Die gefühlten 1000 Arten der Solarenergie im EEG

Solarenergie als wesentlicher Baustein der Energiewende

Die Erreichung der Klimaziele und die Umsetzung der Energiewende sind wesentliche Bausteine der Politik und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Bei der Transformation des Strom- und Wärmesektors liegt der Fokus klar auf der Elektrifizierung und der Umstellung auf erneuerbare Erzeugungstechnologien. Im Vordergrund steht dabei der Ausbau von Wind- und Solarenergie, die das Fundament der zukünftigen Stromversorgung in Deutschland bilden sollen. Um diesen Ausbau zu beschleunigen, hat der Gesetzgeber in den letzten Monaten eine Reihe von Änderungen insbesondere im Bereich der Photovoltaik auf den Weg gebracht.

Betrachtet man den aktuellen Status quo, so findet man aus regulatorischer Sicht eine Vielzahl von PV-Anlagentypen im EEG, die unterschiedlichen Förderkonstrukten und Ausschreibungsbedingungen unterliegen. Mit Blick auf das Jahr 2030 sieht der Gesetzgeber einen jährlichen PV-Zubau von 6,5 bis 11 GW Leistung vor, so dass die zukünftige PV-Leistung noch einmal deutlich über der heutigen Gesamtleistung liegen wird.

In diesem Blogbeitrag soll es jedoch weniger um das Ausschreibungsdesign und die jährlichen Zubaumengen gehen. Vielmehr soll ein Überblick über die verschiedenen Arten der Photovoltaik aus Sicht des EEG gegeben werden:

Die Standardanlagen im EEG

Der Begriff Photovoltaik wird im EEG eher selten verwendet. Stattdessen wird häufig von Solarenergie oder allgemein von Solaranlagen gesprochen. Generell ist der Begriff Solaranlage ein Sammelbegriff für alle Anlagentypen, was sich auch in der Begriffsdefinition widerspiegelt, denn eine Solaranlage ist jede Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (§ 3 Nr. 41 EEG).

Differenziert man den Begriff der Solaranlage einen Schritt weiter, so zeigt sich, dass zwei Arten von Solaranlagen den Großteil des Zubaus von Photovoltaikanlagen bestimmen: Solaranlagen des ersten und des zweiten Segments. Unter Solaranlagen des ersten Segments versteht man jede Freiflächenanlage und jede Solaranlage auf, an oder in einer baulichen Anlage, die weder ein Gebäude noch eine Lärmschutzwand ist (§ 3 Nr. 41 EEG), während Solaranlagen des zweiten Segments jede Solaranlage auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand sind (§ 3 Nr. 41b EEG).

Bei Solaranlagen des ersten Segments versteht man unter Freiflächenanlagen Solaranlagen, die auf Freiflächen, wie zum Beispiel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder Brachland, installiert sind. Gebäudeintegrierte Anlagen sind wiederum Anlagen, die in die Architektur von Gebäuden integriert sind und dienen nicht nur der Energieerzeugung, sondern können auch Teil der Gebäudehülle sein, wie beispielsweise Solarfassaden oder -dächer. Bei Dachanlagen als Teil von Solaranlagen des zweiten Segments handelt es sich um Solaranlagen, die auf Gebäudedächern installiert sind. Hierbei kann es sich sowohl um geneigte als auch um flache Dächer handeln.

Die aktuellen Ausbauziele innerhalb der beiden Segmente sind etwa gleich groß, weswegen beide Segmente die gleiche Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende haben. Allerdings gibt es Unterschiede im Ausschreibungsdesign oder der Vergütungsstrukturen. Die Unterscheidung von Solaranlagen des ersten und zweiten Segments existiert schon seit längerem und wurde kurz nach der Durchführung der ersten Ausschreibungen vor einigen Jahren eingeführt.

Die Sonderanlagen im EEG

Neben den „Normalanlagen“ im EEG gibt es noch eine Reihe von PV-Sonderanlagen. Dazu gehören unter anderem Agri-PV, Parking-PV, Floating-PV und Moor-PV. Mit dem Solarpaket I ist ein eigenes Ausschreibungsdesign vorgesehen, das durch eine schrittweise Erhöhung auf bis zu 3.000 MW pro Jahr einen immer größeren Beitrag zum Solarausbau in der Fläche leisten wird. Insgesamt ist damit keine Erhöhung der Ausschreibungsmengen (und der dafür insgesamt benötigten Flächen) verbunden. Soweit die Mengen nicht durch spezielle Solaranlagen gedeckt werden können, rücken klassische Freiflächenanlagen in diesem Ausschreibungssegment nach, um die Mengen für die Zielerreichung zu sichern. Generell können Agri-PV, Parking-PV, Floating-PV und Moor-PV wie folgt definiert und durch folgende Merkmale beschrieben werden:

  1. Agri-PV (Agri-Photovoltaik):
    • Definition: Agri-PV bezieht sich auf die Integration von Photovoltaikanlagen in landwirtschaftlich genutzte Flächen.
    • Merkmale: Die Solaranlagen werden über landwirtschaftlich genutzten Flächen installiert, wodurch eine Doppelnutzung des Landes ermöglicht wird. Diese Systeme können so konzipiert sein, dass unter den Solarmodulen Nutzpflanzen angebaut oder Vieh gehalten werden kann.
  2. Parkplatz-PV:
    • Definition: Parkhaus-PV bezieht sich auf die Installation von Photovoltaikanlagen über Parkplätzen.
    • Merkmale: Solarpaneele werden auf Parkplatzkonstruktionen installiert, um erneuerbare Energie zu erzeugen und gleichzeitig den Parkplatz vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Dies ermöglicht eine effiziente Nutzung der verfügbaren Fläche.
  3. Floating-PV (schwimmende Photovoltaik):
    • Definition: Floating-PV bezieht sich auf die Installation von Photovoltaikanlagen auf der Wasseroberfläche von Seen, Teichen, Stauseen oder anderen Gewässern.
    • Merkmale: Die Solarmodule werden auf schwimmenden Strukturen installiert, um Solarenergie zu erzeugen. Dies hat den Vorteil, dass Land eingespart wird und gleichzeitig die Kühlung der Solarmodule durch das Wasser verbessert wird.
  4. Torf-PV:
    • Definition: Moor-PV bezieht sich auf die Integration von Photovoltaikanlagen in Moorlandschaften.
    • Merkmale: Die Solarmodule werden auf speziellen Plattformen oder Konstruktionen über Moorflächen installiert. Dies ermöglicht die Nutzung von Flächen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für die konventionelle Landwirtschaft nur eingeschränkt geeignet sind.

Neue PV-Anlagentypen im EEG

Neben den „normalen“ und „besonderen“ Solaranlagen im EEG wurden mit dem Solarpaket I der Bundesregierung weitere Anlagentypen aufgenommen, die als neue PV-Anlagentypen bezeichnet werden können. Dazu gehören unter anderem die Biodiversitäts-PV-Anlagen. Dabei handelt es sich um eine besonders naturverträgliche Variante der Freiflächen-PV. Die genauen Kriterien für diesen Anlagentyp sind noch offen und sollen bis zum Frühjahr 2024 durch detaillierte Anforderungen in einer Verordnung geregelt werden. Dabei stehen ökologische und technische Anforderungen im Vordergrund.

Darüber hinaus wurde eine eigene Definition für Balkonanlagen, sogenannte Steckersolargeräte, beschlossen. Demnach ist ein Steckersolargerät ein Gerät, das aus einem oder mehreren Solarpaneelen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zum Anschluss an den Endstromkreis eines Letztverbrauchers besteht (§ 3 Nr. 43 EEG). Die Leistung der Anlage ist auf 2 kW begrenzt, wobei die Abgabeleistung am Wechselrichter 800 W nicht überschreiten darf. Damit wurden die Leistungsgrenzen vom Gesetzgeber nochmals deutlich angehoben.

Darüber hinaus wurde eine eigene Definition für sogenannte Garten-PV-Anlagen geschaffen. Dabei handelt es sich um eine PV-Anlage im Garten eines Hausbesitzers oder auf einem Carport bis zu einer Leistung von 20 kW, wenn die Errichtung einer Anlage auf einem Hausdach nicht möglich ist (§48 EEG). Hier wird eine feste Vergütung von 7 ct/kWh angestrebt.

Schließlich gibt es noch die innovativen PV-Anlagen. Hierbei handelt es sich um Versuchsanlagen, die neue Technologien oder Konzepte zur Verbesserung der Effizienz oder der Integration der Photovoltaik erproben. Für diesen Anlagentyp werden separate Ausschreibungen durchgeführt, teilweise auch gemeinsam mit anderen Technologien.

Fazit

Insgesamt ist festzustellen, dass es im EEG aus regulatorischer Sicht eine Vielzahl von PV-Anlagentypen gibt, auch wenn die technologische Funktionsweise bei allen Anlagen ähnlich sein dürfte. Entscheidende Klassifizierungsmerkmale aus Sicht des EEG sind jedoch der Standort, die Leistung und der Nutzungszweck der Solaranlagen.

Trotz der Vielzahl der Anlagentypen wird der Schwerpunkt des Ausbaus weiterhin auf Solaranlagen des ersten und zweiten Segments liegen, auch wenn die Bedeutung von PV-Sonderanlagen weiter zunehmen dürfte. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Einteilung in Standard-, Sonder- und neue PV-Anlagen um eine eigene Klassifizierung des Autors handelt und sich die Begrifflichkeiten nicht immer 1:1 im EEG wiederfinden.

Neue Geschäftsmodelle wie die gemeinschaftliche Versorgung von Gebäuden oder Mieterstrom sowie die Erhöhung des Eigenverbrauchs dürften auch weiterhin Anreize für Stromkunden schaffen, in die Errichtung von Photovoltaikanlagen zu investieren. Gleiches gilt für Unternehmen, die ihre Energiekosten durch Eigenerzeugung senken wollen. Auch wenn die Photovoltaik aufgrund der volatilen Erzeugung ohne Speichertechnologie nicht zu einer dauerhaften Grundlastsicherung führt, dürfte der Ausbau der Photovoltaik in Deutschland weiter voranschreiten. 

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nutzung der solaren Strahlungsenergie nicht ausschließlich durch PV-Anlagen erfolgen muss, sondern auch durch Solarthermie, bei der nicht die elektrische Energie, sondern die erzeugte Wärme genutzt wird. In der aktuellen politischen Diskussion, auch im Zusammenhang mit der viel diskutierten Solaranlagenpflicht auf Hausdächern, wird die Solarthermie im öffentlichen Diskurs vernachlässigt, obwohl ihre Wirtschaftlichkeit je nach Anwendungsfall mit der einer Photovoltaikanlage konkurrieren kann.

EEG 2023: Was ändert sich für die Photovoltaik?

Das EEG 2023 und die vielen Änderungen der Photovoltaik

Nachdem die EU im letzten Jahr ihre beihilferechtliche Genehmigung zum EEG 2023 ausgesprochen hat, sind zum 1. Januar 2023 eine Reihe von Änderungen im EEG in Kraft getreten.  Ein Schwerpunkt der Reformierung des EEG sind Änderungen im Bereich der Photovoltaik. Um das Klimaziel von 80 % EE-Strom im Jahr 2030 zu erreichen, hat der Gesetzgeber die Änderungen aus seiner Sicht genutzt, den Ausbau der Photovoltaik in Deutschland durch die gesetzlichen Anpassungen schneller vorantreiben zu können.

Aus diesem Grund wollen wir uns im Rahmen dieses Blogbeitrags einmal anschauen, welche Änderungen im EEG 2023 zu finden sind. Welche Änderungen hinsichtlich der Vergütung sind zu erwarten? Welche neuen Arten von Photovoltaik sind nun erlaubt? Welche Änderungen im Ausschreibungsdesign sind zu erwarten? Das alles und noch weitere Punkte schauen wir uns in diesem Beitrag näher an.

EEG 2023: Was ändert sich an der Anlagenvergütung?

Die Höhe der Vergütungssätze wird für alle Photovoltaikanlagen nach oben angepasst. Das EEG differenziert hierbei bei kleineren PV-Anlagen zwischen Volleinspeisern und PV-Anlagen mit einer Eigenversorgung. So soll für Volleinspeiser bis 10 kW die feste Vergütung auf 13 ct/kWh ansteigen und bis 40 kW 10,90 ct/kWh betragen. Liegt hingegen auch eine Eigenversorgung vor, beträgt die Förderhöhe bis 10 kW 8,2 ct/kWh, bis 40 kW 7,10 ct/kWh und bis 100 kW 5,80 ct/kWh.

Neu geschaffen wurden die Kategorien der Garten-PV-Anlage bis zu einer Grenze von 20 kW. Dieser Anlagentyp ist für alle Hausbesitzer interessant, welche nicht über die nötige Dachfläche verfügen, eine Photovoltaikanlage zu installieren. Für alle Anlagen bis 20 kW in der festen Einspeisevergütung beträgt die Vergütung zukünftig 6,6 ct/kWh. Geht die Anlage in die Direktvermarktung, steigt die Vergütung auf 7,0 ct/kWh. Ebenso neu sind die Parkplatz-PV-Anlagen. Hier gelten die gleichen Fördergrenzen wie bei PV-Garten-Anlagen. Allerdings liegt der Schwellwert nicht bei 20 kW, sondern 100 kW.

Für ausgeförderte Anlagen bis 100 kW, die im Netzbetreibermodell nach § 23 EEG vergütet werden, wird der maximale Jahresmarktwert auf 10 ct/kWh gedeckelt.  Außerdem erhält die BNetzA die Möglichkeit, die Höchstsätze im Ausschreibungsverfahren für PV-Anlagen des ersten und zweiten Segments um bis zu 25 % anzupassen. Hiervon hat die BNetzA bereits Gebrauch gemacht und für Freiflächenanlagen eine Vergütung von 7,37 ct/kWh festgelegt. Für PV-Dachanlagen soll die Höchstgrenze auf 11,25 ct/kWh ansteigen. 

Um der Problematik der Lieferengpässe zu begegnen, wurde auch im neuen EEG 2023 beschlossen, dass es zu keiner Verringerung der festen Einspeisevergütung mehr kommen soll, wenn die PV-Anlage nicht mehr rechtzeitig realisiert werden kann. Konkret wird die monatliche Absenkung der Vergütungshöhe, also die Degression der Vergütungssätze, bevor die Anlage in Betrieb genommen ist, bis Anfang 2024 ausgesetzt. Die oben genannten Vergütungssätze bleiben also auch 2023 konstant.

EEG 2023: Gilt die 70 %-Begrenzung weiterhin?

Mit der Novellierung des EEG 2023 fällt für alle Neuanlagen ab dem 01. Januar 2023 die technische Vorgabe zur Begrenzung der PV-Nennleistung von 70 % zur Netzeinspeisung weg bis maximal 25 kW. Weiterhin fällt auch die Pflicht zur Steuerung bis 25 kW weg. Bereits im Oktober 2022 wurde durch weitere EEG-Änderung beschlossen, dass auch die Bestandsanlagen bis 7 kW diese Regelung künftig nicht mehr einhalten müssen. Ältere Anlagen zwischen 7 und 25 kW müssen dagegen auch über den Jahreswechsel hinaus die entsprechende Programmierung beibehalten.

Für Netzbetreiber bedeutet die Regelung, dass ein Instrument zur Integration von PV-Anlagen nicht mehr zur Verfügung steht und maximal das Instrument der Spitzenlastkappung angewandt werden kann.

EEG 2023: Welche Kompetenzen zur Mengensteuerung der Ausschreibungsvolumen erhält die BNetzA?

Mit dem EEG 2023 erhält die BNetzA das neue Instrument der endogenen Mengensteuerung im Zuge der Festlegung der Ausschreibungsvolumen. Die endogene Mengensteuerung ist vor allem dafür gedacht, wenn eine drohende Unterschreitung der Gebote in einer Gebotsrunde droht. In diesem Fall hat die BNetzA die Möglichkeit, das Ausschreibungsvolumen nach unten zu senken (§ 28a EEG).

Um einer kommenden Unterzeichnung entgegenzuwirken, kann die BNetzA parallel dazu vor einer Ausschreibungsrunde die Höchstgrenzen für Wind an Land, Solarstrom des ersten und zweiten Segments bis max. 25 % und Biomethan max. 10 % (bereits erfolgt) erhöhen. Die neuen Höchstgrenzen gelten für mindestens 12 Monate.

Neben dem Instrument der endogenen Mengensteuerung gelten mit dem neuen EEG 2023 vereinfachte Auflagen für Bürgerenergiegesellschaften bei Wind- und Solarprojekte, die von der Ausschreibung ausgenommen werden. Bürgerenergieprojekte erhalten auch ohne Ausschreibung eine Vergütung.

EEG 2023: Was ändert sich im Zuge des Netzanschlusses für PV-Anlagen?

Mit der Novellierung des EEG 2023 ist neu, dass man mehrere PV-Anlagen am Netzanschluss gleichzeitig bauen darf, dass auch ein Teil der PV-Anlagen als Volleinspeiseanlage betrieben werden und die andere Anlage im Eigenversorgungsbetrieb, ohne dass die Anlagen zusammengefasst werden. Jede Anlage muss aber über einen eigenen Zähler verfügen.

Außerdem erfolgt eine Klarstellung in der Zusammenfassung von PV-Anlagen, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander befinden (z. B. auf demselben Dach installiert sind). Sind diese mit einem Abstand von mehr als zwölf Kalendermonaten in Betrieb genommen worden, werden sie nicht leistungsseitig addiert. Übersteigt der Wert in Summe 100 kW, muss eine Direktvermarktung erfolgen.

Neu ist auch, dass Netzbetreiber ab 2025 ein Portal zur Verfügung stellen müssen, über die eine Netzanfrage für eine geplante Photovoltaikanlage, Hausanschlüssen etc. möglich ist. Zudem werden Fristen vorgegeben, wie schnell Netzbetreiber diese Anfragen bearbeiten müssen. Obendrein sollen Netzanfragen digitalisiert und bundesweit vereinheitlicht werden.

EEG 2023: Fällt durch die Abschaffung EEG-Umlage der zusätzliche Einspeisezähler weg?

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage im Jahr 2022 sind auch Anlagenbetreiber oberhalb von 30 kW nicht mehr gezwungen eine anteilige EEG-Umlage zu zahlen. Durch die vollständige Streichung der EEG-Umlage kann ein zusätzlicher Erzeugungszähler bei einigen bestehenden PV-Anlagen ab 2023 entfallen. Erzeugungszähler, die vom Netzbetreiber angemietet wurden, können voraussichtlich ausgebaut werden.

Allerdings sollte darauf geachtet werden, ob wirklich auf den Zähler verzichtet werden kann. Der zusätzliche Einspeisezähler kann evtl. noch erforderlich sein, wenn die Anlage von anderen Vergünstigungen profitieren sollte. Daher sollte der Sachverhalt vor dem Ausbau des zusätzlichen Einspeisezählers geprüft werden.

Fazit

Insgesamt hält das EEG 2023 eine Vielzahl von Änderungen bereit, wobei wir hier nur auf einige Änderungen im Bereich der Photovoltaik eingegangen sind. Positiv zu werten sind die neuen Möglichkeiten der BNetzA, die Höchstsätze anzupassen, um ein breiteres Angebot in den Ausschreibungsrunden zu erhalten. Die Vereinfachungen für Bürgerenergiegesellschaften sind ebenfalls positiv zu werten, da die hohen Anforderungen der Ausschreibungen teilweise den Ausbau von EE-Anlagen durch Bürgerenergiegesellschaften verhindert haben.  

Die Anhebung der Vergütungssätze parallel mit der Mehrwertsteuerbefreiung für kleinere PV-Anlagen durch das Bundesfinanzministerium für einen begrenzten Zeitraum, können ebenfalls dazu beitragen, im Privatbereich den Ausbau von PV-Anlagen zu fördern. Den Anmeldeprozess ab 2025 durch ein Netzbetreiberportal zu digitalisieren, kann ebenfalls dazu beitragen, dass der Ausbau von PV-Anlagen vereinfacht wird.

Ob die Maßnahmen jedoch ausreichen, um die Klimaziele 2030 mit einem EE-Anteil von 80 % zu erreichen, bleibt abzuwarten. Aktuell sind in den Ausschreibungsrunden der BNetzA massive Unterzeichnungen im Jahr 2022 zu verzeichnen, sodass das Ziel der Verdopplung der bisherigen PV-Anlagenleistung bis 2030 in weitere Ferne rückt. Aus diesem Grund wird interessant zu beobachten sein, welche Auswirkungen die neuen Höchstgrenzen in 2023 auf das Angebot in den Ausschreibungen hat.

Abschaffung der EEG-Umlage – Wie erfolgt die Umsetzung?

Abschaffung der EEG-Umlage – 1. Juli als Stichtag 

Pünktlich zum 01. Juli endet vermutlich eine Ära in der Energieversorgung. Aus Sicht für den Letztverbraucher erfolgt die Abschaffung der Zahlungspflicht der EEG-Umlage, auch wenn diese natürlich weiterhin an den Betreiber von EE-Anlagen gezahlt wird. Für Stadtwerke bzw. genau genommen die Lieferanten bedeutet dies, dass die Abschaffung der EEG-Umlage an die Letztverbraucher in Form einer Preisanpassung weiterzugeben ist. Welche Regeln hier gelten und wie dies funktioniert, wollen wir uns in diesem Beitrag anschauen. 

Abschaffung der EEG-Umlage – Preisabsenkungspflicht zum 1. Juli 

Für die Abschaffung der EEG-Umlage sieht der Gesetzgeber eine Verpflichtung zur Weitergabe der Preissenkung durch den Lieferanten an den Letztverbraucher vor. Hierfür ist der volle Betrag von 3,723 ct/kWh an den Kunden unverzüglich und im vollen Umfang weiterzugeben (§118 Abs.37 EnWG). Dies gilt, soweit die EEG-Umlage Bestandteil der Preiskalkulation des Lieferanten war, wovon im Regelfall auszugehen ist (§118 Abs.38 EnWG). Die Senkungspflicht besteht allerdings nur, wenn der Energieliefervertrag vor dem 31.01.2022 abgeschlossen wurde, aber begrenzt vom 01.07.2022 bis 31.12.2022 (§118 Abs.39 EnWG). Läuft hingegen der Vertrag zum Jahresende am 31.12.2022 aus und besteht eine Option der Vertragsverlängerung für den Kunden, kann dieser nur zu den aktuell geltenden Preisen zum Jahresende verlängert werden. 

Damit die Preissenkung auch wirklich beim Letztverbraucher ankommt, ist es den Lieferanten verboten, gegenläufige Kostensteigerungen, z. B. durch steigende Einkaufspreise an der Börse, zum 01.07.2022 weiterzugeben (§118 Abs.40 EnWG). Somit sind Preisanpassungen für Lieferanten nur zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt und unter Beachtung der geltenden Preisanpassungsrechte erlaubt.  

Eine Besonderheit gilt allerdings für Neukundenverträge, welche ab dem 01.07.2022 abgeschlossen wurden, diese sind von der Regelung nicht erfasst! Somit gilt, wer zum 01.07.2022 oder zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Energieliefervertrag mit einem Lieferanten abschließt, dem müssen die Preissenkungen nicht weitergegeben werden.  

Abschaffung der EEG-Umlage – Weitere Änderungen im EEG 

Bedingt durch die Abschaffung der EEG-Umlage kommt es zu weiteren Ergänzungen im EEG. Dies ist u.a. im §60 Abs. 1a bis c EEG der Fall. Demnach bleiben die Erhebungs- und Abrechnungssysteme aus Sicht des Netzbetreibers erhalten. Die Prozesse für den Netzbetreiber ändern sich somit nicht. Allerdings gilt zum 1. Juli der Grundsatz, dass keine Erhebung, Meldung und Zahlung von und für entsprechende Letztverbrauchermengen mehr erforderlich sind. Eine Ausnahme gilt für Jahresbetrachtungen bis Ende 2022, wozu u.a. Eigenversorgungen von KWK-Anlagen oder Stromspeicher-Saldierung zählen. Die Höhe der EEG-Umlage berechnet sich in diesem Fall aus dem Mittelwert der veröffentlichten EEG-Umlage und 0 Cent pro Kilowattstunde.  

Insgesamt entfällt die Pflicht für die Erfassung der EEG-Umlage relevante Strommengen am 30. Juni. Um für die spätere Abrechnung den noch EEG-Umlagen relevanten Stromanteil zu ermitteln, haben Lieferanten zwei Möglichkeiten. Entweder erfolgt eine Selbstablesung durch den Kunden oder eine rechnerische Abgrenzung durch den Lieferanten. Als letzte Option wäre aber auch eine Schätzung durch den Netzbetreiber zulässig. Daher bietet es sich aus Kundensicht an, die Strommengen bis zum 30. Juni 2022 zu melden und die Zahlung der EEG-Umlage zum Endabrechnungstermin in 2023 durchzuführen.  Die Endabrechnung findet nach dem alten System im EEG 2021 statt, bevor auf das neue Abrechnungssystem ohne EEG-Umlage umgestiegen wird. Die genauen Regeln sind im neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) zu finden. Die Details des EnUG haben wir euch bereits in einem anderen Blogbeitrag detailliert zusammengefasst.  

Abschaffung der EEG-Umlage – Umgang mit Zählern 

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage werden sich sicherlich viele Unternehmen, aber auch EVUs die Frage stellen, ob einzelne Zähler zur Erfassung der EEG relevanten Strommengen (Stichwort: Submetering) noch erforderlich sind. Grundsätzlich gilt aus Sicht der EEG-Umlage ab dem 01. Juli das Prinzip, dass der Einbau und Betrieb von einem Zähler nicht mehr notwendig ist, da die EEG-Umlage nicht mehr abgeführt werden muss.  

Allerdings sollte der Ausbau des Zählers kritisch hinterfragt werden, gerade für Fälle nach §60 Abs.1b EEG 2023 bzw. §61c, §61l EEG 2021 sowie für rechtliche Anforderungen abseits der EEG-Umlage, wie es zum Beispiel bei Mieterstrom zur Befreiung der Netznutzungsentgelte (NNE) der Fall ist oder bei bestimmten Unternehmen im Bereich der Stromsteuerbefreiung. Insgesamt sollte vorab genau geprüft werden, ob für die Inanspruchnahme von Umlageprivilegien nach dem Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) Erzeugungs- oder Abgrenzungszähler notwendig sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen Messen und Schätzen im EnUG weiterhin gelten! 

Abschaffung der EEG-Umlage – Ausnahmen für Jahresbetrachtungen 

Wie schon erwähnt, bleibt für das Jahr 2022 eine Jahresbetrachtung zur Abrechnung der EEG-Umlage für bestimmte Anwendungsszenarien bestehen. So ist eine Jahresbetrachtung für die Eigenversorgung hocheffizienter KWK-Anlagen (§61c EEG 2021), für die Saldierung von Stromspeichern (§61l EEG 2021) und die Stromkennzeichnungen erforderlich.  

Für diese Szenarien berechnet sich die Höhe der EEG-Umlage aus dem durchschnittlichen Wert in Cent pro Kilowattstunde aus den von den Übertragungsnetzbetreibern veröffentlichten EEG-Umlage für das erste Halbjahr 2022 und der EEG-Umlage für das zweite Halbjahr, welche in diesem Fall 0 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Für diese Szenarien bleibt die Pflicht zur Erfassung der Strommengen und Meldepflichten für das gesamte Kalenderjahr 2022 bestehen. Die Möglichkeit Abschläge anzupassen, besteht weiterhin. Die Endabrechnung erfolgt in der Regel erst 2023.   

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Fazit

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage endet für die Letztverbraucher die Zahlung der EEG-Umlage, welche perspektivisch durch Steuergelder und Einnahmen durch den nationalen CO2-Handel finanziert werden soll. Allerdings hat der Staat in den nächsten Jahren die Möglichkeit, die Querfinanzierung der EEG-Umlage durch Steuergelder einzustellen, wodurch die EEG-Umlage entweder wieder eingeführt werden kann oder die Kosten über die Netznutzungsentgelte umgelegt werden können.  

Kurzfristig bedeutet die Abschaffung der Umlage für alle Letztverbraucher natürlich eine Entlastung. Es ist jedoch kritisch zu hinterfragen, ob die Preissenkung einen langfristigen Effekt haben wird, da die Börsenpreise für Strom sich wieder auf einem Allzeit-Rekord befinden. Daher ist es als sehr wahrscheinlich anzusehen, dass bereits im Herbst neue Preisanpassungen vonseiten der Lieferanten erfolgen. Auch die Reaktivierung zusätzlicher Reservekapazitäten durch das Zwangsabschalten von Gaskraftwerken nach dem Energiesicherungsgesetz können die allgemeinen Kosten am Markt ggf. steigern.  

Wenn du Fragen zu dem Blogbeitrag hast, melde dich gerne, ansonsten abonniere gerne unseren Blog.  

Grünstromtarife: ein Einblick in den Angebotsdschungel der Stromlieferanten

  1. Der ökologische Tarifdschungel
  2. Der Ökostromtarif – der Urvater der Grünstromtarife
  3. Funktionsweise der Grünstromzertifikate
  4. Regionaler Grünstrom
  5. Lokalstrom und Post EEG-Anlagen
  6. Fazit zum Dschungel der Grünstromtarife

Der ökologische Tarifdschungel

Ökostrom-, regionale Strom-, Landstrom- oder Post-EEG-Stromtarife. Wer sich im Netz auf die Suche nach ökologischen Stromtarifen bzw. Grünstromtarifen begibt, findet am Markt unzählige Begriffe und Tarife. Schnell stellt sich hierbei die Frage, welche Anlage fördere ich als Stromkunde eigentlich? Wo liegen die Unterschiede und welches Angebot hat den höchsten ökologischen Mehrwert zur Bekämpfung der CO2-Emissionen?

Aus diesem Grund wollen wir in diesem Blogbeitrag einen Blick auf die historische Entwicklung und Hintergründe der einzelnen Grünstromtarife werfen und erläutern, welche Arten von Anlagen der jeweilige Tarif enthalten kann.

Der Ökostromtarif – der Urvater der Grünstromtarife

Der Ökostromtarif ist der wohl älteste Grünstromtarif und wird wie jeder andere Stromvertrag auch für eine Dauer von 12 oder 24 Monaten abgeschlossen. Wirft man einen Blick in die Details des Stromlieferanten, wie sich der individuelle Strommix zusammensetzt, sieht man schnell die Information 100 % Ökostrom. So weit, so gut. Wir wollen gerne Klarheit schaffen, wie das System der Förderung von Anlagen in Deutschland funktioniert und dass Ökostrom nicht unbedingt Strom aus deutschen EE-Anlagen ist.

EE-Anlagen in Deutschland, die eine EEG-Förderung erhalten, unterliegen dem Doppelvermarktungsverbot. Für Strom aus einer geförderten deutschen EE-Anlage können also keine Grünstromzertifikate ausgestellt werden. Relevant ist das für fast alle EE-Anlagen in Deutschland, mit Ausnahme einiger Wasserkraftwerke, die schon zu alt sind. Die Grünstromzertifikate sind aber zwingende Voraussetzung dafür, dass ein Stromlieferant seinen Strom als Ökostrom verkaufen darf, da er mit diesen Zertifikaten die Herkunft seines Stroms belegen kann. Da Stromlieferanten am deutschen Markt nur geringe Mengen von Ökostrom-zertifiziertem Strom beschaffen können, werden alternative Vorgehensweisen zur Beschaffung von ökologisch zertifiziertem Strom angewandt.

Für einen Ökostromtarif erfolgt die Beschaffung des Stroms in der Regel über die Strombörse oder einen Zwischenhändler. Meist handelt es sich dabei um Graustrom. Bei Graustrom ist die Herkunft des Stroms unbekannt, weswegen ein direkter Vertrieb als Grünstrom nicht möglich ist. Daher beschafft sich der Stromlieferant parallel am Markt Grünstromzertifikate für die Menge des eingekauften Graustroms. Das Grünstromzertifikat stammt hierbei in der Regel von ausländischen Anlagen, wie z. B. norwegischen Wasserkraftwerken, die nicht dem Doppelvermarktungsverbot unterliegen. In der Regel werden die Zertifikate für diese Anlagen als Mitnahmeeffekt ausgestellt, da der Strom sowieso, also auch ohne die Grünstromzertifikate produzieren wird.

Das hat zur Folge, dass kaum eine EE-Anlage in Deutschland mit dem Ökostromtarif gefördert wird. Zusätzlich haben einige Versorger in der Vergangenheit den EEG-Anteil am allgemeinen Strommix in den Ökostromtarif eingerechnet, um sich den Kauf der Zertifikate zu sparen. Dieses Vorgehen verbietet der Gesetzgeber jedoch ab dem Jahr 2022, da einige Versorger ihren Strommix dadurch um über 50 % grün-waschen konnten.

Funktionsweise der Grünstromzertifikate

Wie bereits erläutert, ist das Zertifikatsmanagement für den Vertrieb von Grünstromtarifen entscheidend. Die Zertifikate belegen die Produktion von Grünstrom aus einer bestimmten Anlage innerhalb eines Jahres. Die gesetzliche Grundlage stellt hierfür die Herkunftsnachweisregisterverordnung (HkNDV) dar. Bei dem Herkunftsregister handelt es sich um eine elektronische Datenbank, in der die Ausstellung inländischer Herkunftsnachweise (HKN), die Anerkennung ausländischer Herkunftsnachweise sowie die Übertragung und die Entwertung in- und ausländischer Herkunftsnachweise registriert werden.

Um also an ein Grünstromzertifikat zu gelangen, muss der Betreiber seine EE-Anlage registrieren. Befindet sich die Anlage nicht in der EEG-Förderung, hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, für seine Anlage Grünstromzertifikate in Abhängigkeit von der Produktionsleistung zu erhalten. Im juristischen Sinne handelt es sich bei dem Grünstromzertifikat um ein Herkunftsnachweis. Das Zertifikat selbst ist „ein elektronisches Dokument, das ausschließlich dazu dient, gegenüber einem Letztverbraucher im Rahmen der Stromkennzeichnung nach § 42 Absatz 1 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes nachzuweisen, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde“; § 3 Nr. 29 EEG.

Nach erfolgreicher Registrierung der EE-Anlage erfolgt die Ausstellung der Herkunftsnachweise in Abhängigkeit von der Erzeugung in MWh. Der HKN wird dem Anlagenbetreiber auf seinem Konto gutgeschrieben. Dieser kann vom Anlagenbetreiber am Markt veräußert und z.B. von einem Stromlieferanten für seinen Ökostromtarif gekauft werden. Der HKN wird anschließend dem Konto des Lieferanten gutgeschrieben. Bei Lieferung des Stroms an den Endkunden erfolgt dann eine Entwertung des HKN in Höhe der gelieferten Strommenge. Somit handelt es sich bei Ökostrom vor allem um eine Bilanzierung von Strom, bei der HKN mit Strommengen kombiniert werden.

Regionaler Grünstrom

Bei regionalem Grünstrom handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Ökostromtarifs, bei der auch EE-Anlagen innerhalb der EEG-Förderung aus Deutschland teilnehmen können. Dafür wurde die gesetzliche Grundlage mit der EEG-Novelle von 2014 und dem Auslaufen des Grünstromprivilegs § 33b Nr.2 EEG 2012 gelegt. Hierbei konnten Großhändler abseits der Strombörse den Strom aus EE-Anlagen direkt vermarkten, sofern die Produktion und der Verbrauch zeitlich gekoppelt waren.

Mit dem regionalen Grünstromtarif wurde nun eine Alternative geschaffen. Es sollen vor allem die Anlagen gefördert werden, die sich in räumlicher Nähe zum Verbraucher befinden. Dabei können Anlagen, die sich in maximal 50 km Entfernung vom Verbraucher und in der geförderten Direktvermarktung nach dem EEG befinden, ein regionales Grünstromzertifikat beantragen. Die Entfernungsberechnung erfolgt über die Postleitzahl. Die Höhe des regionalen Grünstroms ist dabei auf die maximale Höhe des EE-Anteils am deutschen Strommix begrenzt. Dies bedeutet bei einem EE-Anteil von 50 %, dass der regionale Grünstromtarif zu 50 % aus Strom mit einem regionalen Grünstromzertifikat sowie zu 50 % aus Ökostrom-zertifiziertem Strom, entsprechend oben dargestelltem Prinzip, besteht.

Durch den regionalen Grünstromtarif hat der Stromlieferant nun die Möglichkeit, auch geförderte EE-Anlagen in der räumlichen Nähe des Kunden mit in den Tarif aufzunehmen, was bei einem Ökostromtarif bislang nicht ging. Durch die regionalen Grünstromzertifikate, die der Anlagenbetreiber erhält, findet auch eine aktive Förderung der lokalen Erzeugungsstruktur statt.

Lokalstrom und Post-EEG-Anlagen

Genauso häufig wie das Wort regionaler Grünstrom taucht auch der Begriff Lokalstrom am Markt auf. Auch wenn die Begriffe lokal und regional doch sehr ähnlich sind, handelt es sich im Kern doch um zwei vollständig verschiedene Grünstromtarife. Bei einem regionalen Grünstromtarif handelt es sich immer um zertifizierten regionalen Grünstrom nach dem EEG (siehe vorheriges Kapitel), während es sich bei dem Begriff Lokalstrom um einen nicht geschützten Markennamen handelt.

Der angebotene Lokalstrom kann dabei in der Regel in zwei Kategorien eingeordnet werden: Die erste Möglichkeit ist das Angebot eines klassischen Ökostromtarifs (siehe oben). Bei der zweiten Möglichkeit kann es sich um die Vermarktung von sog. Post-EEG-Strom handeln.

Unter dem Begriff Post-EEG-Anlagen werden Erzeugungsanlagen verstanden, die aus der EEG-Förderung gefallen sind, weswegen eine Zertifizierung als regionaler Grünstrom nicht mehr möglich ist. Dieser Strom kann jedoch vom Erzeuger oder Direktvermarkter als Grünstrom (beachte den Unterschied zwischen regionalem Grünstrom und Grünstrom) zertifiziert und vom Lieferanten eingekauft und verkauft werden, da keine EEG-Förderung mehr besteht. Durch die Zunahme von Anlagen, die aus der Förderung fallen, ist dieses Vorgehen der Lieferanten immer häufiger am Markt zu beobachten.

Dem Endkunden hilft es bei diesen Tarifen immer, einen Blick in die Details des Energieliefervertrags zu werfen oder sich beim örtlichen Versorger zu erkundigen, welche Post-EEG-Anlagen in dem Lokalstromtarif enthalten sein könnten bzw. ob überhaupt Strom aus Post-EEG-Anlagen vor Ort aufgenommen wurde.

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Fazit zum Dschungel der Grünstromtarife

Mittlerweile haben Stromlieferanten unterschiedliche Möglichkeiten, Ökostrom über verschiedene Grünstromtarife zu vermarkten. Geht es dem Endkunden vor allem darum, einfach nur zertifizierten Grünstrom einzukaufen, reicht ein Ökostromtarif im klassischen Sinne vollständig aus. Hier hat der Kunde zumindest noch Möglichkeiten, zwischen unterschiedlichen Qualitäten von Zertifikaten zu wählen. So setzen einzelne Versorger ausschließlich auf Strom aus Wasserkraft von Anlagen, die in Deutschland errichtet wurden. Meist handelt es sich jedoch um Anlagen aus dem Ausland.

Ist dem Endverbraucher vor allem die Förderung der lokalen Energiewende wichtig, sind Alternativen wie regionale Grünstromtarife gefragt. Hier hat der Kunde eine zertifizierte Sicherheit, dass ein Mindestanteil des Stroms aus lokalen Anlagen stammt. Um die Qualität des regionalen Grünstromtarifs zu erhöhen, haben Lieferanten auch die Möglichkeit, den restlichen Anteil aus Post-EEG-Anlagen vor Ort zu decken, deren Grünstrom zertifiziert wird. Eine Pflicht zur Einbindung von Post-EEG-Anlagen besteht jedoch nicht.

Ob der gleiche Mehrwert zur Förderung der lokalen Energie auch bei Lokalstromtarifen besteht, ist jeweils im Detail zu prüfen, da es sich nicht um einen geschützten Begriff handelt. Theoretisch könnte man sogar Strom aus lokaler Kohleenergie nutzen. Wenn der Lokalstromtarif größtenteils aus lokalen Post-EEG-Anlagen, in Kombination mit einem Herkunftsnachweis besteht, und damit ein Abschalten der ausgeförderten Anlage trotz Funktionsfähigkeit verhindert werden kann, stellt auch dieser Tarif eine sinnvolle Alternative zum regionalen Grünstromtarif dar.

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Koalitionsvertrag und Energiewende – Was steht im Koalitionsvertrag?

Koalitionsvertrag und Energiewende: Ein umfangreiches Maßnahmenpaket

Pünktlich zum Ende des Jahres ist es soweit, die neue Ampel-Regierung steht und mit ihr ein neuer Koalitionsvertrag mit unterschiedlichsten Themen, Neuerungen und angestrebten Maßnahmen, die im Laufe der kommenden Legislaturperiode angegangen werden sollen. Die Umsetzung und Gestaltung der Energiewende hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft stellt ein Themenschwerpunkt der zukünftigen Regierung dar. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf einem einzelnen Sektor wie z. B der Stromwirtschaft, vielmehr sollen nach dem Koalitionsvertrag sämtliche Sektoren und Ziele noch einmal angefasst werden, um die Geschwindigkeit für den Umbau des Energiesystems deutlich zu erhöhen.

Zwar bewegen sich viele Handlungsfelder noch auf einem sehr normativen Niveau, wodurch eine Aussage über die konkreten Maßnahmen in vielen Bereichen noch nicht möglich sind, jedoch wollen wir in diesem Blogbeitrag einen Blick auf die unterschiedlichen Ziele, Maßnahmen und betroffenen Sektoren werfen, die im Koalitionsvertrag aufgeführt sind.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Thema Klimaschutz

Im Koalitionsvertrag bekennen sich die Beteiligten Akteure zum 1,5-Grad-Ziel auf Basis der internationalen Abkommen. Verschärft wurde hierfür das Ziel der Klimaneutralität sektorübergreifend und technologieoffen bis 2045 für alle Branchen. Mit dem Klimaschutzgesetz des vergangenen Sommers wurde bereits für einzelne Sparten das Zieldatum von 2050 auf 2045 herabgesetzt. Nun soll dies einheitlich für alle Sparten bis 2045 erfolgen. Da die Umsetzung der Energiewende als Querschnittsaufgabe angesehen wird, sollen künftige Gesetzentwürfe und Verordnungen grundsätzlich einem Klimacheck unterzogen werden. Die genaue Ausgestaltung ist an dieser Stelle noch offen, soll jedoch durch das federführende Ressort erfolgen.

Als Basis-Monitoring über den Stand der Energiewende in Deutschland soll ein Governance-System eingeführt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um keine neue Idee, sondern eine verpflichtende Umsetzung, die auf Grund der EU-Governance-Verordnung umzusetzen ist. Zur Beschleunigung der Umsetzung und Erreichung der Klimaziele soll bis Ende 2022 ein Klimaschutzsofortprogramm entworfen werden, um Umsetzungsvorhaben voranzutreiben, aber auch den notwendigen regulatorischen Handlungsrahmen zu schaffen. Gestützt durch unterschiedliche Energie- und Klimafonds soll die Finanzierung nachhaltiger, ökologischer Projekte gesichert werden. Hierbei wird auch die KfW-Bank miteinbezogen. Somit zielt das Koalitionspapier im Kern wesentlich auf eine schnellere Umsetzung der Energiewende ab. Basis hierfür ist eine vorgezogene Klimaneutralität, die Anpassung des regulatorischen Handlungsrahmens sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Erneuerbare Energien

Der Ausbau Erneuerbarer-Energien (EE) soll nach dem Willen der Ampelkoalition deutlich gestärkt werden. Dies ist auch notwendig, aufgrund der Anpassung der Strombedarfsprognose für das Jahr 2030. Diese wird nun auf einen jährlichen Bedarf von 680-750 TWh geschätzt. Durch den gestiegenen absoluten Strombedarf ist eine höhere Erzeugungskapazität erforderlich, um das relative Ziel des erneuerbaren Erzeugungsanteils zu erreichen. Mit Blick auf das Jahr 2030 wird dieses von bisher 65 % auf 80 % EE-Anteil heraufgesetzt.

Dies bedeutet für die bestehenden Ausschreibungen eine deutliche Anhebung des notwendigen Ausschreibungsvolumens. Dabei soll jedoch nicht nur einfach das jährliche Volumen heraufgesetzt werden, vielmehr soll auch eine dynamische Anpassung möglich sein, wenn ein Unterschreiten der Ausbaupfade festgestellt wird. Hinzu sollen die Rahmenbedingungen für nichtgeförderte EE-Anlagen im PPA-Modell, regionale EE-Erzeugungskonzepte sowie bessere Rahmenbedingungen für Bürgerenergiegenossenschaften geschaffen werden. Zudem ist eine bessere Förderung für Quartiers- und Mieterstromlösungen geplant. Konkrete Angaben über die Höhe der Förderung sind allerdings noch nicht zu finden. Um den Aufbau und die Errichtung von EE-Anlagen aber grundsätzlich zu erleichtern, sollen Planungs- und Genehmigungsprozesse durch einheitliche Bewertungsmethoden beschleunigt werden sowie der Einsatz externer Projektteams zur Entlastung der öffentlichen Behörden beitragen.

Zur Steigerung der Akzeptanz von EE-Anlagen vor Ort sollen Kommunen finanziell von Windkraftanlagen (WKA) oder PV-Freiflächenanlagen auf ihrem Gebiet profitieren. Welche zusätzlichen Änderungen an dieser Stelle zu erwarten sind, bleibt abzuwarten, da eine finanzielle Beteiligung bereits mit der Novellierung des EnWGs im Sommer 2021 möglich ist.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Photovoltaik

Um den angestrebten Anteil von 80 % EE im Jahr 2030 zu realisieren, plant die Ampelkoalition eine verfügbare Erzeugungsleistung von 200 GWPeak im Bereich der Photovoltaik. Dies würde einen enormen Ausbau der Photovoltaik innerhalb der kommenden 9 Jahre bedeuten. Im Jahr 2020 verfügte Deutschland über ca. 54 GW Photovoltaik. Somit bedeuten die Beschlüsse des Koalitionsvertrags eine Vervierfachung der bereits verfügbaren Erzeugungsleistung. Um die hierfür notwendige Geschwindigkeit zu erreichen, sollen bisherige Hemmnisse wie die Beantragung und Genehmigung von Netzanschlüssen, Ausschreibungspflichten für große Dachanlagen sowie Vergütungssätze angepasst werden.

In welche Richtung sich daher die Vergütungssätze entwickeln werden, die zu einem ähnlichen Boom wie 2011 nach dem Unfall von Fukushima geführt haben, bleibt abzuwarten, auch, welche Auswirkungen die möglichen neuen Prozesse zur Genehmigung von PV-Anlagen für Netzbetreiber haben. Mit zunehmender Dichte von EE-Anlagen im eigenen Erzeugungsnetz dürfte jedoch der Bedarf an Monitoring- und Berechnungslösungen zur Auswirkung von EE-Anlagen im eigenen Netzgebiet weiter steigen. Zum einen, um die notwendige Prüfgeschwindigkeit einhalten zu können, zum anderen, um die Auswirkungen besser analysieren und damit die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.

Für Neubaugebiete können Netzbetreiber aber schon einmal mit einem flächendeckenden Einsatz von PV-Dachanlagen rechnen, da die Koalition eine PV-Pflicht für gewerbliche Neubauten vorsieht. Bauhürden für private Bauherren sollen möglichst abgeschafft werden, mit dem Ziel, alle Dachflächen in Deutschland nutzbar zu machen. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Windkraft

Neben der Photovoltaik soll in den nächsten Jahren der Ausbau von WKA gestärkt werden. Hierfür sollen 2 % der Landesfläche als Vorrangfläche für Onshore-Anlagen gesichert werden. Um eine gleichmäßigere Verteilung der WKA zu gewährleisten, sollen auch Standorte mit einer geringeren Windhöffigkeit gefördert werden. Ebenso plant die Koalition eine Erleichterung des Repowerings, um den Verlust möglicher alter WKA nach Ablauf der Förderung zu verhindern. Inwieweit das Repowering auch für die Standorte erleichtert werden sollen, die nach heutigen Regelungen nicht mehr für ein Repowering geeignet sind, bleibt abzuwarten.

Für den Offshore-Bereich wird das jetzige Vergabeverfahren in Form von Ausschreibungen beibehalten. Lediglich das Ausbauziel wird angehoben. So sollen bis 2030 30 GW Erzeugungsleistung, 2035 40 GW und 2045 70 GW zur Verfügung stehen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Sonstige EE

Zusätzlich zum Ausbau der Windkraft und Photovoltaik sollen Bio- und Geothermie weiter gestärkt werden. Allerdings nennt der Koalitionsvertrag keine konkreten Ausbaumengen. Vielmehr soll eine neue Biomasse-Nachhaltigskeitsstrategie entwickelt werden sowie ein Konzept zur stärkeren Nutzung der Geothermie. Insgesamt wirkt es jedoch so, als ob die Parteien ihren Fokus klar auf die Nutzung der Windenergie und Photovoltaik legen und Biomasse sowie Geothermie weiterhin ein Nischendasein fristen werden. 

Koalitionsvertrag und Energiewende: Stromerzeugung – Atom- und fossile Energie

Mit dem Ausbau der Erneuerbare-Energien strebt die Ampelkoalition, wie bereits die Vorgängerregierung, mittelfristig denn Ausstieg aus der Kohleenergie an. Sofern möglich, soll dieser auf 2030 vorgezogen werden statt wie bislang geplant 2038. Die Neuerung stellt hier jedoch den guten Willen bis 2030 auszusteigen dar. Ein Kohleausstieg bis 2030 ist nach dem Kohleausstiegsgesetz grundsätzlich schon heute möglich, da mehrere Überprüfungszeitpunkte für einen vorzeitigen Ausstieg vorgesehen sind. Um einen möglichen vorzeitigen Ausstieg sozial, wie auch gesellschaftlich abzufedern, sollen Maßnahmen des bestehenden Strukturanpassungsgesetzes vorgezogen werden.

Als Brückentechnologie sieht der Koalitionsvertrag die Stromerzeugung aus Erdgaskraftwerken und KWK-Anlagen vor. Diese sollen so lange die bestehende Energielücke schließen, bis eine ausreichende Versorgungssicherheit durch Erneuerbare-Energien gesichert ist. Da mit der nationalen Wasserstoffstrategie der Vorgängerregierung mit einem höheren Wasserstoffanteil im bestehenden Gasnetz zu rechnen ist und grüner Wasserstoff als wesentliche Säule einer nachhaltigen Energieversorgung angesehen wird, sollen neue Erdgaskraftwerke H2-ready gemacht werden. Bestehende Kraftwerke sind ebenfalls darauf vorzubereiten.

Die Atomenergie nimmt im Koalitionsvertrag keine Rolle für die künftige Energieversorgung ein. Am beschlossenen Atomausstieg wird weiterhin festgehalten.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Energienetze

Spartenübergreifend funktionierende, intelligente und überwachte Energienetze sind eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Energiewende, was der Koalitionsvertrag ebenfalls anerkennt. Um die Netze schnellstmöglich auf die künftigen Anforderungen vorzubereiten, sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller durchlaufen werden können, aber auch Bürgerbeteiligungen besser koordiniert werden. Dies soll vor allem für den Aus- und Aufbau der Strom- und Wasserstoffnetze gelten. Um die zukünftige Netzplanung ganzheitlich durchzuführen, sollen getrennte Netzszenarien durch die BNetzA nicht mehr separat je Sparte erfolgen. Vielmehr soll ein Plan für ein Klimaneutralitätsnetz entwickelt werden. Parallel dazu ist eine Roadmap Systemstabilität bis Mitte 2023 geplant, um die Versorgungssicherheit langfristig im Zuge des Umbaus des Energiesystems zu gewährleisten. Grundsätzlich sieht der Koalitionsvertrag die dringende Notwendigkeit, die Netze schneller und besser zu digitalisieren, weswegen der Ausbau von iMsys beschleunigt werden soll und bei der Netzplanung ein größerer Fokus auf der Netzsteuerung liegen soll. Für den Bereich Speicher ist sogar eine eigene Säule im Energiesektor geplant, die rechtlich noch zu definieren ist. In der Praxis dürfte daher vor allem spannend sein, ob mit dem klaren Ziel der Errichtung mehr intelligenter Netze auch eine Anpassung des Finanzierungsrahmens erfolgen soll oder ob es für Netzbetreiber durch die Anreizregulierung weiterhin attraktiver ist, Kupfer zu verbauen, anstatt Intelligenz in die Netze zu bringen.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Strommarktdesign

Um das Energiesystem auf einen hohen Anteil Erneuerbare-Energien vorzubereiten, ist die Entwicklung eines neuen Strommarktdesign geplant. Hierfür soll es ab 2022 eine neue Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ geben, auf der verschiedenste Akteure konkrete Vorschläge für ein neues Strommarktdesign machen können. Wesentlicher Eckpfeiler soll eine Reform der Finanzierungsarchitektur sein. So soll die EEG-Umlage zum 1. Januar 2023 abgeschafft und durch den nationalen CO2-Handel ersetzt werden. Inwieweit dies möglich ist, bleibt abzuwarten, da eine Integration der nationalbesteuerten CO2-Emissionen in den EU-ETS-Handel geplant ist. Wie die Gelder dann auf europäischer Ebene verteilt würden, ist aktuell noch nicht klar definiert, wodurch ggf. eine Gegenfinanzierung der noch anfallenden EEG-Vergütungen gegenüber Anlagenbetreibern nicht gewährleistet wäre.

Mit dem Ende der Kohleenergie 2030 ist außerdem eine Abschaffung der Subventionierung von EE-Anlagen geplant, wodurch die Erneuerbaren-Energien in den „freien Markt“ entlassen würden. Alle weiteren Abgaben und Umlagen, wie z. B. die Energiesteuer, Netzentgelte, KWK-Umlage, Ausnahmetatbestände für spezielle Abgaben und Umlagen, sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Je nach Größe der angestrebten Reformen dürfte es spannend zu beobachten sein, inwiefern neue Regelungen und alte mit einem Bestandsschutz aufeinandertreffen und eine Übergangsphase zwischen beiden Reformwelten gestaltet werden kann.

Das wesentliche Instrument zur Ausgestaltung des Handlungsrahmens des neuen Strommarktdesigns soll die CO2-Bepreisung einnehmen. Hierfür soll ein Mindestpreis von 60€/t auf EU- und nationaler Ebene durchgesetzt werden. Bis zum Jahr 2030 soll der Handel über alle Sparten erfolgen. Am Preispfad des nationalen CO2-Handels wird weiterhin festgehalten. Es soll jedoch, wie bereits von der EU gefordert, ein nationales Instrument zur sozialen Abfederung der CO2-Kosten geben.

Außerdem kann dem Koalitionsvertrag entnommen werden, dass vom Prinzip des Energy-Only-Marktes abgerückt wird, nach dem ausschließlich der Markt Angebot und Nachfrage bestimmen soll. So ist der Aufbau technologieoffener Kapazitätsmärkte vorgesehen. Was dies konkret in der Praxis bedeutet, bleibt mit großem Interesse abzuwarten, da Deutschland bereits über eine Vielzahl unterschiedlichster Kapazitätsmärkte (Sicherheitsreserve, Winterreserve, Regelenergieleistung etc.) verfügt.

Koalitionsvertrag und Energiewende: Wasserstoff

Als wesentliche neue Säule und perspektivisches Substitut zu Erdgas strebt die Ampelkoalition einen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur an. Hierfür sollen bis 2030 10 GW Elektrolyseleistung installiert werden, 5 Jahre früher als in der nationalen Wasserstoffstrategie festgelegt. Da die Leistung von 10 GW gerade einmal dem heutigen Wasserstoffbedarf der deutschen Industrie entspricht, ist ein umfangreiches Update der nationalen Wasserstoffstrategie mit ambitionierteren Zielen für 2022 vorgesehen. Zur Beschleunigung der Errichtung von Elektrolysekapazitäten ist ein effizient ausgestaltetes Förderprogramm vorgesehen. Zur Schaffung einer grünen Wasserstoffnachfrage, sollen öffentliche Einrichtungen verpflichtet werden, eine bestimmte Quote des eigenen Energiebedarfs mit grünem Wasserstoff zu decken. Das Instrument der Carbon Contracts for Difference soll zugelassen werden.  

Der grüne Wasserstoff soll vorrangig aus einheimischer Produktion gedeckt werden, insbesondere in Verbindung mit Offshore-Wind. Als Brückentechnologie ist jedoch auch blauer Wasserstoff zulässig. Da jedoch eine einheimische Produktion nicht zu 100 % umzusetzen ist, soll der Ausbau von internationalen strategischen Partnerschaften wie z. B. mit Chile oder Russland vorangetrieben werden.

Der Energieträger Wasserstoff soll nicht auf einzelne Sektoren oder Anwendungsfelder zugelassen, sondern in seiner Breite geöffnet werden. Hierfür strebt der Koalitionsvertrag eine technologieoffene Wasserstoffregulatorik ein, die allerdings klimaneutral auszugestalten ist. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Nachweissystems soll auf europäischer Ebene ein Zertifizierungssystem entwickelt werden.  

Koalitionsvertrag und Energiewende: Gebäude und Wärme

Da ein Großteil der Energie in Deutschland für die Bereitstellung thermischer Energie im Gebäudesektor eingesetzt wird, möchte die Ampelkoalition den Anteil erneuerbarer Energien sowie die Energieeffizienz steigern. Hierfür soll zum einen der Neubaustandard ab dem 1. Januar 2025 auf das KfW-Haus 40 gesenkt sowie das GEG (Gebäudeenergiegesetz) angepasst werden. Demnach sollen alle neu eingebauten Heizungen auf einer Mindestbasis von 65 % EE betrieben werden. Für alle größeren Um- und Ausbauten soll ab dem 1. Januar 2024 der EH 70-Standard gelten.

Sofern möglich, soll der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen mit einem EE-Anteil von 50 % bis 2030 ausgebaut werden. Voraussetzung hierfür soll eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein.  

Fazit

Die Ziele und Ambitionen des Koalitionsvertrags können durchaus als anspruchsvoll bezeichnet werden. Durch den möglichen frühzeitigeren Ausstieg aus der Kohle sowie das Beibehalten des Atomausstiegs, bei gleichzeitiger Anhebung der Strombedarfsprognose und einem höheren EE-Ziel von 80 % bis 2030 bei stagnierenden Ausbauzahlen zum aktuellen Zeitpunkt, muss ein deutlicher Ausbau von EE-Anlagen zwingend erfolgen. Viele der Ziele sind jedoch noch auf einem sehr hohen normativen Niveau formuliert, so dass es am Ende auf die konkrete Ausgestaltung ankommen wird. Wie gelingt es konkret, die Ausbauzahlen zu erhöhen, Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, die Bürger miteinzubeziehen, neue Wasserstoffinfrastrukturen zu errichten oder den Rahmen für intelligente Energienetze zu schaffen?

Sollten hierfür in den nächsten 24 Monaten nicht die ausreichenden Handlungsrahmen geschaffen werden, ist durchaus mit einem Comeback des Energieträgers Erdgas zu rechnen, welcher die Lücken zwischen Erneuerbaren Energien und der Kohle-/Atomenergie schließen soll. Ob eine starke Fokussierung auf Wind- und Solarenergie ausreicht und wie die Netze mit der Zunahme einer immer volatileren Energieversorgung zu Recht kommen, ist ebenfalls abzuwarten. Notwendig hierfür wäre sicherlich ein Regulierungsrahmen, der stärkere Anreize für Netzbetreiber setzt, mehr in Intelligenz als in Kupfer zu investieren. Wie dies gelingen soll, dazu wird im Koalitionsvertrag jedoch wenig gesagt. Die Erkenntnis, die Netze auf der Steuerungsebene weiter zu ertüchtigen, ist aber sicherlich als richtig einzustufen. Ein neuer regulatorischer Rahmen für Energiespeicher, die zur Pufferung von Spitzenleistungen erforderlich sind, der aber bislang ein einziger Flickenteppich ist, ist mehr als überfällig.  

Positiv zu sehen ist das sektorübergreifende Denken des Koalitionsvertrags. Separate Planungen für nationale Strom- und Gasinfrastrukturen machen wenig Sinn, wenn die Gasinfrastruktur perspektivisch durch Wasserstoff abgelöst werden soll, welche den Strom für den Betrieb der Elektrolyseanlagen bringen soll. Den Ansatz, ein Konzept für ein sektorübergreifendes, klimaneutrales Energienetz zu entwickeln, könnte zur Hebung von Synergieeffekten beitragen.

Das bestehende Strommarktdesign weiterzuentwickeln, ist auch als logischer Schritt zu werten. Hier scheint jedoch noch nicht klar sein, wie der europäische und nationale CO2-Handel ineinandergreifen. Auf der einen Seite wird eine europäische Lösung angestrebt, auf der anderen Seite sollen die Einnahmen des nationalen CO2-Handels zur Kompensation der EEG-Umlage eingesetzt werden, wobei der nationale CO2-Handel womöglich durch ein einheitliches europäisches System abgelöst wird, wodurch ggf. eine Finanzierungslücke entstehen könnte. Insgesamt ähnelt der Prozess zur Abstimmung des Strommarktdesigns sehr dem letzten Prozess, als das BMWi unter Siegmar Gabriel das letzte Grün- und Weißbuch zum nächsten Strommarktdesign entwickelte. Hierbei sollte die Ampelkoalition aufpassen, nicht noch weitere Kapazitätsmärkte neben den bestehenden zu schaffen, wie im Koalitionsvertrag gefordert, da dies die Grundpfeiler des Energy-Only-Marktes stark beeinflussen könnte, sofern das Marktdesign von Angebot und Nachfrage beibehalten werden soll.    

Die Rolle der neuen Energiesparte Wasserstoff bleibt auch mit dem Koalitionsvertrag schwer abzuschätzen und wirkt teilweise widersprüchlich. Die Erzeugungskapazitäten liegen noch deutlich hinter dem Bedarf, der für eine großflächigere Substituierung von Erdgas notwendig ist, weswegen das Update der nationalen Wasserstoffstrategie 2022 abzuwarten bleibt. So ist es fragwürdig, ob ein Großteil des grünen Wasserstoffs wie im Koalitionsvertrag gefordert aus einheimischen Ressourcen gewonnen werden kann. Da die Notwendigkeit von Wasserstoffimporten aus dem Ausland aber im Koalitionsvertrag anerkannt wird, sollte sich ein erforderliches Gleichgewicht sicherlich einstellen. Auffällig ist jedoch, dass primär über Erzeugungskapazitäten von Wasserstoff gesprochen wird und wenig über die regulatorischen Rahmenbedingungen.

Allgemein kritisch zu betrachten ist die Fragestellung, ob der Koalitionsvertrag die deutsche Energiepolitik in einem zu nationalen und zu wenig europäischen Kontext denkt. Im Bereich der CO2-Bepreisug oder Zertifizierung von Energieträgern ist dies bereits gegeben, jedoch weniger in der grenzüberschreitenden Vernetzung der Energieinfrastrukturen oder der Errichtung von Erzeugungskapazitäten in angrenzenden Nachbarländern. Zumindest finden sich im Koalitionsvertrag wenig Anhaltspunkte, wie ein europäischer Energiebinnenmarkt der Zukunft auszugestalten ist.

Viele Maßnahmen und Ziele aus dem Koalitionsvertrag wie z. B. ein Governancesystem zur Überwachung des Fortschritts der Energiewende oder ein Abfederungssystem für sozialschwächer gestellte Menschen basieren im Kern auf Verordnungen und Richtlinien der EU, die bereits beschlossen wurden und bei denen Deutschland hinterherhinkt. Alles in allem bieten die Beschlüsse jedoch eine solide Grundlage, um die Klimaziele zu erreichen. Wie in so vielen Dingen, wird es am Ende davon abhängen, wie die konkrete Ausgestaltung durch den Gesetzgeber erfolgt.

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EEG 2021 – Was kommt auf die Energiewirtschaft zu?

Das neue EEG für 2021

Lange war es angekündigt, nun ist es da. Mitte September hat das BMWi den Gesetzentwurf des neuen EEG 2021 vorgelegt, um die drängenden Themen wie z. B. den Umgang mit Post-EEG-Anlagen oder den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien zu regeln. Mit mehr als 170 Seiten handelt es sich wie erwartet um einen größeren Entwurf, der bereits seit mehreren Monaten im Verzug ist. Da u. a. für Post-EEG-Anlagen bis zum 01.01.2021 eine Anschlussregelung erforderlich ist, drängt die Zeit. Wir als items GmbH haben uns einmal die Mühe gemacht, uns die wesentlichen Änderungen des EEG 2021 näher anzuschauen.

Die Hauptthemen des EEG 2021

Eine wesentliche Änderung des EEG 2021 stellt die Verschärfung der deutschen Klimaziele dar. So soll der Sektor Strom im Jahr 2050 zu 100 % und nicht mehr zu 80 % aus Erneuerbaren Energien versorgt werden. Dies schließt ebenfalls importierten Strom mit ein. Entsprechend erfolgt eine Anpassung der Ausbauziele bis 2029. Hinzu kommt eine besondere Berücksichtigung von Anlagen im Süden Deutschlands, um ein Ungleichgewicht der Installation der Erzeugungsanlagen zu verhindern. Die zweite wesentliche Änderung betrifft den weiteren Umgang mit Post-EEG-Anlagen. Außerdem plant der Gesetzgeber, die Akzeptanz der Bürger durch gezielte Maßnahmen zu steigern.

Post-EEG Anlagen – die Anschlussregelung

Der Gesetzgeber plant eine langfristige Regelung bis Ende 2027 für sog. Post-EEG-Anlagen, die aus der 20-jährigen Förderung ab dem 01.01.2021 auslaufen. In diesem Kontext spricht der Gesetzgeber von ausgeförderten Anlagen. Bei ausgeförderten Anlagen handelt es sich um Anlagen unter einer installierten Leistung von 100 kW, die vor dem 01.01.2021 in Betrieb genommen wurden und keinen Anspruch mehr auf eine Vergütung nach dem EEG haben §3a EEG 2021.

Die Vermarktung erfolgt automatisch weiter durch den Netzbetreiber, sofern vom Anlagenbetreiber kein Dritter mit der Vermarktung beauftragt wurde. Die gesamte Menge ist durch den Netzbetreiber zu liefern. Ein Eigenverbrauch ist nicht erlaubt, solange kein iMsys zur Erfassung des Eigenverbrauchs installiert ist. Die Höhe der Vergütung berechnet sich aus dem Jahresmarktwert des jeweiligen Energieträgers abzüglich der Vermarktungskosten.

Durch die Begrenzung der ausgeförderten Anlagen auf eine Leistung von 100 kW profitieren ausschließlich kleinere PV-Anlagen von der Neuregelung. Für größere PV-Anlagen oder Windkraftanlagen bedeutet dies weiterhin, dass keine Anschlussregelungen existieren. Somit müssen sich diese Betreiber einen Direktvermarkter suchen und mit diesem einen PPA-Vertrag abschließen. Allerdings kündigt der Gesetzentwurf an, dass auch noch für größere EE-Anlagen mit dem Fokus auf Windenergie eine Übergangslösung, auch unter dem Blick auf Corona, kommen soll.

Neues Instrument Windenergieabgabe

Zur Steigerung der Akzeptanz der Erneuerbaren Energien vor Ort plant der Gesetzgeber die verpflichtende Einführung von Bürgerstromtarifen. Betreiber von Windkraftanlagen (WKA), die einen Zuschlag im Rahmen der Ausschreibung erhalten, müssen in Zukunft für die Dauer der Förderung eine Abgabe von 0,2 ct/kWh ohne Gegenleistung an die Kommune abführen. Hierfür ist ein Vertrag in Schriftform festzuhalten. Die Zahlung an die Kommune erfolgt jährlich.

Im Referentenentwurf war zuvor noch die Möglichkeit der Einführung von Bürgerstromtarifen vorgesehen, mit der der Anlagenbetreiber die Abgabe auf 0,1 ct/kWh senken könnte. Nach der Ressortabstimmung ist die Einführung der Bürgerstromtarife gestrichen.

Bei diesem Tarif handelte es sich um einen Stromtarif, der maximal 90 % der Kosten des örtlichen Grundversorgertarifs entsprochen hätte. Der Anlagenbetreiber hätte mit mindestens 80 Bürgern einen solchen Bürgerstromtarif abschließen müssen, um von der Senkung der Abgabe gegenüber der Kommune profitieren zu können. Sofern der Betreiber mindestens einen, aber weniger als 80 Verträge abgeschlossen hätte, erhöht sich der zu leistende Betrag um die Anzahl der weniger als 80 geschlossenen Verträge multipliziert mit 100 Euro. Für die Berechnung wäre die Anzahl der Kunden maßgeblich, die bereits seit mindestens sieben Monaten einen Bürgerstromtarif abgeschlossen haben. Im Jahr der Inbetriebnahme wäre die Anzahl der Verträge zum 31.12. maßgeblich gewesen.

Schnelles Genehmigungsverfahren für kleine EE-Anlagen

Mit der Einführung des EEG 2021 plant der Gesetzgeber ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für kleine EE-Anlagen mit einer maximal installierten Leistung von 10,8 kW. Demnach hat der Netzbetreiber in 4 Wochen das Anschlussbegehren des Anlagenbetreibers zu prüfen. Erfolgt keine Rückmeldung innerhalb der Zeitfrist, so gilt der Anschluss als genehmigt.

Neue Ausschreibung für Dachanlagen

Dass PV-Anlagen ab einer Leistung von 750 kW Teil der Ausschreibung sind, ist seit dem EEG 2017 keine Neuigkeit mehr. Mit dem EEG 2021 erfolgt jedoch eine Trennung von PV-Freiflächenanlagen und PV-Dachanlagen und an Lärmschutzwänden. Dabei soll die Ausschreibungsgrenze von 750 kW auf 500 kW sinken. Für Freiflächenanlagen bleibt die Grenze von 750 kW bestehen. Durch die Änderung wäre eine Vielzahl von Dachanlage verpflichtet, an der Ausschreibung teilzunehmen. Daneben ist ein Eigenverbrauch in diesem Kontext nicht mehr möglich. Durch die Trennung in PV-Freiflächen und ‑Dachanlagen kommen mit dem EEG 2021 nun zwei verschiedene Ausschreibungsvolumina. Der Gesetzgeber differenziert damit nun zwischen PV-Anlagen des ersten Segments (PV-Freiflächen) und PV-Anlagen des zweiten Segments (Dachanlagen und an Lärmschutzwänden).

Ausschreibungsvolumen bis 2029

Mit der Novellierung des EEG werden die Ausschreibungsmengen bis zum Jahr 2029 fortgesetzt, um die Klimaziele für das Jahr 2030 mit einem EE-Anteil von 65 % im Sektor Strom sicherzustellen. Für Windenergie an Land plant der Gesetzgeber Ausschreibungsvolumen von 2,9 GW bis 5,8 GW pro Jahr. Bei PV-Dachanlagen liegen diese zwischen 0,25 und 0,35 GW pro Jahr. Wohingegen das Ausschreibungsvolumen für PV-Freiflächenanlagenmit Ausschreibungsmengen zwischen 1,6 GW und 1,9 GW deutlich höher liegen. Für Biogasanlagen mit fester Biomasse beträgt das Ausschreibungsvolumen 350 MW pro Jahr, für Biomethananlagen 150 MW pro Jahr. Für Windenenergieanlagen auf hoher See ändern sich die Mengen hingegen nicht, da hierfür eine Änderung des Wind-auf-See-Gesetzes erforderlich wäre.

Die neue Südquote

Mit der Novellierung des EEG wird eine sog. Südquote eingeführt. Durch diese Maßnahme soll eine Entlastung des Stromnetzes von Nord nach Süd sichergestellt werden. Hierfür plant der Gesetzgeber eine verpflichtende Quote für Windenergieanlagen an Land in Höhe von 15 % von 2021 bis 2023. Danach soll die Quote auf 20 % steigen. Die bisherigen Netzausbaugebiete entfallen damit.

Daneben erfolgt ebenfalls die Einführung einer Südquote für Biogasanlagen in Höhe von 50 %. Neu ist hierbei die Einführung einer Ausschreibung für Biomethananlagen, die sich ausschließlich an südliche Landkreise richtet. So sollen bis Ende 2028 jedes Jahr 150 MW Leistung von Biomethananlagen in südlichen Landkreisen realisiert werden. Die Ausschreibungsmenge erhöht sich dabei jeweils um die Menge, die im Vorjahr nicht vergeben wurde. Parallel zur Ausschreibung von Biomethananlagen bleibt die Ausschreibung für Biomasseanlagen mit fester Biomasse erhalten. Durch die Einführung dieser Maßnahmen will der Gesetzgeber einen Ausbau, der zu einem Ungleichgewicht der Stromerzeugung zwischen Nord- und Süddeutschland führt, verhindern.

Abschaffung der 6h-Regel

Für alle Neuanlagen, die ab dem 01.01.2021 an das Netz angeschlossen werden, plant der Gesetzgeber die mit dem letzten EEG 2017 eingeführte 6h-Regel abzuschaffen. Nach dieser Regel erhalten alle Anlagenbetreiber, die sich im Marktprämienmodell befinden, keine Marktprämie mehr, wenn der Spotmarktpreis länger als 6 Stunden negativ ist. In Zukunft plant der Gesetzgeber eine deutliche Verschärfung. So soll bereits die Auszahlung der Marktprämie bei negativen Strompreisen ab einer Länge von 1 Stunde gestoppt werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll die Neuregelung den Anreiz für den Einsatz der Speichertechnologie fördern, so dass EE-Strom erst in das Netz eingespeist wird, wenn der Spotmarktpreis wieder positiv ist. 

Keine Neuigkeiten für Stromspeicher

Eine Weiterentwicklung zum Umgang mit dem Thema Abgabenbefreiung für Stromspeicher fehlt in der jetzigen EEG-Novelle. Damit gilt weiterhin die jetzige Regelung des § 61i EEG. Verpflichtende Änderungen, die sich aus dem EU-Winterpaket ergeben, die u. a. eine Abgabenbefreiung für Speicher von Haushaltskunden vorsehen, werden nicht konsequent weiterverfolgt. Das Thema Power-to-X-Lösungen ist ebenfalls kaum enthalten. Lediglich eine Befreiung für grünen Wasserstoff ist angedacht. Somit bleibt abzuwarten, ob noch eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber erfolgt.

10 kW-Grenze zur Umlagenbefreiung bleibt bestehen

Aktuell zahlen Verbraucher, die eine PV-Anlage unterhalb einer Leistung von 10 kW betreiben, keine EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom. Für größere Anlagen oberhalb 10 kW ist dies Pflicht. Das EU-Winterpaket sah in diesem Kontext eine Anhebung der Grenze auf mindestens 30 kW vor, dies ist im aktuellen Entwurf noch nicht enthalten. Auch hier bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber nachbessert.

Anpassung des Mieterstromzuschlages

Wie dem letzten Mieterstrombericht der Bundesregierung zu entnehmen war, ist der Ausbau von Mieterstromprojekten auf Grund der schlechten Förderbedingungen bislang mehr als schleppend erfolgt. Ein Grund war die zu niedrige Mieterstromumlage, die an die Höhe der aktuellen PV-Vergütung abzüglich des Wertes 8,5 ct/kWh gekoppelt war. Dadurch, dass die Höhe der PV-Vergütung durch den atmenden Deckel im EEG stetig sinkt, nahm auch die Höhe des Mieterstromzuschlags ab.

Mit der Novellierung des EEG erfolgt nun eine Entkopplung des Mieterstromzuschlags von der Höhe der PV-Vergütung. Anlagen mit einer Leistung von maximal 10 kW erhalten einen Mieterstromzuschlag von 3,79 ct/kWh. Anlagen von 10 bis 40 kW 3,52 ct/kWh und Anlagen bis 500 kW 2,37 ct/kWh. Die Grenze für Mieterstromprojekte wird somit von 100 kW auf 500 kW angehoben. Die Höhe der Mieterstromvergütung sinkt ebenfalls nach den gleichen Mechanismen des atmenden Deckels wie für die feste PV-Vergütung. Eine marktgerechte Vergütung bleibt so sichergestellt.

Weitere Entwicklung bleibt abzuwarten

Wie aus dem Ausschnitt über die geplanten Änderungen des EEG ersichtlich wurde, hält die Novelle viele neue Themen bereit. Dringende Themen, wie der weitere Umgang mit Post-EEG-Anlagen, bekommen nun endlich einen rechtlichen Rahmen. Andere, wie das Thema Speicher, sind komplett vernachlässigt worden. Ebenso die Anhebung der 10-kW-Grenze zur Umlagenbefreiung auf mindestens 30 kW, wie es die EU vorsieht. Mit der Ankündigung des Gesetzgebers, die Regelung für Post-EEG-Windkraftanlagen zu ergänzen, wird deutlich, dass noch einige kleine Änderungen kommen. Ein deutlich größerer Wurf ist jedoch auf Grund des Zeitdrucks nicht zu erwarten.

Power-Purchase-Agreements (PAAs) und Post-EEG-Anlagen im energiewirtschaftlichen Kontext

Energiewirtschaftliche Tagesfragen 70. Jg. (2020) Heft 3

Das Ende der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stellt Betreiber von Solar- und Windanlagen vor die Frage, wie es in Zukunft mit diesen weitergehen soll. Eine Abschaltung gilt es zu verhindern – Power-Purchase-Agreements könnten die Lösung sein.

Welche Formen von PPAs aktuell diskutiert werden, ob virtuell, physisch, On-Site oder Off-Site, Chancen und Risiken sowie mehr zur rechtlichen Grundlage der Agreements lesen sie im neuen Artikel von Marcel Linnemann in der Energiewirtschaftliche Tagesfragen:

Power-Purchase-Agreements (PAAs) und Post-EEG-Anlagen im energiewirtschaftlichen Kontext