Redispatch 3.0 – Wie geht es weiter?

Nach Redispatch 2.0 kommt Redispatch 3.0

Die Implementierung von Redispatch 2.0 ist gerade erst abgeschlossen, es wird noch an den ein oder anderen Prozessstellschrauben gedreht, da ist bereits die nächste Anpassung auf Redispatch 3.0 in Arbeit.

Bislang gilt eine Grenze von 100 kWpeak für Erzeugungsanlagen, die in die Redispatchprozesse zur Netzstabilisierung eingebunden werden müssen. Zur Erinnerung: Der Begriff Redispatch bezeichnet die kurzfristige Änderung des Kraftwerkseinsatzes auf Geheiß der Übertragungsnetzbetreiber zur Vermeidung von Netzengpässen. So sollen auch neben Netzengpässen die Frequenz und Spannung stabil gehalten und die thermische Überlastung von Betriebsmitteln vermieden werden. Wurden im Redispatch 1.0 lediglich konventionelle Kraftwerke ab 10 MWPeak von den ÜNBs für Redispatchmaßnahmen herangezogen, sind es nun durch die Herabsenkung auf die 100 kW Schwelle, viele Erzeugungsanlagen auch auf den unteren Spannungsebenen. Da sich jedoch die meisten Erzeugungsanlagen im Netz unterhalb der 100 kW Schwelle befinden und die Energiewende zur Sicherstellung eines funktionierenden Netzes noch mehr Steuerungsmaßnahmen benötigt, wird bereits heute an einer Überarbeitung hin zum Redispatch 3.0 gearbeitet. Den aktuellen Entwicklungsstand zum Thema Redispatch 3.0 wollen wir uns in dem Blogbeitrag einmal näher anschauen.

Redispatch 3.0 – Was ist geplant?

Generell ist zu sagen, dass sich das Thema Redispatch 3.0 sich noch in seiner Anfangsphase befindet. Kernziel dürfte es jedoch sein, die unzähligen, kleinen Erzeugungsanlagen vor allem auf der Niederspannungsebene in die Redispatchprozesse zu integrieren. Da mehr als 95% aller Erzeugungsanlagen im Niederspannungsnetz installiert werden und die Energiewende vor allem durch die Integration von kleinen EE-Anlagen, Ladeinfrastruktur sowie Wärmepumpen vorangetrieben wird, ist bereits heute absehbar, dass die Redispatch 2.0 Prozesse für Anlagen bis 100 kWPeak nicht ausreichen.

Somit besteht die zentrale Herausforderung nicht mehr einige zehntausende Anlagen, sondern Millionen zu steuern, zu koordinieren und mittels Redispatch das Netz zu stabilisieren. Zentrales Steuerungselement dürfte das intelligente Messsystem in Kombination mit einer Steuerbox darstellen. Durch die Infrastruktur, welche aktuell für intelligente Messysteme aufgebaut wurde und wird, lassen sich die notwendigen Marktprozesse schaffen, welche auch im Redispatch genutzt werden können.

Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass mit dem Redispatch 2.0 eine Umstellung der Netzführungsprozesse auf ein planwertbasiertes Verfahren erfolgt. Spontanes Herunterregeln bei Netzengpässen von EE-Anlagen, vor allem Wind- und PV-Anlagen, soll so vermieden werden. Basis hierfür ist ein prognosebasierter Netzengpassvermeidungsprozess zwischen Netzbetreibern und so genannten Anlageneinsatzverantwortlichen. Mit dem Redispatch 3.0, soll perspektivisch die Integration privater Kleinstanlagen in die Prognose und Netzoptimierungsprozesse erfolgen. Herfür bedarf es einer größeren und besser integrierten Datenbasis. Relevante Daten bilden die Grundlage für KI-Algorithmen und Integration der in Entstehung befindlichen SMGW-Infrastruktur (Smart Meter Gateway) zur BSI-regelkonformen sicheren IoT-Kommunikation mit jeglichen potentiell steuerbaren Energieerzeugungs- und Verbrauchseinheiten. Die Prognose und Steuerung der Anlagen werden zunehmend eine der zentralen Herausforderungen sein.

Redispatch 3.0 – Herausforderung für die IT-Architektur

Um die bestehende Redispatch-Infrastruktur für das Redispatch 3.0 fit zu machen, bedarf es also einer Kommunikations- und IT-Infrastruktur, welche große Mengen von Daten speichern und zur Erstellung von Prognosen verarbeiten kann. Die Informationen sind zwischen den beteiligten Akteuren auszutauschen. Das BMWK schreibt auf seiner Homepage dazu: „Funktional geht es um die Migration der Redispatch 2.0-Bausteine in föderierte Cloud-Infrastrukturen, verstärktes Data Sharing zwischen Netzbetreibern und anderen Akteuren, sowie die Transformation von klassischen SCADA-basierten (Supervisory Control and Data Acquisition) Fernwirktechniken zur Netzsteuerung auf innovative IoT-Infrastrukturen, die mittels SMGW-Infrastruktur sicherheitstechnisch abgesichert sein werden.“

Für die IT-Architektur ist dabei eine der wesentlichen Erkenntnisse, dass es bei Redispatch 3.0 nicht mehr ausreichen wird, sämtliche Prozesse über das klassischen Netzleitsystemen (NLS) abzubilden. Stattdessen bedarf es einer Cloud-basierten und BSI-regelkonforme IoT-Alternative für eine direkte Kommunikation mit dezentralen Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten mit weniger als 100 kW Nennleistung. Die Grundlage der Kommunikationsinfrastruktur zu Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten bildet hierbei das intelligente Messsystem mit integrierter Steuerbox über einen abgesicherten CLS-Kanal.

GAIA-X-Infrastruktur für Redispatch 3.0?

Das sich klassische Scada-Systeme nicht für die zukünftigen Anforderungen eignen IoT-Daten in großen Megen zur Steuerung und Prognose zu verarbeiten, schlägt das BMWK als mögliche Alternative die GAIA-X-Infrastruktur als BSI-konforme Lösung vor.

So soll „[…] durch die Gaia-X Infrastruktur eine signifikant breitere Nutzung der KI/Machine Learning (ML)-Technologien für die Erzeugung unterschiedlicher Prognosearten, Ermittlung der Redispatch-Potentiale, sowie die Planungen und Umsetzung der Steuerungseingriffe in mehrere tausend dezentrale Erzeuger und Verbraucher erreicht werden. Daneben sollen durch Edge Computing und Cloud Meshs die systemkritischen Funktionen so auf die Gaia-X Knoten und Edge-Compute-Einheiten der Netzbetreiber verteilt werden, dass z.B. aufgrund strombedingter Nicht-Erreichbarkeit von Gaia-X Knoten in einer Region der ordnungsgemäße Redispatch-Betrieb in anderen Regionen sichergestellt werden kann.

Die Umsetzung der Redispatch-Prozesse der Energieversorgung ermöglicht eine Einführung und signifikante Verbesserung der KI/ML-basierten Prognose- und Einsatzplanungsalgorithmen in Redispatch-Prozessen. Die Netzauslastung kann optimiert werden. Ferner wird durch den Einsatz von Edge Compute-Fähigkeiten und des föderierten Ansatzes der Gaia-X-Knoten für Redispatch-Lösungen Erfahrung gesammelt, um eine Migration weitere OT-orientierten Use Cases der Domäne Energie auf Cloud-Technologien vorbereiten zu können. Konkrete weitere Anwendungen sind dann insbesondere: Dezentrale Trainings von KI/ML-Algorithmen für Prognosen, Condition Monitoring, skalierbarere und hochautomatisierte Leitsysteme aus der Cloud, sowie Schaffung neuer Energie – Flexibilitäts – Produkte und Märkte für Anlagenbetreiber.“

Aufgaben im Redispatch 3.0

Forschungsprojekt Redispatch 3.0 – die Akteure

Wie bereits am Anfang des Beitrages erwähnt befindet sich das Thema Redispatch 3.0 gerade erst noch im Aufbau. In dem zugehörigen Forschungsprojekt Redispatch 3.0 entwickeln insgesamt fünfzehn Partner aus Industrie, Forschung, Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber die Konzepte aus dem Redispatch 2.0 weiter, um zusätzlich das Flexibilitätspotenzial der Niederspannungsebene zu nutzen. Als IT-Dienstleister ist u.a. das Unternehmen Kisters eingebunden. Dieses soll einen Entwurf, Implementierung und Test einer SCADA-App entwickeln.

Fazit zum Redispatch 3.0

Die Weiterentwicklung von Redispatch 2.0 zu Redispatch 3.0 stellt nur einen logischen Schritt auf dem Weg zur Transformation des Energiesektors dar. Bereits bei Beginn der Implementierung der Redispatch 2.0 Prozesse war klar, dass für eine stabile Stromnetze mit einem hohen EE-Anteil und einer Vielzahl neuer Verbraucher auch kleinere Anlagen und Verbraucher in die Redispatchprozesse zu integrieren sind.

Mit dem Statement des BMWK, dass für die zukünftige Umsetzung die bestehenden IT-Systeme zur Verarbeitung hoher Mengen von Daten und zur Erstellung von Prognosen nicht mehr über klassische Netzleitsysteme (SCADA) erfolgen soll, räumt das BMWK mit einer Diskussion innerhalb der Branche auf, ob als zentrales System zur Umsetzung der Redispatchprozesse das SCADA-System oder eine alternative Lösung aufgebaut werden sollte. Mit dem Ziel kleinere Anlagen über IoT-Technologien steuern zu wollen, ist eine zweite, separate Infrastruktur erforderlich. Da das Thema BSI-Konformität für diese Infrastruktur eine wichtige Rolle spielen wird, bietet sich die Idee des BMWKs an die Nutzung von GAIA-X zu prüfen.

Welche Infrastruktur es nun am Ende wird oder ob die Auswahl in der Entscheidungsbefugnis der zuständigen Netzbetreiber liegen wird, bleibt abzuwarten. Genauso die noch ausstehenden Entwürfe und Ergebnisse des Forschungsprojektes Redispatch 3.0. Fest steht aber aufjedenfall: Das nächste Redispatchprojekt wird sicherlich nicht allzu lange auf sich warten lassen und nicht weniger zeitintensiv sein, als das vergangene. Man darf also gespannt sein:)

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Marktrollenmodell Redispatch 2.0

Das Marktrollenmodell im Redispatch 2.0

Zum 1. Oktober 2021 hat der Gesetzgeber eine Umstellung des Redispatch 1.0 zum Redispatch 2.0 für alle Netzbetreiber beschlossen. Unter dem Begriff Redispatch wird die Regelung der Einspeiseleistung von Kraftwerken zum Ausgleich von Netzengpässen verstanden. Statt wie bisher ausschließlich konventionelle Kraftwerke mit einer Erzeugungsleistung größer 10 MW hoch- oder runterzufahren, sind in Zukunft alle Anlagen ab 100 kW in den Redispatch zu integrieren. Dies umfasst auch die EE- und KWK-Anlagen sowie Stromspeicher. Kleinere Anlagen unter 100 kW dürfen in den Redispatch miteinbezogen werden, sofern diese Fernsteuerbar sind. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es sich in technischen Anlagen nicht nur um Erzeuger, sondern auch große Verbraucher handeln kann.

Zur Umsetzung des Redispatch 2.0 sind verschiedenste Markakteure involviert. Hier besteht in der Praxis oft die Gefahr, dass einzelne Marktrollen miteinander verwechselt werden. Ein Verständnis der einzelnen Marktrollen und Fachbegriffe im Redispatch 2.0 ist jedoch unerlässlich, um ein Verständnis über die Funktionsweise zu erhalten. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Blogbeitrag der Auflistung und Erläuterung der einzelnen Marktrollen widmen auf die spätere Artikel zum Thema Redispatch 2.0 aufbauen sollen:

Anlagenbetreiber (AB)

Bei einem Anlagenbetreiber, kurz AB, handelt es sich um eine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, welche eine Anlage betreibt. Bei einer Anlage kann es sich sowohl um eine Erzeugungsanlage als auch eine Anlage handeln, welche Energie verbraucht. Der Betreiber der Anlage ist insgesamt für die technische, als auch die kaufmännische Betriebsführung verantwortlich.

Data Provider

Bei dem Data Provider handelt es sich um eine neue Marktrolle im Zuge der Anpassung des Redispatch 2.0. Der Data Provider stellt die Kommunikationsinfrastruktur, welche den Austausch der Stamm- und Prognosedaten der technischen Ressourcen der einzelnen Marktakteure untereinander sicherstellt. Der Data Provider empfängt ausschließlich die Daten und leitet diese an die entsprechenden Marktakteure weiter. Eine Verarbeitung der Informationen durch den Data Provider selbst findet nicht statt. Ein natürliches Monopol für die Ausübung der Rolle des Data Providers besteht nicht. Die Data Provider müssen jedoch einen Datenaustausch untereinander sicherstellen.

Lieferant

Eine Rolle im Redispatch 2.0 Marktrollenmodell stellt der Lieferant da. Er übernimmt die Aufgabe der Belieferung von Marktlokationen, die Energie verbrauchen und die Abnahme von Energie von Marktlokationen, die Energie erzeugen. Somit ist der Lieferant für die Belieferung von Letztverbrauchern als auch aus Betreibern von Erzeugungsanlagen verantwortlich. Er übernimmt die Verantwortung für den finanziellen Ausgleich zwischen den bilanzierten und gemessenen Energiemengen von den nach Standardlastprofil bilanzierten Marktlokationen. Der Anlagenbetreiber hat die Möglichkeit die Aufgabe selbst wahrzunehmen oder an einen Dritten abzugeben.

Bilanzkreisverantwortliche (BKV)

Der Bilanzkreisverantwortliche, kurz BKV, ist verantwortlich für den energetischen und finanziellen Ausgleich der Bilanzkreise. Bei dem BKV kann es sich sowohl um einen Netzbetreiber, einen Lieferanten, einen Direktvermarkter oder Anlagenbetreiber handeln.

Arten von Bilanzkreisverantwortlichen im Redispatch 2.0 Modell

Einsatzverantwortliche (EIV)

Bei dem Einsatzverantwortlichen handelt es sich um eine natürliche oder juristische Person, die die Energieerzeugung einer technischen Ressource primär auf Basis von Fahrplänen steuert. Der Anlagenbetreiber muss in diesem Zusammenhang die Rolle des EVI wahrnehmen oder an einen Dritten mit der Übernahme der Aufgabe als Dienstleistung beauftragen.

Betreiber der technischen Ressource (BTR)

Bei einem Betreiber einer technischen Ressource handelt es sich um eine natürliche oder juristische Person, welche für den technischen Betrieb der technischen Ressource verantwortlich ist. Die Aufgabe muss vom Betreiber der Anlage übernommen werden oder ist dienstleistend an einen Dritten zu vergeben.

Techn./Kaufm. Betriebsführer (TBF/KBF)

Der technische oder kaufmännische Betriebsführer ist ein Dienstleistungsunternehmen welches für den Anlagenbetreiber verschiedene Aufgaben übernimmt. Hierzu können u.a. das Monitoren, das Steuern, die Wartung oder die Instandhaltung übernehmen.

Direktvermarkter (DV)

Bei einem Direktvermarkter handelt es sich um einen Dienstleister, welche Energie aus technischen Ressourcen an Handelsplätzen wie z. B. der Strombörse vermarktet.

Netzbetreiber

Bei dem Netzbetreiber handelt es sich aus energiewirtschaftlicher Sicht um die Rolle des Übertragungs- und Verteilnetzbetreibers. Im Redispatch wird jedoch nicht zwischen diesen beiden Rollen differenziert, sondern zwischen mehreren Arten von Netzbetreibern im Kontext der Durchführung der Redispatchmaßnahme. Hierzu gehören der betroffene Netzbetreiber, der Anschlussnetzbetreiber, der anweisende Netzbetreiber und der anfordernde Netzbetreiber. Bei dem Anschlussnetzbetreiber handelt es sich stets um den Netzbetreiber in dessen Versorgungsgebiet auf der jeweiligen Spannungsebene sich die betroffene technische Ressource befindet bei der eine Redispatchmaßnahme durchgeführt werden soll.

Die Anfrage, dass eine Redispatchmaßnahme erforderlich ist, erfolgt durch den anfordernden Netzbetreiber, wobei die Anweisung zur Durchführung der Maßnahme durch den anweisenden Netzbetreiber erfolgt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der benachbarte Netzbetreiber als anfordernde Netzbetreiber einen Netzengpass feststellt und eine Redispatchmaßnahme im benachbarten Netzgebiet anfordert. Diese ist dann vom anweisenden Netzbetreiber, der meist auch der Anschlussnetzbetreiber der technischen Ressource ist, durchzuführen. Betroffen sind beim Redispatch 2.0 nicht immer nur ein Netzbetreiber, sondern evtl. mehrere. Die betroffenen Netzbetreiber setzen sich somit aus dem anfordernden Netzbetreiber, dem anweisenden Netzbetreiber und dem Anschlussnetzbetreiber zusammen.

Arten von Netzbetreibern aus Sicht des Redispatch 2.0

Fazit zu dem Redispatch 2.0 Marktrollen

Da ihr es bis hierhin geschafft habt, merkt ihr sicherlich, dass es etliche Marktrollen im Redispatch 2.0 gibt, welche zum Teil auf den ersten Blick schwer auseinander zu halten sind. Durch die technischen Herausforderungen das Stromnetz stabil bei 50 Hz zu halten und zu jedem Zeitpunkt ein Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage sicherzustellen sind eine Vielzahl von Marktrollen involviert.

Für die Zukunft ist damit zu rechnen, dass das Thema Redispatch weiter an Komplexität gewinnen wird. Schon heute laufen die Diskussionen für das Thema Redispatch 3.0 bei der vermutlich alle Erzeuger ab einer Leistung von 7 kW und viele kleinere Verbraucher wie z. B. Wärmepumpen oder Elektromobile eingebunden werden sollen. Bei weiteren Entwicklungen zum Thema Redispatch 3.0 halten wir euch auf unserem Blog natürlich auf den aktuellen Stand. In den nächsten Wochen werden weitere Beiträge zum Thema Redispatch 2.0 erfolgen.

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Unbundling Wasserstoff: Die neuen EU-Vorschriften

Unbundling Wasserstoff: Die neue Gasbinnenmarktrichtlinie und-verordnung

Die Transformation der Energiewirtschaft in Europa zur Erreichung der gemeinsamen EU-Klimaziele ist eines der obersten Ziele der EU-Kommission. Hierfür wird seit einigen Monaten fleißig an einer neuen europäischen Gesetzesgrundlage gearbeitet. Eine wesentliche Aufgabe zur Erreichung klimaneutralen, europäischen Kontinents stellt die Umstellung der Gaswirtschaft dar. Hierfür arbeitet die EU-Kommission an der Schaffung eines europäischen Rechts- und Regulierungsrahmen für erneuerbare und kohlenstoffarme Gase, insbesondere Wasserstoff. Aus diesem Grund erfolgt aktuell eine Überarbeitung der EU-Gasbinnenmarktrichtlinie und -verordnung in der auch das Thema Unbundling von Wasserstoff geregelt werden soll.

In der Verordnung / Richtlinie soll auch das Thema des Unbundlings für Wasserstoffnetzbetreiber angegangen werden, jedoch möchte die EU-Kommission die Regelung auf EU-Ebene vereinheitlichen. Hierfür sieht die EU-Kommission in ihrem Vorschlag eine horizontale Entflechtung des Wasserstoffnetzbetriebes vor. Wie diese genau aussieht und was der Entwurf für die Wasserstoffnetzbetreiber in Deutschland bedeuten könnte, wollen wir uns in diesem Blogbeitrag einmal näher anschauen. Zuvor werfen wir aber ein Blick auf die bestehende Regelung auf nationaler Ebene.

Unbundling Wasserstoff: Die Regelungen im EnWG

Die Entflechtung von Wasserstoffnetzen in Deutschland wurde mit der EnWG Novelle im Abschnitt 3b) im Sommer 2021 geregelt. Demnach hat jeder Netzbetreiber, welcher sich freiwillig nach Anmeldung bei der BNetzA, dem Regelwerk des EnWG unterwirft an die dort beschriebenen Unbundlingvorschriften zu halten. Der Abschnitt 3b) sieht im Kern wie bei Strom- und Gasnetzen auch eine buchhalterische und informatorische Entflechtung des Wasserstoffnetzbetriebes vor. Somit hat jeder Wasserstoffnetzbetreiber eine eigene Buchführung (Bilanz, GuV etc.) zu erstellen und eine informatorische Trennung seines Netzbetriebs sicherzustellen.

Nicht vorgesehen zum aktuellen Zeitpunkt ist eine operationelle oder rechtliche Entflechtung des Wasserstoffnetzbetriebs. Eine De-Minimis-Klausel ist ebenfalls nicht vorgesehen. Somit haben in Deutschland Wasserstoffnetzbetreiber zwei Möglichkeiten zum aktuellen Zeitpunkt ihr Netz zu entflechten. Entweder sie unterwerfen sich freiwillig der Regelung des EnWGs und müssen das Netz informatorisch und buchhalterisch entflechten oder sie unterwerfen sich den Regelungen des EnWGs nicht und müssen keine Entflechtung durchführen.

Unbundling Wasserstoff: Grundzüge der EU-Entflechtungsvorgaben

Um die in den folgenden Abschnitten geplanten Entflechtungsmöglichkeiten für Wasserstoffnetzbetreiber zu verstehen, ist ein notwendiges Verständnis für die allgemeinen, möglichen Entflechtungsmodelle erforderlich. Hierbei ist zu differenzieren zwischen drei Modellen: dem Ownership-Unbundling, dem Independent System Operator (ISO) und dem Independent Transmission System Operator (ITO). Hierfür sollen im Folgenden die Grundzüge der drei Modelle erläutert werden:

1. Ownership-Unbundling:

Bei dem Ownership-Unbundling handelt es sich um ein vertikales, integriertes Unternehmen, welche das Wasserstoffnetz in einer Gesellschaft aus dem Konzernverbund heraus durch eine Veräußerung löst. Die Gesellschaft für den Wasserstoffnetzbetrieb darf keine Kontrolle über Erzeugung/Produktion oder Vertrieb/Handel haben. Der Konzernverbund darf maximal eine Minderheitsbeteiligung mit eingeschränktem Stimmrecht an der Gesellschaft des Wasserstoffnetzbetreibers halten. Es darf daher keinen gemeinsamen politischen Entscheidungsträger geben.

Das Ownership-Modell

2. Independent System Operator (ISO):

Bei dem Independent System Operator ist das vertikal integrierte Unternehmen Eigentümer des Wasserstoffnetzes. Der Systembetrieb und Entscheidung zum Wasserstoffnetzbetrieb liegen jedoch bei einem unabhängigen Systembetreiber (ISO). Bei dem unabhängigen Systembetreiber handelt es sich um eine dritte Gesellschaft außerhalb des Konzerns. Der ISO plant und entscheidet selbst über die Entwicklung des Wasserstoffnetzes. Die Investitionsentscheidungen liegen somit in seinem Verantwortungsbereich und kann diese dem Eigentümer des Wasserstoffnetzes auferlegen.  Der ISO haftet für alle Risiken des Systembetriebs, weswegen das Modell einem faktischen Verlust des wirtschaftlichen Eigentums für den Eigentümer des Wasserstoffnetzes gleichkommt.

Das Independent System Operator Modell (ISO-Modell)

3. Independent Transmission System Operator (ITO)

Im dritten Entflechtungsmodell steht das Wasserstoffnetz im Eigentum des ITO. Dieser entscheidet unabhängig über die Weiterentwicklung des Netzes. Der ITO ist mit ausreichendem Personal und finanziellen Mitteln auszustatten, um den Wasserstoffnetzbetrieb sicherzustellen. Eine gemeinsame Nutzung von Gebäuden und Ausstattung (z.B. IT) ist nicht zulässig. Services an den ITO aus dem Konzernverbund dürfen nicht erbracht werden, aber in Grenzen durch den ITO an den Konzernverbund.

Das Independent Transmission System Operator Modell (ITO-Modell)

Unbundling Wasserstoff: Anwendungsmöglichkeiten der Betriebsmodelle

Nach dem Entwurf der EU-Kommission soll für die Zukunft das Ownership-Unbundling für Wasserstoff das Standardmodell darstellen und ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie gelten. Für Verteilernetzbetreiber als vertikal integriertes Unternehmen würde dies zu einer Veräußerungspflicht des Wasserstoffnetzes führen mit der maximalen Möglichkeit eine Minderheitsbeteiligung mit eingeschränktem Stimmrecht zu erhalten. Die Veräußerung aus dem Konzern ist dann Pflicht, wenn das Energieversorgungsunternehmen bereits ein Gas- oder Stromnetz betreibt.

Das ISO-Modell soll hingegen als dauerhafte Ausnahme angewandt werden können, dürfte aber in Deutschland eine untergeordnete Rolle spielen, da die Regelung auf Bestandsnetze spielt und aktuell nur wenige reine Wasserstoffnetze in Deutschland betrieben werden.

Das ITO-Modell ist hingegen als befristete Ausnahme bis Ende 2030 geplant und wäre für Fernleitungsnetzbetreiber anwendbar. Ob die Befristung jedoch einen Anreiz zur Umrüstung von bestehenden Erdgasnetzen auf Wasserstoffnetzen schafft, darf bezweifelt werden.

Im Ergebnis müssten Fernleitungsnetzbetreiber von Wasserstoffnetzen wie bei Betreiber von Verteilnetzen von Wasserstoff das Wasserstoffnetz spätestens ab 2031 veräußert haben und dürften nur noch eine Minderheitsbeteiligung mit eingeschränktem Stimmrecht behalten. Fast alle FNB in Deutschland müssten damit ihren H2-Betrieb ausgliedern.

Konkret soll die Regelungen an den folgenden zwei Beispielen noch einmal deutlich werden:

Unbundling Wasserstoff: Entflechtungsbeispiele nach der EU-Vorgabe

Für das Unbundling ist aus deutscher Sicht zu differenzieren zwischen den Auswirkungen der EU-Unbundlingvorschriften auf vertikalintegrierte Verteilnetzbetreiber und für Fernleitungsnetzbetreiber.

Für Verteilnetzbetreiber würde diese Regelung bei bereits bestehendem Betrieb eines Gas- oder Stromnetzes einem Betriebsverbot eines Wasserstoffnetzes innerhalb des Konzernverbundes gleichkommen. Der Betrieb und der Aufbau des Wasserstoffnetzes müsste im Ownership-Modell erfolgen, was nur bei einem Verkauf des Netzes möglich ist. Es bliebe lediglich eine Minderheitsbeteiligung mit eingeschränktem Stimmrecht. Diese Regelung greift aber erst, wenn es sich um ein reines Wasserstoffnetz handelt. Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasnetz nach den Vorschriften des DfGW ist problemlos möglich. Ebenso, wenn der Wasserstoff methanisiert wird und in das bestehende Erdgasnetz eingespeist wird. Für den Betrieb eines reinen Wasserstoffnetzes wäre aber eine eigene Gesellschaft zu gründen und zu veräußern.

Fernleitungsnetzbetreiber hätten die Möglichkeit befristet bis Ende 2030 ihr reines Wasserstoffnetz im ITO-Modell zu betreiben. Danach müsste ebenfalls wie bei Verteilnetzbetreibern das Netz veräußert werden. Das Onwership-Modell ist anzuwenden. Die Zumischung von Wasserstoff oder die Methanisierung ist ebenfalls möglich ohne das bestehende Methan-/Erdgasnetz veräußern zu müssen.

Beurteilung des Vorschlages der Kommission

Der Vorschlag dürfte aus deutscher Sicht für den Aufbau und Betrieb von Wasserstoffnetzen einige Fragen aufwerfen. Da die drei Modelle wenig Anreize bieten bestehende Gasnetze auf Wasserstoff umzurüsten, da der Wasserstoffnetzbetrieb vollständig ausgegliedert und veräußert werden müsste. Dies entspricht völlig dem Gegensatz der Zielsetzung der Politik im EnWG und der nationalen Wasserstoffstrategie des Gesetzgebers.

Bei dem Vorschlag der EU ist jedoch zu berücksichtigen, dass die EU eine vollständig andere Vorstellung für den Einsatz und Betrieb von Wasserstoffnetzen hat als dies auf nationaler Ebene der Fall ist. So differenziert die EU in ihrem Gesetzesvorschlag nicht zwischen Fernleitungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreibern. Die Besonderheiten des deutschen Rechtes bleiben so unberücksichtigt. Auch setzt die EU in Ihrer Strategie nicht auf eine großflächige Umrüstung von bestehender Erdgasnetzinfrastruktur auf Wasserstoff. Vielmehr setzt die EU ihren Schwerpunkt auf die Herstellung klimaneutraler Gase, welche methanisiert und in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden. Der Betrieb von Wasserstoffnetzen wird eher als Ergänzung zum bestehenden Methannetz gesehen, während Deutschland reine Wasserstoffnetze als Standard ansieht.

Für den zukünftigen Betrieb und die Errichtung von reinen Wasserstoffnetzen wird daher entscheidend sein, welche Änderungen sich beim Unbundling von Wasserstoffnetzen auf europäischer Ebene noch ergeben. Die Problematik der unterschiedlichen Strategieansätze zur Dekarbonisierung des Gassektors wird aktuell zwischen Deutschland und der EU diskutiert. Für Energieversorgungsunternehmen bedeuten die Vorschläge der EU jedoch eine Investitionsunsicherheit in eine neue Energiesparte. Ob der Schwerpunkt klimaneutraler Gase nun auf grünem Wasserstoff oder klimaneutralen methanisiertem Gas liegt, sollte daher schnellstmöglich geklärt werden. Zum aktuellen Zeitpunkt besteht für Netzbetreiber nur eine Sicherheit, wenn der Wasserstoff zugemischt oder methanisiert wird.

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Das neue Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG)

EnUG: Hintergrund Energie-Umlagen-Gesetz

Unabhängigkeit von konventionellen Energieträgern und 80 % Erneuerbare Energien bis 2030 im Stromsektor. Der deutsche Gesetzgeber hat sich für die Transformation des Energiesektors ambitionierte Ziele gesetzt. Um die Weichen in Richtung klimaneutrales Deutschland zu stellen, hat der Gesetzgeber im April einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des EEG 2023 vorgelegt sowie weiterer energiewirtschaftlicher Gesetze. Die Bezeichnung des Gesetzespakets lautet „Osterpaket“.

Im sog. Osterpaket findet nicht nur eine Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) statt, sondern auch eine Reformierung des Abgabe- und Umlagesystems, welches bislang in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen verteilt war. Um das Puzzle der Regulierung zumindest etwas übersichtlicher zu gestalten, enthält das Osterpaket ein neues Gesetz, das sog. Energie-Umlagen-Gesetz, kurz EnUG. Das Gesetz dient „[…] der Finanzierung der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie im Zusammenhang mit der Offshore-Netzanbindung entstehenden Ausgaben der Netzbetreiber […]“ §1 EnUG-Entwurf. Somit liegt der Fokus des Gesetzes auf der Ermittlung der jeweiligen Umlagen (Bsp. EEG-/KWK-Umlage) und des Ausgleichs des Finanzierungsbedarfes.

Zusätzlich regelt das EnUG viele Details im Bereich der Abgaben- und Umlagenbefreiung, welche den Ausbau regenerativer Erzeuger und Verbraucher schneller vorantreiben soll, aber auch die stromintensive Industrie nicht zu stark belasten soll. Im Folgenden wollen wir uns nun in diesem Blogbeitrag einige Änderungen und Details des EnUG näher anschauen:

EnUG: Umlageerhebung bei elektrisch angetriebenen Wärmepumpen

In der Vergangenheit mussten Betreiber von Wärmepumpen für den Strom, welche sie aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen, die vollen Umlagen- und Steuern entrichten. Vergünstigen waren lediglich möglich, wenn die Energie vor Ort produziert wurde und ein Eigenverbrauch vorlag. Mit dem Osterpaket und dem EnUG ändert sich dies nun. Ab Inkrafttreten des EnUG sollen sich der Anspruch auf Zahlung der Umlagen für die Netzentnahme auf null von Strom verringern, wenn dieser in einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe verbraucht wird und die Wärmepumpe über einen eigenen Zählpunkt verfügt §22 Abs.1 EnUG.

Konkret bedeutet diese Maßnahme eine starke Förderung von Wärmepumpen, da sich die Kosten auf die reinen Stromgestehungskosten reduzieren. Da lediglich nur für einen geringen Kreis nach §11 Abs.2 EnUG keine Möglichkeit zur Befreiung der Abgaben- und Umlagen vorliegt, kann die Mehrheit der Wärmepumpenbetreiber von der Befreiung profitieren. Für die Zukunft könnte das Gesetz somit einen enormen Anschub für die Wärmepumpentechnik bedeuten.

EnUG: Umlageerhebung bei EEG-Bestandsprivilegien

Der zukünftige Wegfall der EEG-Umlage wurde von vielen Marktakteuren als positives Zeichen gewertet, den Letztverbraucher beim Strompreis zu entlasten. Vor allem durch den raschen Preisanstieg für Energie, welcher sich seit dem Russland-Ukraine-Konflikt ergibt. Allerdings sind nicht nur Letztverbraucher von der Zahlung der EEG-Umlage betroffen, sondern auch Erzeuger, da nach dem EEG 2021 alle Erzeuger mit einer Leistung größer 30 kW verpflichtet, sind für jede eingespeiste Kilowattstunde einen Anteil an der EEG-Umlage zu zahlen.

Daher stellt sich auch für diese Betreiber die Frage, ob die EEG-Umlage zur Mitte dieses Jahres wegfällt. Wie mit diesen Bestandsanlagen umgegangen wird, welche nach dem alten Recht zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind, regelt das EnUG in §24. Demnach gilt: „Soweit eine EEG-Umlage erhoben wird, sind die §§ 61e bis § 61i, § 62b Absatz 5, § 74a Absatz 1 und 2, § 104 Absatz 2 und 6 sowie die betreffenden Begriffsbestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass, soweit sich für eine Strommenge nach den genannten Bestimmungen die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage verringert oder erhöht hätte, für diese Strommenge auch nach diesem Gesetz eine entsprechend verringerte oder erhöhe EEG-Umlage auf die Netzentnahme erhoben wird.“

Dies bedeutet, dass Anlagenbetreiber den Stand des EEG bis zum Jahr 2023 abwarten müssen und erst dann sichergehen können, ob sie weiterhin zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind.  Für Neuanlagen, welche zwischen dem Osterpaket und der Novellierung des EEGs an das Netz gehen, dürfte die Regelung daher besonders interessant sein und evtl. auch zur Verschiebung des Netzanschlusses führen.

EnUG: Umlagebefreiung bei der Herstellung von Grünem Wasserstoff

Mit dem Ziel des schnellen Erdgasausstieges und der Substitution von russischem Gas setzt das BWK stark auf den Energieträger Wasserstoff. Dieser kann je nach Produktion ohne CO2-Emissionen hergestellt werden. Voraussetzung hierfür ist der Einsatz von Strom aus Erneuerbaren Energien. Dann wird der erzeugte Wasserstoff als grüner Wasserstoff bezeichnet.

Da die Produktion von grünem Wasserstoff jedoch mit höheren Kosten verbunden ist, als Wasserstoff auf Basis konventioneller Energieträger wie zum Beispiel Erdgas und Deutschland die Entwicklung von grünem Wasserstoff zur Erreichung der eigenen Klimaziele beschleunigen will, sieht das EnUG eine Umlagebefreiung für grünen Wasserstoff vor.

Demnach verringert sich der Zahlungsanspruch für grünen Wasserstoff auf null, wenn zur Herstellung unabhängig vom Verwendungszweck Strom aus Erneuerbaren Energien eingesetzt wird. Voraussetzung ist ein eigener Zähler, der mit dem Stromnetz verbunden ist §24 EnUG. Die Umlagebefreiung gilt bis zum 1. Januar 2030. Die genauen Rechtsanforderungen, welche grüner Wasserstoff zu erfüllen hat, damit er als grüner Wasserstoff bezeichnet werden darf, soll noch in einer zusätzlichen Rechtsverordnung des Bundes festgelegt werden. Der Einsatz von Strom aus Erneuerbaren Energien ist jedoch Pflicht §26 EnUG. Zur Untersuchung, ob im Zusammenhang mit der Produktion von grünem Wasserstoff Netzengpässe im Stromnetz auftreten können, ist bis zum 31. Dezember 2023 ein Bericht durch das BMWK vorzulegen. Für stromintensive Unternehmen existiert eine Sonderregelung in §36 EnUG.

EnUG: Voraussetzung Umlagenbegrenzung stromintensive Industrie:

Die Voraussetzung zur Umlagebegrenzung für die stromintensive Industrie ist in §30 EnUG geregelt. Die Regelung entspricht im Kern nach § 64 Absatz 1 EEG 2021. Dabei wird die Struktur des § 64 Absatz 1 EEG 2021 übernommen, jedoch ohne das Zugangskriterium der Stromkostenintensität des § 64 Absatz 1 Nummer 2 EEG 2021. Außerdem werden die Vorgaben der Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Europäischen Kommission zu stromkostenintensiven Unternehmen (Abschnitt 4.11, Rn. 399 ff.) umgesetzt.

Zwingende Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Umlagenbegrenzung ist der Betrieb eines Energiemanagementsystemes sowie der Nachweis durch das Unternehmen energieeffizient zu arbeiten. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Unternehmen alle wirtschaftlichen Maßnahmen, welche im Energiemanagementsystem hinterlegt wurden, durchgeführt wurden. Ist ein Nachweis in dieser Form nicht möglich, kann das Unternehmen die Auflagen auch erfüllen, wenn Strombedarf zu mindestens 30 Prozent mit Grünstrom gedeckt wird oder Dekarbonisierungsmaßnahmen getätigt haben.

Die Investition muss mindestens 50 Prozent des für das zweite, dem Antragsjahr vorangegangene Jahr gewährten Begrenzungsbetrags betragen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Prüfung der Bundesregierung geplant, ob zu einem späteren Zeitpunkt der Wert 50 Prozent auf 80 Prozent angehoben werden soll, um eine einheitliche Investitionsquote mit der BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung zu erhalten.

EnUG: Umlagebegrenzung für E-Busse

Zur Förderung von elektrisch betriebenen Bussen im Straßenverkehr sieht das EnUG für Verkehrsbetriebe eine Begrenzung der Umlagen auf maximal 20 % vor. Vorausgesetzt, §dass im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr die an der betreffenden Abnahmestelle selbst verbrauchte Strommenge unmittelbar für den Fahrbetrieb elektrisch betriebener Busse im Linienverkehr verbraucht wurde und unter Ausschluss der in das Netz zurückgespeisten Energie mindestens 100 Megawattstunden betrug§ §38 EnUG.

Hierbei handelt es sich um eine Überführung der bereits bestehenden Regel nach §65a EEG 2021. Allerdings wurde die Umlagebefreiung erweitert, da das Gesetz ursprünglich nur eine Befreiung von der EEG-Umlage und nicht von allen Umlagen auf maximal 20 % vorsah. Ein Prüfungsvermerk eines Prüfers mit Angaben zu den Strommengen der Verkehrsunternehmen muss nicht mehr mit dem Antrag eingereicht werden. Es genügen nunmehr die Angaben des Verkehrsunternehmens zu den Strommengen. Außerdem müssen wie bisher die Stromlieferungsverträge und die Stromrechnungen als Nachweise eingereicht werden.

EnUG: Landstromanlagen

Die Regelung von Landstromanlagen wurden nahezu 1:1 aus dem EEG in das EnUG überführt. Es gilt weiterhin die Regelung, dass eine Umlagenbegrenzung auf maximal 20 % möglich ist, wenn der Betreiber der Anlage nachweist, dass die Landstromanlage ausschließlich Strom an Seeschiffe liefert, die Belieferung eines Seeschiffes an dem Liegeplatz nicht dauerhaft für einen längeren Zeitraum angelegt ist und im letzten Kalenderjahr die Strommenge, die die Landstromanlage an Seeschiffe geliefert hat und die auf den Seeschiffen verbraucht worden ist, mehr als 100 Megawattstunden betragen hat §39 EnUG.

Wie auch bei der Umlagenbegrenzung bei E-Bussen besteht für Landstromanlagen die wesentliche Neuerung, dass die Umlagenbegrenzung nicht nur für die EEG-Umlage gilt, sondern nun für alle Umlagen.

EnUG: Messen und Schätzen von Energiemengen

Das EnUG greift die bestehenden Reglungen nach §62b EEG 2021 weitestgehend auf. Anpassungen werden jedoch im Bereich der Mitteilungspflichten sowie der geänderten Umlageerhebungssystematik gemacht. Somit kann weiterhin der Leitfaden der BNetzA „Messen und Schätzen“ verwendet werden. Bereits nach § 62b EEG 2021 installierte Messgeräte können weiterhin für die Abgrenzung und die Sicherstellung der Zeitgleichheit verwendet werden, soweit der Abgrenzungsbedarf gleich bleibt.

Anpassungen erfolgen im Bereich der Zeitgleichheitserfordernis. „Da es für die Umlagepflicht nach der neuen Umlageerhebungssystematik stets auf die Netzentnahme ankommt, muss in Fällen, in denen in Abhängigkeit von Verbrauchsmengen (eines bestimmten Letztverbrauchers oder in einer bestimmten Verbrauchseinrichtung) hinter der Entnahmestelle Umlageprivilegien in Anspruch genommen werden, nunmehr die Zeitgleichheit der Netzentnahme und des vom relevanten Letztverbraucher selbst verbrauchten (privilegierten) Letztverbrauchs sichergestellt werden.

Eine messtechnische Sicherstellung (durch eine mess- und eichrechtskonforme Viertel- stunden-Messung der Netzentnahme und des abgrenzungsbedürftigen Ist-Verbrauchs) ist jedoch auch nach der neuen Systematik nur dann erforderlich, wenn die Zeitgleichheit nicht schon anderweitig sichergestellt ist. Wenn z.B. alle Letztverbräuche innerhalb der Kundenanlage ausschließlich durch die Netzentnahmemengen an einer Entnahmestelle gedeckt werden (d.h. insbesondere nicht durch innerhalb der Kundenanlage erzeugte Strommengen oder durch Netzentnahmen eines anderen Netznutzers gedeckt werden können), dürfte dem Zeitgleichheitserfordernis bereits durch eine Arbeitszählung der Netzentnahme und der abgrenzungsbedürftigen Strommengen Genüge getan sein.“

EnUG: Umgang mit geringfügigen Stromverbräuchen

Der Umgang mit geringfügigen Stromverbräuchen wird nun auch im EnUG behandelt und ist in den §45 EnUG aus dem EEG §62a EEG 2021 überführt worden. Die Begrifflichkeit des Letztverbrauchers wird trotz der geänderten Umlageerhebungsmechanik beibehalten, da auch für die Inanspruchnahme von Umlageprivilegien durch den Netznutzer auf Netzentnahmemengen nach wie vor ausschlaggebend ist, ob der entnommene Strom von einem bestimmten Letztverbraucher verbraucht wird. Durch die Übernahme der bisherigen Regelung in das EnUG, kann für die Zurechnung geringfügiger Stromverbräuche Dritter weiterhin der Leitfaden zum Messen und Schätzen der BNetzA entsprechend angewendet werden.

EnUG: Förderung von Güllekleinanlagen

Da seit dem 1. Januar 2020 die ersten Anlagen aus der EEG-Förderung auslaufen (Bezeichnung ausgeförderte Anlagen) wurde in der vergangenen EEG-Novelle eine Regelung zur Anschlussfinanzierung für kleinere ausgeförderte Anlagen von 100 kW sowie für Windkraftanlagen an Land erlassen. Davon unberücksichtigt bleiben allerdings Güllekleinanlagen. Hierfür soll nun eine Regelung bis zum 20. Oktober 2022 gefunden werden, damit auch für diese Anlagen eine Anschlussfinanzierung gesichert ist. Die Höhe der Vergütungssätze sowie die Laufzeit sollen im EnUG geregelt werden.

EnUG: Mitteilungspflichten der Netznutzer zur Umlagenbefreiung

Wenn einer der Netznutzer eine der Regelungen des EnUGs in Anspruch nehmen will, um sich von Teilen oder der gesamten Umlage befreien zu lassen, sind hierfür nach §52 EnUG Angaben gegenüber dem zuständigen Netzbetreiber zu erteilen. Hierzu hat der Netznutzer dem Netzbetreiber mitzuteilen, auf welcher Grundlage und welche Netzmengen er eine Verringerung der Umlagen in Anspruch nimmt. Die Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Änderung der Umlage offensichtlich und dem Netzbetreiber bereits bekannt ist.

Daneben hat der Netznutzer anzugeben, ob es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, da sonst ggf. keine Umlagenbefreiung bzw. -verringerung möglich ist. Auch sind Angaben über mögliche, offene Rückforderungen aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem europäischen Binnenmarkt zu machen. Des Weiteren sind alle Angaben mitzuteilen, welche zu einer Änderung der Umlagenbefreiung oder -verringerung führen kann.

Damit die Umlagenverringerung wirksam wird, sind dem Netzbetreiber im jeweiligen Kalenderjahr bis zum 31. März folgende Informationen mitzuteilen:

  1. die Entnahmestellen, an denen Netzentnahmen mit verringerten Umlagen anfallen,
  2. die Letztverbraucher, zu deren Verbrauch die Netzentnahme mit verringerter Umlagenpflicht erfolgt,
  3. den Grund, weshalb die Umlagen verringert sind, und
  4. die aus dem Netz entnommenen Strommengen jeweils aufgeschlüsselt nach den Entnahmestellen, Letztverbrauchern und Gründen nach den Nummern 1 bis 3.

Für Unternehmen, welche eine Umlagenbefreiung für die Herstellung von grünem Wasserstoff anstreben, ist nach §52 Abs.3 EnUG die Vorlage eines Prüfungsvermerks durch einen Prüfer erforderlich. Dieser listet u.a. den maximalen Stromverbrauch in der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff im Auslegungszustand während einer Betriebsstunde unter normalen Einsatzbedingungen der maximalen Leistungsaufnahme der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff auf. Außerdem die in dem betreffenden Kalenderjahr in der Einrichtung zur Herstellung von Grünem Wasserstoff verbrauchte Netzentnahmemenge.

EnUG: Ermittlung des Finanzierungsbedarfes

Die Höhe der notwendigen finanziellen Mittel erfolgt durch die Berechnung der Übertragungsnetzbetreiber bis zum 30. September eines jeden Kalenderjahres in Kooperation mit den zuständigen Ministerien §4 EnUG. Dabei entfällt die Finanzierung der EEG-Umlage durch den Letztverbraucher, um diesen durch den starken Anstieg der Stromkosten zu entlasten. Da allerdings weiter die Fördergarantien gegenüber den Erzeugern über eine Laufzeit von 20 Jahre gelten, wird die Umlage durch staatliche Mittel finanziert werden.

Grundlage hierfür ist das bereitgestellte Sondervermögen es Bundes „Energie- und Klimafonds“. Da der Fond rechtlich aber noch umstritten ist, besteht laut EnUG keine Garantie der Zahlungsübernahme, da die Mittel ursprünglich zur Finanzierung der Coronakrise gedacht waren. Die genaue Höhe der Finanzierung ergibt sich daher nach dem offiziellen Bescheid des Gesetzgebers gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern.

Die restlichen Kosten, welche zur Finanzierung erforderlich sind, sind durch Umlagen zu decken. Die Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen auf ihrer gemeinsamen Internetseite bis zum 31. Oktober eines Kalenderjahres die Höhe der nach diesem Gesetz zu erhebenden Umlagen für das jeweils folgende Kalenderjahr §11 EnUG. Zahlungen, die sich aus dem EEG, sowie dem KWKG ergeben, sind von dem Übertragungsnetzbetreiber an die nachgelagerten Verteilnetzbetreiber zu erstatten §13 EnUG.

Fazit zum Energie-Umlagen-Gesetz

Durch die Novellierung des EEG hin zum EEG 2023 und der Schaffung eines neuen Gesetzes, welches die gesamte Thematik der Abgaben und Umlagen zumindest etwas zentraler in einem Gesetz bündelt, gewinnt die Thematik deutlich an Überblick. Zwar sind steuerliche Themen für z. B. die Stromsteuer nicht im Energie-Umlagen-Gesetz aufgeführt, allerdings hat der Interessierte nun eine zentrale Anlaufstelle, wenn es rund um das Thema Abgaben und Umlagen geht.

Einige Themen wie die deutliche Umlagenbefreiung von Wärmepumpen oder Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff könnten mit den Subventionen des Staates an Marktattraktivität gewinnen, wie auch einen Wachstumsschub erfahren. Für Netzbetreiber bedeutet dies sicherlich einen zusätzlichen Aufwand die möglichen Neuanlagen zu genehmigen, aber auch das Stromnetz für potenzielle, neue Lastspitzen zu erhöhen.

Die Ausrichtung auf Wärmepumpen, Subventionierung von E-Bussen oder die Herstellung von grünem Wasserstoff zeigt klar den Trend des Gesetzgebers, die Transformation des Stromsystems im Zuge der internationalen Entwicklungen voranzutreiben und zu beschleunigen. Der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare-Energien soll so mittel- bis langfristig einen Wachstumsschub erfahren. Um jedoch das Ziel von 100 % Erneuerbare Energien bis 2035 im Stromsektor zu erreichen, ist sicherlich in den nächsten Monaten und Jahren mit noch weiteren Gesetzesnovellierungen zu rechnen. Daher könnte es durchaus sein, dass das Energie-Umlagen-Gesetz auch im nächsten Jahr weitere Veränderungen erfährt.

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Update (August 2022):

Nach dem endgültigen Beschluss des Osterpaketes wurde das energie-Umlagen-Gesetz nun in Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) umbenannt. Auch wurde nun klargestellt, dass eine Umlagenbefreiung ausschließlich die KWK- und Offshore-Umlage betrifft. Für die ÜNBs wurde nun ein gesetzlicher Anspruch geschaffen, dass die EEG-Umlage wirklich durch den Staat finanziert wird.

Abschaffung EEG-Umlage – Wie geht es weiter?

Abschaffung EEG-Umlage: Ab Mitte 2022 Realität

Oft wurde über sie diskutiert: die EEG-Umlage. Vielen Akteuren war sie zu hoch und sie wurde als Preistreiber der Energiewende gesehen, der den deutschen Strompreis zu schnell nach oben schießen ließ und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gefährdete. Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren intensiv über das Auslaufen bzw. die Abschaffung der EEG-Umlage diskutiert. Mit der Coronapandemie wurde zur Entlastung der Letztverbraucher eine Deckelung der EEG-Umlage für die Jahre 2021 und 2022 vorgesehen, um den Strompreis stabil zu halten, da sonst eine Umlagenexplosion stattgefunden hätte. Jetzt, mit der Novellierung des EEG 2023 und des Energie-Umlagen-Gesetzes, soll Mitte 2022 die Abschaffung der EEG-Umlage kommen.

Doch nur weil man die EEG-Umlage in diesem Jahr abschafft, heißt das noch nicht, dass die EEG-Umlage sofort ihre Bedeutung verliert. Da für bestehende und neue EE-Anlagen weiterhin über 20 Jahre ein Förderanspruch besteht, ist vielmehr zu klären, wie und auf welchem Weg die Finanzierung erfolgen soll. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Blogbeitrag einmal anschauen, wie die Finanzierung der EEG-Umlage nach dem EEG 2023 erfolgen soll. Um jedoch ein besseres Verständnis von der Funktionsweise der EEG-Umlage zu erhalten, werfen wir einen kurzen Blick zurück und schauen uns zuerst den ursprünglichen Finanzierungsmechanismus der EEG-Umlage an:

Der ursprüngliche Finanzierungsmechanismus der EEG-Umlage

Jede EE-Anlage, die in Deutschland die Förderung für die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) in Anspruch nimmt, muss über die EEG-Umlage mitfinanziert werden. Grob skizziert kann man sich den Erlöspfad des Stroms wie folgt vorstellen:

Die EE-Anlage des Betreibers produziert Strom und speist diesen in das öffentliche Stromnetz ein. Der eingespeiste Strom wird auf dem Energiemarkt verkauft, z. B. an einer Strombörse. Die Vermarktung des Stroms erfolgt entweder durch den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB), den Anlagenbetreiber selbst oder durch einen von ihm beauftragten Direktvermarkter. Am Markt erzielt der Betreiber einen Preis für jede produzierte MWh. Erzielt der verkaufte Strom am Markt z. B. einen Preis von 70 € pro MWh und beträgt die garantierte Vergütung über 20 Jahre von 120 € pro MWh, so ergibt sich eine Differenz von 50 € pro MWh. Diese Differenz muss durch die Letztverbraucher am Markt ausgeglichen werden. Hierfür erfolgt die Erhebung der EEG-Umlage, damit der zuständige Netzbetreiber die garantierte Einspeisevergütung gegenüber dem Anlagenbetreiber auszahlen kann.

Die Erhebung der EEG-Umlage erfolgt für jede verbrauchte kWh Strom aus dem öffentlichen Stromnetz, die durch einen nicht-privilegierten Letztverbraucher genutzt wird. Der Betrag ist vom Lieferanten gegenüber dem Letztverbraucher auf seiner Stromrechnung auszuweisen. Sollte der Letztverbraucher von der EEG-Umlage (teilweise) befreit sein, ist von einem privilegierten Letztverbraucher die Rede. Zusätzlich müssen bestimmte Anlagenbetreiber ab einer Leistung von 30 kWPeak ebenfalls einen Teil der EEG-Umlage entrichten. Die Höhe der EEG-Umlage berechnet sich durch die jährliche Differenz sowie zusätzliche Sicherungspuffer, welche die ÜNB jedes Jahr festlegen. Da mit der Abschaffung der EEG-Umlage für Letztverbraucher nun eine wesentliche Säule der Finanzierung der EEG-Umlage wegfällt, muss nun eine alternative Erlösquelle gefunden werden, um die garantierten Zahlungen gegenüber den Anlagenbetreibern zu gewährleisten.

Finanzierungsmodell nach der Abschaffung der EEG-Umlage

Die Novelle des EEG 2023 sieht im Kern zwei Finanzierungsmechanismen vor, wie trotz einer Abschaffung der EEG-Umlage die Zahlung der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung sichergestellt werden soll. Zum einen soll die EEG-Umlage durch den CO₂-Preis erhoben werden, der seit zwei Jahren durch das BEHG erhoben wird. Zu einem gewissen Anteil erfolgt die Querfinanzierung durch den nationalen CO₂-Preis bereits heute. Die übrigen finanziellen Mittel, die zur Finanzierung der EEG-Umlage notwendig sind, kommen aus Steuermitteln aus dem Bundeshaushalt.

Die Steuermittel sollen aus dem Sondervermögen des Bundes, dem sog. „Energie- und Klimafond“, sichergestellt werden, § 6 Abs. 1 EnUG. Allerdings haben die ÜNB keinen verbindlichen Anspruch auf staatliche Zuschüsse aus dem Fond, § 6 Abs. 2 EnUG. Für die genaue Höhe der steuerlichen Zuwendung erlässt der Bund zum 20. Oktober eines jeden Jahres einen Erlass, wie hoch die staatlichen Zahlungen wirklich ausfallen. Die Möglichkeit der Einspruchserhebung gegen den Zahlungserlass haben die ÜNB nicht. Sollte die staatliche Zahlung nicht zur vollständigen Finanzierung der EEG-Umlage ausreichen, so haben die ÜNB die Möglichkeit, die EEG-Umlage für nicht-privilegierte Letztverbraucher wieder einzuführen §10 EnUG. Die Höhe der EEG-Umlage ist transparent bis zum 31. Oktober eines Kalenderjahres für das kommende Jahr von den ÜNB zu veröffentlichen; § 11. Bei der Erhebung einer notfalls notwendigen EEG-Umlage hat der ÜNB die Möglichkeit, die EEG-Umlage separat auszuweisen oder in die Netznutzungsentgelte (NNE) mit einzukalkulieren. Außerdem ist für ÜNB und VNB ein Ausgleichssystem zur Finanzierung der Kosten vorgesehen, damit u. a. die VNB die Auszahlung der garantierten Einspeisevergütung leisten können. Die genauen Details sind im Energie-Umlagen-Gesetz zu finden.  

Umgang mit Anlagenbetreibern

Im Zuge der Diskussion der Abschaffung der EEG-Umlage war bislang immer nur die Rede von der Abschaffung der EEG-Umlage für Letztverbraucher. Allerdings stellt sich auch die Frage, wie mit Anlagenbetreibern von Anlagen mit einer Leistung größer 30 kWPeak umgegangen wird, die bislang einen Teil der EEG-Umlage für jede eingespeiste kWh zahlen müssen.

Wie mit diesen Bestandsanlagen umgegangen wird, die nach dem alten Recht zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind, regelt das EnUG in § 24. Danach gilt: „Soweit eine EEG-Umlage erhoben wird, sind die §§ 61 e bis § 61 i, § 62 b Absatz 5, § 74 a Absatz 1 und 2, § 104 Absatz 2 und 6 sowie die betreffenden Begriffsbestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Dezember 2022 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden, mit der Maßgabe, dass, soweit sich für eine Strommenge nach den genannten Bestimmungen die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage verringert oder erhöht hätte, für diese Strommenge auch nach diesem Gesetz eine entsprechend verringerte oder erhöhe EEG-Umlage auf die Netzentnahme erhoben wird.“

Dies bedeutet, dass Anlagenbetreiber den Stand des EEG bis zum Jahr 2023 abwarten müssen und erst dann sichergehen können, ob sie weiterhin zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind. Für Neuanlagen, die zwischen dem Osterpaket und der Novellierung des EEGs an das Netz gehen, dürfte die Regelung daher besonders interessant sein und evtl. auch zur Verschiebung des Netzanschlusses führen.

Fazit

Bei genauem Studium des EnUG ist klar zu erkennen, dass von einer vollständigen Abschaffung der EEG-Umlage kaum die Rede sein kann. Zum einen, da eine Zahlung an die Anlagenbetreiber, die eine Förderung nach dem EEG in Anspruch nehmen, weiterhin notwendig ist. Zum anderen, weil überhaupt nicht klar ist, ob für die nächsten Jahre eine staatliche Finanzierung sichergestellt ist. Schon heute beträgt die EEG-Umlage mehr als 25. Mrd. € pro Jahr. Stellt man den Betrag dem staatlichen Sondervermögen gegenüber, dürfte schnell klar werden, dass der Betrag eventuell keine drei Jahre ausreicht. Vor allem, da das Sondervermögen nicht nur zur Finanzierung der EEG-Umlage gedacht ist. Mit steigenden Kosten ist außerdem zu rechnen, wenn die Ausbaupläne des Gesetzgebers deutlich beschleunigt werden sollen und ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf für eine höhere Einspeisung aus neuen EE-Anlagen besteht.

Hinzu kommt die Problematik, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch überhaupt nicht klar ist, ob der Gesetzgeber das Sondervermögen überhaupt verwenden darf, da die Mittel ursprünglich zur Bekämpfung der Coronapandemie gedacht waren und die Opposition den Gang vor das Bundesverfassungsgericht prüft. Im Worst-Cast-Szenario könnten somit die notwendigen Mittel wegfallen. Die EEG-Umlage müsste wieder erhoben werden, da die Einnahmen aus dem nationalen CO₂-Preis nicht ausreichen und ggf. keine alternativen staatlichen Mittel bereitgestellt werden. Aus politischen und taktischen Gründen ist dann vermutlich damit zu rechnen, dass die ÜNB keine eigene, neue EEG-Umlage erheben werden, sondern die Kosten in den Netznutzungsentgelten verstecken werden, da das EnUG ihnen diese Möglichkeit gibt. Da die Kalkulation der Netznutzungsentgelte nicht transparent veröffentlicht wird, könnten die wirklichen Kosten der EEG-Umlage ggf. nicht auffallen.

Des Weiteren ist mittelfristig mit einem Wegfall der Einnahmen aus dem nationalen CO₂-Preis zu rechnen, da die EU eine Weiterentwicklung des europäischen CO₂-Handels vorsieht. Ob dann noch Mittel aus dem CO₂-Preis in die EEG-Umlage fließen können, bleibt abzuwarten. Hinzu kommt für Anlagenbetreiber größer 30 kWPeak die Ungewissheit, ob weiterhin die Pflicht der Zahlung der EEG-Umlage bestehen bleibt, da im EnUG diese Option noch offengelassen wird. Auf der anderen Seite könnte eine EEG-Umlage auch nicht mehr notwendig sein, wenn sich die Energiepreise weiter auf einem hohen Niveau am Markt entwickeln.

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Update (August 2022):

Mit dem Beschluss des Osterpaketes im Juli wurde nun nachträglich ein gesetzlicher Anspruch der ÜNB geschaffen, dass der Staat die EEG-Umlage ausgleichen muss. Dies wurde in dem ersten Entwurf nicht garantiert, der hier im Beitrag thematisiert wurde.

Rückbau und Recycling von EE-Anlagen – Was ist zu beachten?

22 Jahre EEG – Zeit über das Recycling von EE-Anlagen zu sprechen

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geht nun im Jahr 2022 in das 22. Lebensjahr. Die Energiewende selbst ist längst kein neues Phänomen mehr, sondern ein kontinuierlicher Prozess, welchen wir seit über zwei Dekaden beschreiten. Mit ihr ist das Ziel einer nachhaltigen, effizienten und umweltfreundlichen Energiepolitik verbunden. Dabei liegt das Augenmerk meist auf der reinen regenerativen Energieerzeugung oder der gesamten CO2-Bilanz einer Erneuerbaren-Energien-Anlage (EE-Anlage). Doch wie bei allen Anlagen, ob konventionell oder erneuerbar, hat jede Erzeugungsanlage eine maximale Lebensdauer. So auch eine EE-Anlage.

Da in Deutschland die ersten EE-Anlagen mit dem Auslaufen aus der EEG-Förderung ihrer maximalen Lebensdauer immer näherkommen, stellt sich die Frage, wie ein Rückbau und Recycling von EE-Anlagen funktioniert bzw. was technisch möglich ist. Da der Aspekt des Recyclings in der öffentlichen Diskussion größtenteils noch eine untergeordnete Rolle spielt, die mit der Zunahme des Rückbaus von EE-Anlagen jedoch zunehmen wird, wollen wir in diesem Blogbeitrag einmal betrachten, welche Regeln u. a. für Windkraftanlagen gelten und wie ein Rückbau funktioniert. Instandhaltungs- und Wartungsprozesse, welche die Lebensdauer verlängern und somit eine wesentliche Basis für eine gute Ökobilanz von EE-Anlagen sind, sollen in diesem Blog weniger thematisiert werden. 

Rückbau von EE-Anlagen – Welche Rechtsvorschriften gelten?

Zum aktuellen Zeitpunkt existiert in Deutschland kein zentrales, einheitliches Gesetz bzw. keine Verordnung, die sich mit dem Rückbau von EE-Anlagen beschäftigt. Vielmehr ist eine Vielzahl von Vorschriften in unterschiedlichsten Gesetzen zu finden. Hiermit sind auch unterschiedliche Anforderungen an die Komplexität des Rückbaus und des Recyclings von Anlagen verbunden. Die Entsorgung von Photovoltaik-Modulen ist relativ einfach, in Gegensatz zu Windkraftanlagen. PV-Anlagen unterliegen den allgemeinen Anforderungen der Elektroaltgerätesammlung. Somit ist die Entsorgung einer PV-Anlage rechtlich nicht komplizierter als die einer Waschmaschine.

Für Windkraftanlagen gilt dies nicht. Vielmehr sind eigene Rückbau- und Recyclingkonzepte erforderlich. Diese können jedoch nicht standardmäßig aus der Schublade genommen werden. Stattdessen fordert das Bundesemissionsschutzgesetz, auf die Diversität der Anlagen und deren Umfeld Rücksicht zu nehmen, sodass ein maßgeschneidertes Rückbaukonzept erforderlich ist.

Rückbau von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?

Rückbauanzeige und Stilllegung

Der Rückbau von Windkraftanlagen erfolgt in einem mehrschrittigen Prozess. Sofern ein Rückbaukonzept vom Betreiber der Anlage erfolgreich erstellt wurde, ist eine Rückbauanzeige der Anlage zu stellen. Hierfür ist die Baubehörde vor Ort zu informieren. Gleichzeitig ist eine Abmeldung im Marktstammdatenregister erforderlich. Im nächsten Schritt erfolgt eine Stilllegung der Anlage, bei der die Windkraftanlage vom öffentlichen Netz getrennt wird. Die Trennung hat durch schaltberechtigtes, qualifiziertes Personal zu erfolgen.

Trockenlegung

Nach der Stilllegung erfolgt die Trockenlegung der Windkraftanlage. Hierfür sind alle Getriebe- und Altöle, Fette, Schmierfette etc. zu entfernen und nach der Altölverordnung zu entsorgen. Der Austritt von Ölen und Flüssigkeiten in die Umwelt ist zu vermeiden. Da Schaltanlagen oft Schwefelhexafluorid enthalten, darf die Entsorgung nur durch qualifiziertes Personal nach der Chemikalien-Klimaschutzverordnung erfolgen. Ebenso sind die Anforderungen der EU-Verordnung für fluorierte Treibhausgase einzuhalten. Außerdem sind die Vorschriften der DIN EN 60480 einzuhalten sowie die freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller und Betreiber von elektrischen Betriebsmitteln größer 1 kV.

Demontage der Rotorblätter

Nach erfolgreicher Trockenlegung beginnt die Demontage mit der Entfernung der Rotorblätter. Der Abbau der Rotorblätter kann einzeln oder gesamt erfolgen (Einzelblattdemontage vs. Sterndemontage). Die weitere Zerlegung der Rotorblätter erfolgt am Boden und ist abhängig von der Art des Recyclings der Rotorblätter. Da die Rotorblätter jedoch aus unterschiedlichen Materialien bestehen, erfolgt die Zerlegung der Rotorblätter vor Ort so, dass sämtlicher Sägestaub, staubkontaminiertes Kühlwasser etc. aufgefangen werden, um ein Entweichen in die Umwelt zu verhindern.   

Rückbau des Turms

Die Art und Weise beim Rückbau des Turms einer Windkraftanlage hängt von der Art des Turms ab. Bei Stahl- oder Gittertürmen ist eine schrittweise Demontage mittels Krans möglich. Gleiches gilt für Betonhybridtürme, wobei im Notfall auch eine Sprengung des Turms in Betracht kommen kann. Ebenfalls ist ein klassischer Abriss des Turms möglich, wobei die schrittweise Demontage den Standardfall darstellt, da unnötiger Lärm und Staub für Mensch und Umwelt vermieden werden kann.  

Demontage des Fundaments

Das Umweltbundesamt empfiehlt eine vollständige Entsorgung, die in der Regel über Lossprengungen und Abgraben erfolgt. Die entstandene Grube ist mit standorttypischem Boden zu füllen. Das Ergebnis soll eine uneingeschränkt nutzbare Fläche nach § 35 Abs.5 BauGB sein.

6. Kranstellflächen, Zuwegungen und Kabeltrassen

Nachdem die Rotoren, der Turm und das Fundament verschwunden sind, erfolgt die Entsorgung aller nicht mehr notwendigen Kabel und Leitungen. Die Zufahrtswege und Kranstellflächen können renaturiert werden.

Recycling von Windkraftanlagen – Worauf ist zu achten?

Der Rückbau Windkraftanlage ist eine wichtige Voraussetzung, um ein bestmögliches Recycling zu gewährleisten. Nach dem heutigen Stand der Technik sind jedoch noch nicht alle Probleme gelöst, die für das vollständige Recycling einer Windkraftanlage erforderlich sind. Ausgangsbasis ist eine sorgfältige Trennung sämtlicher Materialien. Hierzu zählen vor allem Kupfer, Aluminium, Stahl, Beton, Elektroschrott, seltene Erden und PVC.

So ist beim Fundament beispielsweise darauf zu achten, dass Stahl und Beton voneinander getrennt werden. Der Betonstahl kann u. a. für neuen Betonstahl verwendet werden oder für Betonbruch, der wiederum für neue Windkraftanlage eingesetzt werden kann. Die Entsorgung des Stahls erfolgt unter Beachtung der Stahlschrottsortenliste. Elektroschutt kann hingegen von Sekundärkupferhütten verarbeitet werden. Da die größte Masse eines Windrades Beton und Stahl ausmachen, können diese Stoffe bei einer Trennung gut verwertet werden.

Eine Herausforderung ist jedoch die Entsorgung der Rotoren. Diese bestehen aus Faserverbundwerkstoffen und müssen in Glas- und Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe getrennt werden. Glasfaser-verstärkte Kunststoffe können teilweise als Ersatzbrennstoffe energetisch verwertet werden, während Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe der spezialisierten Faserrückgewinnung zugeführt werden sollten. Das Vergraben von Rotoren im Erdreich, um sich ein aufwendiges Recycling zu sparen, ist in Deutschland seit 2005 verboten. Außerdem enthält ein Rotorblatt etwa 15 kg Balsaholz, das aufgrund seiner Eigenschaften enorm leicht und druckfest ist. Somit eignet es sich ideal, um als Stützelemente für die Rotoren verwendet zu werden. Da zum aktuellen Zeitpunkt eine Abtrennung durch den eingesetzten Klebstoff nicht möglich ist, wird das Holz mit den Kunststofffasern mit verbrannt. Erste Ansätze zur Abtrennung des Balsaholzes existieren allerdings schon.

In den nächsten Jahren kann mit einer Zunahme von Recycling von Windkraftanlagen gerechnet werden. Da sich diese als äußerst kompliziert erweist, hat das Bundesumweltministerium 2019 eine Studie durchgeführt, um die Kapazitäten der Entsorgung zu untersuchen. Das Ergebnis ist, dass die Kapazitäten unserer Entsorgung vermutlich nicht ausreichend für das Recycling von Windkraftanlagen sind und noch Ausbaubedarf aufweisen.

Anmerkung

Die Idee für den Blogbeitrag entstand im Rahmen des items-Projekts ÖKOPROFIT zur Verbesserung des eigenen Nachhaltigkeitsmanagements. Es kam die Frage auf, wie eigentlich das Recycling von EE-Anlagen funktioniert. Inwieweit alle Recyclingempfehlungen in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, konnten wir für diesen Blogbeitrag nicht recherchieren. Stattdessen haben wir uns an den Empfehlungen des Umweltbundesamtes orientiert.

Bei Fragen und Anregungen zu unserem Blogbeitrag könnt ihr euch jederzeit melden. Ansonsten empfehlt unseren Blog gerne weiter oder abonniert ihn, um keine neuen Beiträge zu verpassen.


Erdgascomeback durch die Energiewende im Jahr 2030 – Ein Blick in die Glaskugel

Koalitionsvertrag – ein Energiepreistreiber oder sinnvolle Rahmenbedingung?

Die Themen Energieknappheit und steigende Preise haben die Energiewirtschaft auf der Lieferantenebene ordentlich durcheinandergewirbelt. Im Wochentakt sind in den Medien Meldungen von Gas- und Stromlieferanten zu lesen und die Stimmen aus der Branche mehren sich, dass die Preisexplosion der vergangenen Monate an den Börsen nicht spurlos an der Marktrolle des Lieferanten und auch der Branche gesamt vorbeigehen wird. Umso interessanter ist es daher, einen Blick nach vorne zu wagen und sich die Frage zu stellen, ob es sich bei der Entwicklung im letzten Jahr um einen einmaligen Jahreseffekt handeln könnte oder uns langfristig hohe Energiepreise an der Börse drohen.

Zwar sind Energiepreise schwer kalkulierbar, da eine Vielzahl von Faktoren und psychologische Entscheidungen des menschlichen Individuums eine Rolle spielen, jedoch könnte der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition vom Dezember 2021 einen möglichen Hinweis darauf geben, welche Energieträger maßgeblich den Strompreis beeinflussen könnten. Hierbei dürfte eine wesentliche Fragestellung sein, ob ein ausreichendes Angebot an elektrischer Energie gegeben ist, um die Nachfrage am Markt abzudecken. Ausschlaggebender Faktor dürfte hier die Menge der erzeugten Arbeit und somit weniger die installierte Leistung der Erzeugungsanlagen sein. Die Gesamterzeugungsleistung setzt sich dabei aus der bereits vorhandenen Leistung, den geplanten abzuschaltenden Erzeugungsleistungen sowie den bis 2030 neu zu errichtenden Leistungen zusammen. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Blogbeitrag genauer mit den künftigen Ausbauzielen des Koalitionsvertrags beschäftigen und was diese für die Energiewirtschaft hinsichtlich des Strommixes und möglichen Auswirkungen auf den Energiepreis bedeuten könnten. Wir können zwar auch hier nur in die Glaskugel schauen, trotzdem soll der Blogbeitrag einmal den Blick über den Tellerrand werfen und potenzielle Fragestellungen aufzeigen.

Die Rahmenbedingungen: Abschalt- und Ausbauziele bis 2030

Insgesamt hat sich die neue Regierung ein sportliches Ziel mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 gesetzt. Ausgangspunkt ist eine Anhebung der Strombedarfsprognose auf ca. 680-750 TWh bis zum Jahr 2030. Diese ergibt sich aus der zunehmenden Elektrifizierung des Energiemarktes. Durch die Anhebung steigt der Bedarf der absolut zu installierenden regenerativen Erzeugungsleistung an. Gleichzeitig wird das Ausbauziel für Erneuerbare Energien von 60 % auf 80 % angehoben sowie am Atomausstieg festgehalten. Sofern möglich soll außerdem der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen werden. Das Delta soll möglichst durch Erdgaskraftwerke gedeckt werden.

Die zu installierende regenerative Leistung soll nach den Plänen der Regierung größtenteils durch Windkraft- und PV-Anlagen gedeckt werden. Biomasse, Wasserkraft und Geothermie spielen eine untergeordnete Rolle. Um das Ziel von 80 % EE bis 2030 zu erreichen, ist nach Angaben des Koalitionsvertrags eine PV-Leistung von ca. 200 GW erforderlich. Parallel sollen die ausgewiesenen Flächen für On-Shore-Windkraftanalagen zum jetzigen Zeitpunkt verdoppelt werden (2 % der Landesfläche). Da aktuell eine PV-Leistung von ca. 55 GW installiert ist, bedeutet dies einen Ausbau von 150 GW bis 2030. Durch die Verdopplung der Flächen für Windkraftanlagen ist auch hier eine Verdopplung der Erzeugungsleistung anzunehmen. Somit steht der Energiewirtschaft eine immense Herausforderung bevor. Es geht darum, Erzeugungskapazitäten auszubauen, eine höhere Nachfrage zu decken, den Rückgang des EE-Anteils von 2021 am deutschen Strommix wieder zu kompensieren und die geplanten Ausstiege aus der Kohle- sowie Kernenergie zu substituieren.  

Erdgas-Comeback als mögliches Szenario

Legt man die Ausstiegs- und Ausbauziele auf eine zeitliche Achse bis 2030 ergibt sich ein sportliches Ausbauszenario. Denn wir müssten in knapp der Hälfte der Zeit als bislang angenommen den Ausbau der PV-Leistung verdreifachen und die Windenergieleistung verdoppeln. Berücksichtigt man, dass die Errichtung einer Erzeugungsanlage nicht von heute auf morgen passieren kann und umfangreiche Genehmigungsverfahren erforderlich sind, verkürzt sich der Zeitraumpfad zur Errichtung der geplanten Anlagenleistung immens. Unter der Annahme, dass mit dem Bau für eine PV-Freiflächenanlage nach maximal einem Jahr begonnen werden kann, dürften die ersten Anlagen zur Beschleunigung des Ausbaus in 2023 verfügbar sein. Somit blieben Deutschland maximal sieben Jahre für die Verdreifachung der PV-Leistung. Hinzu kommen noch weitere Faktoren, wie anhaltende Materialknappheit, potenzielle Engpässe auf Ebene des öffentlichen Versorgungsnetzes oder der Fachkräftemangel, der zu einem Verzug der zu installierenden Anlagen führen könnte.

Problematischer sieht es bei der Windkraft aus, da die durchschnittliche Genehmigungsdauer bei 5 Jahren liegt. Da die zusätzlichen Freiflächen für Windkraftanlagen an Land noch entwickelt werden müssten, könnte sich der Errichtungszeitpunkt auch noch weiter nach hinten verschieben. Geht man von dem Durchschnittswert von 5 Jahren aus, bedeutet dies, dass die ersten zusätzlich geplanten Anlagen ab 2027 stehen würden. Dies bedeutet, dass die zusätzlich geplanten Kapazitäten innerhalb von 3 Jahren realisiert werden müssten. Hinzu kommt am Markt eine regelmäßige Unterdeckung bei den Auktionsverfahren. Somit reicht es nicht aus, nur die Ausschreibungsmengen zu erhöhen, sondern die Rahmenbedingungen sind ebenfalls zu verbessern.

Zwar steht im Koalitionsvertrag auch, dass neue Regularien für die Genehmigung regenerativer Erzeugungsanlagen geschaffen werden sollen, allerdings wurde dieses Problem auch in vergangenen Koalitionsverträgen thematisiert, weswegen die genauen Maßnahmen der Regierung abzuwarten sind. Außerdem benötigen auch diese Maßnahmen Zeit, weswegen damit zu rechnen ist, dass das Jahr 2022 mindestens für die Umsetzung der regulatorischen Rahmenbedingungen benötigt wird.

Somit sollte eine Nichterreichung der Ausbauziele bis 2030 durchaus als mögliches Szenario mitgedacht werden. Da am Atomausstieg und Kohleausstieg weiter festgehalten wird, dürfte das sich ergebende Delta nur durch Erdgaskraftwerke decken lassen, welches mit einer Verfehlung der regenerativen Ausbauziele zunehmend größer wird. Da der Energieträger Erdgas primär für andere Sektoren wie z. B. dem Gebäudesektor zur Bereitstellung von Wärme anstatt zur Erzeugung von elektrischer Energie verwendet wird, dürfte die Nachfrage nach Erdgas in den nächsten Jahren ansteigen. Vor allem dann, wenn die Ziele der Gebäudesanierung wie in den letzten Jahren stetig verfehlt werden. Alternativ ist natürlich auch ein Import von elektrischer Energie aus den europäischen Nachbarstaaten möglich.

Veränderung der Rahmenbedingung durch die Sektorenkopplung

Durch die zunehmende Bedeutung des Energieträgers Erdgas für den Stromsektor, vor allem dann, wenn die Ausbauziele der Regierung verfehlt werden sollten, ist auch der Erdgasbedarf in weiteren Sektoren zu berücksichtigen. Wesentliches Augenmerk liegt dabei vor allem auf dem Gebäudesektor und damit der Bereitstellung von Wärme. Auch hier lässt sich ein Trend beobachten, bei dem der konventionelle Energieträger Erdgas durch den regenerativen Energieträger in Form von grünem Wasserstoff ersetzt werden soll.

Im Gegensatz zu Windkraft und Photovoltaik gibt es für den grünen Wasserstoff noch keinen funktionierenden Markt. Vielmehr befindet sich dieser mit der Schaffung der regulatorischen Rahmenbedingungen noch in der Errichtung. Da die aktuell geplanten inländischen Elektrolysekapazitäten zur Erzeugung von grünem Wasserstoff im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie gerade einmal ausreichen, den heutigen Industriebedarf an Wasserstoff zu decken, ist noch nicht absehbar, inwieweit eine Substitution von Erdgas durch grünem Wasserstoff gelingen kann. Es müssten also größere Wasserstoffmengen importiert werden, so wie es bereits in den Strategien des Netzausbaus bei den FNBs vorgesehen ist, auch wenn der Koalitionsvertrag den Bedarf durch inländische Elektrolysekapazitäten decken möchte. Die Basis für den Import sind Wasserstoffkooperationen mit Drittstaaten, wie sie bereits heute von der Bundesregierung ausgehandelt werden bzw. abgeschlossen wurden.

Allerdings befinden sich diese Länder ebenfalls noch im Aufbau einer eigenen Wasserstoffinfrastruktur. Hinzu kommen politische Spannungen mit Deutschland, die den Abschluss einer Wasserstoffkooperation verhindern, wie z. B. mit Marokko, oder ungünstige geografische Bedingungen, denn für die Erzeugung von Wasserstoff werden große Mengen an Wind- oder Sonnenenergie benötigt. Problematisch ist dies vor allem in trockenen Regionen. Hier ist das Stromangebot zwar gegeben, es mangelt aber an Wasser zur Produktion des Wasserstoffes. So benötigt die Produktion von 1 kg Wasserstoff ca. 9 Liter Wasser.

Dass langfristig über 2030 hinaus der Trend zu grünen Gasen gehen wird, ist jedoch mit dem zweiten Teil des EU-Klimapakets „Fit-für-55“ absehbar, das Mitte Dezember von der EU-Kommission als Diskussionsgrundlage vorgestellt wurde. Daher sollte für 2030 mit zwei Szenarien geplant werden. Das eine Szenario sollte von einem geringen Wasserstoffanteil ausgehen, wodurch ein großer Bedarf an Erdgas sektorübergreifend zu erwarten ist. In einem zweiten Szenario könnte ein relevanter Anteil des Erdgases durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Da der Primärenergieanteil in Deutschland zu einem großen Anteil noch durch Erdgas gedeckt wird, ist mindestens von einem relevanten Erdgasbedarf in Deutschland auszugehen.

Fazit – Der Handlungsrahmen muss 2022 kommen

Ob es am Ende im Jahr 2030 durch die Rahmenbedingungen des Koalitionsvertrages zu einem Comeback des Energieträgers Erdgas kommt, bleibt abzuwarten. Was jedoch bei diesem Blogbeitrag bleibt, ist die Feststellung, dass die Ausbauziele und Klimaschutzpläne des Gesetzgebers auf der normativen Ebene hinsichtlich der Operationalisierung kritisch zu hinterfragen sind. Will der Gesetzgeber die Ausbauziele für regenerative Erzeugungsleistung tatsächlich erreichen, wird eine kleine Anpassung des regulatorischen Handlungsrahmens kaum ausreichen. Im Hinblick auf die teilweise langen Realisationspfade, z. B. für Windkraftanlagen, muss 2022 das Jahr der Weichenstellungen sein. Ansonsten ist auf jeden Fall von einem Scheitern der Ausbauziele auszugehen. Ein Comeback des Erdgases wäre, bedingt durch den Ausstieg der übrigen konventionellen Energieträger, zunehmend wahrscheinlicher.

Welche Rolle Wasserstoff bei dieser Entwicklung mittelfristig bis 2030 spielen wird, ist schwer absehbar. Zum einen, weil die Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene bis mindestens Mitte des Jahres benötigen werden, der Markt erst entwickelt werden muss und die deutschen Ausbauziele mit einer 10 GW Elektrolyseleistung noch zu gering sind, um den Energieträger Erdgas substituieren zu können. Zum anderen gibt es die aktuell noch fehlende Menge an grünem Wasserstoff auf dem Weltmarkt. Da die Nachfrage nach grünem Wasserstoff vermutlich zu Beginn und evtl. bis 2030 hoch sein wird und das Angebot gering ist, dürften die Preise dementsprechend hoch sein. Sollten die Ausbauziele verfehlt werden und gleichzeitig die weltweite Nachfrage nach grünem Wasserstoff und Erdgas steigen, ist mit einem hohen Preisniveau zu rechnen. Die aktuellen Energiepreise für Strom und Gas an den europäischen Energiebörsen könnten daher nicht nur eine Jahresfliege sein, sondern sich mittelfristig etablieren, bis eine vollständige Transformation des Energiesystems bis 2045 erreicht ist.

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Grüne Fernwärmenetze – Die Herausforderung der Transformation der Wärmenetze

Grüne Fernwärmenetze: Klimaziele 2045

Die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft zur Erreichung der Klimaziele stellt eine der zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft da. Nach dem neuen Klimaschutzgesetz bedeutet dies die Erreichung der Treibhausgasneutralität für Deutschland bis zum Jahr 2045. Eine gewaltige Herausforderung, wenn man einen Blick auf den aktuellen deutschen Primärenergiebedarf wirft, der gerade einmal zu ca. 20 % mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Um in den nächsten gut 20 Jahren die Umstellung von 20 auf 100 % zu erreichen, ist eine grundlegende Transformation aller Energiesektoren erforderlich. Hierbei liegt der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung meist nur auf der Sparte Strom, die bereits mit über 50 % einen hohen EE-Anteil aufweist.

Ein Großteil des Energiebedarfs in Deutschland entsteht jedoch in den Sektoren Verkehr und Wärme. Neben dezentralen Heizungssystemen wurden in den letzten Jahrzehnten in Deutschland eine Vielzahl von Fernwärmenetzen errichtet, die eine Vielzahl von Verbrauchern über eine oder mehrere zentrale Wärmeerzeugungsanlagen mit Energie versorgen. Dabei erfolgt die Energieerzeugung meist konventionell. Zur Erreichung der Klimaziele ist jedoch auch im Bereich der Fernwärme eine Transformation hin zu grünen Fernwärmenetzen erforderlich.

Zur Erreichung von grünen Fernwärmenetzen stehen die Betreiber der Netze vor unterschiedlichen Herausforderungen und sind mit unterschiedlichen, lokalen Klimazielen über unterschiedliche Zeitachsen bis zum Jahr 2045 konfrontiert. Die Festlegung zur Erreichung der grünen Fernwärme erfolgt meist über einen Mehrebenenansatz. Zum einen über die Festlegung auf Bundesebene, dass der Enegiesektor bis 2045 keine Emissionen mehr ausstoßen darf, sowie auf lokaler Ebene, wo bereits schärfere Klimaziele gelten können.

Im Rahmen dieses Blogbeitrags wollen wir uns einmal näher anschauen, welchen strategischen und operativen Herausforderungen ein Fernwärmenetzbetreiber zur Erreichung des grünen Fernwärmenetzes gegenübersteht und welche ersten Projekte in der Kundenwelt der items GmbH umgesetzt werden.

Grüne Fernwärmenetze: strategische Herausforderungen

Auf strategischer Ebene stehen die Fernwärmenetzbetreiber vor mindestens drei verschiedenen Herausforderungen, die es zur Umsetzung eines grünen Fernwärmenetzes zu erreichen gilt. Wichtigster Baustein ist die Umstellung der meist noch konventionellen Erzeugung auf Erneuerbare Energien. Dies ist zum einen notwendig, um die Klimaziele auf bundes- oder lokaler Ebene zu erreichen, aber auch den stetigen Energiepreisanstieg für den Kunden zu begrenzen. Denn durch die Einführung eines steigenden CO2-Preises für den Sektor Wärme mit der Einführung des BEHG im Jahr 2021 ist für jede emittierte Tonne CO2 ein Aufschlag auf den Energiepreis zu erheben. Steigende CO2-Zertifikatspreise, verbunden mit einer konventionellen Wärmeerzeugung führen demnach zu jährlich steigenden Preisen. Die Umstellung auf Erneuerbare Energien ist somit ein Muss, auch um die steigenden Kosten der Letztverbraucher zu begrenzen.

Eine der meistgestellten Fragen auf den Weg zu grünen Fernwärmenetzen ist jedoch, wie die Umstellung auf Erneuerbare Energien erfolgen soll. Als Erzeugungstechnologien stehen den Fernwärmenetzbetreibern meist Solarthermie-, Biogasanlagen und Wärmepumpen in Form von Geothermieanlagen zur Verfügung. Für größere Solarthermieanlagen, die ein konventionelles Kraftwerk ersetzen müssen, fehlen jedoch meist die Flächen. Ähnliches gilt für Biogasanlage, die über ausreichend Anbauflächen für die Bereitstellung des Substrats verfügen müssen. Da sich Fernwärmenetze aber meist im städtischen Raum befinden, ist eine ausreichende Fläche Mangelware. Tiefen-Geothermie ist hingegen sehr kapitalintensiv und Bedarf langer Vorstudien, um geeignete Punkte zur Erzeugung der Wärme zu finden.

Eine Alternative könnte auch die Nutzung von Abwärme aus dem Industriebereich darstellen, die jedoch nicht in allen Netzgebieten ausreichend vorhanden ist. Somit stehen viele Fernwärmenetzbetreiber vor der Herausforderung, über wenige bis keine Optionen zur Umstellung auf Erneuerbare Energien zu verfügen. Somit steht das Thema der Energieeffizienz im Vordergrund, um durch geringeren Wärmebedarf eine geringere Erzeugungsleistung zu erzielen. Hierfür ist es wichtig, das Fernwärmenetz transparent zu machen und den operativen Betrieb zu optimieren.

Herausforderungen für Fernwärmenetzbetreiber

Grüne Fernwärmenetze: operative Herausforderungen

Das Grundproblem der Fernwärme stellt die in der Praxis oft noch fehlende Informationsbasis dar. Das Fernwärmenetz wird meist als Blackbox betrieben. Informationen gibt es häufig nur an den Erzeugungspunkten und an einzelnen ausgewählten Messpunkten im Netz. Ein Monitoring aller Wärmeübergabestationen und Werte der Vor- und Rücklauftemperaturen findet nicht statt. Aus diesem Grund steuern Fernwärmenetzbetreiber ihre Netze meist blind und oft mit zu hohen Vorlauftemperaturen (auch um die Bildung von Legionellen im Netz zu verhindern), wodurch der Primärenergiebedarf steigt. Grüne Fernwärmenetze können jedoch nur erreicht werden, wenn die Energieeffizienz des Netzes massiv gesteigert wird.

Ein Absenken der Vor- und Rücklauftemperaturen, wie auch eine Minimierung der Hilfsenergiekosten, wie z. B. den Stromeinsatz für die Pumpen, sind auf das Minimum zu reduzieren, das eine Versorgungssicherheit des Kunden weiterhin sicherstellt. Voraussetzung hierfür ist der Ausbau von Sensoren im Netz und das Monitoren wichtiger Assets wie z. B. Wärmemengenzähler, die bislang nur einmal pro Jahr im Rahmen der Verbrauchsmengenermittlung zur Erstellung der Abrechnung ausgelesen werden. Die zusätzlichen Informationen können z. B. in Form einer Wärmemengenprognose genutzt werden, um die richtige Erzeugungsleistung für den jeweiligen Tag bereitzustellen. Aber es können auch die Auswirkungen von sich verändernden Anschlussleistungen auf die Effizienz des Wärmenetzes analysiert werden. Die neue AVBFernwärmeV gibt dem Kunden das Recht, seine Anschlussleistung selbst zu minimieren.

Durch eine Analyse des Wärmebedarfs und das Monitoring der Wärmemengenflüsse in Echtzeit wird es zum einen ermöglicht, eine Produktionsoptimierung durchführen, die Gaslastspitzen vermeidet und so effektiv Netzentgelte einspart, und zum anderen Erzeugungsanlagen im Sektorenkopplungsbereich besser zu vermarkten, indem die Wärme- und Stromerzeugungskapazitäten unter Berücksichtigen der Preissignale und Gestehungskosten miteinbezogen werden. Hinzu kommt die Möglichkeit, das Netz auf Leckagen zu analysieren, um den Verlust von Wärmeenergie zu vermeiden, aber auch die Kosten für die zusätzliche Aufbereitung des Wassers als Transportmedium zu senken.

Grüne Fernwärmenetze: Zwischenfazit

Unter Betrachtung der strategischen und operativen Herausforderungen ist die Umstellung konventioneller Fernwärmenetze auf grüne Fernwärmenetze eine vielschichtige Herausforderung und abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Einzelne Fernwärmenetzbetreiber verfügen über die Kapazitäten, größere EE-Erzeugungsanlagen zu errichten oder industrielle Abwärme im großen Maßstab zu benutzen, andere aber nicht. Grundvoraussetzung für grüne Fernwärmenetze ist jedoch immer das Auflösen der Blackbox Fernwärme und die Generierung zusätzlicher Informationen, so dass ein Echtzeitmonitoring der Wärmemengenflüsse ermöglicht wird. Die Steigerung der Energieeffizienz bildet eine zentrale Grundlage zur Erreichung grüner Fernwärmenetze, da ein geringerer Primärenergiebedarf mit einer geringeren EE-Erzeugungsleistung gedeckt werden kann.

Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung sich zum aktuellen Zeitpunkt noch auf die Sparte Strom konzentriert, ist davon auszugehen, dass sich dies im Zuge der erforderlichen Transformation des gesamten Energiesystems in Deutschland auf die Fernwärme erweitern wird. Kommunale Beschlüsse, dass ein Mindestanteil grüner Fernwärme bis 2030 erreicht werden muss, nimmt tendenziell eher zu. Darum ist es bereits heute erforderlich, dass sich Fernwärmenetzbetreiber damit beschäftigen, wie in den nächsten Jahren das Ziel eines grünen Fernwärmenetzes erreicht werden kann. Gerade unter dem Blickwinkel der langen Investitionszyklen im Bereich Fernwärme sind Investitionsentscheidungen bereits heute unter dem Aspekt der Klimaneutralität zu treffen. Entsprechend neuer gesetzlicher Anforderungen, wie z. B. die FFVAV, welche die verpflichtende Fernauslesbarkeit von Wärmemengenzähler vorsieht, sollte bereits heute so geplant werden, dass nicht nur die Abrechnung in einer höheren Frequenz erfolgt, sondern die zusätzlichen Daten zur Optimierung des technischen Betriebs des Netzes genutzt werden.

Ausblick in die Praxis

In der Praxis sind im Bereich der Fernwärme unterschiedliche Strategien der Fernwärmenetzbetreiber hin zu grünen Fernwärmenetzen zu beobachten. So setzen größere Fernwärmenetzbetreiber wie Vattenfall in Berlin auf den Einsatz von Smart Metern, Wasserstofferzeugungsanlagen und die Nutzung von Abwärme im größeren Maßstab. Dies ist jedoch mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden. Viele Fernwärmenetzbetreiber stehen jedoch noch vor der Aufgabe und der Ausgangsfrage, wie sinnvoll mit einer Optimierung der Fernwärmenetze begonnen werden kann.

Im Kundenkreis der items GmbH sind vor allem Projekte im Bereich des Echtzeitmonitorings zu beobachten, um im ersten Schritt die Transparenz im Fernwärmenetz zu steigern. So setzen bereits einige Kunden LoRaWAN-Wärmemengenzähler ein, um die Anforderungen der FFVAV zu erfüllen und gleichzeitig die Daten zur Netzoptimierung zu nutzen. Mit den SW Iserlohn wurde 2021 ein umfangreiches Softwareentwicklungsprojekt mit dem Namen Grid Insight: Heat durchgeführt, das Daten aus unterschiedlichen Systemen konsumiert und den Stadtwerken eine Wärmemengenprognose sowie Produktionsoptimierung bereitstellt. Durch die Vermeidung von Lastspitzen und die Erstellung von Erzeugungsfahrplänen auf Basis der Prognosen und Kostenfunktionen konnten bereits früh Einsparungen im höheren Bereich erzielt werden. Die zusätzliche Bereitstellung einer Monitoringlösung unterstützt dabei den Transformationsprozess.

Insgesamt hat sich in den letzten 12 Monaten bei unseren Kundenprojekten im Bereich Fernwärme gezeigt, dass eine Vorgehensweise zur Steigerung der Transparenz im Fernwärmenetz, verbunden mit zusätzlichen Werkzeugen wie einer Wärmemengenprognose oder Produktionsoptimierung, einen ersten guten Schritt zur Erreichung des Ziels grüne Fernwärmenetze darstellt. Der Primärenergiebedarf kann gesenkt und ein besseres Netzverständnis erreicht werden, auf dessen Basis Investitionsentscheidungen für die Erreichung eines grünen Fernwärmenetzes getroffen werden können.

Über das Projekt Grid Insight: Heat werden wir demnächst in einem weiteren Blogbeitrag berichten. Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog.

LoRaWAN-Anwendungsfälle – ein 360°-Schnelldurchlauf

LoRaWAN – Welche Themenfelder sind geeignet?

Die Suche nach den richtigen LoRaWAN-Anwendungsfällen beschäftigt aktuell viele EVUs, die ein LoRaWAN-Netz betreiben oder eine Errichtung planen. Hier steht für die EVUs die Frage im Raum, welche Anwendungsfälle geeignet sind oder bereits umgesetzt wurden. Die Auswahl der Themenfelder ist an dieser Stelle groß und reicht von der internen Prozessoptimierung, dem Aufbau städtischer Smart-City-Anwendungen bis zu neuen Geschäftsfeldern für B2B-Kunden. Um etwas mehr Licht in den Dschungel der Anwendungsfelder zu bringen, wollen wir in diesem Blogbeitrag einen groben Überblick geben. Hierzu gehen wir auf ausgewählte Anwendungsfälle in den einzelnen Energiesparten und den Bereich Smart City ein:

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.1: Fernwärmeoptimierung

Viele EVUs beschäftigen sich mit dem Aufbau, dem Betrieb oder der Wartung eines oder mehrerer Fernwärmesysteme. Dieses umfasst zum einen die Netz- und zum anderen die Erzeugungsinfrastruktur. Die Infrastruktur ist ähnlich wie andere Energieversorgungsnetze über Jahrzehnte entstanden und wird größtenteils anhand der Expertise der vorhandenen Mitarbeiter betrieben. Ähnlich wie in den Verteilnetzen der Sparte Strom werden Fernwärmenetze wie eine Blackbox betrieben. Mit Ausnahme der Informationen rund um die Erzeugungsanlagen und einigen Messpunkten im Netz erfolgt der Betrieb und die Steuerung des Netzes größtenteils blind. Die Folge sind oft zu hohe Vor- und Rücklauftemperaturen, verbunden mit einem zu hohem Primärenergieeinsatz.

An dieser Stelle kann der LoRaWAN-Anwendungsfall Fernwärme mit einer höheren Transparenz im Fernwärmenetz unterstützen. So können LoRaWAN-Wärmemengenzähler im Netz installiert werden. Diese liefern eine zusätzliche Datenbasis über die Vor- und Rücklauftemperaturen sowie Volumenströme. Mit einer ausreichenden Anzahl   Wärmemengenzählern im Netz können die Vorlauftemperaturen im Netz analysiert, die Verletzung von Grenzwerten der Vor- und Rücklauftemperaturen erkannt und der Einsatz von Primärenergie gesenkt werden. Allein durch die potenzielle Senkung und Verlagerung von Gaslastspitzen auf Basis der neuen Daten können Fernwärmenetzbetreiber hohe finanzielle Einsparungen erzielen. Außerdem können die zusätzlichen Messdaten im Rahmen der monatlichen Abrechnung bzw. Abrechnungsinformation zur Erfüllung der regulatatorischen Anforderungen der FFVAV genutzt werden.

Mit dem Tool Grid Insight: Heat, das die items GmbH zusammen mit den Stadtwerken Iserlohn entwickelt hat, können die LoRaWAN Daten mit anderen Daten aus Drittsystemen, wie z. B. der Netzleitwarte, verschnitten und eine Wärmemengenprognose sowie eine Produktionsoptimierung des Netzes erzielt werden. Das integrierte Echtzeitmonitoring visualisiert zusätzlich die Daten der LoRaWAN-Sensorik unter Berücksichtigung der GIS-Daten.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Fernwärme

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.2: Wohnungswirtschaft

Neben der Optimierung von Fernwärmenetzen stellt die Wohnungswirtschaft einen weiteren LoRaWAN-Anwendungsfelder dar. Seit dem Beschluss des MsbG und der Möglichkeit, seit dem 1. Januar der Wohnungswirtschaft ein Angebot zur Mehrspartenablesung über das SMGW zu ermöglichen (§6 MsbG), ist das Geschäftsfeld Wohnungswirtschaft in den Fokus der Stadtwerke gerückt. Dabei kann LoRaWAN beispielsweise als Zusatzdienstleistung angeboten werden. Hier bietet es sich z. B. an, Rauchwarnmelder und deren Batteriestand zu überwachen. Ein jährlicher Test ist in diesem Fall dann nicht mehr notwendig. Auch bietet es sich an, LoRaWAN zum Auslesen von Zählern einzusetzen.

Da die meisten Verbrauchspunkte dezentral in einem Objekt verteilt sind, ist das Ziehen von Kabeln von der Messeinrichtung zum SMGW aus technischer Sicht sehr aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Hier bietet sich der Einsatz von LoRaWAN im LMN an, um die Messeinrichtungen per LoRaWAN an das SMGW anzuschießen. Die Daten können dann über die WAN-Schnittstelle des SMGW an das Abrechnungssystem weitergeleitet werden. Neben der Möglichkeit die Messwerte über das SMGW zu übermitteln kann LoRaWAN für Haushaltskunden, die nicht den Anschlusspflichten des MsbG unterliegen, als System zur Kundenselbstablesung dienen. Statt dem Kunden Karten zur Selbstablesung zu übermitteln, kann der Kunde eine Nachricht über den Verbrauchsstand erhalten und diesen bestätigen. Eine Abrechnung als System zur Kundenselbstablesung nach §40a EnWG ist in diesem Fall möglich.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Wohnungswirtschaft& Submetering

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.3: Submetering

Ein weiterer LoRaWAN-Anwendungsfall ist das Submetering. Statt Messsysteme jährlich oder wie in Zukunft vom EnWG für einzelne Sparten gefordert unterjährig auszulesen und die Verbrauchsmenge vor Ort nach dem Turnschuhprinzip zu erfassen, ist eine Verbrauchsmengenerfassung auch über LoRaWAN möglich. Ob und in welchen Fällen eine Anschlusspflicht an das intelligente Messsystem besteht, haben wir bereits in einem anderen Blogbeitrag ausführlich dargestellt. Für einen Großteil der Sparten gilt dies jedoch nicht, weswegen der Einsatz von LoRaWAN-Zählern möglich ist.

Da es sich bei der Ablesung von Zählern um einen Massenprozess handelt, bei der eine Vielzahl von Verbrauchsständen erhoben wird, die es abzurechnen gilt, ist eine manuelle Bearbeitung der Daten zur Abrechnung weniger geeignet. Auch eignet sich der Einsatz einer IoT-Plattform zur Sicherstellung der Abrechnung weniger. Vielmehr sind die abrechnungsrelevanten Messwerte dem Fachsystem, also dem bereits bestehenden Billing-System, zu übergeben. Hier lässt sich z. B. die IoT ERP Bridge der items nutzen. Diese nimmt die Verbrauchswerte entgegen und stellt diese dem Abrechnungssystem zur Verfügung. Die Abrechnung kann so wie gewohnt im Fachsystem völlig automatisiert erfolgen.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Submetering mit der IoT-ERP-Bridge

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.4: Liegenschaftsmonitoring

Ein klassischer LoRaWAN-Anwendungsfall stellt das Liegenschaftsmonitoring dar. Hier geht es sowohl um die Überwachung von einzelnen Assets, wie z. B. Türen oder Fenstern, als auch das Raumklima-, Schlüssel- oder Energiemanagement. So wird u. a. Hausmeistern oder Energiemanagern ein Werkzeug an die Hand gegeben, über das sie mehr Informationen über die zu verwaltenden Liegenschaften erhalten. Ein Beispiel für ein Liegenschaftsmanagement zeigt die folgende Abbildung der Fa. Digimondo. So kann ein Hausmeister in Hamburg mit einer Lösung zum Monitoring von Liegenschaften seine Arbeitsplanung optimieren.

Hierzu zählt z. B. das Überprüfen von geschlossenen Türen und Fenstern aus der Ferne. Darüber hinaus ist aber auch ein Schlüsselmanagement von Turnhallen möglich. Oft werden Sportstätten von unterschiedlichen Nutzergruppen genutzt. Hier können intelligente LoRaWAN-Türschlösser genutzt werden, mit der die Nutzer Türen zu bestimmten Uhrzeiten öffnen können. Eine manuelle Übergabe von Schlüsseln ist so nicht mehr notwendig. Die Lösung wäre z. B. auch für die Verwaltung von Schlüsseln mit dem Zugang zu Ortsnetztrafostationen von Netzbetreibern möglich.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Liegenschaftsmonitoring Teil 2

Des Weiteren kann die LoRaWAN-Sensorik auch zur Überwachung des Raumklimas eingesetzt werden. Hier haben sich gerade durch Corona unterschiedliche Systeme zur Überwachung des CO2-Gehalts in der Luft in Form eines Meldesystems etabliert. Das Ziel dieser Systeme ist es, ein rechtzeitiges Lüften zu signalisieren, da eine Korrelation zwischen dem CO2-Gehalt in der Luft und der Übertragbarkeit der Corona-Viren festgestellt wurde. Über diesen Anwendungsfall haben wir bereits im Blogbeitrag zur Covid-Ampel berichtet.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Liegenschaftsmonitoring Teil 2

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.5: Mikroklimamanagement

Wetterdaten stellen eine der wichtigsten Informationen für EVUs dar. Mit ihnen korreliert der Wärmebedarf im Fernwärmebereich. Außerdem lassen sich Auswirkungen von Starkregenereignissen im Abwassernetz oder ähnliche Zusammenhänge analysieren. Wetterdaten bilden dabei oft ein Fundament, das für die Umsetzung von Prognose- und KI-Anwendungsfällen erforderlich ist. In der Praxis werden hierfür die Daten von Wetterstationen des DWDs genutzt. Die Messstationen sind jedoch für lokale Analysen meist zu weit entfernt. So befindet sich z. B. die Wetterstation für die Stadt Münster am Flughafen Münster Osnabrück. Die Folge sind ungenaue Wetterdaten, da die Wetterstation zu weit vom Anwendungsgebiet entfernt ist, und damit schlechtere Prognoseinformationen, die mit besseren Wetterdaten behoben werden könnten. Auch kann die Erkennung von Mikroklimaereignissen, wie z. B. Starkregen, durch lokale Wetterstationen besser und schneller erfolgen.

Hier bietet sich der LoRaWAN-Anwendungsfall Mikroklimamanagement an. LoRaWAN-Wetterstationen können hierbei im Stadtgebiet installiert werden. Zwar entsprechen die Wetterstationen nicht den gleichen Qualitätsstandards wie die des DWD, allerdings kann auch mit günstigen Sensoren und einer höheren Daten-Quantität eine solide Informationsbasis bezgl. des eigenen Mikroklimas im Versorgungsgebiet geschaffen werden. Gleichzeitig können die Daten von der Stadt im Rahmen der Stadtentwicklung genutzt werden. Ein Beispiel für ein Projekt zur Umsetzung dieses LoRaWAN-Anwendungsfalls wurde in der Stadt Soest mit der IoT-Plattform der items im Rahmen des Projekts der Bürgerwolke umgesetzt. Hierfür wurden 100 Low-Cost-Sensoren in der Stadt verbaut, um Informationen über Niederschläge, Windstärke und Globalstrahlung zu erfassen. Die Daten sollen zur Optimierung der Stadtplanung im Zuge des Klimawandels genutzt werden.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Mikroklimamanagement Teil 1
LoRaWAN-Anwendungsfall: Mikroklimamanagement Teil 2

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.6: Bodenfeuchtemessung

Die Zunahme von Hitzeperioden stellt eine zunehmende Herausforderung für Grünanlagen und Bäume im Stadtgebiet dar. Über Informationen, welche Pflanzen und Bäume am meisten unter der Trockenheit leiden, verfügen die Städte aber in der Regel nicht. Dabei sind die Kosten für Baumsetzlinge nicht unrelevant und können schnell einen vierstelligen Betrag pro Baum erreichen. Ein Monitoring relevanter Punkte im Stadtgebiet hinsichtlich des Status der Bodenfeuchte kann mit dem Einsatz von Bodenfeuchtemesssystemen, die LoRaWAN unterstützen, erreicht werden. Dies wurde z. B. von den Stadtwerken Bielefeld umgesetzt, die 2 Sensoren in der Bielefelder Promenade installiert haben sowie 13 weitere an 7 Standorten in der Stadt, um die Bodenfeuchtigkeit und auch die -temperatur zu überwachen. Für einen Rollout werden ca. 100 Sensoren an 50 Standorten benötigt. Die Datenübermittlung erfolgt täglich, so dass die Stadt schnell einen Überblick darüber erhält, an welchen Stellen eine Bewässerung der Bäume und Grünanalgen erforderlich ist. Die Folgen sind ein gezielter Einsatz der städtischen Mitarbeiter und eine Bewässerung an den kritischen Stellen in der Stadt.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Bodenfeuchtemonitoring

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.7: Gewässermonitoring

Das Gewässermonitoring ist ein weiterer LoRaWAN-Anwendungsfall. Durch steigende Temperaturen können Gewässer umkippen, auch Schadstoffen im Gewässer z. B. durch die Landwirtschaft, schaden ihnen. In solchen Fällen kann ein Monitoringsystem bei der Überwachung der Gewässer helfen. Ein Beispiel wurde von der items GmbH mit der Stadt Münster im Rahmen des Aasee-Monitorings umgesetzt. Nachdem im Jahr 2018 der Aasee auf Grund starker Temperaturen umkippte und ein Fischsterben mit mehr als 20 Tonnen toter Fisch auslöste, wurde gemeinsam mit der Stadt Münster und weiteren Sponsoren ein System zur Überwachung des Aasees auf LoRaWAN-Basis installiert. Hierzu zählt u. a. die Überwachung der Temperatur, des Sauerstoffgehalts, der Trübung und etlicher weiterer Parameter hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Gewässermonitoring

LoRaWAN Anwendungsfall Nr.8: Pegelstandsmonitoring

Neben der Überwachung von Gewässern ist das Monitoring von Grundwassermessstellen mittels LoRaWAN-Pegelsonden ein weiterer LoRaWAN-Anwendungsfall. In der Praxis stehen Grundwassermessstellen über größere Distanzen im gesamten Trinkwasserversorgungsgebiet verteilt und werden monatlich nach dem Turnschuhprinzip vor Ort manuell ausgelesen. Die Messwerte sollen eine Indikation über die Entwicklung der Grundwasserpegelstände geben und bilden eine Basis für die späteren Trinkwasserförderrechte, die von der zuständigen Behörde zu genehmigen sind.

Um eine bessere Datenbasis zu erhalten, welche Auswirkungen z. B. der Klimawandel mit zunehmender Trockenheit auf die Messstellen hat, bietet sich der Einsatz von LoRaWAN-Pegelsonden an. Diese können die Höhe des Wasserstands, die Wassertemperatur und ggf. weitere Werte zur chemischen Zusammensetzung erfassen. Mit der automatischen, kontinuierlichen Messung von Grundwasserpegelständen entfällt außerdem die manuelle Messung vor Ort. Das zunehmend knappe Personal kann so an wichtigeren Stellen eingesetzt werden. Mit einer Integration der Messwerte der LoRaWAN-Pegelsonden über die IoT-Plattform der items in das System AquaInfo kann außerdem automatisch ein Report für die Behörde erstellt werden. Medienbrüche bei der Aufbereitung der Daten können so vermieden werden.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Pegelstandsmonitoring

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.9: digitaler Bienenstock

Ein klassischer Smart City LoRaWAN-Anwendungsfall stellt die Überwachung von Bienenstöcken dar. Da die Bienenstöcke meist über ein größeres Gebiet verteilt sind und der Imker sie regelmäßig überprüfen muss, bietet sich eine Überwachung mittels LoRaWAN-Sensorik an. Maßgebliche Werte sind die Temperatur im Bienenstock sowie das Gewicht. Bienen benötigen eine konstante Temperatur, um im Bienenstock überleben zu können. Die Waage zur Erfassung des Gewichts gibt u. a. Aufschlüsse über die An- und Abwesenheit der Bienen sowie die Honigproduktion und somit auch deren Gesundheitszustand. Der LoRaWAN-Anwendungsfall des digitalen Bienenstocks eignet sich dafür, aktiv das Thema Umweltschutz voranzutreiben. Über die genauen Umsetzungsmöglichkeiten und Mehrwerte erfahrt ihr in unserem bereits veröffentlichten Blogbeitrag zum digitalen Bienenstock.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Bienenstock

LoRaWAN-Anwendungsfall Nr.10: Trafostationsmonitoring

Einer der üblichen LoRaWAN-Anwendungsfälle ist das Monitoring von Trafostationen im Verteilnetz eines Stadtwerks. Ähnlich wie Fernwärmenetze sind Netzbetreiber auf der Ebene des Verteilnetzes blind. Ein Monitoring ist meist nur auf höheren Spannungsebenen vorhanden. Im Zuge der Energiewende im Verteilnetz erfolgt die Integration von EE-Anlagen und größeren Verbrauchern wie z. B. Ladeinfrastruktur für E-Autos jedoch zunehmend auf den unteren Spannungsebenen, weswegen eine höhere Informationsbasis gerade auch mit Blick auf die Netzplanung erforderlich ist.

Eine Datenbasis schaffen beispielsweise intelligente Messsysteme. Diese Daten reichen jedoch nicht aus, da nur eine geringe Anzahl von Haushaltskunden ein intelligentes Messsystem bekommen wird. Auch findet am Anschlusspunkt des SMGW nur ein Monitoring der Strom- und Spannungsflüsse am Übergabepunkt vom Netz zum Haushalt statt. Allerdings ist auch eine Messung in den kritischen Assets wie Ortsnetztransformatoren notwendig, um ein Gesamtbild über die Auslastung des Verteilnetzes zu erhalten. Aus diesem Grund bietet sich der Einsatz von LoRaWAN-Sensorik an. Ein Beispiel haben wir in einem separaten Blogbeitrag zum Netztrafo Node von Acafl BFi vorgestellt.

Außerdem lassen sich Sensoren zur Überwachung von Kurzschlussanzeigern in Trafostationen installieren. In der Praxis findet ein Monitoring oft nicht statt, weswegen im Zweifel alle in Reihe angeschlossenen Ortsnetztrafostationen einzeln angefahren werden müssen, um die Quelle des Fehlers zu identifizieren. Der hohe Fahraufwand hat eine hohe Bearbeitungszeit zur Folge, was sich negativ auf das Q-Element des Netzbetreibers auswirkt. Hier besteht eine Möglichkeit Kosten zu senken, allein schon wenn eine Überwachung der Kurzschlussanzeiger erfolgt und ein gezieltes Anfahren der Station möglich ist.

LoRaWAN-Anwendungsfall: Trafostationsmonitoring

Fazit

Wie an diesem Blogbeitrag ersichtlich wurde, ist die Umsetzungsvielfalt für LoRaWAN-Anwendungsfälle groß und reicht von der internen Prozessoptimierung bis zu Smart City-Anwendungsfällen. Die hier vorgestellten Anwendungsfälle können von EVU umgesetzt werden. Es existieren jedoch auch eine Vielzahl weiterer Anwendungsfälle für Sie. Es sollte beim Infrastrukturaufbau aber nicht die Erwartungshaltung bestehen, diese mit einem LoRaWAN-Anwendungsfall finanzieren zu wollen. Vielmehr ist die Infrastruktur als Ausgangsbasis zu sehen, auf der eine Vielzahl von Anwendungsfällen umzusetzen sind, wobei jeder Anwendungsfall seinen Beitrag zur Finanzierung leisten muss. Über die Möglichkeiten des Aufbaus eines LoRaWAN-Geschäftsmodells haben wir bereits in unserem Blogbeitrag LoRaWAN Geschäftsmodell – Die Möglichkeiten im Überblick berichtet.

Bei Fragen und Anregungen zu den einzelnen LoRaWAN-Anwendungsfällen sprecht uns gerne an. Wenn ihr Ideen für einen völlig neuen Einsatz habt und einen Umsetzungspartner benötigt, stehen wir gerne mit unserer Expertise zur Verfügung. Sollte euch der Blogbeitrag gefallen haben abonniert gerne unseren Blog.

Redispatch 2.0 Einführungsszenario: Umsetzung auf der Zielgeraden

Redispatch 2.0 Einführungsszenario: Hintergrund der Anwendungshilfe

Im Mai 2021 hat der BDEW eine Anwendungshilfe zum Thema Redispatch 2.0 Einführungsszenario veröffentlicht, das ab dem 01. Juli 2021 in die Umsetzung zur Vorbereitung des Starts zum 01. Oktober geht. Die vorliegende Anwendungshilfe Einführungsszenario des Redispatch 2.0 beschreibt die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Anforderungen des Redispatch 2.0, den neuen marktrollenübergreifenden Regelungen zur Sicherstellung einer einheitlichen, standardisierten Kommunikation nach den Festlegungen der Beschlusskammer 6 der BNetzA.

Dabei betrachtet die Anwendungshilfe den von der BNetzA verbindlichen Zeitraum vom Start der verbindlichen Datenmeldungen bis zum Start des Redispatch 2.0 am 01. Oktober 2021. Die Anwendungshilfe stellt hierbei eine Best-Practice-Vorgehensweise nach den Empfehlungen des BDEW dar, wie eine Umsetzung im eigenen Haus erfolgen sollte. Es besteht allerdings keine Pflicht für EVUs, sich exakt an den Zeitplan der Anwendungshilfe zu halten. Allerdings ist eine Funktionsfähigkeit der Systeme zum 01. Oktober sicherzustellen. Da der Zeitraum von Juli bis Oktober zur finalen Umsetzung relativ kurz ist, ist eine Umsetzung des eigenen Redispatch 2.0-Projektes nach den Empfehlungen des BDEW zu befürworten.

Ausgangsbasis des Einführungsszenarios

Da mit dem Beginn des Einführungsszenarios bereits mit dem initialen Austausch der Stammdaten begonnen werden soll, sind bereits vor dem 01. Juli zahlreiche Aufgaben durch das EVU zu erfüllen. Die Grundlage zur Übertragung von Informationen ist durch die Herstellung einer Anbindung der Marktakteure in die Markkommunikation über den Data-Provider sicherzustellen. Bei dem Data-Provider handelt es sich um eine neue Rolle in der Energiewirtschaft, welche die notwendige Infrastruktur des Datenaustauschs bereitstellt, um eine sachgerechte Kommunikation zwischen den Marktakteuren sicherzustellen. Grundsätzlich ist zum Austausch der Übertragungsdateien eine 1:1-Kommunikation anzuwenden. Weitere Details sind in den Dokumenten „EDI@Energy Regelungen zum Übertragungsweg“ sowie „EDI@Energy Allgemeine Festlegungen“ beschrieben.

Mit der Umsetzung des Einführungsszenarios Redispatch 2.0 kann erst gestartet werden, wenn alle notwendigen Kommunikationsbeziehungen aufgebaut sind. Erst dann ist die Durchführung des geforderten Datenaustauschs möglich. Eine Anbindung an den Data-Provider Connect+ kann bereits jetzt erfolgen. Am 01. Juli, zum Zeitpunkt des Starts des Einführungsszenarios, kann mit dem Datenaustausch begonnen werden. Grundlage für die Identifikation der Marktpartner stellen die Identifikationsnummern dar, die im Vorhinein zu beantragen sind. Wie das Beantragungsverfahren funktioniert und welche Identifikationsnummern (IDs) existieren, haben wir bereits in einem anderen Blogbeitrag im Mai 2021 vorgestellt. Sind die Vorrausetzungen des Aufbaus der Konnektivität erfüllt und die IDs beantragt, kann mit dem Einführungsszenario begonnen werden.

Einführungsszenario Redispatch 2.0: der Zeitplan bis zur Zielgeraden

Vom 01. Juli bis zum 01. Oktober steht jedem EVU ein sportliches Programm bevor, die Anforderungen des Einführungsszenarios des Redispatch 2.0 umzusetzen. Insgesamt sieht das Einführungsszenario 11 Arbeitsbausteine vor, die es umzusetzen gilt. Im Folgenden soll auf die einzelnen Bausteine eingegangen werden:

Schritt 1 bis 3: Stammdatenaustausch

Ab dem 1. Juli beginnt der Stammdatenaustausch zwischen den Marktakteuren. Hierfür sind drei verschiedene Arbeitsschritte durchzuführen. Schritt 1 umfasst den initialen Stammdatenaustausch vom Einsatzverantwortlichen (EIV) zum Data-Provider (DP). Die Übermittlung der Stammdaten erfolgt über die festgelegten Prozesse und Datenformate des Redispatch 2.0. Eine Übermittlung der initialen Stammdaten hat sowohl für Bestandsanlagen als auch für Neuanlagen, die nach dem 31.08.2021 in Betrieb gehen, zu erfolgen. Ab dem 18. August sollte die Bereitstellung der Stammdaten abgeschlossen sein. So kann am 01.09.2021 mit der Lieferung der Planungsdaten begonnen werden.

Im Rahmen des zweiten Schritts der Stammdatenbereitstellung sind vom Anschlussnetzbetreiber (ANB) die angereicherten Stammdaten für die steuerbaren Ressourcen (SR) an den DP zu übermitteln. Die angereicherte Stammdaten-Lieferung sollte bis zum 25.08.2021 abgeschlossen sein, um die Planungsdaten ab dem 01.09.2021 empfangen zu können. Der 3. Schritt umfasst die Sicherstellung der Möglichkeit, dass alle Marktakteure den Prozess zur Änderung der Stammdaten nutzen können.

Schritt 4: Abrufe im Aufforderungsfall

Ab dem 01. September und bis zum Beginn des Redispatch 2.0 sind alle Abrufe und Abrufinformationen an den DP zu übermitteln. Eine Umsetzung des Aufforderungsfalls vor dem 01. Oktober erfolgt aber nicht. Vielmehr soll der Zeitraum als Testzeitraum für die jeweiligen Prozesse dienen. Die Ausführung des Aufforderungsfalls erfolgt über den Prozess „Use-Case: Abruf im Aufforderungsfall mit Delta-/Sollwertanweisung” unter Berücksichtigung der festgelegten Datenformate.

Schritt 5: Abrufe im Duldungsfall

Wie auch für den Aufforderungsfall startet die Testphase des Duldungsfall ebenfalls am 01. September. Die verbindlichen Informationen für die entsprechenden Sollwerte der steuerbaren Ressourcen sind über den DP bereitzustellen. Ebenfalls handelt es sich bis zum 01. Oktober um eine Testphase. Die Ausführung des Duldungsfalls erfolgt über den Prozess „Use-Case: Abruf im Duldungsfall mit Sollwertanweisung” unter Berücksichtigung der festgelegten Datenformate.

Schritt 6 und 7: Planungsdaten im Planwertmodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Planungsdaten an den DP zu übermitteln. Ab de 29. September bis spätestens 14:30 werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale Planungsdaten an den DP übermittelt. So kann der Start für das Redispatch 2.0 ab dem 01. Oktober erfolgen.

Schritt 8 und 9: Nichtbeanspruchbarkeiten im Prognosemodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Nichtbeanspruchbarkeiten an den DP zu übermitteln. Bis zum 27.09.2021 bis spätestens 14.30 Uhr werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale Nichtbeanspruchbarkeiten an den DP übermittelt.

Schritt 10 und 11: Marktbedingte Anpassung im Prognosemodell

Ab dem 01. September bis zum Start des Redispatch 2.0 sind die realen und simulierten Marktbedingte Anpassung an den DP zu übermitteln. Ereignisgesteuert bis spätestens Echtzeit werden für den Zeitraum, der mit dem Zeitpunkt 01.10.2021, 0:00 Uhr beginnt, reale marktbedingte Anpassungen an den DP übermittelt.

Redispatch 2.0 Einführungsszenario nach dem BDEW

Fazit zum Einführungsszenario

Anhand des Zeitplans Redispatch 2.0 Einführungsszenario und der zu erledigenden Arbeitspakete bis zum Start am 01. Oktober wird ersichtlich, dass vor jedem EVU ein sportlicher Umsetzungsplan liegt. Mit den neuen Prozessen des Redispatch 2.0 hat der Gesetzgeber ein Konstrukt geschaffen, das es vermutlich so seit dem MsbG und der Vorbereitung zum Rollout intelligenter Messsysteme nicht mehr gegeben hat. Die Umsetzung zur Einführung des Redispatch 2.0 ist kein Thema, das in einem EVU einfach nebenbei umgesetzt werden kann. Vielmehr sollte mit einer großen Intensität an der Umsetzung gearbeitet werden.

EVUs, die bereits am Testbetrieb zur Umsetzung des Redispatch 2.0 seit Mai beteiligt sind, haben bereits ein gutes Fundament gelegt, auch die Anforderungen des Einführungsszenarios umzusetzen. Für alle EVUs, die sich bislang noch nicht so intensiv mit der Umsetzung beschäftigt haben, gilt es nun, die Ärmel hochzukrempeln. An dieser Stelle sei allerdings zu erwähnen, dass das EVU nicht nur die Prozesse des Einführungsszenarios umzusetzen hat, da sich dieses hauptsächlich auf die Anbindung der Marktpartner an den DP konzentriert. Weitere Aufgaben, wie z. B. die Prognose von Erzeugungsanlagen der Netzbetreiber oder eine Sicherstellung der Prozesse zur Abrechnung der SR im Falle einer Redispatchmaßnahme, sind ebenfalls umzusetzen.

Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog. Wenn ihr noch einmal nachlesen wollt, worum es sich genau bei dem Thema Redispatch 2.0 handelt, empfehlen wir euch unseren dazugehörigen Blogartikel Redispatch 2.0: Das Stromnetz wird flexibler.

ARegV-Novelle: Engpassmanagement im Benchmarkingprozess

Engpassmanagement und der Digitalisierungsfaktor in der EOG-Formel

Die Diskussion um eine Überarbeitung der ARegV als Herzstück der Regulierung von Netzbetreibern wird schon lange geführt. Im Rahmen verschiedener Konsultationsprozesse hat das BMWi im April 2021 einen ersten Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der ARegV mit einer ARegV-Novelle mit dem Schwerpunkt zum Thema Engpassmanagement veröffentlich. Dabei stellt das Thema Engpassmanagement das zentrale Thema der Novelle dar. Bedingt durch den stetigen Ausbau von EE-Anlagen vor allem auf den unteren Netzebenen wird ein Managen der Erzeugungsleistungen und Flexibilitäten zur Vermeidung von Netzengpässen unausweichlich. In diesem Kontext schlägt der BDEW einen Digitalisierungsfaktor im Benchmarkingprozess vor, um den Aufbau eines Smart Grids voranzutreiben. Zuvor soll aber auf die Thematik des Engpassmanagements eingegangen werden.

Da das Engpassmanagement in der aktuellen Regulatorik für Netzbetreiber ein unkritisches Thema darstellt, weil es sich um nichtbeeinflussbare Kosten handelt, die somit nicht dem Benchmarkingprozess unterliegen, haben Netzbetreiber das Thema eher stiefmütterlich behandelt. Durch die Umlagefähigkeit der Kosten und den mangelnden Anreiz der Regulierung, IT-Infrastrukturen aufzubauen, um Netzengpässe zu vermeiden, soll dieses Problem nun aktiv mit der ARegV-Novelle angegangen werden. Hierbei handelt es sich um den aktuellen Referentenentwurf, zu dem die Marktakteure bereits Stellung nehmen konnten. Konkret sind in der Novelle Änderungen sowohl für die ÜNBs als auch die VNBs geplant, die sich sicherlich auch auf die Redispatch 2.0-Prozesse auswirken werden.

ARegV-Novelle: Engpassmanagement für ÜNBs

Das Herzstück der neuen Regelung zur Thematik Engpassmanagement ist in § 17 ARegV-Novelle geregelt. Im Kern wird eine neue Regelung für den Umgang mit entstandenen Kosten für Transportkapazitäten in Form eines neuen Anreizsystems zum Umgang mit Engpassmanagementmaßnahmen im Übertragungsnetz geschaffen. Die Ausgangsbasis zur Feststellung der Kosten bildet ein Referenzwert, der über eine lineare Trendfunktion der letzten fünf Jahre die Engpassmanagementkosten abbildet. Nach § 34 erfolgt zusätzlich eine jährliche Korrektur des Referenzwertes zwischen 12 Mio. € und 144 Mio. €.

Wird der Referenzwert unterschritten, erhalten die ÜNBs einen Bonus (EOG-Zuschlag); wird der Referenzwert überschritten, zahlen die ÜNBs einen Malus (EOG-Abzug). Um die Risiken für den ÜNB zu begrenzen, werden die Kosten für ÜNBs auf maximal 6 % der Ist-Kosten bzw. 30 Millionen Euro p. a. gedeckelt. Die Zu- und Abschläge werden in der EOG-Formel für Übertragungsnetzbetreiber berücksichtigt.

Damit ÜNBs bereits in der dritten Regulierungsperiode tätig werden, wird als Anreiz („early action“) ein reines Bonussystem mit einem doppelt so hohen Beteiligungsfaktor (12 %) bis zum 31. Dezember 2023 umgesetzt. Bis zum Ende der dritten Regulierungsperiode gelten die Kosten des Engpassmanagements als nicht beeinflussbare Kosten. Somit werden die entstandenen Kosten frühestens ab dem Jahr 2026 in den Effizienzvergleich einbezogen.

ARegV-Novelle: Engpassmanagement für VNBs

Nicht nur die Übertragungsnetzbetreiber, sondern auch die Verteilnetzbetreiber werden in das neue Engpassmanagement mit einbezogen. So gelten die Kosten des Engpassmanagements nach Ende der Regulierungsperiode nicht mehr als nicht beeinflussbare Kosten, sondern als volatile und somit beeinflussbare Kosten. Somit kann die EOG des VNB jährlich angepasst werden. Grundsätzlich sollen die betreffenden Kosten damit erstmals in den Effizienzvergleich für die fünfte Regulierungsperiode, der ab 2026 durchgeführt wird, einbezogen werden. Die VNBs haben somit in der vierten Regulierungsperiode eine Übergangsregelung, um sich auf die Umsetzung eines kosteneffizienten Engpassmanagements vorzubereiten.

Damit die Kosten des Engpassmanagements in den Effizienzvergleich für die fünfte Regulierungsperiode einbezogen werden können, hat die BNetzA eine Festlegung hinsichtlich einer angemessenen Berücksichtigung eines zeitlichen Versatzes zwischen dem Bau von EEG-Anlagen und dem entsprechenden und notwendigen Ausbau der Verteilernetze im Effizienzvergleich zu treffen. Von der Möglichkeit kann die BNetzA vor allem dann Gebrauch machen, wenn die Kosten des zeitlichen Versatzes außerhalb des Einflusses des VNB liegen. Aus diesem Grund kann die BNetzA sowohl allgemeine als auch individuelle Festlegungen gegenüber den VNBs erlassen.

Kostenbestandteile des Engpassmanagements

Im Anhang der ARegV-Novelle findet sich eine Auflistung, welche Maßnahmen dem Engpassmanagement zugeordnet sind. Hierzu zählen folgende Punkte:

  1. „Abruf von Marktkraftwerken zum Zwecke des Engpassmanagements inklusive Kosten für das Anfahren
  2. Einspeisemanagementmaßnahmen
  3. Handelsgeschäfte zum energetischen Ausgleich
  4. Abruf der Kapazitätsreserve zum Zwecke des Engpassmanagements
  5. Abruf der Netzreserve zum Zwecke des Enpassmanagements, inklusive Kosten für das Anfahren im sog. Week-ahead-planning-Prozess (WAPP)
  6. Abruf besonderer netztechnischer Betriebsmittel nach § 11 Absatz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes in der bis zum Ablauf des TT.MM.2021 [Inkrafttreten der aktuell laufenden EnWG-Novelle] geltenden Fassung zum Zwecke des Engpass-managements
  7. Abruf abschaltbarer Lasten nach AbLAV zum Zwecke des Engpassmanagements
  8. Abruf zuschaltbarer Lasten zum Zwecke des Engpassmanagements (insbesondere im Bereich Nutzen statt Abregeln)
  9. Kosten ausgrenzüberschreitendem Redispatch und Countertrading einschließlich der von deutschen Übertragungsnetzbetreibern zu tragenden Anteile im Rahmen der Capacity Allocation & Congestion Management-Methode“

BDEW-Vorschlag: Digitalisierungsfaktor in der EOG-Formel:

Da für die Umsetzung eines kosteneffizienten Engpassmanagements eine Digitalisierung der Netze erforderlich ist, ist der Aufbau eines sog. Smart Grids zwingend notwendig. Nur so können Ressourcenengpässe erkannt und gesteuert werden. Somit geht es für Netzbetreiber nicht nur darum, im Rahmen der Energiewende dezentrale Erzeugungsanlagen zu implementieren, sondern auch darum, Flexibilitäten im Netz abzurufen und bedarfsgerecht einzusetzen. Der Aufbau einer sicheren Steuerungs- und Kommunikationsinfrastruktur ist hierfür erforderlich.

Netzbetreiber haben allerdings nur die Möglichkeit, mit dem bestehenden Kapitalkostenabgleich innerhalb der Regulierungsperiode ihre CAPEX-Kosten anerkannt und verzinst zu bekommen. Anders sieht es bei den OPEX-Kosten aus, zu denen auch ein Großteil der Kosten der IT-Infrastruktur und des IT-Betriebs zählen. Somit ist bei der Umsetzung der Energiewende zu einem Smart Grid mit einem Anstieg der aufwandsgleichen Kosten (OPEX) zu rechnen.

Da die Festlegung der OPEX-Kosten im Basisjahr nach dem Budgetprinzip erfolgt, sind Netzbetreiber gezwungen, ihre IT-Ausgaben bereits früh im Voraus zu planen. Steigen diese Kosten über das festgelegte Niveau des Basisjahrs an, bekommt der Netzbetreiber diese nicht erstattet. Er erwirtschaftet einen Verlust. Um diese Lücke zu schließen, hat der BDEW einen Vorschlag für die Einführung eines Erweiterungsfaktors im Rahmen der Novelle der Anreizregulierung gemacht. Ähnlich wie bei dem Erweiterungsfaktor in der 3. Regulierungsperiode für ÜNBs, kann die EOG bei besonderen Ausgaben zur Digitalisierung des Netzes angepasst werden. Der BDEW schlägt in diesem Zusammenhang folgende Parameter vor:

  1. „Anzahl der Zählpunkte in Niederspannung, an denen steuerbare Verbrauchseinrichtungen, insbesondere Ladepunkte für Elektromobile oder die Sektorenkopplung stützende Wärmeversorgung betrieben werden
  2. Gesteuerte Anschlussleistung der in der Mittel- und Hochspannung angeschlossenen Ladepunkte für Elektromobile sowie von Anschlusspunkten für die Lieferung von elektrischer Energie für die Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung
  3. Anzahl der im Versorgungsgebiet mit moderner, digitaler Kommunikation erschlossenen Zählpunkte, Erzeugungsanlagen und sonstigen Betriebsmittel
  4. Anzahl oder Leistung der durch den Netzbetreiber abgeschlossenen Flexibilitätsvereinbarungen

Zusätzlich, weil es ohne steigende Einspeisung keine vertiefte Sektorenkopplung geben kann:

  1. Anschlussleistung der in Niederspannung angeschlossenen EEG-Anlagen sowie KWKG-Anlagen
  2. Anschlussleistung der in Mittel- und Hochspannung angeschlossenen EEG-Anlagen so-wie KWKG-Anlagen“

Durch das Instrument eines Erweiterungsfaktors Digitalisierung würde dem Netzbetreiber die Möglichkeit geboten werden, das Thema Digitalisierung der eigenen Infrastruktur hin zu einem Smart Grid aktiv voranzutreiben. Allerdings handelt es sich hier nur um einen Vorschlag des BDEW, der in dem aktuellen Entwurf noch nicht enthalten ist. Die Problematik der OPEX-Kostenanerkennung ist der Branche schon lange bekannt, man darf also gespannt sein, ob der Gesetzgeber den Input des BDEW aufgreift und dieser im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens aufgenommen wird. Der BDEW hält die ARegV-Novelle mit dem Schwerpunkt Engpassmanagement somit zum jetzigen Zeitpunkt für nicht ausreichend.

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Ladesäulenverordnung 2.0 – Einheitliche Bezahlsysteme für Ladesäulen werden Pflicht

Payment: Wirrwarr an der Ladesäule

Das Fahren mit dem Elektroauto wird in Deutschland immer populärer. Zulassungszahlen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur erreichen in Deutschland immer neue Rekorde. Bedingt durch die Coronaförderung handelte es sich bei mehr als jeder zehnten Neuzulassung im ersten Quartal 2021 um ein vollelektrisches Fahrzeug. Parallel dazu erreichte auch die Anzahl öffentlicher Ladepunkte im März 2021 mit ca. 40.000 Ladepunkten einen neuen Rekordwert. Die Elektromobilität tritt somit in die Expansionsphase ein. Was aber noch fehlt ist eine einheitliche Regelung zur Abrechnung von Fahrstrom. Aus diesem Grund hat das BMWi Ende 2020 den neuen Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 (LSV) veröffentlicht, der neue verpflichtende Regeln für Ladesäulenbetreiber vorsieht.

Das Thema Abrechnung ist ebenso alt wie das Thema Elektromobilität selbst. In den Anfängen war es für den Fahrer von Elektrofahrzeugen nicht möglich, an allen Ladepunkten in Deutschland zu tanken. Vielmehr hatte jeder Ladesäulenbetreiber ein eigenes Bezahlsystem. Mal war eine Kundenkarte, dann eine Kreditkarte erforderlich und am nächsten Ladepunkt konnte der Fahrstrom gratis bezogen werden. Der Nutzerkomfort war somit maximal gering. Durch die Einbindung von Roaminganbietern für Ladepunkte stieg für den Ladesäulennutzer in den letzten Jahren zwar die Auswahlmöglichkeit, jedoch muss die Ladesäule an das Backend des E-Roamingdienstleisters angeschlossen sein. Ansonsten ist ein Laden nicht möglich. Ein Ad-hoc-Laden ist zwar mittlerweile bei vielen Ladepunkten möglich, allerdings variieren die Zahlungsmöglichkeiten. Um das Ad-hoc-Laden einfacher zu machen, sieht der Entwurf der Ladesäulenverordnung 2.0 eine Vereinheitlichung der Abrechnung vor.

Vereinheitlichung und Erweiterung der Abrechnung in der Ladesäulenverordnung 2.0

Um ein einheitliches Ad-hoc-Laden zu ermöglichen, wird in der Ladesäulenverordnung 2.0 der §4 Abs.2 geändert, der bislang das Auswahlrecht zwischen vier verschiedenen Bezahlmethoden für den Ladesäulenbetreiber vorsah. Da das BMWi nach Rücksprache mit den Verbänden eine zu große Auswahlmöglichkeit sieht, die keine Standardisierung für das Ad-hoc-Laden vorantreibt, soll nun die Auswahl auf eine Möglichkeit begrenzt werden. Zu diesem Zweck sieht die Änderung vor, dass der Betreiber eines öffentlich zugänglichen Ladepunkts an dem jeweiligen Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe die für den bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung und den Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Kreditkartensystems anbieten muss. Als gängige Kreditkartensysteme zählen Mastercard und VISA. So soll auch für Ladesäulennutzer aus dem Ausland ein einheitliches, europäisches Ad-hoc-Laden möglich sein.

Für die Umsetzung des Kreditkartensystems sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 mehrere Möglichkeiten vor:

  1. Bereitstellung eines stationären Kartenterminals mit einem Chip- und Magnetstreifenleser, bei dem die jeweilige Karte physisch eingeführt wird.
  2. Kontaktloses Bezahlen über ein NFC-Lesegerät. Die Zahlung wird mit einem optischen oder akustischen Signal bestätigt.
  3. Bezahlung über eine mobile Webseite. Der Aufruf der Website erfolgt z. B. über einen QR-Code am Ladepunkt.

Optional hat der Ladesäulenbetreiber die Möglichkeit, dem Ladesäulennutzer weitere webbasierte Zahlungsmethoden wie z. B. PayPal anzubieten. Die Menüführung muss mindestens in den Sprachen Deutsch und Englisch angeboten werden. Von der Regelung zur Einführung einer Kreditkartensystems sollen die Ladepunkte ausgenommen werden, die den Strom gratis bereitstellen oder bei denen eine Möglichkeit zur Barzahlung vor Ort geben ist. Die Verpflichtung der Einführung eines Kreditkartensystems stellt lediglich eine Mindestanforderung der Ladesäulenverordnung 2.0 dar. Dem Ladesäulenbetreiber steht es frei, weitere Zahlungsmöglichkeiten wie z. B. die Debitkarte anzubieten. Die Umsetzung eines einheitlichen Bezahlsystems hat bis zum 31. Dezember 2022 zu erfolgen. Die Datenschnittstelle ist bis zum 30. Juni 2021 bereitzustellen. Da die Ladesäulenverordnung 2.0 noch nicht final beschlossen wurde, ist von einer Verschiebung der Fristen auszugehen. Für Ladepunkte, die vor dem 14. Dezember 2017 installiert wurden, ist keine Nachrüstung erforderlich.

Neuregelung private und öffentliche Ladepunkte in der Ladesäulenverordnung 2.0

Die verpflichtende Einführung von Kreditsystemen als Bezahlsystem für Ladepunkte gilt ausschließlich für Ladepunkte im öffentlichen Bereich. Im Rahmen der Novellierung der Ladesäulenverordnung erfolgt eine Änderung der Definition öffentlicher Ladepunkte. Demnach ist nicht mehr ausschließlich die Befahrbarkeit das entscheidende Kriterium, sondern es wird auch unterschieden, ob der Ladepunkt einem generellen oder individuellen Nutzerkreis zur Verfügung steht.

Unter einem individuell bestimmten Personenkreis sind Personen zu verstehen, „[…] die dem Betreiber regelmäßig namentlich bekannt sind oder die der Betreiber auf diese Weise bei Bedarf individuell identifizieren kann. Dies ist typischerweise bei einer Mitgliedschaft, einer Anmeldung oder Registrierung, die aufgrund eines von dem Betrieb des Ladepunktes eindeutig abgrenzbaren, primären Geschäftsbetriebs erforderlich ist (z. B. bei Hotels, (stations- basiertem) Car-Sharing und Arztpraxen) sowie bei einem Arbeitsverhältnis der Fall. Parkflächen auf einem Firmengelände, die nur mit konkreter Berechtigung (z. B. als Mitarbeiter oder berechtigte Gäste) befahren werden können, sind daher nicht als öffentlich zugänglich einzustufen. Da das Gelände grundsätzlich nicht öffentlich zugänglich ist, sind auch darauf befindliche Ladepunkte ohne weitere zusätzliche physische Beschränkungen oder Beschilderungen ebenfalls nicht öffentlich zugänglich“ §2 Nr.9 LSV 2.0.

Anders sieht es jedoch für Ladepunkte in Parkhäusern und auf Parkplätzen vor Supermärkten aus, da diese grundsätzlich für einen allgemeinen Personenkreis zugänglich sind. Ebenfalls nicht zu den öffentlichen Ladepunkten gehören Ladepunkte, die als privat gekennzeichnet wurden. Die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis ist in diesem Fall durch den Ladesäulenbetreiber sichtbar zu machen. Dies kann durch eine Bodenmarkierung oder eine Beschilderung erfolgen.

standardisierte IT-Architektur & Kommunikation

Neben der Bereitstellung einer standardisierten Datenschnittstelle sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 für alle öffentliche Ladepunkte die Anbindung an ein zentrales Managementsystem vor. Unter einem zentralen Managementsystem ist ein System zu verstehen, über das die Verwaltung der Ladepunkte erfolgt und das Betriebsprozesse unterstützt. Hierzu zählen u. a. Funktionen wie Verwaltung, Überwachung, Service, Wartung, Monitoring, Steuerung der Ladeinfrastruktur sowie Abrechnung und E-Roaming von Ladevorgängen. Ebenso sind die Abfrage von Backend-Status oder die Durchführung von Remote-Diensten (Lastmanagement) möglich. Welche Funktion durch das zentrale Managementsystem genutzt werden muss, regelt die Ladesäulenverordnung 2.0 hingegen nicht. Als Kommunikationsprotokoll zwischen dem Ladepunkt und dem Backendsystem ist das Open Charge Point Protocol (OCPP) vorgesehen. Eine Überführung in die zukünftige Norm DIN EN 63110 bzw. IEC 63110 ist vorgesehen.

SMGW-Pflichten für den Ladepunkt

Ergänzend zur Umsetzung einer einheitlichen Abrechnung für öffentliche Ladepunkte sieht die Ladesäulenverordnung 2.0 den Einsatz von Smart-Meter-Gateways (SMGW) zur Sicherstellung der Netz- und Marktintegration vor; §3 Abs.6 LSV 2.0. Im Fokus stehen hierbei vor allem energiewirtschaftlich relevante Lade- und Steuerungsvorgänge. Solange keine abrechnungs- oder netzrelevanten Lade- und Steuerungsvorgänge bestehen, ist eine direkte Verbindung und Authentifizierung mit einem SMGW nicht erforderlich. In solchen Fällen ist der Einsatz von SMGWs am Netzanschlusspunkt ausreichend.

Durch die Novellierung der Ladesäulenverordnung schafft der Gesetzgeber eine einheitliche Regelung zum Umgang mit der Abrechnung von Ad-hoc-Ladevorgängen. Durch die Neudefinition des Begriffs öffentlicher Ladepunkte besteht außerdem eine größere Rechtssicherheit, welche Ladepunkte von den neuen Regelungen betroffen sind. Der Einsatz von SMGWs und der Aufbau einer zentralen, einheitlichen Backendinfrastruktur schaffen außerdem die Voraussetzung dafür, die Elektromobilität auch langfristig in die Netzsteuerung zu integrieren. Somit stellt die Ladesäulenverordnung 2.0 eine sinnvolle Ergänzung zu parallel verlaufenden Gesetzgebungsverfahren, wie zum Beispiel der Regelung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen oder dem neuen Netznutzungsvertrag E-Mob, dar.

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Redispatch 2.0 Ressourcen und Ressourcen-IDs im Überblick (TR, SR, SG, CR)

Redispatch 2.0: Die Umsetzung geht in den Vollgasmodus

Das Thema Redispatch 2.0 nimmt mit Blick auf die Umsetzungsfrist zum 1. Oktober 2021 zunehmend Fahrt auf. Wo es lange um die eher theoretische Ausgestaltung des Themas ging, geht es nun mit Vollgas in die Umsetzungsphase. Für Netzbetreiber heißt es jetzt, die notwendigen Prozesse aufzubauen und Datengrundlagen zu schaffen.

Ein erster, wesentlicher Schritt für den Anschlussnetzbetreiber (ANB) und den Einsatzverantwortlichen (EIV) ist die Aufbereitung der Stammdaten der Erzeugungsanlagen bzw. der jeweiligen Redispatch 2.0-Ressourcen. Mit den Begriffen technische Ressource (TR), steuerbare Ressource (SR), Steuergruppe (SG) und Cluster-Ressource (CR) stehen im Zuge des Redispatch 2.0 eine Vielzahl von Ressourcen zur Verfügung, die mit unterschiedlichen Stammdaten zu versehen sind. Da der ANB seit dem 01. April die Möglichkeit hat, die jeweiligen IDs der Ressourcen zu beantragen, werfen wir in unserem Beitrag einen Blick auf die unterschiedlichen Typen von Ressourcen und wie die IDs eigentlich zu unterscheiden sind.

Redispatch 2.0-Ressourcen im Überblick

Im Sinne des Redispatch 2.0 existieren vier unterschiedliche Typen von Ressourcen: technische Ressourcen (TR), steuerbare Ressourcen (SR), Steuergruppen (SG) und Cluster-Ressourcen (CR). Alle Ressourcen bauen in diesem Konstrukt aufeinander auf und sollen im Folgenden definiert werden:

technische Ressource (TR)

Bei einer technischen Ressource handelt es sich um ein technisches Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt. Es stellt im Kontext der Ressourcen die kleinstmögliche Einheit dar. Somit kann es sich um jede Art von Verbrauchern oder Erzeugern handeln. Ob eine Fernsteuerbarkeit der technischen Ressource gegeben sein muss, ist in diesem Kontext irrelevant.

steuerbare Ressource (SR)

Eine steuerbare Ressource ist im Prinzip eine Erweiterung einer technischen Ressource. Wie der Name sagt, ist die Erzeugung oder der Verbrauch der Anlage(n) aus der Ferne steuerbar. Eine steuerbare Ressource wirkt somit auf mindestens einen Netzanschlusspunkt. Eine SR setzt sich daher aus einer einzelnen oder mehreren TR zusammen, wobei die SR mindestens einer Marktlokation (MaLo) zugeordnet ist. Jede TR ist in diesem Zusammenhang genau einer SR zugeordnet. Insgesamt ist immer genau ein EIV für die SR verantwortlich. Die SR selbst kann über den Aufforderungs- und Duldungsfall aufgerufen werden. Für den Duldungsfall gilt: Sofern TR über eine gemeinsame technische Steuerungseinrichtung durch den Netzbetreiber (NB) steuerbar sind, müssen diese TR zu einer SR zusammengefasst werden. Für den Aufforderungsfall gilt: Sofern TR am selben Netzanschlusspunkt einspeisen oder der NB die netzanschlusspunktübergreifende Aggregation freigegeben hat und diese TR die gleichen (kalkulatorischen) Kosten haben sowie diese TR denselben verantwortlichen EIV haben, können TR zu einer SR zusammengefasst werden.

Steuergruppe (SG)

Bei der Steuergruppe handelt es sich um eine Ressource, die nachträglich im Redispatch 2.0-Prozess geschaffen wurde. Eine SG enthält i. d. R. mehrere SR, wobei jede SR maximal einer SG zugeordnet sein darf. Die Bildung der SG obliegt dem ANB. Die Steuergruppe wurde u. a. für die SR geschaffen, die über die klassische Fernwirktechnik gesteuert wird, bei der ein einzelnes Ansteuern der SR nicht möglich ist. Stattdessen ist eine Steuerung ausschließlich in Gruppen möglich. Um technische Änderungen an den SR zu vermeiden, wurde nachträglich die Gruppe der SG eingeführt. Die Steuerung der SG erfolgt somit über ein einheitliches Signal des ANB. Der ANB übernimmt somit die Rolle des anweisenden Netzbetreibers. Alle SR innerhalb einer SG sind damit dem Duldungsfall zugeordnet.

Cluster-Ressource (CR)

Bei einem Cluster handelt es sich um eine Zusammenfassung steuerbarer Ressourcen, die auch Steuergruppen miteinschließen kann. Die Cluster-Ressource ist zwischen dem clusternden und vorgelagerten Netzbetreiber abzustimmen. Die Zuordnung einer SR oder SG zu einer CR erfolgt durch den clusternden Netzbetreiber. Ein vorgelagerter Netzbetreiber darf eine SG nur gesamthaft einem Cluster zuordnen. Ebenso ist eine Bündelung der CR untereinander erlaubt. Eine Clusterung von SR oder SG und CR untereinander ist nur erlaubt, wenn eine ähnliche netztechnische Wirkung auf das vorgelagerte Netz und ähnliche Kosten bestehen.

Zusammenhang Redispatch 2.0 Ressourcen

Die Identifikationsnummern der Ressourcen

Zur Identifikation der TR, SR, SG oder CR wird eine 11-stellige Identifikationsnummer (ID) benötigt. Die ID stellt den Primärschlüssel des Stammdatenmodells im Redispatch 2.0 für die jeweiligen Ressourcen dar. Somit ist für den ANB die Beantragung und Zuweisung der IDs einer der ersten Schritte in der Umsetzung des Redispatch 2.0. Die Bereitstellung der IDs übernimmt zentral die Energie Codes und Services GmbH nach Beantragung des ANB. Die Vergabe an die TR und SR erfolgt dezentral durch die Netzbetreiber. Eine Veränderung aller IDs ist unzulässig, solange die TR, SR, SG oder CR besteht. Dies schließt einen Wechsel des Netzbetreibers, einen Wechsel des Betreibers der technischen Ressource (BTR) oder EIV mit ein.

Der ANB hat zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, dass dem EIV ausreichend SR-IDs zur Verfügung stehen. Die Zuweisung der SG-ID liegt im Verantwortungsbereich des Netzbetreibers.  Die Identifikation, um was für eine Ressource (TR, SR, Steuergruppe, Cluster) es sich handelt, ist am Codetyp der ID an Hand der ersten Prüfziffer zu erkennen. Folgende Prüfziffern kennzeichnen die Redispatch 2.0-Ressourcen:

D: technische Ressource (TR)

C: Steuerbare Ressource (SR)

B: Steuergruppe (SG)

A: Cluster-Ressource (CR)

Jeder Netzbetreiber kann ab dem 01. April 2021 die TR-ID und SR-ID für sein Netzgebiet beantragen. Die Vergabe erfolgt durch den Netzbetreiber. Der EIV ist vom Netzbetreiber über seine ID zu informieren. Die Zuordnung einer TR zu einer SR erfolgt bis zum 14. Mai 2021durch den ANB. Die Zuordnung ist dem EIV mitzuteilen. Ist dem Netzbetreiber der EIV nicht bekannt, ist der Betreiber der technischen Ressource (BTR) zu kontaktieren. Ist der EIV mit der Zuordnung des Netzbetreibers nicht einverstanden, ist eine Kontaktaufnahme mit dem ANB erforderlich. Aus Sicht des BDEW sollte die Zuordnung und Abstimmung der IDs mit dem EIV bis zum 16. Juni 2021 abgeschlossen sein.

Die IDs bilden somit einen ersten, wichtigen Schritt zur Umsetzung des Projekts Redispatch 2.0. Am Ende ist es aber nur ein Baustein im Einführungsszenario, das der BDEW für das Thema Redispatch 2.0 skizziert hat. In einem weiteren Blogartikel werden wir auf das Einführungsszenario noch einmal detaillierter eingehen.

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Wer wissen will, wie die Einführung von Redispatch 2.0 im EVU aussehen soll, findet auf unserem Blogbeitrag zum Redispatch 2.0 Einführungsszenario mehr Informationen.

Transparenz im Verteilnetz – Der Netztrafo-Node von Acal BFi im Test

Der Netztrafo-Node – im Test bei items

Über die Notwendigkeit von zusätzlichen Daten im Verteilnetz zur Umsetzung der Energiewende (wie z. B. der Integration der Elektromobilität) wird in der Energiewirtschaft viel diskutiert. Was es hierzu braucht ist geeignete Sensorik, welche dem Netzbetreiber die wichtigsten Informationen zur Verfügung stellt. Die Ortsnetzstation stellt mit das wichtigste Element im Verteilnetz dar. Im vergangenen Monat wurde bereits im Beitrag „Transformatoren: Von der Blackbox zum intelligenten Asset“ über die allgemeinen Vorteile zur Digitalisierung von Ortsnetzstationen berichtet. In den letzten Wochen hat das Unternehmen Acal BFi  die aktuell verfügbare 2.  Version des LoRaWAN Netztrafo-Node (NTN) an items ausgeliefert. Diese Version wird bereits bei einem großen EVU in Bayern eingesetzt. Eine dritte Version ist bereits in Planung und soll als erstes Labormuster in 06.2021 zur Verfügung stehen. Wir sind gespannt und werden demnächst berichten. In diesem Beitrag zeigen wir euch erste Eindrücke des Geräts:

Der Netztrafo-Node – die LoRaWAN-Allzweckwaffe für Trafostationen

Auf den ersten Blick sieht der Neztrafo-Node (kurz NTN) nach einer universellen Allzweckwaffe zur Datenerhebung von Ortsnetzstationen aus. Ob Überwachung der Spannungs- und Stromversorgung, Überwachung von Kurzschlussanzeigern oder einem Präsensmelder, die Möglichkeiten des Monitorings sind vielfältig. Insgesamt verfügt das Gerät über die folgenden Anschlüsse:

  • 4 x Kurz- bzw. Erdschluss-Kontakt
  • 1 x Türkontakt
  • 1 x Auslöser des Trafoschalters
  • 4 x Spannung 230 V und 400 V
  • 4 x Strom L1, L2, L3 und IN
  • 1 x Luftströmungswächter
  • 4 x PT100 Temperaturüberwachung

Auf den ersten Blick erscheint das Gerät stabil und es erweckt den Eindruck ordentlich verarbeitet zu sein. Die IP-Schutzklassifizierung des Gehäuses ist für den witterungsbedingten Betrieb auf jeden Fall geeignet. Ein erster Eindruck ist auf der folgenden Abbildung zu sehen:

Netztrafo Node von Acal BFi

Schritt 1: Inbetriebnahme und Anschluss der Temperaturfühler

Die Einbindung das LoRaWAN-Netzwerk erfolgte im Test reibungslos. Über OTAA konnte der NTN aktiviert werden. Für den Gerätetyp in Niota wurde ein Java-Script-Parser zur Verfügung gestellt. Obwohl die Spannungsversorgung des NTN mit 400 V / 3-phasig vorgesehen ist, kann dieser bereits mit einer 230 V / 1-phasigen Spannungsversorgung betrieben werden.
Des Weiteren ist im Gerät ein Lithium-Akku verbaut, der bei Stromausfall die Daten zuverlässig weiter verarbeitet / versendet.

Die ersten Sensoren, die angeschlossen wurden, waren die PT100-Temperaturfühler. Wie die vier Adern des Sensors an die Klemmblöcke angeschlossen werden müssen, ging nicht eindeutig aus dem Handbuch hervor. Auf Nachfrage kam die Erläuterung, dass die Reihenfolge beliebig sei. Von links nach rechts sind sie nun rot, rot, weiß, weiß angeschlossen und funktionieren tadellos.

Inbetriebnahme und Anschluss der Temperaturfühler

Schritt 2: Anschluss der Rogowskispulen

Im Anschluss erfolgte der Anschluss der 4 Rogowskispulen zur Erfassung der Stromwerte. Zu Beginn bestand das Problem, dass die Spulen keine Werte lieferten und von einem Defekt der Spulen ausgegangen wurde.

Der angezeigte Strom lag konstant bei 0 Ampere. Mit einem zweiten Messgerät wurde verifiziert, dass 0 Ampere kein plausibler Wert ist. Zunächst Bestand die Vermutung, dass es Konfigurationsprobleme sind. Mit einem Multimeter erfolgte eine Überprüfung, ob ein Signal im angegebenen Spektrum von 4-20 mA bei der Messung eines Stroms in der Größenordnung 6-14 Ampere bestand. Die Messung ergaben nahezu 0 mA. Die Vermutung lag nahe, dass die Rogowskispulen defekt sind. Da ein Fehler in der Handhabung im Rahmen des Test nicht ausgeschlossen war, erfolgte eine erneute Kontaktaufnahme mit dem Hersteller.

Das Ergebnis: Die benötigte Spannungsversorgung für die Spulen von mindestens 6 V (maximal 30 V) liegt dem Multimeter zufolge nicht auf den Klemmblöcken im NTN. Die gemessene Spannung betrug ca. 0,5 V. Auch mit einer externen Spannungsversorgung von 6 V durch ein Netzteil, lieferten die Spulen kein Stromsignal von 4-20 mA. Das Multimeter gab Ströme von unter 1 mA aus. Die dem NTN beigefügten Rogowskispulen (insgesamt 4 Stück für L1/L2/L3/N) können nicht einfach so, wie auf dem Etikett angegeben, von 0 bis 1500 Ampere messen. Unter 25 Ampere ist der stromführende Leiter mehrfach durch die Spule zu schleifen. Mit jeder zusätzlichen Windung multipliziert sich die gemessene Strommenge. Beispiel: Der Leiter führt 5 A, wird der Leiter 6-mal durch die Spule geführt, misst die Spule 30 A, dies ist aber nur im Labor umsetzbar/sinnvoll.

Test der Ragowskispulen

Schritt 3: Anschluss der restlichen Sensorik

Im letzten Schritt erfolgte der Anschluss der Kurz- bzw. Erdschlussanzeiger, des Luftstromwächters sowie des Präsenzmelders.

An die Kontakte für Kurz- und Erdschlussanzeiger wurden am NTN externe Messgeräte angeschlossen, die bei Detektion eines Kurzschlusses einen potentialfreien Kontakt schließen. Für den Labortest wurde der geschlossene Kontakt simuliert.

Beim Luftströmungswächter gab es hingegen verwirrende Aussagen im Handbuch sowie der Configdatei. Das Problem konnte aber am Ende gelöst werden, so dass der Luftströmungswächter einwandfrei funktionierte. Der Anschluss des Präsensmelders am Netztrafo-Node erfolgte ebenfalls problemlos.

Schritt 4: Mobiles Testsystem

Aufgrund der vielfältigen Anschlüsse haben wir für weitere Kundentest einen “mobilen NTN” entwickelt. Dieses Set ist modular erweiterbar und soll alle Anforderungen / Möglichkeiten an ein Stationsmonitoring abbilden. Im nachfolgenden Bild wurden beispielsweise CT-Bridges mit entsprechenden Klappwandlern hinzugefügt, um Referenzmessungen bis 250 A an beliebigen Abgängen vorzunehmen.
Das Set ist “ready-t-use” vorbereitet und es fehlt nur noch die passende Steckdose in der Stromstation.

Mobiler Netztrafo Node (1/2)
Mobiler Netztrafo Node (2/2)

Fazit zum Netztrafo-Node

Alles in allem macht der Netztrafo-Node von Acal BFi einen sehr guten und robusten Eindruck. Die Funktionen des Geräts sind vielfältig und stellen ein interessantes Werkzeug für Netzbetreiber zur Überwachung von Ortsnetzstationen dar. Die Vielzahl an Anschlüssen ermöglicht ein umfassendes Monitoring, so dass die Erhebung sämtlicher Informationen über den Netztrafo-Node möglich ist. Ausbaufähig ist dennoch die Dokumentation, da es doch vor allem bei dem Zusammenbau einige Rückfragen an den Hersteller bedurfte, um das Gerät in Betrieb zu setzen. Die Kommunikation mit Acal BFi war in diesem Kontext unkompliziert und schnell. Nach Aussagen des Herstellers erfolgt eine Anpassung der Dokumentation bzw. das Handbuch in Kürze.

Im nächsten Schritt erfolgt nach dem Labortest nun zeitnah der Test in einer Ortsnetzstation.  Nach den jetzigen Ergebnissen können wir unseren Kunden den Einsatz des Netztrafo-Node aus technischer Sicht empfehlen. Wir sind in intensivem Austausch mit Acal Bfi bzgl. unserer Erfahrungen und weiterer Features. Aufgrund der Komplexität des Sensors ist eine Schulung zur Konfiguration des Geräts jedoch sinnvoll. Für weiterführende Informationen und Fragen rund um das Thema Netztrafo-Node, Netzmonitoring und -optimierung sprecht uns gerne an!

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Die 450 MHz Frequenzvergabe – der Weg der Funktechnologie für kritische Infrastrukturen

450 MHz Frequenzvergabe – Startschuss März 2021

Nach Monaten des Wartens, Ringens und anhaltender Diskussionen herrscht in der Energiewirtschaftsbranche nun endlich Gewissheit. Die 450 MHz Frequenzfrequenzvergabe erfolgte im März 2021 an die 450connect zur Nutzung für kritische Infrastrukturen. Damit hat die Bundesnetzagentur einen Startschuss für den Aufbau eines deutschlandweiten 450 MHz Funknetzes gegeben, auf den ein Großteil der Branche schon lange wartet.

Doch wie kam es eigentlich dazu und was sind die Beweggründe der Energiewirtschaftsbranche, eine eigene Frequenz für kritische Infrastrukturen zu beanspruchen? Diese Frage wollen wir gemeinsam in diesem Blogartikel beleuchten:

Was wurde eigentlich vergeben?

Bei der 450 MHz Frequenz handelt es sich wie bei vielen anderen Funkfrequenzen auch um eine Kommunikationstechnik zur funkbasierten Übertragung von Daten. Die Technologie selbst basiert aktuell auf der Technologie CDMA, soll aber im Zuge des nun anstehenden Rollouts in Deutschland auf einen LTE-Standard „upgedatet“ werden. Aus diesem Grund weist die 450 MHz Technologie die Eigenschaften eines normalen 4G-Funknetzes auf.

Wie es der Name zu Anfang vermuten lässt, wurde mit der Frequenzvergabe von 450 MHz nicht nur eine einzelne Lizenz an die 450connect zugeteilt. Stattdessen umfasst die 450 MHz Technologie mehrere Frequenzbänder. Insgesamt handelt es sich hierbei um folgende Frequenzbänder:

  • 451,2 – 452,45 MHz / 461,2 – 462,45 MHz
  • 452,7 – 453,95 MHz / 462,7 – 463,95 MHz
  • 454,2 – 455,45 MHz / 464,2 – 465,45 MHz  

Mit der Frequenzvergabe wird nun der 450connect das Recht/die Lizenz eingeräumt, innerhalb von Deutschland das Funknetz aufbauen zu dürfen und Dritten das Netz als Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Der Anwendungsfall ist jedoch auf kritische Infrastrukturen wie z. B. Stromnetze beschränkt. Die grundlegenden Definitionen, welche Bereiche zu den kritischen Infrastrukturen gehören, sind bereits vor einigen Jahren in der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen (KritisV) definiert worden.

450 MHz – vom Nischenprodukt zum zentralen Umsetzungsbaustein

Vor 2018 stellte das Thema 450 MHz noch ein Nischenthema in der öffentlichen Aufmerksamkeit dar. Aus diesem Grund stellt sich logischerweise die Frage, wie es zu dem Hype um die 450 MHz Frequenzvergabe kam und wie die historischen Hintergründe zusammenhängen.

Schon in der Vergangenheit hatte die 450connect die Nutzungsrechte für die 450 MHz Frequenz inne. Eine Beschränkung der Nutzung auf kritische Infrastrukturen bestand zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Vergabe erfolgte auch zu einem Zeitpunkt, zu dem das Thema Energiewende mehr ein theoretisches Thema ein als praktischer Treiber in der Branche war. Die Herausforderung, einen technologischen Umbruch in der Energiewirtschaft zur Integration der Erneuerbaren Energien herbeizuführen, bestand daher logischerweise nicht.

Ein erster wesentlicher Meilenstein wurde jedoch 2016 mit dem Gesetz zur Einführung der intelligenten Messsysteme im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) gelegt. Im Gegensatz zu konventionellen Zählern sollten diese über ein Gateway aus der Ferne ihre Verbrauchsdaten übertragen und Steuerungsprozesse zulassen. Da die gesamte Architektur der IT-Systeme und Messtechnik auf hohen sicherheitstechnischen Standards beruht, war eine sichere Funkanbindung möglich, deren Einsatz auch wirtschaftlich vertretbar ist. Unter der Betrachtung der Alternativen bzgl. Mobilfunk, Powerline, Glasfaser & Co. war schnell ersichtlich, dass eine wirtschaftliche Bereitstellung der Konnektivität mit den gegeben Bordmitteln schwer zu lösen war. Was es also brauchte war die Bereitstellung einer sicheren, robusten und breitbandigen Technologie, die den Anforderungen zur Steuerung des Stromnetzes über die intelligenten Messysteme gerecht wird.

Durch die parallele Einführung von Informationssicherheitsmanagementsystemen innerhalb von EVUs, dem stetigen Ausbau und der Notwendigkeit der Steuerung von Erneuerbarer Energien und den neuen gesetzlichen Anforderungen zum Schutz kritischer Infrastrukturen wurde der Ruf der Branche nach einer eigenen Kommunikationstechnologie lauter. Diese sollte robust, echtzeitfähig sein sowie über eine hohe Reichweite verfügen. Da die 450 MHz Technologie genau diesen Ansprüchen genügte und bislang in Deutschland kaum genutzt wurde, rückte die Technologie in den Fokus der Branche.

450 MHz – die Hochlaufphase vor der Neuvergabe

Durch die Potenziale von 450 MHz als sicheres Übertragungsmedium, das sich auch zur Notfallkommunikation eignet, nahm der Aufbau von Testinfrastrukturen in den letzten beiden Jahren von 2018 bis 2020 zu. Zu einem flächendeckenden Rollout kam es jedoch nie, da allen Akteuren das Auslaufen der Frequenzrechte zum 31.12.2020 sowie die anstehende und noch unklare Neuvergabe allzu bewusst war.  

Das Bewusstsein für den Bedarf nach einer sicheren Kommunikationsinfrastruktur stieg in diesem Zeitraum jedoch nicht nur bei der Energiewirtschaft, sondern auch bei weiteren öffentlichen Behörden und der Bundeswehr. Hinzu kamen weitere Marktakteure, wie die deutsche Telekom, die ebenfalls Interesse an der Frequenz anmeldeten. 

Zur Bündelung der eigenen Interessen schloss sich die 450Connect mit einer Vielzahl von Stadtwerken zur Versorger Allianz zusammen, um gemeinsam gegenüber der BNetzA den Bedarf an einer solchen Frequenz zu untermauern. Unterstützt durch die weiteren energiewirtschaftlichen Verbände wie den BDEW beschloss die BNetzA am 16.11.2020 eine Umwidmung des 450 MHz Frequenzbandes zur ausschließlichen Nutzung für kritische Infrastrukturen. Die Zuteilungsgebühr wurde auf 113 Mio. € festgelegt.

Daraufhin hatten alle interessierten bis zum 18.12.2020 Zeit, sich auf die Frequenz für den Aufbau eines deutschlandweiten 450 MHz Funknetzes zu bewerben. Die 450 MHz Frequenzvergabe erfolgt daraufhin im März 2021.

Historie der 450 MHz Frequenzvergabe in Deutschland in der Energiewirtschaft
kurze Historie von 450 MHz in Deutschland in der Energiewirtschaft

450 MHz – warum der Bedarf in Zukunft steigen wird

Mit dem sich mittlerweile in der Durchführung befindenden Rollout von intelligenten Messsystemen und der Entwicklung von Smart-Meter-Gateways, die den Funkstandard unterstützen, sowie dem nun startenden Netzaufbau wird das Thema 450 MHz zunehmend an Fahrt gewinnen. Somit heißt es für die Stadtwerke, sich auf den technologischen Einsatz und Rollout vorzubereiten.

Mit dem reinen Aufbau eines 450 MHz Funknetzes ist noch lange keine Umsetzung eines intelligenten Netzes zur Integration von Erneuerbaren Energien-Anlagen oder flexiblen Verbrauchern realisiert. Vielmehr stellen sich nun Fragen nach den notwendigen Prozessen, der erforderlichen IT-Architektur und an welcher Stelle die Daten zu integrieren sind. Auch wenn der Aufbau eines deutschlandweiten Netzes sicherlich noch 2 bis 3 Jahre in Anspruch nehmen sollte, stellt sich bereits jetzt die Frage, wie die Technologie sinnvoll im eigenen Haus zu integrieren ist.

Bereits bestehende IT-Infrastrukturen und Systeme sind hierfür schon nutzbar. Es Bedarf lediglich einer Schnittstelle an dem Ort, wo die Datenaufbereitung und Verwaltung des Stadtwerks in der Rolle des Netzbetreibers stattfindet. Am Ende nimmt 450 MHz als Technologie lediglich die Rolle eines Werkzeugs ein, bei der es vor allem um die Datenaufbereitung geht. Aus diesem Grund ist die items GmbH schon in der Planung, bereits in diesem Jahr in der IoT-Plattform der Kunden eine 450 MHz-Schnittstelle zu implementieren, so dass am Ende sämtliche Datenströme der unterschiedlichsten Technologien (Bsp. LoRaWAN, NB-IoT, Mobilfunk) zusammenfließen und die für den Mitarbeiter in aufbereiteter Form in seinem Fachsystem einsehbar sind. Ebenso unterstützt die items GmbH ihre Kunden beratend für den Aufbau der Prozesse und IT-Systeme für den Einsatz der 450 MHz Technologie.

IT-Architektur zur Integration der 450 MHz Frequenz bei der items GmbH
IT-Architektur zur Integration von 450 MHz bei der items GmbH

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Post-EEG-Anlagen die Reglung des EEG 2021 im Detail

Post-EEG nun endgültig geregelt


Bis zur Verabschiedung des EEG 2021 war für Anlagen, deren 20-jährige Vergütungsperiode abläuft, der zukünftige rechtliche Rahmen noch nicht abschließend geklärt. Dementsprechend gespannt wurde die zukünftige rechtliche Behandlung dieser Anlagen erwartet. Um diese Lücke zu schließen, erfolgte Ende 2020 eine Novellierung des EEG. In dieser wurde für bestimmte Post-EEG-Anlagen eine Anschlussvergütung festgelegt. Im Rahmen dieses Blogbeitrags werfen wir einen Blick darauf, wie die Anschlussfinanzierung für Post-EEG-Anlagen konkret aussieht:

Post-EEG-Anlagen heißen nun ausgeförderte Anlagen

Der Begriff auslaufender Anlagen aus der EEG-Förderung wurde in der Branche lange als Post-EEG-Anlagen bezeichnet. Mit der Novellierung des EEG 2021 heißen Post-EEG-Anlagen nun ausgeförderte Anlagen. Nach §3 Nr.3a EEG 2021 handelt es sich um Anlagen, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen worden sind und bei denen der ursprüngliche Anspruch auf Zahlung nach der für die Anlage maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beendet ist. Mehrere ausgeförderte Anlagen sind zur Bestimmung der Größe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ausgeförderten Anlagen als eine Anlage anzusehen, wenn sie nach der für sie maßgeblichen Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs auf Zahlung als eine Anlage galten.

Für diese Anlagen gilt übergangsweise eine neue Einspeisevergütung (§ 21 Abs. 1, § 100 Abs. 5). Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen kleineren Anlagen bis einschließlich 100 Kilowatt und Windenergieanlagen an Land, unabhängig von deren installierter Leistung.

Post-EEG-WKA an Land

Für WKA an Land sind zwei unterschiedliche Fördersystematiken vorgesehen: eine Ausschreibung oder eine feste Einspeisevergütung nach dem Monatsmarktwert. Für Windenergieanlagen an Land ist eine Anschlussfinanzierung bis Ende 2022 vorgesehen. Die Höhe der Vergütung kann über eine Ausschreibung ermittelt werden § 23b Abs. 2. Die Grundlage der Ausschreibungsausgestaltung bildet die Verordnungsermächtigung in § 95 Nr. 3a. Nach dieser dürfen ausschließlich Windenergieanlagen an Land teilnehmen, deren Flächen aus planungsrechtlichen Gründen keine Errichtung einer neuen Anlage zulassen. Das Ausschreibungsvolumen ist auf 1500 MW für 2021 und 1000 MW für 2022 begrenzt. Bei einer Unterzeichnung sind die Zuschläge auf 80 % der Gebote begrenzt. Die Gebotshöchswerte liegen zwischen 3 und 3,8 ct/kWh. Die genaue Gestaltung der Ausschreibung folgt spätestens bis zum 30. Juni 2021 durch die BNetzA.

Für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land, die keinen Zuschlag aus einer Ausschreibung nach § 23b Absatz 2 Satz 1 erhalten haben, besteht eine Anschlussförderung bis zum 31. Dezember 2021. Danach ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, den Strom selbst oder über einen Direktvermarkter in der sonstigen Direktvermarktung zu vermarkten. Ein Wechsel von der festen Einspeisevergütung für ausgeförderte Windenergieanlagen an Land in die sonstige Direktvermarktung ist nur einmal möglich. Spekulationen auf eine bessere Vergütung sollen so verhindert werden.

Grundsätzlich können alle ausgeförderten Windenergieanlagen an Land ab dem 01.01.2021 eine gesetzliche Anschlussvergütung für das Jahr 2021 erhalten. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung richtet sich nach dem Monatsmarktwert abzgl. einer Vermarktungspauschale. Windenergieanlagen an Land ohne Ausschreibungszuschlag erhalten in 2021 und 2022 unterschiedliche, absinkende Zuschläge von 1 ct/kWh bis 0,25 ct/kWh.

Post-EEG-Anlagen kleiner < 100 kW

Auch für ausgeförderte Anlagen bis 100 kW, die keine Windkraftanlagen an Land sind, sieht der Gesetzgeber eine Anschlussförderung vor. Diese können den erzeugten Strom dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und erhalten hierfür einen technologiespezifischen Jahresmarktwert abzüglich einer Vermarktungspauschale. Durch den Einbau eines iMsys erfolgt eine Reduzierung der Vermarktungspauschale. Bei der Weitervermarktung handelt es sich um eine Übergangsregelung bis Ende 2027. Eine Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung ist in diesem Modell zulässig.

Des Weiteren gilt eine erweiterte Umlagenbefreiung von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage für eigenverbrauchten Strom bei einer installierten Anlagenleistung von 30 kW unabhängig von der jeweiligen Vermarktungsform. Bei Altanlagen über 30 Kilowatt fällt bei Eigenversorgung die reduzierte EEG-Umlage in Höhe von 40 Prozent für die vor Ort verbrauchte Menge an.

Ausgeförderte Anlagen werden automatisch zu der neuen Vergütungsform nach Ablauf der Vergütungsperiode zugeordnet § 21c Abs. 1 EEG 2021. Durch die Begrenzung auf Windenergieanlagen an Land und Anlagen kleiner 100 kW fallen Biogas- und PV-Anlagen mit einer installierten Leistung oberhalb von 100 kW aus der Anschlussfinanzierung. Hier ist eine Vermarktung über die sonstige Direktvermarktung erforderlich.

Post-EEG-Anlagen Vermarktungsmöglichkeiten nach dem EEG 2021

Alternative Sonstige Direktvermarktung

Alternativ zur Anschlussförderung haben die Anlagenbetreiber die Möglichkeit, ihre Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung weiter zu vermarkten. In diesem Fall sind die Anforderungen des §10b EEG 2021 zu beachten, wonach die Nutzung eines iMsys oder einer anderen Technik zur Messung und Regelung der Ist-Einspeisung erforderlich ist. Anlagen mit einer Leistung von weniger als 100 kW sind von dieser Regelung befreit, sofern die gesamte Einspeisung des Stroms in das Netz erfolgt.

Wenn die Mitteilung beim Netzbetreiber über den Wechsel der Vermarktungsform zur sonstigen Direktvermarktung nicht bis zum 18.12.2020 erfolgt ist, erfolgt automatisch ein Wechsel der Veräußerungsform in § 21c EEG 2021, nach der die Mitteilung an den Netzbetreiber vor Beginn des jeweils vorangehenden Kalendermonats erfolgen muss.

Der Wechsel zwischen den Veräußerungsformen ist für Windenergieanlagen an Land für das Jahr 2021 nur einmal zwischen den Veräußerungsformen der Einspeisevergütung und der sonstigen Direktvermarktung erlaubt §21b Abs.1a EEG 2021.

Hinweis (Update Juli 2021): Voraussichtlich Q4 2021 erscheint beim Springer Vieweg Verlag das Buch Post-EEG-Anlagen – Praxishilfe für Energieversorgungsunternehmen und Anlagenbetreiber zum Umgang mit ausgeförderten Anlagen das Buch bietet einen Leitfaden über die regulatorischen Änderungen, mögliche Geschäftsmodelle und Hinweise für den Aufbau des Post-EEG-Geschäftsmodells im eigenen EVU. Des Weiteren ist als Update zu diesem Blogbeitrag zu ergänzen, dass die Ausschreibung für ausgeförderte Windkraftanlagen an Land von der EU nicht genehmigt wurde. Somit laufen alle WKA-Anlagen 2021 aus der Netzbetreiberförderung aus und wechseln in die Sonstige Direktvermarktung.

Update: Wenn du mehr über das Thema Post-EEG-Anlagen erfahren möchtest empfehlen wir unser Buch beim Springer Vieweg Verlag – Post-EEG-Anlagen in der Energiewirtschaft