Ladesäulenverordnung 2.0 – Einheitliche Bezahlsysteme für Ladesäulen werden Pflicht

Payment: Wirrwarr an der Ladesäule

Das Fahren mit dem Elektroauto wird in Deutschland immer populärer. Zulassungszahlen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur erreichen in Deutschland immer neue Rekorde. Bedingt durch die Coronaförderung handelte es sich bei mehr als jeder zehnten Neuzulassung im ersten Quartal 2021 um ein vollelektrisches Fahrzeug. Parallel dazu erreichte auch die Anzahl öffentlicher Ladepunkte im März 2021 mit ca. 40.000 Ladepunkten einen neuen Rekordwert. Die Elektromobilität tritt somit in die Expansionsphase ein. Was aber noch fehlt ist eine einheitliche Regelung zur Abrechnung von Fahrstrom. Aus diesem Grund hat das BMWi Ende 2020 den neuen Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 (LSV) veröffentlicht, der neue verpflichtende Regeln für Ladesäulenbetreiber vorsieht.

Das Thema Abrechnung ist ebenso alt wie das Thema Elektromobilität selbst. In den Anfängen war es für den Fahrer von Elektrofahrzeugen nicht möglich, an allen Ladepunkten in Deutschland zu tanken. Vielmehr hatte jeder Ladesäulenbetreiber ein eigenes Bezahlsystem. Mal war eine Kundenkarte, dann eine Kreditkarte erforderlich und am nächsten Ladepunkt konnte der Fahrstrom gratis bezogen werden. Der Nutzerkomfort war somit maximal gering. Durch die Einbindung von Roaminganbietern für Ladepunkte stieg für den Ladesäulennutzer in den letzten Jahren zwar die Auswahlmöglichkeit, jedoch muss die Ladesäule an das Backend des E-Roamingdienstleisters angeschlossen sein. Ansonsten ist ein Laden nicht möglich. Ein Ad-hoc-Laden ist zwar mittlerweile bei vielen Ladepunkten möglich, allerdings variieren die Zahlungsmöglichkeiten. Um das Ad-hoc-Laden einfacher zu machen, sieht der Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 eine Vereinheitlichung der Abrechnung vor.

Vereinheitlichung und Erweiterung der Abrechnung in der Ladesäulenverordnung 2.0

Um ein einheitliches Ad-hoc-Laden zu ermöglichen, wird in der Ladesäulenverordnung 2.0 der §4 Abs.2 geändert, der bislang das Auswahlrecht zwischen vier verschiedenen Bezahlmethoden für den Ladesäulenbetreiber vorsah. Da das BMWi nach Rücksprache mit den Verbänden eine zu große Auswahlmöglichkeit sieht, die keine Standardisierung für das Ad-hoc-Laden vorantreibt, soll nun die Auswahl auf eine Möglichkeit begrenzt werden. Zu diesem Zweck sieht die Änderung vor, dass der Betreiber eines öffentlich zugänglichen Ladepunkts an dem jeweiligen Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe die für den bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung und den Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Kreditkartensystems anbieten muss. Als gängige Kreditkartensysteme zählen Mastercard und VISA. So soll auch für Ladesäulennutzer aus dem Ausland ein einheitliches, europäisches Ad-hoc-Laden möglich sein.

Für die Umsetzung des Kreditkartensystems sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 mehrere Möglichkeiten vor:

  1. Bereitstellung eines stationären Kartenterminals mit einem Chip- und Magnetstreifenleser, bei dem die jeweilige Karte physisch eingeführt wird.
  2. Kontaktloses Bezahlen über ein NFC-Lesegerät. Die Zahlung wird mit einem optischen oder akustischen Signal bestätigt.
  3. Bezahlung über eine mobile Webseite. Der Aufruf der Website erfolgt z. B. über einen QR-Code am Ladepunkt.

Optional hat der Ladesäulenbetreiber die Möglichkeit, dem Ladesäulennutzer weitere webbasierte Zahlungsmethoden wie z. B. PayPal anzubieten. Die Menüführung muss mindestens in den Sprachen Deutsch und Englisch angeboten werden. Von der Regelung zur Einführung einer Kreditkartensystems sollen die Ladepunkte ausgenommen werden, die den Strom gratis bereitstellen oder bei denen eine Möglichkeit zur Barzahlung vor Ort geben ist. Die Verpflichtung der Einführung eines Kreditkartensystems stellt lediglich eine Mindestanforderung der Ladesäulenverordnung 2.0 dar. Dem Ladesäulenbetreiber steht es frei, weitere Zahlungsmöglichkeiten wie z. B. die Debitkarte anzubieten. Die Umsetzung eines einheitlichen Bezahlsystems hat bis zum 31. Dezember 2022 zu erfolgen. Die Datenschnittstelle ist bis zum 30. Juni 2021 bereitzustellen. Da die Ladesäulenverordnung 2.0 noch nicht final beschlossen wurde, ist von einer Verschiebung der Fristen auszugehen. Für Ladepunkte, die vor dem 14. Dezember 2017 installiert wurden, ist keine Nachrüstung erforderlich.

Neuregelung private und öffentliche Ladepunkte in der Ladesäulenverordnung 2.0

Die verpflichtende Einführung von Kreditsystemen als Bezahlsystem für Ladepunkte gilt ausschließlich für Ladepunkte im öffentlichen Bereich. Im Rahmen der Novellierung der Ladesäulenverordnung erfolgt eine Änderung der Definition öffentlicher Ladepunkte. Demnach ist nicht mehr ausschließlich die Befahrbarkeit das entscheidende Kriterium, sondern es wird auch unterschieden, ob der Ladepunkt einem generellen oder individuellen Nutzerkreis zur Verfügung steht.

Unter einem individuell bestimmten Personenkreis sind Personen zu verstehen, „[…] die dem Betreiber regelmäßig namentlich bekannt sind oder die der Betreiber auf diese Weise bei Bedarf individuell identifizieren kann. Dies ist typischerweise bei einer Mitgliedschaft, einer Anmeldung oder Registrierung, die aufgrund eines von dem Betrieb des Ladepunktes eindeutig abgrenzbaren, primären Geschäftsbetriebs erforderlich ist (z. B. bei Hotels, (stations- basiertem) Car-Sharing und Arztpraxen) sowie bei einem Arbeitsverhältnis der Fall. Parkflächen auf einem Firmengelände, die nur mit konkreter Berechtigung (z. B. als Mitarbeiter oder berechtigte Gäste) befahren werden können, sind daher nicht als öffentlich zugänglich einzustufen. Da das Gelände grundsätzlich nicht öffentlich zugänglich ist, sind auch darauf befindliche Ladepunkte ohne weitere zusätzliche physische Beschränkungen oder Beschilderungen ebenfalls nicht öffentlich zugänglich“ §2 Nr.9 LSV 2.0.

Anders sieht es jedoch für Ladepunkte in Parkhäusern und auf Parkplätzen vor Supermärkten aus, da diese grundsätzlich für einen allgemeinen Personenkreis zugänglich sind. Ebenfalls nicht zu den öffentlichen Ladepunkten gehören Ladepunkte, die als privat gekennzeichnet wurden. Die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis ist in diesem Fall durch den Ladesäulenbetreiber sichtbar zu machen. Dies kann durch eine Bodenmarkierung oder eine Beschilderung erfolgen.

standardisierte IT-Architektur & Kommunikation

Neben der Bereitstellung einer standardisierten Datenschnittstelle sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 für alle öffentliche Ladepunkte die Anbindung an ein zentrales Managementsystem vor. Unter einem zentralen Managementsystem ist ein System zu verstehen, über das die Verwaltung der Ladepunkte erfolgt und das Betriebsprozesse unterstützt. Hierzu zählen u. a. Funktionen wie Verwaltung, Überwachung, Service, Wartung, Monitoring, Steuerung der Ladeinfrastruktur sowie Abrechnung und E-Roaming von Ladevorgängen. Ebenso sind die Abfrage von Backend-Status oder die Durchführung von Remote-Diensten (Lastmanagement) möglich. Welche Funktion durch das zentrale Managementsystem genutzt werden muss, regelt die Ladesäulenverordnung 2.0 hingegen nicht. Als Kommunikationsprotokoll zwischen dem Ladepunkt und dem Backendsystem ist das Open Charge Point Protocol (OCPP) vorgesehen. Eine Überführung in die zukünftige Norm DIN EN 63110 bzw. IEC 63110 ist vorgesehen.

SMGW-Pflichten für den Ladepunkt

Ergänzend zur Umsetzung einer einheitlichen Abrechnung für öffentliche Ladepunkte sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 den Einsatz von Smart-Meter-Gateways (SMGW) zur Sicherstellung der Netz- und Marktintegration vor; §3 Abs.6 LSV 2.0. Im Fokus stehen hierbei vor allem energiewirtschaftlich relevante Lade- und Steuerungsvorgänge. Solange keine abrechnungs- oder netzrelevanten Lade- und Steuerungsvorgänge bestehen, ist eine direkte Verbindung und Authentifizierung mit einem SMGW nicht erforderlich. In solchen Fällen ist der Einsatz von SMGWs am Netzanschlusspunkt ausreichend.

Durch die Novellierung der Ladesäulenverordnung schafft der Gesetzgeber eine einheitliche Regelung zum Umgang mit der Abrechnung von Ad-hoc-Ladevorgängen. Durch die Neudefinition des Begriffs öffentlicher Ladepunkte besteht außerdem eine größere Rechtssicherheit, welche Ladepunkte von den neuen Regelungen betroffen sind. Der Einsatz von SMGWs und der Aufbau einer zentralen, einheitlichen Backendinfrastruktur schaffen außerdem die Voraussetzung dafür, die Elektromobilität auch langfristig in die Netzsteuerung zu integrieren. Somit stellt die Ladesäulenverordnung 2.0 eine sinnvolle Ergänzung zu parallel verlaufenden Gesetzgebungsverfahren, wie zum Beispiel der Regelung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen oder dem neuen Netznutzungsvertrag E-Mob, dar.

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THG-Quotenhandel: Ladesäulen wirtschaftlich betreiben

Das Grundproblem: fehlender wirtschaftlicher Betrieb von Ladepunkten

Das Thema Elektromobilität ist bei Stadtwerken längst kein neues Thema mehr. Schon seit gefühlt 10 Jahren beschäftigt die Branche die große Frage, wann das Geschäftsfeld endlich zum Durchbruch kommt und sich von einer Marketingmaßnahme zu einem wirtschaftlichen Geschäftsmodell entwickelt.

Gründe, warum es bislang noch nicht zu einem Durchbruch gekommen ist, gibt es sicherlich viele, wobei das bekannteste Argument das Henne-Ei-Problem der Elektromobilität die Frage ist, was zuerst erforderlich ist: Was kommt zuerst, die Ladeinfrastruktur oder das Elektromobil? Viele Stadtwerke haben in den vergangenen Jahren bereits mit dem Aufbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum begonnen oder spezielle Ladestromtarife für Privatkunden entwickelt. Doch gerade beim Betrieb von öffentlichen Ladepunkten fehlt vielen Ladesäulenbetreibern die Auslastung, um langfristig einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten zu können. Daher stellt sich für viele Stadtwerke die Frage, wie ein Wandel zu einem wirtschaftlichen Geschäftsmodell Elektromobilität vollzogen werden kann. Eine mögliche Lösung könnte der THG-Quotenhandel aus dem Biokraftstoffgesetz sein, dessen Inhalt und Potenziale kurz in diesem Blogbeitrag vorgestellt werden.

Hintergrund: Das Biokraftstoffgesetz & Elektromobilität

Der deutsche Gesetzgeber hat 2007 das sog. Biokraftstoffgesetz beschlossen. Demnach sind Unternehmen, die Diesel- oder Ottokraftstoffe in Verkehr bringen, verpflichtet, bestimmte Emissionsgrenzwerte einzuhalten. In der Vergangenheit geschah dies oft über das Beimischen von Biokraftstoffen (E5/E10). Seit dem Jahr 2020 müssen betroffene Unternehmen ihre Emissionen um 6%, bezogen auf den Referenzwert, senken, wobei aktuell ein neuer Referentenentwurf mit neuen Auflagen in Abstimmung ist. Die Einhaltung der Ziele ist mit der Beimischung von Biokraftstoffen allein nicht mehr möglich. Daher können Unternehmen Dritten sog. THG-Quoten abzukaufen, wenn Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen angetrieben werden. Hierzu zählt u. a. auch seit 2018 die Elektromobilität, §38 BImSchG. Das Biokraftstoffgesetz soll einen Beitrag zur Umsetzung der CO2-Einsparungsziele im Sektor Verkehr leisten und dient zur Umsetzung der 98/70 EG.

An dem THG-Quotenhandel müssen alle Unternehmen teilnehmen, die mehr als 5.000 l Diesel- oder Ottokraftstoffe (§2 Abs.1 EnergieStG) pro Jahr in den Verkehr bringen, §37a Abs.1 BImSchG. Ein Kraftstoff wird dann in den Verkehr gebracht, wenn dies den Kriterien des Energiesteuergesetzes entspricht.

THG-Quotenhandel: Grundvoraussetzung zur Teilnahme

Nach der aktuellen Rechtslage dürfen ausschließlich Stromlieferanten, die Strom an den Letztverbraucher liefern, THG-Quoten beantragen und weiterverkaufen. Letztverbraucher sind in diesem Fall rein elektrische Fahrzeuge nach §2 Nr.2 LSV. Hybridfahrzeuge sind somit ausgeschlossen. Privatpersonen oder Unternehmen dürfen nicht an dem System teilnehmen.

Der Stromlieferant kann sowohl Letztverbraucher einbinden, die ihre private Ladeinfrastruktur nutzen, als auch öffentliche Ladeinfrastruktur, die einem unbegrenzten Personenkreis zur Verfügung steht. Der Stromlieferant benötigt ein betroffenes Unternehmen als Vertragspartner, das ihm die Quotenmenge abkauft. Grundlage ist ein Kaufvertrag nach §433 BGB.

THG-Quotenhandel Vertragsbeziehung

THG-Zertifikate: Das Beantragungsverfahren

Damit ein Stromlieferant seine gelieferte Strommenge an Elektromobilen zertifizieren kann, sind 4 verschiedene Schritte durchzuführen:

Schritt 1: Datenerfassung

Grundlage zur Zertifizierung ist eine Datenerfassung der gelieferten Strommenge. Hierbei ist zwischen öffentlicher und privater Ladeinfrastruktur zu differenzieren. Bei öffentlichen Ladepunkten sind der Standort, die entnommene Menge elektrischer Energie in MWh sowie der Entnahmezeitraum anzugeben, sofern der Zeitraum nicht das gesamte Verpflichtungsjahr umfasst. Zugelassene Fahrzeuge sind in diesem Kontext reine Elektromobile und Hybridfahrzeuge im Sinne der Ladesäulenverordnung (LSV).

Bei privaten Ladepunkten dient hingegen nicht die gelieferte Menge elektrischer Energie in MWh als Grundwert, stattdessen muss der Lieferant eine Kopie des Fahrzeugscheins und einen Nachweis erbringen, dass der Halter am Standort der privaten Ladeinfrastruktur als Privatperson lebt. Auf Basis dieser Information vergibt das Umweltbundesministerium einen Schätzwert der gelieferten Energie. Eine verbrauchsbezogene Messung ist nicht zugelassen. Zugelassen sind ausschließlich reine Elektromobile im Sinne der LSV.

THG-Quotenhandel: Datenbasis zur Beantragung der Quoten

Schritt 2 Datenübermittlung

Nach der Erfassung sämtlicher Informationen der belieferten Ladepunkte (privat und öffentlich), sind die Daten dem Umweltbundesamt zu melden. Die Beschreibung des Meldeverfahrens kann auf der Homepage des Umweltbundesamtes oder Zolls nachgelesen werden.

Schritt 3 Bescheinigung beantragen

Das Umweltbundesamt erteilt dem Stromlieferanten eine Bescheinigung über die Strommenge und die verbundene Emission. (Zum Hintergrund: Das Amt schätzt für private LIS den Verbrauch mit einem Schätzwert; derzeit wird keine verbrauchsbezogene Messung akzeptiert. Für öffentliche LIS gilt die verbrauchsbezogene Messung).

Schritt 4 Bescheinigung einreichen

Der Stromlieferant legt die Bescheinigung zusammen mit der Kopie des Übertragungsvertrags mit dem Formular 1199 der Biokraftstoffquotenstelle (Zollamt) vor.

Geschäftsidee: THG-Quotenhandel zur Finanzierung der Ladeinfrastruktur

Durch die Teilnahme am Quotenhandel besteht an der öffentlichen Ladesäule in Zukunft nicht nur eine Einnahmequelle durch die Abgabe elektrischer Energie, sondern auch durch den Verkauf von Quoten. Durch die steigende Anzahl von Elektrofahrzeugen sowie den verschärften Anforderungen des Biokraftstoffgesetzes ist von einer zweiten stabilen Erlösquelle auszugehen. Unwirtschaftliche Ladepunkte werden so attraktiv.

Daneben gewinnen Flotten von Geschäftskunden auf Grund des hohen Verbrauchsvolumens an zusätzlicher Attraktivität. Eine Umsatzbeteiligung für Geschäftskunden zur Steigerung der Kundenbindung ist ebenfalls möglich.

Die zusätzlichen Einnahmen aus dem Privatkundengeschäft können zur Steigerung der Marge führen. Gleichzeitig können Teile der zusätzlichen Einnahmen zur Subventionierung von Autostromtarifen verwendet werden, um am Markt preislich bestehen zu können.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Quotenhandel nach dem Biokraftstoffgesetz durch die zunehmende Menge an elektrischer Energie, die Stromlieferanten verwalten, und die zunehmende Verschärfung der Umweltziele an Attraktivität für Energieversorger gewinnt. Die zusätzlichen Erlöse können wesentlich dazu beitragen, ein wirtschaftliches Geschäftsfeld Elektromobilität aufzubauen. Es liegt nun an jedem Stadtwerk selbst, den geheimen Schatz der THG-Zertifikate zu heben und wirkungsvoll für sich zu nutzen.

Update (Dez 2021):

Im Jahr 2022 wird sich das Eigentumsverhältnis wer die THG Quote erhält ändern. Demnach wird die Quote nicht mehr im Besitz des Energieleiferanten sein, sondern beim Betreiber des Ladepunktes liegen. Aktuell existieren schon erste Modelle, wo Energielieferanten ihren Kunden spezielle, vergünstigte Ladesäulentarife anbieten, wenn diese ihrem Versorger dafür die THG Quote überlassen.

LoRaWAN: Haben Sie ihr Verteilnetz im Griff?

Die Energiewende – eine Aufgabe für das Verteilnetz

Spätestens durch Fridays for Future und die letzte Europawahl, verbunden mit dem Aufschwung der Grünen, ist das Thema Klimapolitik und Energiewende wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Bis 2050 sollen 80% der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien kommen und andere Sektoren wie u. a. die Mobilität auf Erneuerbare Energien umgestellt haben.

Dies bedeutet vor allem für Netzbetreiber eine enorme Kraftanstrengung. Wurde Strom früher grundsätzlich in großen konventionellen Kraftwerken produziert und top-down zum Kunden transportiert, findet die Energiewende vor allem im Verteilnetz statt. Bereits heute werden 95% aller Neuanlagen im Verteil- und Mittelspannungsnetz installiert. Durch die zunehmende Anzahl an volatilen Erzeugungsanlagen steigt die Komplexität der Netzsteuerung.

LoRaWan Verteilnetz Netzaufbau

Das Verteilnetz – eine Blackbox

Historisch gesehen unterliegen die Verteilnetze jedoch dem Problem, dass es an der notwendigen Transparenz mangelt. Im Gegensatz zum Höchst- oder Hochspannungsnetz verfügt das Verteilnetz nicht über eine Sensorik, die Auskunft über den Ist-Zustand des Netzes gibt. So ist es in der Regel nicht bekannt, wie stark Betriebsmittel im Verteilnetz belastet werden. Für eine aktive Netzsteuerung benötigt man jedoch eine Datenbasis sowie notwendige Aktoren, die auf Basis der Informationen Netzsteuerungsmaßnahmen durchführen können.

Als erster Schritt werden in der Branche derzeit intelligente Messsysteme diskutiert, durch die Vernetzung von Erzeugungsanlagen Informationen über Anlagen über 7 kW Leistung und Verbraucher mit einem Verbrauch größer 6.000 kWh liefern sollen. Da jedoch die Messwerte mit einem zu großen Zeitverzug und ggf. in einer zu geringen Auflösung bereitgestellt werden sowie nur ein geringer Teil mit intelligenten Messsystemen ausgestattet wird, ist vor allem eine Überwachung von Betriebsmitteln wie zum Beispiel Transformatoren und Leitungen notwendig.

Das Herzstück des Netzes – die Transformatoren

Gerade Assets im Netz, die für eine top-down-Betriebsweise mit einer langen Lebensdauer ausgelegt sind, sind für die Anforderungen der Energiewende nicht ausgelegt. So sind Transformatoren im Verteilnetzen nicht in der Lage, Strom zurück auf höhere Netzebenen zu transformieren. Erste Lösungen stellen regelbare Ortsnetztransformatoren dar, die besser mit stärken Netzschwankungen umgehen können. Diese haben jedoch wie die herkömmlichen Transformatoren dasselbe Problem, der Netzbetreiber erhält keine Information über den Zustand und die Auslastung seines Betriebsmittels. Lediglich der Stufenschalter bei regelbaren Ortsnetztransformatoren regelt sich wie bei Transformatoren im Höchstspannungsnetz automatisiert.

Mittels LoRaWAN-fähiger Sensorik ist es bereits heute möglich, Transformatoren zu überwachen. Durch die Messung der Spannung, Stromstärke sowie der Phasenverschiebung können kostengünstig die Schein-, Wirk- und Blindleistung je Transformator berechnet werden. Durch die Messung kann außerdem die Auslastung des Transformators bestimmt werden, welche die Lebensdauer beeinflusst. Aus diesem Grund werden in der Praxis Transformatoren in Teillast von max. 70% betrieben, da mit zunehmender Last die Betriebstemperatur steigt und die Isolierung schneller zerstört wird. Durch einen zusätzlichen Temperatursensor könnte darüber hinaus auch ein thermisches Alterungsprofil je Transformator unter Berücksichtigung des Transformatorentyps berechnet werden. Die Daten können dann in den jeweiligen Fachsysteme oder über die 104-Schnittstelle in der Netzleitwarte visualisiert werden.

Gerade unter Berücksichtigung der Anforderungen der Energiewende können so erste Schritte eingeleitet werden, um Betriebsmittel fit für die Erneuerbaren Energien zu machen.

LoRaWan Verteilnetz Trafostationen

Private Ladeinfrastruktur netzdienlich steuern

Im Verteilnetz geht es jedoch nicht nur um erneuerbare Energieerzeugungsanlagen oder Transformatoren. Vor allem das Thema private Ladeinfrastruktur im Verteilnetz ist durch die perspektivische Zunahme der Elektromobilität von wesentlicher Bedeutung, da der Gleichzeitigkeitsgrad im Verteilnetz dadurch in bestimmten Zeitfenstern stark ansteigt. Bislang wurde in der Gesetzgebung lediglich die öffentliche Ladeinfrastruktur geregelt, die demnächst mit einem intelligenten Messsystem auszustatten ist.

Für private Ladeinfrastruktur gibt es jedoch bislang nur eine unzureichende Regelung. Zwar kann vom §14a EnWG Gebrauch gemacht werden, dies geschieht in der Praxis bislang jedoch nur selten. Es besteht für den Netzbetreiber allerdings die Möglichkeit, eine Steuerungsmöglichkeit über die technischen Anschlussbedingungen festzulegen.

Zur Steuerung dieser benötigt der Netzbetreiber jedoch geeignete Infrastruktur, die das Einspielen von Ladeprofilen nach dem OCPP-Protokoll erlaubt. Hierfür laufen bereits die ersten Piloten mittels LoRaWAN. Ziel ist die Entwicklung einer intelligenten Steuerung, welche die Ladeleistung je Auslastung des Netzes reguliert. Gerade bei Stichleitungen ist dies notwendig, wenn eine höhere Ladeleistung installiert ist, als technisch zur Verfügung steht.

Erster Schritt Informationstransparenz

Oft wird gerade im Zusammenhang mit Netzsteuerung vom intelligenten Netz oder Smart Grid gesprochen. Mit dem Ansatz des Monitorings von Betriebsmitteln, wie Trafostationen oder Ladekurven von privater Infrastruktur, kann bereits ein Mehrwert generiert werden. Instandhaltungsprozesse können durch die Ermittlung des thermischen Alters optimiert, Netzplanungsprozesse durch das Monitoring effizient angepasst werden. Bis zur vollständigen Umsetzung des Smart Grid ist es sicherlich ein langer Weg, allerdings können bereits heute die ersten Fundamente für das Netz von Morgen gelegt werden.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager / Energiewirtschaft items GmbH

Das Paradoxon im Bereich E-Mobility: Ladesäulen fördern und doch verhindern

E-Mobilität – jeder will sie, doch wann kommt sie?

Elektromobilität, Dieselskandal oder Feinstaubwerte sind längst keine Themen mehr, die bei den Bürgern großes Interesse hervorrufen. Schon seid knapp 10 Jahren plant die Politik die Erreichung des Ziels von mehr als 1 Millionen Elektrofahrzeugen, doch bislang sind immer noch nur ein paar Zehntausend Fahrzeuge auf dem Markt.

Auch die Diskussion, was zur Weiterentwicklung der E-Mobilität zuerst notwendig ist – die Ladeinfrastruktur oder das Elektroauto – ist eher ein leidiges Dauerthema. Die Politik beantwortet die Frage ganz klar mit der Antwort Ladeinfrastruktur. So stellen der Bund, das Land und die Kommunen unterschiedliche Fördertöpfe zum Ausbau der Ladeinfrastruktur bereit.

Der Europäische Fahrplan für Ladeinfrastruktur

Gleiches gilt für die Europäische Union, die mit dem neuen Beschluss  der Gebäude und Energieeffizienzrichtlinie im Mai 2018 einen ersten Ausbauplan für Ladeinfrastruktur vorgesehen hat. Demnach muss ab dem Jahr 2020 für alle neuen Nichtwohngebäude und die, die einer größeren Renovierung unterzogen werden sowie die über mehr als 10 Parkplätze verfügen, mindestens ein Ladepunkt bereitgestellt werden. Für jeden 5. Stellplatz müssen die notwendigen Schutzrohre für eine spätere Installation von Ladepunkten installiert werden. Die Verlegung von Schutzrohren für jeden Parkplatz gilt auch für alle neuerrichteten Wohngebäude bzw. diejenigen, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, wenn diese über mehr als 10 Parkplätze verfügen. Ab 2025 ist darüber hinaus für alle Gebäudetypen, die mehr als 20 Parkplätze haben, eine einheitliche Regelung durch den Nationalstaat zu treffen.

Von einer Pflichtausstattung mit Ladepunkten bzw. Schutzrohren kann nur in folgenden Fällen abgesehen werden:

  • Für alle Gebäude, für die ein Antrag auf Befreiung vor dem 10.3.2021 gestellt wird
  • Bei Bedrohung der Netzstabilität
  • Wenn die Kosten für die Lade- und Leistungsinstallation die Gesamtkosten der Renovierung um mehr als 7% überschreiten
  • Öffentliche Gebäude, die ähnlichen Bedingungen der 2017/94/EU unterliegen

Bild1_EU-Winterpaket

Das E-Mobilitätsparadoxon – keine Ladepunkte im ländlichen Raum

Insgesamt scheint der Fahrplan klar. Ladeinfrastruktur wird durch Steuergelder subventioniert, um die E-Mobilität weiter voran zu bringen. Doch ist das wirklich so? Gerade der jetzige Ausbau von Ladeinfrastruktur leidet unter zwei wesentlichen Problemen: Die Art der Fördervergabe sowie der Genehmigungspflicht von Ladepunkten durch den Netzbetreiber.

Im energiewirtschaftlichen Kontext ist die Marktrolle des Ladesäulenbetreibers nicht dem Netzbetreiber oder Vertrieb zuzuordnen. Vielmehr agiert er im freien Wettbewerb und unterliegt ökonomischen Zwängen. Ladeinfrastruktur wird folglich dort errichtet, wo der bestmögliche Profit zu erwarten ist. Dadurch entsteht Ladeinfrastruktur vor allem in dichtbesiedelten Gebieten bzw. an Verkehrsknotenpunkten wie z. B. Autobahnen. Der ländliche Raum wird völlig vernachlässigt, da der Betrieb einer Ladesäule nicht wirtschaftlich realisierbar ist. Netzbetreiber können diese Aufgabe aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen, weswegen perspektivisch von einer Ungleichverteilung auszugehen ist. Auch das sich noch in der Gesetzgebung befindende EU-Winterpaket verspricht keine Besserung. Es unterstützt weiterhin das Betriebsverbot von Ladeinfrastruktur durch den Netzbetreiber auf Grund seiner Monopolstellung.

Das E-Mobilitätsparadoxon – Zustimmungspflicht für Ladesäulen

Die wichtigste Entscheidung, die wahrscheinlich starke negative Auswirkungen auf den Ausbau von Ladeinfrastruktur hat, ist die Neufassung der Niederspannungsverordnung. Demnach muss in Zukunft jeder Ladepunkt vom Netzbetreiber genehmigt werden. Erhält der Ladesäulenbetreiber keine Genehmigung, ist eine Errichtung nicht möglich. Die Genehmigungsfrist beträgt zwei Monate, wobei dem Netzbetreiber keine Konsequenzen drohen, wenn er diese Frist nicht einhält.

Daher ist von einer Praxis auszugehen, nach der Netzbetreiber nicht auf Anträge reagieren, um den Prozess zu verzögern, und ggf. Ladeinfrastruktur des eigenen Vertriebs fördern. Genauso wird das Netz durch dieses Instrument nicht auf die zukünftigen Anforderungen vorbereitet. De facto hat der Gesetzgeber dem Netzbetreiber ein Werkzeug in die Hand gegeben, den Ausbau von Ladeinfrastruktur aktiv zu verzögern. So steht die Gefahr im Raum, dass Steuergelder in Millionenhöhe für Ladeinfrastruktur bereitgestellt, aber nicht genutzt werden können, und zudem Ladeinfrastruktur nur in Ballungsgebieten installiert wird, wo sie bereits eh schon vorgesehen sind.

 

Marcel Linnemann

Innovationsmanager | items GmbH