DSAG-Technologietage 2023 – Wohin führt die Reise von SAP BI? 

5. April 2023

Vom 22.03. bis 23.03.2023 fanden in Mannheim die diesjährigen Technologietage der DSAG statt. Mit über 2.600 Teilnehmern war die Veranstaltung gut besucht. Grund dafür waren sicherlich wieder einmal die wertvollen Informationen und Beiträge sowohl von SAP-Kunden als auch der SAP selbst. In diesem Blogbeitrag rekapitulieren wir die DSAG-Technologietage und schauen uns die aktuellen Entwicklungen der SAP BI-Lösungen genauer an.  

Zukunftssicherheit und Investitionsschutz – Neuere Entwicklung der SAP 

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Sebastian Westphal, Technologievorstand der DSAG und Thomas Henzler, Vorstand für Lizenzen, Service & Support der DSAG. Beide referierten über das diesjährige Thema „work in progress“, welches vielschichtig interpretiert werden kann. Zu Beginn eines Projektes wird dieser Status durchaus erwünscht, da noch das Gefühl von Aufbruch vorherrscht und die Ziele des Projekts herbeigesehnt werden. Dass dieses positive Gefühl im Laufe der voranschreitenden Projektdauer auch ins Gegenteil kippen kann, ist wohl jedem von uns leidvoll bekannt. Am Ende möchte man einfach fertig werden und das Projekt hinter sich bringen. Ganz so schlimm ist die Stimmung der DSAG-Mitglieder gegenüber der SAP sicherlich nicht, aber es wurde schon hier und da der Zeigefinger in Richtung Walldorf gehoben, dass etwaige Funktionslücken in den neuen Produkten zügig geschlossen werden sollten. Aus Sicht der SAP-Kunden wurden hier die vier Punkte Planbarkeit, Investitionsschutz, Zukunftssicherheit und Stabilität als wichtig genannt und auch die Forderungen an SAP inhaltlich genauer spezifiziert. 

Im Anschluss konnte Jürgen Müller, CTO der SAP, den Stand der Entwicklungen aus Sicht von Europas größtem Softwarehersteller erläutern. Das zentrale Element der zukünftigen SAP-Produkte ist die Business Technology Platform (BTP), die als Basis aller cloudbasierten Services der SAP dient und mehr und mehr Einzug in die Prozesse der Kunden halten wird. Was in diesem Zusammenhang lobenswert von der DSAG angemerkt wurde, ist die Tatsache, dass die SAP ihre Strategie von „Cloud only“ auf „Re-Use / Hybrid“ geändert hat. Ein starkes Signal an ihre Kunden. On-Premise-Systeme spielen also weiterhin eine Rolle im SAP-Kosmos. Somit wird das Thema Investitionsschutz in Walldorf ernst genommen, was auch in den späteren Vorträgen immer wieder beobachtet werden konnte. Insgesamt konnte der Eindruck entstehen, dass die SAP endlich den Weg in die Zukunft gefunden hat, nachdem es in den letzten Jahren gefühlt einige Richtungswechsel gegeben hatte. Die aktuelle Strategie auf Basis der BTP wirkt sinnvoll und solide. Auch hier werden die Kundenwünsche, Planbarkeit und Zukunftssicherheit erfüllt. Als Kunde kann sich wieder das Gefühl entwickeln, dass auf die Ideen aus Walldorf Verlass ist. Das war in den letzten Jahren sicherlich nicht immer der Fall.  

Fun Fact

Als weiterer Redner der Keynote stand der YouTuber und Influencer Rezo auf der Bühne. Durch seine Video-Reihe „Zerstörung der…“ dürfte er einem größeren Kreis bekannt sein. Gewohnt locker hielt er einen Vortrag zum Thema Marketing auf Social-Media-Plattformen und wie datengetriebene Entscheidungshilfen hier, aber auch in anderen Gebieten, helfen können.

Die Zukunft der Business Intelligence mit SAP 

SAP Datasphere & BW/4HANA

Was aber bedeutet nun die BTP-basierte Strategie für die Kunden im Analytics-Kontext? Im Vorfeld ist hervorzuheben, dass die SAP einer weiteren Verlängerung des Supports für die NetWeaver-Welt (BW7.5) eine klare Absage erteilt hat. Somit müssen sich jetzt alle Kunden, die aktuell die alte Software nutzen, Gedanken über eine Migration auf die aktuellen Software-Versionen machen. Das wiederum wird spannender als gedacht. Denn wo bisher die Migration auf BW/4HANA die logische Konsequenz war, eröffnet sich mit SAP Datasphere eine neue Möglichkeit. SAP Datasphere ist der Nachfolger der SAP Data Warehouse Cloud und als Teil der BTP ein Produkt, auf dem der Hauptfokus der DWH-Entwicklungen liegt. Im Gegensatz zum BW/4HANA klaffen hier noch etliche Funktionslücken, über die BW‘ler aktuell nur lächeln können. Diese Lücken werden allerdings sukzessiv geschlossen, bis eine Funktionsgleichheit erreicht ist. Datasphere besitzt jedoch schon heute Vorteile gegenüber dem BW/4HANA. So ist in der Anbindung von Webservices, öffentlich zugänglichen Daten über den SAP Marketplace und die Einbindung von KI-Services deutlich einfacher. Kunden, die diese Dienste benötigen, sollten einen Blick riskieren, wohl wissend, dass Datasphere noch nicht wirklich produktiv nutzbar ist.  

SAP BW-Bridge 

Allerdings hat die SAP hier ihre Hausaufgaben erledigt. Über die bekannte BW-Bridge oder eine neue Möglichkeit können vorhandene Kundensysteme komplett integriert werden. Die Metadaten des BW/4-Systems können so genutzt werden, während gleichzeitig die Daten aber im BW/4 verbleiben. Das ist ein Statement an die Kunden bezüglich der Investitionssicherheit und kann die Kunden dazu bewegen, über den BW/4-Tellerrand hinauszuschauen und sich langsam an die neue Welt zu wagen.  

Um auf die BW7.5-Kunden zurückzukommen: sollten sie heute ihr BW7.5 in Datasphere aufgehen lassen? Wohl eher nicht, da die Funktionslücken einfach noch zu groß sind. Allerdings besteht, wenn zeitnah mit der Migration gestartet werden soll, mit BW/4 ein ausgereiftes System als Ziel zur Verfügung. BW/4 wird nicht nur bis 2040 von der SAP gewartet, sondern auch weiterentwickelt. Dazu können Entwicklungen einfach in die neue Datasphere-Welt integriert werden, wenn der Schritt in ein paar Jahren gemacht werden soll. Das BW/4-System ist dann in der neuen Welt die „golden Source“, die Unternehmensdaten beinhaltet und den KI-Services als Datenbasis zur Verfügung stehen kann. Das sind für Kunden rosige Aussichten, wie ich finde. Es scheint wieder in Walldorf angekommen zu sein, dass „Customer First“ doch eine gute Idee ist. 

SAP Analytics Cloud 

Der Star unter den analytischen Produkten bleibt natürlich die SAP Analytics Cloud (SAC). Sie hat den Status des Testballons schon lange verlassen und ist die Reporting-Plattform, die sich eigentlich alle Kunden immer gewünscht haben. Sie wurde so weiterentwickelt, dass sie den Vergleich mit Power BI von Microsoft nicht nur nicht scheuen muss, sondern ihn offensiv suchen kann! Es ist beeindruckend, wie sich die SAC in den letzten Monaten und Jahren entwickelt hat. Frisch aus der Entwicklung wurden neue Features vorgestellt, die bis zur Jahresmitte ausgerollt werden. Es wird eine neue unified Story entwickelt, die verschiedenen Funktionen der bisherigen Artefakte (Story, Analytical App, Digital Boardroom) vereint und mit einem wirklich smarten UI den Anwendern zur Verfügung stellt wird. Ebenso bekommt der Data Analyzer noch einmal einen Schub, was ihn im Vergleich zum Excel-Add-In Analysis for Office (AfO) viel attraktiver erscheinen lässt, als es bisher der Fall war. Wenn die im Vortrag gezeigte Performance in der produktiven Welt genauso zu beobachten ist, fallen mir immer weniger Gründe ein, warum ich das AfO nutzen sollte. Da AfO ein Teil jeder SAC-Lizenz ist, möchte ich das Tool auch nicht abschreiben. Ein Client-Addin ist schon sicherer gegen Performanceschwankungen aufgestellt, als ein Web-basiertes Frontend. 

Forecasting: SAC vs. BPC embedded 

Der Bereich „Planung und Forecast“ ist in der SAC leider noch nicht so weit, wie der Reportingbereich. Das wurde sowohl in der offiziellen Agenda 2023 deutlich als auch in zwei Kundenvorträgen, die sich mit der Planung in der SAC beschäftigten. Der Funktionsunterschied zu einem Business Planning & Consolidation (BPC) embedded ist aktuell noch sehr groß, allerdings bietet die SAC neue Funktionen, die man im BPC embedded so nicht findet. Ich denke dabei an private Planversionen, die einfache Nutzung von verschiedenen Forecast-Verfahren oder die visuelle Darstellung und Nutzung von Wertetreiberbäumen. Das sieht alles schon recht ansprechend und interessant für die Zukunft aus. Bis dahin können BPC embedded-Kunden, dieses in hybriden Szenarien nutzen. Die SAC kann als Frontend genutzt werden, während die Planungslogik mit allen Plansequenzen, Fox-Formeln etc. im BW/4 ablaufen. Dort, wo die Datenbasis liegt. Das steigert die Performance bei aufwändigen Berechnungen und senkt das Fehlerrisiko, da keine Daten zwischen dem BW/4 und der SAC transferiert werden müssen. Wer jetzt Angst vor horrenden Lizenzkosten hat, sollte bei Ecosia einmal nach „BPC runtime license“ suchen. Ein sehr attraktives Lizenzmodell, welches dem Kundenwunsch nach Investitionsschutz nachkommt. Spannend war auch zu sehen, dass sich SAP immer weiter öffnet. So war der Vortrag einer Versicherung einer der interessantesten, die ihren Anwendern per aws-Services out-of-the-box eine private Plattform für Data Science-Themen zur Verfügung stellt. Im Vortrag wurde gezeigt, wie mit einer solchen vorkonfigurierten EC2-Instanz auf Daten des bestehenden BW on HANA-Systems zugegriffen und schließlich mit R oder Python gearbeitet werden konnte. Dazu musste in dem Fall keine komplexe Systemlandschaft aufgebaut werden. 

Insgesamt muss ich sagen, dass sich der Besuch der DSAG-Technologietage 2023 wirklich gelohnt hat. Ich war wirklich erstaunt darüber, wie klar die Idee der SAP von der Zukunft letztendlich doch ist, aber auch wie stark die DSAG ist und Einfluss zum Wohle ihrer Mitglieder auf SAP hat. Meine Reise zu den Technologietagen 2024 ist schon fest im Kalender eingetragen. 

Michael Sidon

Berater Business Intelligence
Michael Sidon ist Senior Berater Informationsmanagement. Seine umfassenden Erfahrung im SAP-Kosmos machen ihn zum Experten für analytische Themen jeder Art. In seinen bisherigen Projekten setzte er Anforderungen unterschiedlichster Art von der Extraktion bis zum Reporting in verschiedenen Systemen um. Die Zusammenarbeit mit ihm zeichnet sich durch agile Methoden und den engen Kundenkontakt aus.