IoT auf der Landesgartenschau Neuenburg am Rhein

4. Oktober 2022

Landesgartenschau & IoT

Landesgartenschauen entwickeln sich weiter. Von sogenannten Blümchenschauen, wie man früher gesagt hat, werden sie zu Reallaboren für innovative Ansätze. Nicht nur im Natur- und Landschaftsbereich, sondern auch im technologischen Bereich. Die Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein in Baden-Württemberg ist eine der Ersten, die das Internet der Dinge nutzt, um Zukunftsthemen rund um das Thema Smart City zu demonstrieren. Ziel ist es, die Landesgartenschau effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Mithilfe eines über die gesamte Landesgartenschau gelegten Netzes von Sensoren können die bnNETZE verschiedene Daten tracken, die einen Mehrwert für die Besucherinnen und Besucher sowie die Betreiber der Landesgartenschau bieten. Die Badenova hat auf ihrem Blog zum Start der Landesgartenschau alle Anwendungsfälle zusammengefasst. Nachfolgend betrachten wir drei Use Cases etwas spezifischer.

Schaut man sich das für Landesgartenschauen wichtige Wasserdargebot und die jährlichen Dürrestärken des Dürremonitors des Helmholz Zentrum für Umweltforschung an, wird schnell klar, dass wir in den Jahren 2018, 2019, 2020 und auch 2022 eine außergewöhnlich geringe Bodenfeuchte in Deutschland hatten. Laut Umweltbundesamt hat es in den Jahren 2018 um 25 %, 2019 um 7 % und 2020 ca. 10 % weniger Niederschläge im Vergleich zum Jahresdurchschnitt gegeben. Der Trend setzte sich mit Ausnahme im Jahr 2021 auch im Jahr 2022 fort. Im Juli 2022 (Stand 15.07.2022) zeigt sich im Oberboden (bis 0,30 m) fast in ganz Deutschland flächendeckend Trockenstress, teilweise extremer Trockenstress. Die Auswirkung der Dürre sind vielfältig: In der Landwirtschaft vermindert sie das Pflanzenwachstum und die Erträge, es kommt zur Erosion durch Wind und zu schlechteren Wachstumsbedingungen für Bäume und Pflanzen in urbanen Räumen.

Wie das Internet der Dinge Landesgartenschauen und schlussendlich auch urbane Lebensräume bei einem sich ändernden Wasserdargebot unterstützen kann, nachhaltig und effizient mit der Ressource umzugehen, wollen wir in diesem Blogbeitrag einmal genauer betrachten.

Welche Sensorik wurde auf der Landesgartenschau verbaut?

Auf der Landesgartenschau wurden unterschiedliche IoT-Use-Cases bedient. Für diesen Blogbeitrag wollen wir uns auf Bodenfeuchtigkeitsmessung, die Pegelstandmessung und die Lautstärkemessung fokussieren. Außerdem wurden Parkplatzüberwachung, Raumklimamonitoring, Besucherzählung, Wetterstation, Abfallmonitoring sowie das Trafostationsmonitoring realisiert.

Bodenfeuchtigkeitsmessung

Pflanzen wurzeln unterschiedlich. Je nach Art und Größe wachsen die Wurzeln in unterschiedliche Tiefen und breiten sich unterschiedlich in der Horizontalen aus. Auch das Wasserdargebot ist abhängig von der Bodentiefe und Niederschlägen unterschiedlich. Während einer kurzen Dürreperiode trocknet in der Regel nur der Oberboden bis 25 cm Tiefe aus. Jungpflanzen und Flachwurzler kommen dann nicht mehr an ausreichend Wasser. Bei schwereren Dürren, wie sie zuletzt seit den letzten Jahren in Mitteleuropa persistiert, kommt es zu einer extremen Trockenheit in Bodentiefen bis zu 1,8 m. Durch die Bodenfeuchtigkeitsmessung sollte ein effizienter und ressourcenschonender Umgang mit den vorhandenen Wasserressourcen gewährleistet werden.

Um genau zu wissen, wie hoch der aktuelle Wasserbedarf der Pflanzen auf der Landesgartenschau ist, wurden an unterschiedlichen Standorten Bodenfeuchtigkeitssensoren verbaut. An insgesamt 6 Standorten, 3x in Blumenbeeten, 2 x an Kirschbäumen (Schatten- und Sonnenplatz) und 1 x bei der Dachbegrünung eines Funktionsgebäudes, kam die Sensorik zum Einsatz. In verschiedenen Tiefen bis zu 40 cm wurde so ermittelt, wie viel Druck (in kPa) die Wurzeln benötigen, um Wasser zu ziehen.

In der Abbildung 1 ist zu sehen, wie der benötigte Wurzeldruck im Zeitraum vom 02.04. bis zum 21.09. in der Tiefe von 15 cm unter dem Beet an der Hauptbühne mitunter stark variiert. Einerseits liefern die Daten so Rückschlüsse, ob das Beet richtig bewässert wurde. Andererseits kann anhand der Momentanwerte (Abbildung 2) abgelesen werden, ob das Wasserdargebot aktuell im Optimum liegt oder nicht und gegebenenfalls nachgesteuert werden muss.


Abbildung 1 – Bodenfeuchte in 15 cm Tiefe im Zeitraum vom 02.04. – 21.09
Abbildung 2 – Bodenfeuchte in 20 und 40 cm Tiefe am Kirschbaum

Übrigens: Der Vergleich des benötigten Wurzeldrucks in 20 und 40 cm Tiefe veranschaulicht, dass Bewässerungen nicht ad hoc in tieferen Bodenschichten zur Verfügung stehen, sondern diese langsam in tiefere Erdschichten vordringen.

Die Werte lassen sich wie folgt interpretieren:

  • 0 bis 6 kPa Überversorgung / Übernässung
  • 6 bis 32 kPa Gute Wasserversorgung
  • 32 bis 80 kPa mäßige Wasserversorgung
  • 80 bis 180 kPa kritische Wasserversorgung
  • > 180 kPa keine Wasserversorgung

Pegelsonden

Mit der bereits dargestellten Prämisse, dass wir in Europa seit Jahren ein verringertes Wasserdargebot haben und in diesem Jahr die Pegelstände des Rheins die Binnenschifffahrt vor beträchtliche Herausforderungen gestellt hat, könnte davon ausgegangen werden, dass der Rheinpegel kein direktes Risiko für die Landesgartenschau darstellt. Der Rhein besitzt jedoch ein komplexes Abflusssystem. Der Pegel des Oberrheins ist eher von Sommermaxima geprägt, was bedeutet, dass der Pegel dann am höchsten ausfällt. Im Gegensatz dazu ist am Niederrhein (Bonn, Köln, Düsseldorf) aufgrund der Zuflüsse durch Main und Mosel eher Wintermaxima festzustellen. Damit die Landesgartenschau im Sommer nicht durch einen hohen Pegelstand des Rheins gefährdet wird, wurde dieser überwacht, damit im Notfall Maßnahmen hätten eingeleitet werden können.

Abbildung 3 – Rheinpegel in Metern vom 21.04. – 21.09.2022

Beim Blick auf die gemessenen Werte in Abbildung 3 ist auch schnell klar, dass wenig Niederschläge vor Ort nicht direkt einen niedrigen Pegelstand des Oberrheins bedeuten. Das Sommermaximum ist hier klar zu erkennen. Die Daten konnten in der Form vom Betreiber der Landesgartenschau genutzt werden, um die Überschwemmungsgefahr auf Stundenbasis zu überprüfen.

Lautstärkemessung


Lärmbelastung ist kein Thema, welches allein Veranstaltungsorte betrifft. Hauptverkehrsstraßen, Spiel- und Sportplätze und öffentliche Plätze stelle generell das Potenzial der Lärmbelästigung für Anwohner dar. Auf der Landesgartenschau findet ein vielfältiges, kulturelles Programm statt. Um laute Beschallung der Hauptbühne belegen zu können und datenbasiert mit den Anwohnern und Bürgern diskutieren zu können, sollte die Lautstärke im Umfeld der Bühne aufgezeichnet werden.

Abbildung 4 – Lautstärkemessung an der Hauptbühne

Auf der Grafik ist der Tag des Aufbaus auf in Rot markiert. Die Aufbauarbeiten dauerten bis ca. 1:00 nachts an und starteten wieder zwischen 5 oder 6 Uhr morgens. Die Eröffnung des Geländes für das Publikum ist durch den grünen Pfeil gekennzeichnet. Der blaue Pfeil und das Maximum der dargestellten beiden Tage ist der Zeitpunkt der Eröffnungsreden, u.a. auch durch den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

Bereitstellung & Nutzung der Messdaten

Damit aus den gesammelten IoT-Daten echte Mehrwerte entstehen konnten, wurden diese auf der IoT-Plattform gesammelt und dem Betreiber und den Besuchern zur Verfügung gestellt. Die Daten konnten direkt auf der Plattform visualisiert werden und stellten so den Betreibern und Mitarbeitern der Landesgartenschau eine breite, anschauliche Datenbasis dar, auf Grundlage derer direkte Rückschlüsse und Handlungsanweisungen getroffen werden konnten.

Darüber hinaus standen die Daten auch der Öffentlichkeit über das Public Dashboard der IoT-Plattform zur Verfügung. So waren die Messwerte überall und zu jeder Zeit abrufbar. Für anreisende Besucher mit dem Elektroauto durfte unter anderem das Parkplatzmonitoring von großem Interesse gewesen sein. Einmal angekommen, konnten die Daten auf interaktiven Bildschirmen genauer betrachtet und im Kontext des eigenen Besuchs gedeutet werden.

Fazit & Ausblick

Die Landesgartenschau stellte ein geeignetes Schaufenster dar, um diverse IoT-Anwendungsfälle einem breiten Publikum vorstellen zu können. „Uns ist es als Team der Landesgartenschau zusammen mit der bnNETZE GmbH gelungen, das Schaufenster Landesgartenschau zu nutzen und unseren Besucherinnen und Besuchern aus der trinationalen Region zu zeigen, welche Möglichkeiten durch den Einsatz der IoT-Sensorik entstehen und wie diese Arbeitsprozesse auf dem Gelände (und zukünftig auch in Kommunen) optimieren“, betont Andrea Leisinger, Geschäftsführerin der Landesgartenschau 2022.

Neben der Präsentation der Use Cases unterstützten diese vor allem auch die Betreiber der Landesgartenschau. So hebt Andrea Leisinger hervor: „Mit dem Einsatz der IoT-Sensorik auf dem Gelände der Landesgartenschau konnten wir die Transformation von einer traditionellen Landesgartenschau hin zu einer digitalen und innovativen Landesgartenschau erfolgreich anstoßen. Sie bot unseren Mitarbeitenden eine wertvolle Unterstützung bei der Optimierung verschiedenster Abläufe“.

Die hier besprochenen IoT-Anwendungsfälle stellen nur einen kleinen Teil des IoT-Portfolios der bnNETZE dar. Das Feedback der kommunalen Vertreterinnen und Vertreter bestätigt, dass alle gewünschten Anwendungsfälle abgedeckt werden konnten und dass die bnNETZE bereit sind, aus einer Kommune eine Smart City oder Smart Village zu machen, das Mehrwerte für alle Beteiligte schafft.

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Hubertus Aumann

Product Owner & Consultant Digitale Netze
Hubertus Aumann ist Product Owner der IoT Platform und Grid Insight: Water sowie Consultant Digitale Netze. Er verantwortet die Entwicklung und den Betrieb der Lösungen und berät Kunden hinsichtlich der Umsetzung von Projekten im IoT-Umfeld.

Sascha Dachtler

Marketing -und Vertrieb Iot & Smart City
Sascha Dachtler verantwortet bei der bnNETZE GmbH alle Marketing- und Vertriebsaktivitäten in der Organisationseinheit IoT & Smart City.