Wasseruhr

Drittmengenabgrenzung – Messkonzepte mit LoRaWAN

14. Juli 2021

Drittmengenabgrenzung: Definition & Hintergründe

In der Energiewirtschaft haben Unternehmen als Letztverbraucher die Möglichkeit sich von unterschiedlichen Steuern, Abgaben und Umlagen befreien zu lassen, wenn diese bestimmten Voraussetzungen erfüllen. Hierzu zählt u.a. die Befreiung von der EEG-Umlage bei stromintensiven Betrieben. Mit der nun verpflichtenden Drittmengenabgrenzung ab dem 01.01.2022 verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, dass ausschließlich privilegierte Strommengen des Unternehmens von den Abgaben und Umlagen befreit sein sollen. Daher ist eine Drittmengenabgrenzung erforderlich, welche die privilegierte kWh von der nichtprivilegierten kWh trennt. Sprich leitet das privilegierte Unternehmen Strom an einen Dritten auf seinem Werksgelände weiter, darf diese Strommenge nicht von den Vergünstigungen profitieren. Hierzu könnten z. B. untervermietete Büroflächen auf dem Werksgelände des privilegierten Unternehmens zählen. Aus diesem Grund sieht der Gesetzgeber eine Abgrenzungspflicht der Strommengen vor.

Insgesamt können Unternehmen unterschiedliche Entlastungen und Begünstigungen bei gesetzlichen Steuern, Abgaben, Umlagen oder Netznutzung in Anspruch nehmen. Hierzu zählen u.a.:

  • Die Reduktion der Netzumlagen (KWKG-, §19-StromNEV-, Offshore-Netzumlage),
  • Die Stromsteuerentlastung,
  • EEG-Umlage-Privilegien, sei es nach der besonderen Ausgleichsregelung oder bei der Stromeigenerzeugung
  • Atypische oder stromintensive Netznutzung nach § 19 Abs. 2 StromNEV

Die Vergünstigung können allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Strom durch das privilegierte Unternehmen selbst verbraucht wird.  Hierfür sind die Energiemengen genau zu erfassen. Erfolgt dies nicht droht dem Unternehmen der Entzug der Privilegien, im schlimmsten Fall sogar eine Rückzahlung bereits gewährter Vergünstigungen. Aus diesem Grund muss das Unternehmen ein Konzept entwickeln diese Strommengen genau zu erfassen. Im ersten Schritt gilt es jedoch die relevanten Drittmengen zu finden.

Drittmengenabgrenzung: Identifikation relevanter Strommengen

Für eine erfolgreiche Drittmengenabgrenzung sind die relevanten Strommengen und Verbraucher zu identifizieren bevor es an die Entwicklung eines geeigneten Messkonzepts geht. Im ersten Schritt ist zu klären, ob im Rahmen des Strombezugs oder der Stromeigenerzeugung Privilegien geltend gemacht werden. Des Weiteren ist die Art des Privilegs zu klären. Handelt es sich um eine Vergünstigung im Rahmen der Steuererleichterung, der Abgaben, Umlagen oder der Netznutzung? Des Weiteren ist zu identifizieren, ob eine Weiterleitung von Strommengen an Dritte innerhalb des Betriebs erfolgt. Daneben sind potentielle Anlagen zu identifizieren, welche durch Dritte betrieben werden. Außerdem sind die Strommengen abzugrenzen, welche der Bagatellgrenze unterliegen.

Bei einem Betrieb von Erzeugungsanlagen ist zu klären, welche Person die Rolle des Betreibers annimmt. Nach dem EEG (§ 3 Nr. 33 EEG) ist derjenige Betreiber der Anlage, welcher:

  1. die tatsächliche Sachherrschaft über die elektrischen Verbrauchsgeräte ausübt,
  2. ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und
  3. das wirtschaftliche Risiko trägt.

Für die Übernahme der Betreiberrolle nach dem EEG müssen alle drei Kriterien erfüllt sein. Eine gute Unterstützung bei der Identifizierung der unterschiedlichen möglichen Szenarien bietet der Leitfaden Messen und Schätzen und der Leitfaden zur Eigenversorgung der BNetzA.

Drittmengenerfassung per Messkonzept

Zur Sicherstellung der Drittmengenabgrenzung hat das privilegierte Unternehmen ein Messkonzept zu entwickeln. Das Messkonzept hat sicherzustellen, dass alle relevanten Drittmengen erfasst werden. Durch die Abgrenzung der Drittmengen über ein Messkonzept erfüllt das Unternehmen die Nachweispflichten gegenüber der Behörde und Netzbetreiber und kann über das Jahr 2022 hinaus seine Privilegien in Anspruch nehmen. Die meisten Netzbetreiber haben in diesem Kontext bereits im Jahr 2021 die betroffenen Unternehmen angeschrieben. Sollte dies nicht der Fall sein, hat das Unternehmen trotzdem die Umsetzungspflicht zur Drittmengenabgrenzung bis zum 01. Januar 2022 umzusetzen. Die Entwicklung und Umsetzung des Messkonzeptes obliegt dem privilegierten Unternehmen.

LoRaWAN-Geschäftsmodell Submetering

Für Unternehmen stellt sich im Rahmen der Drittmengenabgrenzung die Frage, wie das Messkonzept technisch realisiert werden könnte. Dabei ist der Einsatz eines geeichten und zertifizierten Zählers Pflicht. An dieser Stelle bietet es sich an auf die LoRaWAN-Technologie zurückzugreifen. Da es sich bei dem Messkonzept um ein Submeteringkonzept zur Erfassung von Drittmengen handelt ist der Einsatz eines intelligenten Messsystems nicht zwingend vorgesehen. In unserem Blogbeitrag LoRaWAN-Metering – Wann ist das intelligente Messsystem Pflicht berichten wir über die aktuellen regulatorischen Regelungen im Kontext des Meterings.

Zur Umsetzung des Messkonzeptes bietet es sich an eine Fernauslesung der Zähler mittels LoRaWAN zu realisieren. So erspart sich das privilegierte Unternehmen die regelmäßige, analoge Ablesung der Drittstrommengen. Außerdem werden durch die automatisierte Übertragung der Verbrauchswerte in das entsprechende Fachsystem die Werte revisionssicher gesichert und können über der Behörde und dem Netzbetreiber nachgehalten werden. Im LoRaWAN Hardwareökosystem sind bereits heute eine Vielzahl geeichter und somit zugelassener Zähler verfügbar, so dass eine Umsetzung des Messkonzepts direkt erfolgen kann.

Für viele EVUs bietet es sich in der Rolle des Energiedienstleisters an den Firmen bei der Umsetzung und Realisation der Drittmengenabgrenzung im Zuge des Submeteringkonzepts zu unterstützen. Dies kann z. B. über die Rolle des intelligenten Messstellenbetreibers erfolgen, welcher dem Unternehmen seine Dienstleistung anbietet und so zusätzliche Erlöse außerhalb der Preisobergrenze (POG) erzielen kann. Da viele EVUs bereits über eine LoRaWAN-Infrastruktur verfügen kann die Auslesung über die Infrastruktur des EVU erfolgen.

Mit der verpflichtenden Umsetzung der Messkonzepte zur Drittmengenabgrenzung hat der Gesetzgeber für EVUs ein attraktives Geschäftsmodell geschaffen mit dem eigenen LoRaWAN-Netz nicht nur intern Kosten einzusparen, sondern auch zusätzliche Erlöse zu erzielen. Allerdings heißt es für EVUs, welche sich dem Geschäftsmodell Drittmengenabgrenzung per LoRaWAN widmen wollen nun sich zu beeilen, da die Frist zur Umsetzung bis zum 1. Januar 2022 sehr kurz ist. Da das Thema jedoch die Kernkompetenzen eines jeden EVUs bedient, ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema ratsam. Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag meldet euch gerne. Wenn euch der Artikel gefallen hat, abonniert gerne unseren Blog.

Marcel Linnemann

Leitung Innovation & Grundsatzfragen Energiewirtschaft
Marcel Linnemann, Wirt. Ing. Energiewirtschaft, Netzingenieur, ist Leiter Innovation und regulatorische Grundsatzfragen bei items und Autor diverser Fachbücher und -artikel rund um die Thematiken der Energiewirtschaft und der Transformation