Unbundling: Die Entflechtungsregeln der Energiewirtschaft

22. Juni 2022

Unbundling: Hintergrund der Entflechtungsregeln

Die Sicherstellung eines funktionierenden Energiemarktes, welcher nach wettbewerblichen Kriterien funktioniert, ist eine der obersten Prioritäten der europäischen Energieziele. Voraussetzung hierfür sind die gleichen Chancen für alle Marktteilnehmer innerhalb der Energiewirtschaft. Die Lieferung von Energie muss jedem Marktakteur nach den gleichen Regeln möglich sein, um einen Wettbewerb zu ermöglichen bei der jeder Letztverbraucher von marktgerechten Preisen profitiert. Ein Ausnutzen einer Vormachtstellung soll so vermieden werden.

Jedoch gibt es in der Energiewirtschaft mit der Netzinfrastruktur ein Bottleneck, welches bis heute als Monopol von der Marktrolle des Netzbetreibers betrieben wird. Da jeder Strom- und Gaslieferant die Netzinfrastruktur benötigt, um seine Kunden mit Energie beliefern zu können, ist eine neutrale Rolle des Netzbetreibers sicherzustellen, welcher allen Lieferanten die Nutzung des Netzes zu gleichen Bedingungen ermöglicht. Dies gilt gerade dann, wenn der Netzbetreiber in einem integrierten Energieversorgungsunternehmen angesiedelt ist, welcher auch über einen eigenen Lieferanten verfügt. Um eine Bevorzugung des eigenen Lieferanten innerhalb des Konzernverbundes zu verhindern und eine Neutrale Stellung des Netzbetreibers zu gewährleisten wurden die Entflechtungsregeln, in der Branche auch das Unbundling genannt, entwickelt. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Blogbeitrag mit den Unbundling im Detail beschäftigen und schauen was sich hinter dem Begriff verbirgt:

Grundzüge des Unbundlings

Das Unbundling für den Netzbetrieb besteht insgesamt auf vier Säule der Entflechtung: dem buchhalterischen, dem informatorischen, den operationellen und dem rechtlichen Unbundling. Die Unbundlingvorschriften sind im Detail im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt und können dort im Detail nachgeschlagen werden. Die Regeln beruhen im Das Unbundling für den Netzbetrieb besteht insgesamt auf vier Säule der Entflechtung: dem buchhalterischen, dem informatorischen, den operationellen und dem rechtlichen Unbundling. Die Unbundlingvorschriften sind im Detail im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt und können dort im Detail nachgeschlagen werden. Die Regeln beruhen im Kern auf drei Kernzielen der EU zur Einhaltung der Trennung zwischen dem Netz und dem Vertrieb, um einen Wettbewerb innerhalb des Energiemarktes zu ermöglichen. 

Daher ist eines der wichtigsten Ziele der EU die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Netzzuganges bei der jeder Lieferant zu gleichen Bedingungen das öffentliche Stromnetz nutzen kann und über dieselben Informationen verfügt wie jeder andere Lieferant auch. Zusätzlich soll eine Quersubventionierung des Netzbetreibers innerhalb des Konzernverbundes an den eigenen Lieferanten verhindert werden. Eine Besserstellung des eigenen Lieferanten ist so ausgeschlossen. Darüber hinaus dient das Unbundling zur Einhaltung der Transparenzvorschriften der EU, um die notwendige neutrale Rolle des Netzbetreibers prüfen zu können.

1. Unbundlingstufe: die buchhalterische Entflechtung

Die erste Unbundlingstufe stellt die buchhalterische Entflechtung dar. Sie ist geregelt in §6b des Energiewirtschaftsgesetzes. Das buchhalterische Unbundling sieht die Pflicht eines jeden Netzbetreibers zur Führung einer eigenen Buchführung in Form einer eigenen Bilanz und GuV vor. Diese sind jährlich vom Netzbetreiber zu veröffentlichen. Die Maßnahme dient der Überprüfung des Ziels der Quersubventionierung, da so Geldflüsse an den eigenen Lieferanten im Konzern nachvollzogen werden könnten. Auch benötigt der Netzbetreiber eine eigene Bilanz, da sich um sein Vermögen sowie Kosten die Höhe der jährlich zu erhebenden Netzentgelte berechnet.

2. Unbundlingstufe: die informatorische Entflechtung

Die Informatorische Entflechtung sieht eine vollständige Informationstrennung des Netzbetreibers von anderen Marktrollen wie dem Lieferanten vor. Die detaillierte Regelung ist in §6a EnWG zu finden. Die strikte Informationstrennung soll verhindern, dass der eigene Lieferant innerhalb des Konzernverbundes über Informationen verfügt, welche dem eigenen Lieferanten zum Vorteil gereichen. Da der Netzbetreiber über sämtliche Informationen im Netz verfügt, könnte dieser zum Beispiel den Lastgang eines Großkunden dem eigenen Lieferanten bereitstellen, damit dieser ihm ein besseres Angebot als die konkurrierenden Lieferanten machen kann. Um diesen Vorgang zu verhindern erfolgt das informatorische Unbundling.  

3. Unbundlingstufe: die operationelle Entflechtung

verstanden. So hat der Netzbetreiber z. B. seine Räumlichkeiten von anderen Teilen des Unternehmens zu trennen. Auch ist es nicht erlaubt, dass Führungspersonal des Netzbetreibers andere Leitungsaufgaben innerhalb anderer Marktrollen des Energieversorgungsunternehmens ausübt. Zur Sicherstellung dieser Regelung hat der Netzbetreiber ein Gleichbehandlungsprogramm zu entwickeln und regelmäßig zu aktualisieren. Die Regelung im Detail findet sich in §7a EnWG.

4. Unbundlingstufe: die rechtliche Entflechtung

Die letzte Unbundlingstufe stellt die rechtliche Entflechtung des Netzbetriebs innerhalb des Energieunternehmens dar. Hierfür ist letzte Unbundlingstufe stellt die rechtliche Entflechtung des Netzbetriebs innerhalb des Energieunternehmens dar. Hierfür ist der Netzbetrieb in eine eigene juristische Rechtsform wie z. B. eine eigene GmbH zu überführen. Die Regelung findet sich in §7 des EnWGs.

Die Unbundling-Regeln der Energiewirtschaft nach dem EnWG (Copyright: Springer Vieweg Verlag)

Wichtige Zusatzinformationen zum Unbundling

Bei der Umsetzung des Unbundling sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. So ist zum Beispiel nicht jeder Netzbetreiber verpflichtet alle vier Stufen des Unbundlings umzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass die buchhalterische und informatorische Entflechtung immer anzuwenden ist. Für die operationelle und rechtliche Entflechtung gilt dies jedoch nicht. Eine Entflechtung ist erst verpflichtend, wenn der Netzbetreiber in seiner Strom- oder Gassparte mehr als 100.000 Kunden angeschlossen hat. Die Schwelle von 100.000 Kunden wird als De-Minimis-Regel bezeichnet. Liegt die Zahl der angeschlossenen Kunden an das öffentliche Energieversorgungsnetz darunter, ist die operationelle und rechtliche Entflechtung für den Netzbetreiber freiwillig.

Die Vorschriften des Unbundlings gelten nur für die Sparten Strom und Gas. Eine Entflechtung in den Sparten Wasser und Fernwärme ist rechtlich nicht vorgesehen. Für die Sparte Wasserstoff werden aktuell angepasste Unbundlingvorschriften entwickelt. Für die Überwachung des Unbundlings ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) und die zuständigen Landesregulierungsbehörden der einzelnen Bundesländer verantwortlich. Die Regeln des Unbundlings sind die Ursache, dass in der Praxis das Stadtwerk oft in Vertrieb und Netz unterteilt sind. Dem Netzbetrieb sind meist noch der konventionelle Messstellenbetrieb und die Aufgabe des Messdienstleisters zugeordnet. Wenn die Fragen zu diesem Blogbeitrag hast melde dich gerne.

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Marcel Linnemann

Leitung Innovation & Grundsatzfragen Energiewirtschaft
Marcel Linnemann, Wirt. Ing. Energiewirtschaft, Netzingenieur, ist Leiter Innovation und regulatorische Grundsatzfragen bei items und Autor diverser Fachbücher und -artikel rund um die Thematiken der Energiewirtschaft und der Transformation