Das Ziel: Die Umsetzung von Projekten rund um Smart Cities und Smart Regions ermöglichen und beschleunigen. Diese scheitern zumeist an hoher Komplexität, fehlendem Know-how in neuen Technologien und mangelnder Standardisierung oder zur Verfügung stehender Basisinfrastruktur. Der Verein hat kein eigenes Angebot an Produkten oder Services sowie keine wirtschaftlichen Absichten. Die Umsetzung von Projekten obliegt einzig den Mitgliedsunternehmen. Mittlerweile hat der Verein 40 Mitglieder und wird von Markus Hilkenbach als Vorstandsvorsitzendem geführt. Die kommunale Selbstverwaltung begreift man bei Civitas Connect als entscheidenden Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Der Fokus liegt auf der Lösungserbringung aus den eigenen Reihen heraus. Der Know-how-Aufbau im „Konzern Stadt“ ermöglicht den Kommunen eigenständigen Betrieb, Weiterentwicklung, Selbstverwaltung und Souveränität.

Wie arbeitet Civitas Connect?

Die theoretische Übertragbarkeit von Lösungen auf andere Unternehmen liegt zwischen 80 bis 100 Prozent. Doch wie werden Lösungen überall nutzbar und technisch übertragbar gemacht? Der Ansatz von Civitas Connect sieht vor, von Beginn an gemeinsam an den unterschiedlichsten Projekten zu arbeiten und die Lösungen für alle Mitglieder des Vereins zur Verfügung zu stellen. So kann jedes Mitgliedsunternehmen entscheiden: Behebt diese Lösung eines meiner Probleme? Außerdem ist einzusehen, welche materiellen und personellen Ressourcen gebraucht werden, um die Lösung umzusetzen und wie die potenziellen Lösungswege aussehen.

Der Verein organisiert sich in Arbeitsgruppen zu den verschiedensten Themen, die im breiten Kontext der Smart City Relevanz haben. Ziel ist die gemeinsame Lösungsentwicklung auf Projektebene. Anstelle einer bloßen Konzeptionierung ist die konkrete Ausarbeitung von Lösungen gefragt. Die Ergebnisse aller Gruppen werden im Wiki beispielsweise in Form von Whitepapern festgehalten. Das Wiki ist für alle Mitglieder offen, sodass die Ergebnisse der Arbeitsgruppen von allen eingesehen und umgesetzt werden können. Es verbessert nicht nur die Transparenz und den Informationsfluss, sondern es verstärkt auch das Vertrauen und die Interoperabilität der relevanten Akteure der Smart City untereinander.

Auf der einen Seite erreichen die Arbeitsgruppen durch den Fokus auf der Umsetzung von Lösungen eine überdurchschnittliche inhaltliche Tiefe. Auf der anderen Seite wird die inhaltliche Breite dadurch gewährleistet, dass jedes Mitglied zu jeder Zeit eine Arbeitsgruppe zu einem gewünschten Thema initiieren kann.

Themenschwerpunkte der Arbeitsgruppen

Was wurde im ersten Jahr erarbeitet?

Im Bereich Pegelsensorik hat die Arbeitsgruppe eine Vergleichsmatrix entwickelt, aus der die wesentlichen Eigenschaften für die Auswahl passender Sensoren entnommen werden können. Zudem wurde ein Use Case erarbeitet, der die Relevanz von Grundwassermessungen im Klimawandel einordnet. Zusätzlich konnte die Arbeitsgruppe Sensorbeschreibungen veröffentlichen sowie Vorlagen, wie entsprechende Visualisierungen aussehen könnten. Ergänzt wird dies um Hinweise, wofür die erhobenen Daten sonst noch Relevanz haben.

Die Arbeitsgruppe „LoRaWAN“ hat vier unterschiedliche LoRaWAN-Gateways im direkten Vergleich getestet. Das erste Ergebnis deutet darauf hin, dass nicht automatisch das teuerste Gateway die besten Empfangswerte liefert. Zum jetzigen Zeitpunkt wird noch geprüft, ob dies an Unterschieden in der Montage liegen könnte. Darüber hinaus konnte ein Sicherheitskonzept für LoRaWAN erarbeitet werden.

In einer weiteren Arbeitsgruppe geht es um das Thema der Verkehrszählung. Hier wird in drei unabhängigen Piloten mit verschiedenen Lösungsanbietern von den Mitgliedern eine datenschutzkonforme Verkehrszählung getestet. Schon vorab konnten sich alle Mitglieder ein erstes eigenes Bild zu den Dienstleistern machen, die Civitas Connect zu einer Produktvorstellung geladen hatte. Im Anschluss wurden die avisierten Mehrwerte aus den Lösungen zu Fragestellungen formuliert, die nun in den laufenden Projekten validiert werden.

Zur Thematik der 450 MHz-Frequenzvergabe erscheint in der näheren Zukunft ein Buch, welches in Zusammenarbeit zweier Mitglieder entstand. Es geht um die Einordnung der Frequenz für die Energiewirtschaft, auch in Bezug zu anderen Übertragungstechnologien.

Alle Arbeitsgruppen zahlen als konkrete Blaupause in die Geschäftsfeldentwicklung des Geschäftsfeldes Smart City ein. In diesem Kontext muss vor allem auch der gesamte Stadtkonzern betrachtet werden. Hier spielt, neben den kommunalen Versorgungsunternehmen, vor allem die Kommune eine zentrale Rolle. Somit können beide Mitglied im Verein werden, gemeinsam in den Gruppen wirken und nicht nur an konkreten Lösungen arbeiten, sondern auch an der Frage, wie dies vor Ort umgesetzt und betrieben werden soll.

Mit dieser Vernetzung und der Mentalität möchte Civitas Connect auch als Partner der DIV-Konferenz die Entwicklung von Smart Cities und Regions auf Bundesebene vorantreiben. Darüber hinaus verhandelt Civitas Connect diverse Einkaufskonditionen für zentrale Komponenten für unsere Vereinsmitglieder vor, die sich in den Arbeitsgruppen als geeignet herausstellen. So kann der Verein einen direkten wirtschaftlichen Mehrwert für seine Mitglieder bieten.

Zukunftsausblick

Der Verein wird kontinuierlich weiterentwickelt und an die Bedürfnisse der Mitglieder angepasst. Der Fokus der nächsten Monate liegt darauf, die Arbeit in den Arbeitsgruppen und die Wiederverwertbarkeit von Lösungen zu verbessern. Ein erster Ansatz ist eine thematische Gruppierung der Arbeitsgruppen in Cluster, aus denen eine generelle Strategie abgeleitet werden kann. Außerdem soll eine Befragung unter den Mitgliedern durchgeführt werden, um die Bedürfnisse und Wünsche kommunaler Unternehmen zu ermitteln und daraus weitere Handlungsbedarfe für den Verein abzuleiten. Um somit den Verein strategisch mit den Themen weiterzuentwickeln und nicht auf dem Status quo stehenzubleiben.

Als eine der größten und dringlichsten Aufgaben von Civitas Connect sieht Ralf Leufkes neben der Unterstützung der Mitglieder in den AGs auch die Finanzierung von umfangreicheren Arbeitsgruppen und Clusterthemen beim Aufbau des Geschäftsfeldes Smart City und Region. Um die dafür notwendigen Ressourcen auch im Verein innezuhaben, sollen Förderanträge in Zukunft noch bewusster angegangen und umgesetzt werden.

Fazit

Civitas Connect konnte bereits im ersten Jahr deutlich zeigen, dass ein besonderes Interesse an der Thematik Smart City besteht und sich daraus viel Potenzial ableiten lässt. Es wird außerdem deutlich, dass Städte und Kommunen nur durch Kooperationen dazu befähigt werden, die Smart City adäquat umzusetzen.

LoRaWAN-Wärmemengenzähler: Verpflichtung zur Fernauslesbarkeit bis Ende 2026

Regierungsentwurf zur EED-Richtlinie liegt vor

Auch wenn der Fokus der Energiewirtschaft auf dem Rollout der intelligenten Messsysteme und die Herstellung der Fernauslesbarkeit von Stromzählern liegt, steht auch in den anderen Infrastrukturbereichen eines Stadtwerks das Thema Metering nicht still. Nachdem im Rahmen des EU-Winterpakets in der EED-Richtlinie aus dem Jahr 2019 eine verpflichtende Fernauslesbarkeit von Kälte- und Wärmemengenzählern sowie Heizkostenverteilern gefordert wird, zieht der deutsche Gesetzgeber nun endlich mit dem Entwurf zur Umsetzung der „Verordnung zur Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie 2018/2002/EU im Bereich der Fernwärme und Fernkälte“ nach. Ein Baustein zur Lösung des Problems können hier LoRaWAN-Wärmemengenzähler sein.

Konkret fordert die EU in ihrer Richtlinie die Herstellung der Fernauslesbarkeit für alle Kälte- und Wärmemengenzählern sowie Heizkostenverteilern. Ein Bestandsschutz ist nur begrenzt vorgesehen. Gleichzeitig soll nach dem Willen der EU die Abrechnung auch unterjährig erfolgen. Die genauen Forderungen der Richtlinie sind in diesem Kontext in einem alten Blogbeitrag von uns zu finden: Zum Beitrag.

Wärmemengenzähler: Fernauslesbarkeit bis 2026

Nach dem Entwurf des Gesetzgebers sind alle Messeinrichtung zur Erfassung von Wärmengen und Kälte bis zum 31.12.2026 zur Herstellung der Fernauslesbarkeit umzurüsten oder auszutauschen. Demnach ist eine Fernauslesbarkeit gegeben, wenn die Messeinrichtung ohne Betreten der Nutzeinheiten abgelesen werden kann. Eine Anschlusspflicht an das intelligente Messystem besteht nach dem bisherigen Entwurf nicht. Eine Ablesung über bestehende IoT-Netze (wie z. B. über LoRaWAN-Wärmemengenzähler oder eine Walk-by-Ablesung) ist demnach zulässig. Somit ist der Einsatz von LoRaWAN-Wärmemengenzählern erlaubt. Im Rahmen von bestehenden Projekten konnte die items GmbH bereits umfangreiche Praxiserfahrungen mit Herstellern von LoRaWAN-Wärmemengenzählern sammeln.

Monatliche Verbrauchsinformation wird zur Pflicht

Im Zuge der Einführung der verpflichtenden Fernauslesbarkeit von Zählern fordert der Gesetzgeber eine Anpassung der Rechnungsstellung. Kunden, welche noch über keine intelligenten Wärmemengenzähler verfügen, erhalten wie gewohnt einmal jährlich eine Abrechnungsinformation. Dies kann sowohl schriftlich als auch auf dem elektronischen Wege erfolgen, wobei die Abrechnung mindestens einmal jährlich auf dem tatsächlichen Verbrauch basieren muss.

Ab dem Zeitpunkt, zu dem eine fernauslesbare Messeinrichtung z. B. mit einem LoRaWAN-Wärmemengenzähler vorliegt, sind dem Kunden Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens zweimal im Jahr zu übermitteln. Die Zustellung der Rechnung muss auf Verlangen des Kunden in elektronischer Form erfolgen. Ab dem 01.01.2022 ist dem Kunden eine Abrechnungs- oder Verbrauchsinformationen auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs mindestens monatlich zu übermitteln. Außerhalb der Heizperiode für Fernwärme oder der Kühlperiode für Kälte ist keine Mitteilung für Fernwärme- bzw. Fernkältenetzbetreiber erforderlich. Die Heizperiode in Sinne der Verordnung liegt zwischen dem 1. Oktober eines Jahres und dem 30. April des Folgejahres, im übrigen Zeitraum des Jahres liegt die Kühlperiode.

Automatisierte Abrechnung der LoRaWAN-Wärmemengenzähler mit der IoT-ERP-Bridge

Durch die verpflichtende Fernauslesbarkeit und monatliche Verbrauchsinformation müssen die Prozesse für Fernwärmenetzbetreiber automatisiert werden. Stadtwerke mit einer LoRaWAN-Infrastruktur können ihre LoRaWAN-Wärmemengenzähler mit der IoT-ERP-Bridge der items abrechnen. Die IoT-ERP-Bridge stellt die Messwerte der Billing-Software bereit, so dass eine monatliche Abrechnung oder Verbrauchsinformation erfolgen kann.

Daneben ist eine Integration der Daten in das Kundenportal des Fernwärmenetzbetreibers möglich. Verfügt der Fernwärmenetzbetreiber über kein eigenes Kundenportal, kann im Billing-System eine monatliche automatische E-Mail generiert werden, welche dem Kunden den aktuellen Verbrauchsstand mitteilt. Das gleiche Verfahren ist auch bei Mobilfunkanbietern zu finden.

Des Weiteren lässt sich die IoT-ERP-Bridge nicht nur für die Abrechnung von Wärmemengenzählern, sondern auch für die weiteren Sparten wie Wasser oder zur Bereitstellung von Lastgängen aus Mieterstromobjekten nutzen. Darüber hinaus besteht eine Schnittstelle zum SAP PM, so dass Instandhaltungsprozesse oder Arbeitsaufträge automatisch generiert werden können.

Features IoT-ERP-Bridge zur Abrechnung von Wärmemengenzählern

Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog.

Verpflichtender Rollout im Sektor Wärme ab 2020 – items-Komplettlösung für die Fernwärme

Verpflichtender Smartmeter Rollout für Zähler im Bereich Wärme kommt

Seit dem Jahr 2016 ist es für den Sektor Strom längst bekannt, dass nach dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) in den kommenden Jahren für alle Letztverbraucher ab einem Verbrauch von mehr als 6.000 kWh ein verpflichtender Einbau von intelligenten Messsystemen (iMsys) kommt, welche die Verbrauchswerte über ein Kommunikationsnetz direkt an den Messstellenbetreiber übermitteln. Eine ähnliche Verpflichtung ist nun mit dem Smartmeter Rollout im Bereich Wärme angestoßen worden. Im Rahmen des EU-Winterpakets, welches letztes Jahr beschlossen wurde und als eines der nächsten großen Liberalisierungspakete betrachtet werden kann, steht nun der nächste Smartmeter Rollout im Sektor Wärme an.

Im Rahmen der neuen Energieeffizienzrichtlinie sieht die EU einen Rollout für alle Heizkostenverteiler, Wärmemengen-, Kältemengen- und Trinkwarmwasserzähler vor, welche in den nächsten Jahren fernauslesbar sein müssen. Somit wird es für EVUs nicht nur einen Rollout im Sektor Strom, sondern auch im Sektor Wärme geben.

 

Der Smartmeter Rollout im Detail

Der Smartmeter Rollout im Bereich Wärme soll im Jahr 2020 beginnen. Ab dem 25. Oktober dieses Jahres dürfen nur noch Heizkostenverteiler, Wärmemengen-, Kältemengen- und Trinkwarmwasserzähler verbaut werden, welche fernauslesbar sind. Bis zum Jahr 2027 müssen sämtliche Heizkostenverteiler und Zähler umgerüstet sein. Unter einer Fernauslesung wird entweder eine Übertragung der Messwerte über ein Funknetz verstanden (Bsp. GSM, LoRaWAN etc.) oder eine Walk-by-Auslesung, bei der ein Betreten der Wohnung nicht mehr notwendig ist, sich aber eine Person im Rahmen der Ablesung in der unmittelbaren Nähe des Zählers befinden muss. Betroffen sind alle Liegenschaften, welche über eine zentrale Wärmeversorgung oder einen Fernwärmeanschluss verfügen. Eine Fernauslesung kann nur dann verweigert werden, wenn eine Implementierung aus technischen Gründen nicht möglich ist oder in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum Aufwand steht und keine Kosteneffizienz gegeben ist.

 

Smartmeter Rollout Fernwärme - Fernauslesung von Zählern

 

Verpflichtung zur monatlichen Abrechnung

Mit der Neuregelung der Energieeffizienzrichtlinie verfolgt die EU das Ziel, den Kunden für seinen Verbrauch zu sensibilisieren. Damit dies gelingt, soll der Verbraucher seine Abrechnung mehrmals pro Jahr erhalten, um einen Überblick über seinen Verbrauch zu erhalten. Als ersten Schritt sieht die Richtlinie einen Anspruch auf die Bereitstellung einer elektronischen Rechnung vor, sofern der Kunde dies verlangt. Eine Abrechnung hat grundsätzlich ab dem 25. Oktober 2020 zwei Mal pro Jahr zu erfolgen. Erhält der Kunde eine elektronische Rechnung, hat eine Abrechnung pro Quartal zu erfolgen. Ab dem 01. Januar 2022 muss eine monatliche Bereitstellung der Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen erfolgen. Auf Anfrage des Kunden sind außerdem die Lastgänge kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn der Kunde diese z. B. für seinen eigenen Energiedienstleister benötigt. Die Energieabrechnung muss den Transparenzvorschriften der EU-Energieeffizienzrichtlinie entsprechend nach den Vorgaben des Anhangs VIIA erstellt werden. Demnach sind die Mess- und keine Schätzwerte für die Abrechnung zu verwenden.

 

Aufbau der Abrechnung

Im Rahmen der Rechnungsstellung sind nach Anhang VIIA die geltenden Preise, der tatsächliche Energieverbrauch bzw. der Ablesewert der Heizkostenverteiler anzugeben. Zu nennen sind ebenfalls der Brennstoffmix und die damit verbundene Menge an Treibhausgasemissionen, eine Erläuterung der erhobenen Steuern, Abgaben und der Zolltarif. Die einzelnen Mitgliedsstaaten haben jedoch die Möglichkeit, die Auflistung der Treibhausgasemissionen auf Kunden mit einer thermischen Leistung von mehr als 20 MW zu beschränken.

Zur Sensibilisierung des Verbrauchers ist der Vorjahresverbrauch, vorzugsweise in einer grafischen Aufbereitung, anzugeben. Dabei sind die Werte von klimabezogenen Faktoren zu bereinigen, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. Zusätzlich ist der Kunde mit einem ermittelten Durchschnittsnutzer seiner Kundengruppe zu vergleichen. Daneben sind die Kontaktdaten des Unternehmens zu nennen sowie ein Verweis auf Energieagenturen, welche konkrete Informationen über Maßnahmen zur Energieeffizienz bereitstellen. Ebenfalls eine Kontaktstelle für Beschwerden ist zu nennen.

 

Smartmeter Rollout – items-Komplettlösung für die Fernwärme

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie hat die items GmbH bezüglich des Smartmeter Rollouts eine Komplettlösung entwickelt, welche die Anforderungen komplett umsetzt. Herzstück der Lösung bildet ein IoT-Funknetz, welches die Fernauslesbarkeit von Zählern sicherstellt sowie eine Integration in das Abrechnungssystem, um die elektronische Rechnung zu erzeugen.

Als IoT-Funknetz wird im ersten Schritt ein LoRaWAN-Netz aufgebaut, mit dem eine Fernauslesung zu erfolgen hat. LoRaWAN-Netze zeichnen sich vor allem durch ihre gute Gebäudedurchdringung sowie Reichweite aus, weswegen sie sich perfekt für die Auslesung von Zählern eignen. LoRaWAN-fähige Sensorik ist bereits heute verfügbar und kann standartmäßig von vielen bekannten Herstellern bezogen werden. Voraussetzung ist der Aufbau von mehreren LoRaWAN-Gateways sowie einem LoRaWAN-Netzwerkserver. Die Daten werden an einen IoT-Datahub bereitgestellt, welcher die Daten entschlüsselt, aufbereitet, persistiert und verwaltet. Der IoT-Datahub ist auch in der Lage, über verschiedene Schnittstellen die Daten zu verarbeiten, die über eine Walk-by-Ablesung erhoben wurden. So können beide Technologien genutzt werden, wenn die Auslesung einer Liegenschaft aus Kostengründen einmal nicht über LoRaWAN erfolgen sollte.

 

Smartmeter Rollout Fernwärme - Beispiel zur Wärmemengenmessung

 

Der IoT-Datahub gibt die Daten über eine MQTT-Schnittstelle an eine IoT-ERP-Bridge weiter, welche die Messwerte mit dem Zählpunkt verknüpft und die Daten für das Abrechnungssystem vorbereitet. Nach der Aufbereitung der Daten erfolgt eine Integration in das jeweilige Abrechnungssystem. In der dargestellten Abbildung handelt es sich um eine Integration in das SAP IS-U. Allerdings ist auch eine Integration von anderen Abrechnungssystemen problemlos möglich. Ist die elektronische Abrechnung im SAP-System erstellt, kann die Bereitstellung der elektronischen Abrechnung auf zwei Wegen erfolgen. Verfügt das EVU bereits über ein Kundenportal, so können die Informationen in das Portal übertragen werden. Falls keine Portallösung zur Verfügung steht, kann ein automatisches Mailling aus dem SAP IS-U heraus erfolgen, sofern die E-Mailadresse hinterlegt wurde. Der Aufbau eines eigenen Portals kann so vermieden werden.

 

Die Lösungsbausteine der items in der Übersicht

Der Aufbau der Fernwärme Smartmetering Lösung setzt sich aus Sicht der items aus vier Lösungsbausteinen zusammen. Einmal aus dem Bereich Metering, bei dem es primär um die Auswahl und den Einbau geeigneter Hardware geht. Der Einbau der Hardware erfolgt grundsätzlich durch das EVU, allerdings kann die items bei der Auswahl geeigneter Sensorik bzw. dem Auslesen von bereits verbauter Sensorik unterstützen.

Der zweite Baustein, die Ablesung, beinhaltet den Aufbau des LoRaWAN-Netzes. Dieses beinhaltet die Bereitstellung eines LoRaWAN-Netzwerkservers, einer IoT-Datahub-Plattform zur Verarbeitung der Informationen sowie die Bereitstellung und Konfiguration der LoRaWAN-Gateways. Die Montage der Gateways kann wahlweise durch das EVU selbst oder einen Dienstleister der items erfolgen. Durch den Aufbau des LoRaWAN-Netzes wird die Voraussetzung geschaffen, die gesetzliche Anforderung der Fernauslesbarkeit sicherzustellen. Gleichzeitig kann das Netz auch für weitere Anwendungsfälle, wie z. B. zur Überwachung des Fernwärmenetzes verwendet werden.

Der Dritte Baustein Abrechnung beinhaltet die Bereitstellung der IoT-ERP-Bridge inkl. Integration des Abrechnungssystems, das zur Rechnungserstellung notwendig ist. Die eigentliche Bereitstellung der elektronischen Rechnungen erfolgt im Baustein Kundeninteraktion entweder über die Anbindung eines bestehenden Kundenportals oder mit einer automatisierten Mail aus dem Abrechnungssystem.

Smartmeter Rollout Fernwärme - Leistungsbausteine der items

 

 

Die EU erweitert die Pflichten des Submeterings

Heizkostenverteiler müssen spätestens ab 2027 fernausgelsesen werden

Das Thema Smart Metering beschäftigt die Energieversorgungsbranche schon seit mehreren Jahren. Seit Ende 2018 steht nun das erste zertifizierte Smart-Meter-Gateway (SMGW) zur Verfügung, so dass ab 2019 mit dem flächendeckenden Rollout begonnen werden kann. Passend zu Beginn des Rollouts erweitert die EU mit dem Beschluss der neuen Energieeffizienzrichtlinie im Rahmen des EU-Winterpakets die Aufgaben und Pflichten im Bereich Submetering.

Spartenübergreifende Ablesung wird Pflicht

Im Rahmen der Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie schreibt die neue Richtlinie die Einführung eines Verpflichtenden Submeterings vor, wenn es sich um ein Mehrzweckgebäude oder mehrere Wohneinheiten mit einer zentralen Anlage zur Wärme-/Kälteerzeugung handelt oder dieses über einen Zugang zu einem Fernwärme-/Fernkältesystem verfügt. In diesem Fall sind individuelle Verbrauchszähler in allen Wohneinheiten zu implementieren, wenn dies technisch durchführbar und kosteneffizient zu realisieren ist. Ist der Einsatz von individuellen Zählern nicht möglich, sind an jedem Heizkörper Heizkostenverteiler zu verwenden. Von einer Installation kann nur abgesehen werden, wenn eine Kosteneffizienz nach den Richtlinien und Regeln des jeweiligen Mitgliedstaates nicht gegeben ist. Die Bewertung der Kosteneffizienz sowie die Umlage der Kosten bei nicht vorhandenen individuellen Zählern hat nach allgemeinen und transparenten Regeln zu erfolgen, welche vom Mitgliedsstaat festgelegt werden. In neu errichteten Gebäuden ist jedoch immer der Einsatz eines individuellen Trinkwarmwasserzählers vorgeschrieben.

Grundsätzlich ist die Installation von Strom-, Wärme- und Wasserzählern noch nicht gleichbedeutend mit einer spartenübergreifenden Ablesung über das MsbG; durch die Umsetzung der Richtlinie werden die festgelegten Regeln des MsbGs nicht geändert. Eine Pflichtauslesung der Sparte Strom erfolgt erst ab einem Jahresverbrauch von 6.000 kWh pro Jahr bzw. einer Erzeugungsleistung von 7 kW §31 MsbG. Eine Auslesung von Wasserzählern ist weiterhin nicht vorgesehen. Jedoch ändert sich mit der Neugestaltung der Energieeffizienzrichtlinie das Submetering im Bereich Wärme.

Fernablesung von Heizkostenverteilern wird Pflicht

Im Zuge der Weiterentwicklung der Energieeffizienzrichtlinie sieht die EU eine verpflichtende Fernauslesung von Heizkostenverteilern vor. Demnach müssen installierte Zähler und Heizkostenverteiler, welche nach dem 25. Juni 2020 installiert werden, fernauslesbar sein. Alle weiteren Heizkostenverteiler sind bis zum 01. Januar 2027 umzurüsten oder durch neue zu ersetzen. Voraussetzung hierfür ist die technische und ökonomische Machbarkeit. In diesem Kontext steht jedem Mitgliedsstaat offen, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, wie es bei den intelligenten Messsystemen in Deutschland der Fall war. Da die Richtlinie schon zum 25. Juni 2020 umzusetzen ist, bleibt fraglich, ob eine Studie bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegt. Vielmehr ist von einer Verzögerung auszugehen. Ist das Ergebnis negativ, kann der jeweilige Mitgliedsstaat von der Regelung abweichen.

Nach der nationalen Rechtslage würde dies bedeuten, dass die Fernablesung von Heizkostenverteilern oder individuellen Verbrauchszählern über das SMGW zu erfolgen hat. Nach §6 MsbG muss ab dem 01. Januar 2021 sowieso eine zusätzliche Sparte bei Liegenschaftsmodellen über das SMGW erhoben werden. Hierbei wird in §6 Abs. 1 Nr.2 MsbG explizit auf die Sparte Wärme hingewiesen. Durch die Erweiterung der Energieeffizienzrichtlinie auf alle Heizkostenverteiler sind nun nicht mehr nur Objekte im Rahmen des Liegenschaftsmodells des MsbG betroffen, sondern sämtliche Wohnungen, wodurch Wohnungseigentümergemeinschaften ebenfalls von der Mehrspartenablesung über das SMGW betroffen sind.

Submetering-Regelung

Die Abrechnung muss ab 2022 monatlich erfolgen

Im Rahmen der Rechnungsstellung hat die Abrechnung der Wärme-, Kälte- und Trinkwasserversorgung auf Verlangen des Kunden in elektronischer Form erfolgen zu können. Der genaue Aufbau der Rechnung wird im Anhang der Energieeffizienzrichtlinie beschrieben. Maßgeblich hierbei ist, dass die Rechnungsstellung auf Basis der erhobenen Werte erfolgt. Die Rechnung ist dem Kunden ab dem 25. Juni 2020 mindestens zweimal pro Jahr zuzustellen. Handelt es sich um eine Fernauslesung, hat die Abrechnung ab dem 1. Januar 2022 monatlich zu erfolgen. Die Bereitstellung kann, wie bei der Sparte Strom, die über das intelligente Messsystem ausgelesen wird, über eine Portallösung erfolgen.

Des Weiteren verfügt der Endverbraucher über das Recht, dass seine historischen Verbrauchsdaten auf Verlangen dem Energiedienstleister zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist jedoch von jedem Mitgliedstaat eine Regelung zu treffen, wenn kein direkter Vertrag zwischen dem Endverbraucher und dem Energiedienstleister im Rahmen des Messstellenbetriebs besteht.

Beispiel einer Metering-Architektur

Unter der Annahme, dass das Gutachten zu dem Ergebnis einer technischen und ökonomischen Machbarkeit kommt, müsste die Fernauslesung nach jetziger nationaler Gesetzeslage in die Metering-Architektur integriert werden. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die technische Integration der Heizkostenverteiler dar. Durch die dezentrale Verteilung innerhalb eines Wohnquartiers ist die Verwendung einer funkbasierten Konnektivitätstechnologie erforderlich, um bauliche Maßnahmen zu vermeiden, die auch aus ökonomischen Gesichtspunkten in keinem Verhältnis ständen. Potenzielle Technologien könnten LoRaWAN oder W-MBus darstellen. Das W-MBus ist bereits nach der TR-03109 zulässig. Eine Auslesung der Verbrauchswerte kann aber auch mittels LoRaWAN erfolgen. Hierfür wird ein LoRa-Indoor-Gateway am SMGW über die LMN-Schnittstelle implementiert. Über eine Wireless-MBus-Bridge oder LoRa-native Heizkostenverteiler könnte die Ablesung erfolgen. Gleichzeitig könnte die vorhandene Infrastruktur für die Ermittlung der Warmwassertrinkzähler verwendet werden. Die Übermittlung der Verbrauchsdaten an das Backend findet über die WAN-Anbindung des SMGW statt. Der LoRaWAN-Server übernimmt dabei das Gerätemanagement der LoRaWAN-fähigen Hardware. Die Administration erfolgt über den Smart-Meter-Gateway-Administrator (SMGWA).

LoRaWAN-Architektur-Metering

Nationale Gesetzgebung bleibt abzuwarten

Die weitere Entwicklung bezüglich der verpflichtenden Fernauslesung für Heizkostenverteiler bleibt im Detail abzuwarten. Eine Umsetzung der Richtlinie muss bereits zum 25. Juni 2020 erfolgen. Somit hat der deutsche Gesetzgeber ein gutes Jahr Zeit. Ob dieser auf die Durchführung einer Machbarkeitsstudie verzichtet und eine verpflichtende allgemeine Fernauslesung einführt ist bislang völlig offen. Zwar hat der Gesetzgeber diese Option auch bei der Einführung der intelligenten Messsysteme in Anspruch genommen, allerdings besteht durch die Einführung von Liegenschaftsmodellen ab dem 01. Januar 2021 sowieso eine Pflicht der Mehrspartenauslesung. Die Energieeffizienzrichtlinie verschärft somit nur das bestehende Gesetz. Gleichzeitig wird durch eine verpflichtende monatliche Abrechnung ein erhöhter Aufwand für den Messstellenbetreiber geschaffen.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanagement items GmbH

Die EU erweitert die Pflichten des Submeterings

Energiewirtschaftliche Tagesfragen Heft 05/2019

Passend zu Beginn des Rollouts erweitert die EU mit dem Beschluss der neuen Energieeffizienzrichtlinie im Rahmen des EU-Winterpakets die Aufgaben und Pflichten im Bereich Submetering. Eine Fernablese der Verteiler wird unter Umständen sowohl bei Strom als auch Gas unter bestimmten Kriterien zur Pflicht. Die Fernablese bei Heizkostenverteilern ist jedoch spätestens ab 2027 Pflicht.

Die neuen Auflagen stellen die aktuelle Metering-Architektur vor neue Aufgaben. Lesen Sie mehr über die Potenziale des Submeterings sowie Lösungsansätze für neue Metering-Architekturen im Artikel von Marcel Linnemann in der Energiewirtschaftliche Tagesfragen:

Die EU erweitert die Pflichten des Submeterings

LoRaWAN & 450connect ein Duo mit Zukunft?

Keine Smart City ohne Connectivity

Kaum ein Tag vergeht an der nicht über die Weiterentwicklung unserer Städte diskutiert wird. Ob über die Energieversorgung von Morgen wie bei Fridays for Future, unzureichende Verkehrsinfrastruktur oder überhöhte Luftschadstoffwerte. Probleme haben unsere Städte viele, doch in einem sind sich alle einig: Die Stadt der Zukunft soll Smart bzw. Intelligent werden.

Wer nach Definitionen zum Thema Smart City sucht wird schnell feststellen, dass es Kern um die Vernetzung von Assets geht, welche miteinander agieren und kommunizieren, um einen Mehrwert für die Bürger der Stadt zu erzielen. Das erforderliche Fundament ist somit eine kostengünstige Connectivity für tausende von Assets, welche eine Smart City entstehen lassen.

Im Versorgerumfeld fallen dabei immer zwei Namen 450connect und LoRaWAN. Doch welche Technik eignet sich wann und welche Vorteile bieten die zwei Technologien?

Ein Duo mit Gegensätzen

Grundsätzlich lässt sich bei der Analyse der beiden Technologien feststellen, dass sie grundlegend verschieden für unterschiedliche technische Anforderungen sind. LoRaWAN ist den sogenannten Low Power Area Networks zuzuordnen. Diese zeichnen sich vor allem durch ihre energiesparende Betriebsweise aus, welche jedoch nur über eine geringe Bandbreite von einigen Kilobits pro Sekunde verfügt. Als Frequenz nutzt LoRaWAN das unlizenzierte Frequenzband von 864 MHz.

Die Technologie 450connect basiert hingegen auf der CDMA-Technologie und nutzt das lizensierte 450 MHz Band, wodurch es auch LTE unterstützt. Dadurch kann ein Upload von bis zu 1,5 Mbit/s und Download von bis zu 9 Mbit/s erzielt werden. Durch die höhere Bandbreite ist jedoch keine energiesparende Betriebsweise möglich.

Der Vertrieb und Betrieb der Infrastruktur findet in Deutschland durch das Unternehmen 450connect statt, welche eine Tochtergesellschaft der Alliander aus den Niederlanden ist, die dort die 450 MHz-Infrastruktur betreibt. Die Technologie muss als Dienstleistung bezogen werden. Ein Betrieb des Netzes durch die Stadtwerke ist nicht möglich.

Der Use Case bestimmt die Technik

Welche Technologie zu welchem Zeitpunkt notwendig ist, hängt in der Regel vom jeweiligen Use Case ab. Ist eine hohe Bandbreite wie z. B. bei intelligenten Messsystemen notwendig, wo bereits ein Firmwareupdate 100 MB groß sein kann, ist eine Umsetzung mittels LoRaWAN nicht möglich. Der Duty Cycle muss dabei auch nicht beachtet werden. Jedoch benötigen vernetzte Assets mit 450connect eine aktive Stromversorgung, was bei der Umsetzung der Use Cases zu berücksichtigen ist. Ein Use Case wie die intelligente Mülltonne könnte mit 450connect somit nicht realisiert werden, da jede Mülltonne eine Stromversorgung benötigt.

Zur Umsetzung des Use Cases Smart Waste wäre hingegen LoRaWAN viel geeigneter, da die Übermittlung eines Füllstandes eine geringe Bandbreite erfordert und LoRaWAN-Sensorik keine aktive Stromversorgung benötigt.

Herausforderung kritische Infrastruktur

Gerade im Versorgerumfeld ist zwischen zwei Arten der Infrastruktur zu differenzieren. Kritische Infrastrukturen werden in der Regel als besonders schützenswert eingestuft. Oft muss eine Überwachung oder Steuerung in Echtzeit garantiert werden, wie z. B. bei Schalthandlungen im Stromnetz. Hierfür ist eine Technologie wie 450connect sinnvoll.

Unkritische Use Cases wie z. B. der Überwachung von Mülltonnen oder Parkplätzen kann hingegen mittels LoRaWAN realisiert werden. Hier bietet das Sensorik-Ökosystem von LoRaWAN einen entscheidenden Vorteil gegenüber 450connect, dass Sensorik sich klar auf das Thema Metering fokussiert.

Ein sinnvolles Duo LoRaWAN & 450connect

Grundsätzlich ist festzughalten, dass LoRaWAN und 450connect zwei sinnvolle Bausteine für eine Smart City darstellen. 450connect legt einen besonders starken Fokus auf den Bereich kritische Infrastruktur speziell das Thema Metering und Stromnetze. Durch die hohe Bandbreite und Echtzeitfähigkeit können die hohen regulatorischen Anforderungen für kritische Infrastrukturen eingehalten werden.

LoRaWAN verfügt mit seinem Ökosystem über eine größere Anwendungsvielfalt im Kontext Smart City, wobei Use Cases auch im Batteriebetrieb realisiert werden können. Niedrige Bandbreiten verhindern jedoch zum Teil die Umsetzung von Use Cases. Beide Technologien stellen somit ein sinnvolles Duo zur Erhebung und Weiterverarbeitung von Daten dar, welche in einer IoT-Plattform zusammengeführt werden können.

 

450connect die ungewisse Zukunft

Unsicherheit bei der Verwendung von 450connect gibt es jedoch hinsichtlich der Weiterverwendung der 450 MHz Frequenz. Bis zum Jahr 2020 verfügen lediglich zwei Unternehmen über die Nutzungsrechte. Wie eine Weiterverwendung ab dem Jahr 2020 aussieht ist bislang unklar. Es wird jedoch seitens der Energiewirtschaft eine Reservierung der Frequenz für kritische Infrastruktur durch die BNetzA angestrebt. Hierfür ist jedoch eine Umwidmung der Frequenz erforderlich.

Daneben wäre ebenfalls eine Verlängerung der Frequenznutzugsrechte nach § 55 Abs.9 TKG möglich, wenn der BNetzA konkrete Investitionsvorhaben angezeigt werden. Eine regionale Zuteilung für jeden einzelnen Netzbetreiber ist nach § 2 Abs.2 Nr.7 TKG und § 55 Abs.5 Nr.4 TKG nicht möglich, weswegen weiterhin von einem zentralen Betriebsmodell auszugehen ist. Darüber hinaus ist bei einer Zuteilung der Frequenz für 2020 zu beachten, dass bei einer höheren Nachfrage eine Ausschreibung verpflichtend ist. Dabei entscheidet allein das höchste Gebot. Dies könnte ab dem Jahr 2020 einen Anstieg der Kosten der Datenübertragung bedeuten, um die Kosten des Vergabeverfahrens zu decken. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten.

Marcel Linnemann
Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH

 

Mieterstrom gleich kalter Kaffee? Nein!

Energie ist ein Substitut und brauch doch neue Formate

Sinkende Margen an der Strombörse, wechselwillige Kunden und eine zunehmende Entwicklung von kleinteiligen Geschäftsmodellen. Dies sind immer häufiger die Herausforderungen, denen sich die Energievertriebe stellen müssen. Die Zeiten, in denen Frau Meier ihr Leben lang bei einem Stadtwerk blieb, sind längst vorbei. Energie ist ein Substitut ohne besonderen Mehrwert, weswegen gerne von der Challenge des Wandels vom Lieferanten zum Dienstleister gesprochen wird. Ein Schlagwort, was viele aus der Branche nicht mehr hören können und wollen, aber in dem doch sehr viel Wahrheit steckt.

Kunden wollen mehr und zwar jetzt!

Die Kunden von heute sind anspruchsvoller geworden. Natürlich gibt es noch den Kunden, der sich nicht für seine Stromrechnung interessiert, allerdings steigt der Anteil derer, welche von der Energiewende partizipieren wollen oder müssen. Für viele Hausbesitzer ist es längst normal, eine PV- oder Solarthermieanlage auf dem Dach zu haben und die Integration von Speichern ist nur noch eine Frage der Zeit.

Ohne es zu wollen verliert ein Stadtwerk seine Rolle und wird zum Lieferanten von Ausgleichsenergie degradiert, wenn die Sonne gerade nicht scheint und die PV-Anlage somit keine Energie produziert. Eine Rolle, die aus wirtschaftlicher Sicht und unter Berücksichtigung der Ausgleichsenergiepreise höchst unwirtschaftlich ist.

Die einzige, die bislang noch nicht von der Energiewende partizipieren konnte, war die Gruppe der Mieter. In der Vergangenheit hatten diese nicht die Möglichkeit, eine Erneuerbare-Energien-Anlage zu betreiben und eine Abgabenbefreiung in Anspruch zu nehmen. Um dies zu ändern, hat der Gesetzgeber im letzten Jahr ein neues Mieterstromgesetz verankert im EEG für Photovoltaikanlagen auf den Weg gebracht.

Mieterstrom – Was ist das?

Bei einem Mieterstrommodell geht es darum, dass ein Lieferant auf dem Hausdach eines Gebäudes eine PV-Anlage installiert, welche die Mieter vor Ort mit Strom versorgen soll. Die Mieter entscheiden dabei selbst, ob sie an dem Mieterstrommodell teilnehmen wollen (hier rot markiert). Der selbstverbrauchte Strom aus der PV-Anlage ist hierbei z. T. umlagebefreit, weswegen er unter dem normalen Strompreis liegen muss. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine Preisobergrenze von 90% des aktuellen Grundversorgertarifs für den Arbeitspreis definiert. Kann erzeugter Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht verbraucht werden, wird dieser in das Netz eingespeist. Die Vergütung erfolgt entweder über eine festen Einspeisevergütung nach dem EEG oder über die Direktvermarktung. Für den Mieter ergibt sich der Vorteil, dass er aktiv an der Energiewende teilhaben und dabei seine Kosten auf der jährlichen Stromrechnung senken kann. Das Stadtwerk hat hingegen die Möglichkeit, aktiv als Dienstleister und Betreiber des Mieterstrommodells aufzutreten, anstatt lediglich die Rolle des Energielieferanten zu übernehmen. Darüber hinaus erhält der Betreiber der PV-Anlage für jede erzeugte und selbstverbrauchte Kilowattstunde einen zusätzlichen Mieterstromzuschlag on-top.

 

Was sind die Voraussetzung und wie hoch ist die Mieterstromvergütung?

Nicht jedes Mieterstromprojekt kann in den Genuss des Mieterstromzuschlages kommen. Das Gesetz gilt nur für Neuanlagen, deren Leistung kleiner 100 kWpeak< ist (§19 Abs.1 EEG). Die Anlage muss in unmittelbarer Nähe zum Verbraucher installiert werden, ohne dass das öffentliche Netz beansprucht wird. Das jährliche Fördervolumen ist auf 500 MW pro Jahr begrenzt.

Die Höhe der Mieterstromvergütung ist abhängig von der geltenden, festgelegten fixen Einspeisevergütung. Von dieser wird ein gesetzlich festgelegter Wert von 8,5 ct/kWh abgezogen. Dadurch ergibt sich ein Mieterstromzuschlag, welcher mit der Anlagengröße korreliert:

 

Wer sind die Mitspieler beim Mieterstromprojekt?

Die zentrale Rolle bei einem Mieterstromprojekt übernimmt der Mieterstrombetreiber. Er ist für den Betrieb der Erzeugungsanlage, den Vertragsabschluss mit dem Endkunden und die Belieferung der Restenergie zuständig, wenn die Erzeugungsanlage einmal keine Energie liefert. Der Besitzer der Immobilie erhält für die Bereitstellung seiner Dachfläche eine monatliche Pacht. Andere Kooperationen sind in diesem Zusammenhang auch denkbar. Die Lieferung des Reststroms kann auch durch einen externen Lieferanten im Auftrag des Mieterstrombetreibers erfolgen. Der Messstellenbetreiber ist für den Betrieb des Messsystems verantwortlich. Durch den Einsatz von intelligenten Messsystemen übernimmt dieser auch die Rolle des Messdienstleisters. Der überschüssige Strom aus der PV-Anlage kann wahlweise durch den Netzbetreiber bei einer festen Einspeisevergütung vermarktet werden oder direkt über einen Direktvermarkter an der Börse.

Die Teilnahme am Mieterstromprojekt erfolgt für den Mieter auf freiwilliger Basis. Eine Zwangsteilnahme ist nur in Ausnahmefällen wie z. B. bei Studentenwohnheimen möglich.

 

Mieterstrom – Lohnt sich das?

Nicht jedes Mieterstromprojekt ist wirtschaftlich. Trotzdem ist das Thema aus strategischer Sicht sinnvoll für jedes EVU. Mieterstromprojekte können nur gelingen, wenn eine lokale Zusammenarbeit zwischen dem Mieterstrombetreiber, dem Vermieter und den Mietern stattfindet. Durch die zusätzliche Förderung können bereits heute Projekte wirtschaftlich betrieben werden. Eine Integration der Abrechnung in das SAP ist bereits heute möglich. Hinzu kommen fallende Preise für PV-Module und Speicher, welche die Wirtschaftlichkeit weiter steigern werden.

Eines steht bereits heute fest: immer mehr Marktanbieter im Bereich Mieterstrom treten auf dem Markt auf, weswegen eine frühzeitige Besetzung des Themas aus strategischer Sicht sinnvoll ist. Denn ein Mieterstromprojekt ist die erste Stufe zu einer Quartierslösung, bei der ein EVU als kommunaler Dienstleister auftreten kann.

Was ist eure Meinung zum Thema Mieterstrom? Diskutiert mit uns auf unserem Blog oder sprecht uns direkt an!

Marcel Linnemann

Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH

 

LoRaWAN: Das Ende des Turnschuhprinzips im Messwesen?

Das Prinzip Turnschuh – die treue Instanz im Messwesen

Das Turnschuhprinzip im Messwesen: wer kennt es nicht? Jedes Jahr die gleiche Prozedur. Ein freundlicher Mitarbeiter mit einem Logo des Stadtwerks läuft von Haustür zu Haustür und fragt, ob er im Rahmen der jährlichen Abrechnung einmal den Zählerstand ablesen könnte. Gerade in Zeiten zunehmender Gerätevernetzung ist die Frage erlaubt, ob das eigentlich sein muss oder es nicht viel mehr Sinn macht, den Zähler aus der Ferne abzulesen. Schließlich ist der Endkunde oft nicht zu Hause, wenn der Zähler abgelesen werden soll und sowohl für das Stadtwerk als auch für den Endkunden bedeutet es organisatorischen Mehraufwand. Was liegt also näher, als den Zähler zu vernetzen, um das Prinzip Turnschuh endlich abzuschaffen.

LoRaWAN und Metering – ein Pärchen mit Zukunft?

Auch Stadtwerke stellen sich durch die zunehmende Vernetzung und die Einführung von intelligenten Messystemen (iMsys) zunehmend Überlegungen, ob das Prinzip Turnschuh noch Zukunft hat. Mit dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) hat der Gesetzgeber in den letzten zwei Jahren Fakten geschaffen und die Grundlage für den vernetzten Zähler, das intelligente Messsystem, gelegt. Doch hierbei wird oft vergessen, dass eine Ausstattungspflicht mit einem Smart-Meter-Gateway (SMGW) nur für einen Bruchteil der Zählpunkte gilt. Als Daumenwert wird oft 15% genannt. Alle anderen Zählpunkte werden lediglich mit modernen Messeinrichtungen versehen und das Turnschuhprinzip wird weiterhin angewandt, bis die Sohlen qualmen.

Aus diesem Grund beschäftigen sich immer mehr Versorger mit der Fragestellung, ob es nicht alternative Lösungen im Meteringumfeld gibt, wobei vor allem die Frage nach der adäquaten Kommunikationstechnologie im Vordergrund steht, da diese sowohl kosteneffizient sein soll, als auch die notwendigen technischen Eigenschaften erfüllen muss. Eine ideale Technologie könnte hierfür die Technologie LoRaWAN sein. Bei LoRa handelt es sich um eine freie unlizenzierte Frequenz im 400 MHz-Bereich. Durch das Niederfrequent-Band ist LoRa in der Lange, mit einem Sendemast eine Reichweite von mehreren Kilometern zu erzielen, und das bei einer hohen Gebäudedurchdringung bis in den Keller. LoRa verfügt bereits heute über ein großes Hardware-Ökosystem mit der LoRa-Alliance und wird weltweit verwendet. Durch die Energieeffizienz von LoRa-Geräten können Batterielaufzeiten von bis zu 10 Jahren erreicht werden.

Eigentlich eine ideale Technologie zur Verwendung im Bereich des Submeterings, da Zählpunkte oft schwer zugänglich sind. Doch bei der Vernetzung von Zählpunkten sind gerade durch das Messstellenbetriebsgesetz gewisse regulatorische Anforderungen zu beachten, welche auch für LoRa gelten.

LoRa und das MsbG – eine Beziehung mit Gegenwind

Wird beispielsweise ein Zählpunkt mit einem Messgerät mittels LoRaWAN vernetzt, handelt es sich im juristischen Sinne um ein Messystem (§2 Nr.13 MsbG). Laut Definition reicht es aus, wenn ein Zähler in ein Kommunikationssystem (hiermit wäre LoRa miteingeschlossen) eingebunden wird. In welcher Sparte die Messwerte erhoben werden ist in diesem Kontext irrelevant.

Da es sich bei einer Vernetzung eines Zählers mit LoRa um ein Messsystem nach dem MsbG handelt, sind bestimmte technische Anforderungen nach §19 MsbG zu erfüllen. Der Paragraph verweist dabei auf dieselben Anforderungen, wie sie auch für SMGWs und iMsys nach §21 und §22 MsbG gelten. Dies schließt auch die technische Richtlinie 03109 für das Smart-Metering mit ein. Das bedeutet, dass die Messwerte aus dem Bereich Strom einer jeden Messeinrichtung über das SMGW übermittelt werden müssen, da diese im Anwendungsfeld des MsbG liegen.

§1 MsbG: Dieses Gesetz trifft Regelungen

  1. zur Ausstattung von Messstellen der leitungsgebundenen Energieversorgung mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen,
  2. zur Ausgestaltung des Messstellenbetriebs und zur freien Wahl eines Messstellenbetreibers,
  3. zur Aufgabentrennung von Messstellenbetrieb und Netzbetrieb,
  4. zu technischen Mindestanforderungen an den Einsatz von intelligenten Messsystemen,
  5. zur energiewirtschaftlichen Datenkommunikation und zur allgemeinen Datenkommunikation mit Smart-Meter-Gateways,
  6. zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Messwerten und weiteren personenbezogenen Daten zur Erfüllung von vorvertraglichen Verpflichtungen, von Verträgen, rechtlichen Verpflichtungen und zur Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse.

Der Bereich Wasserzähler liegt hierbei allerdings nicht im Scope des MsbG, weswegen der Einsatz von LoRa zur Auslesung der Zähler rechtlich möglich wäre. Gleiches gilt für das Thema Heizkostenabrechnung, außer es handelt sich um ein Liegenschaftsmodell. Dann ist eine Anbindungspflicht nach §6 MsbG zu prüfen.

Somit wäre eine Mehrspartenauslesung mittels eines zentralen LoRaWAN-Netzes für die gesamte Stadt nach dem MsbG nicht möglich. Vielmehr müsste eine IT-Architektur geschaffen werden, bei der ein dezentrales LoRaWAN-Netz implementiert ist.

LoRa und MsbG: Wo bleibt das Happy End?

Die Auslesung von modernen Messeinrichtungen im Bereich Strom würde immer über eine klassische Meteringarchitektur erfolgen. Die Messwerte werden am Zähler erhoben und über Wireless-MBus an das SMW durch den SMGWA an das jeweilige MDM-System übermittelt. Die Messwerte der Wasserzähler oder Heizkostenzähler würden über LoRaWAN an das SMGW unidirektional an das SMGW über das LMN erfolgen. Eine Anbindungspflicht für das Gas ist hingegen von der Frage abhängig, ob es sich um eine Liegenschaftsmodell nach §6 MsbG handelt. Diesbezüglich könnte eine IT-Systemarchitektur wie folgt aussehen:

Alternativ könnte eine getrennte Systemarchitektur errichtet werden, wodurch kein dezentrales LoRaWAN-Netz erforderlich wäre. Das LoRaWAN wäre als MAN aufgebaut. Durch die klare Trennung der Smart-Metering- und LoRaWAN-Infrastruktur könnten regulatorische Mehraufwände vermieden werden. Eine ökonomische Prüfung wäre aber unerlässlich.

LoRa und Metering – Entscheidung, ohne rosa Brille

Auch wenn LoRaWAN über die idealen technischen Voraussetzungen im Bereich Metering verfügt, eignet es sich aufgrund der regulatorischen Vorschriften nur bedingt für dessen Einsatz. Vor einem Einsatz sollte geprüft werden, welche technischen Gegebenheiten im jeweiligen Objekt zulässig und möglich sind. Gerade bei größeren Objekten, welche über eine große Anzahl schwer anbindbarer Zählpunkte verfügen, könnte LoRa eine potentielle Alternative sein. Jedes Stadtwerk und jeder Messstellenbetreiber sollte sich die Frage stellen, inwieweit LoRa im eigenen Geschäftsfeld geeignet ist.

Marcel Linnemann
Innovationsmanager Energiewirtschaft | items GmbH