Das Energieeffizienzgesetz: Neue Anforderungen für Rechenzentren

3. Mai 2023

Energieeinsparpotential für Rechenzentren

Zur Erreichung der deutschen Klimaziele bis 2045 hin zur Klimaneutralität bedarf es nicht nur einer Kraftanstrengung im Bereich des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, sondern es gilt auch Energie einzusparen oder effizienter einzusetzen. Aus diesem Grund hat die EU beschlossen, das Energieeffizienzziel bis 2030 noch einmal anzuheben und den Endenergieverbrauch in der EU um 11,7 % zu senken im Vergleich zu 2020. Auch aus diesem Grund, aber auch zur Erreichung der eigenen nationalen Klimaziele, hat der Gesetzgeber ein neues Effizienzgesetz auf den Weg gebracht, welches die deutschen Effizienzbemühungen steigern soll. Ein wesentlicher Fokus des neuen Energieeffizienzgesetzes ist dem Thema Rechenzentren gewidmet, da mit zunehmender Digitalisierung der Energieverbrauch zunimmt. Schon heute benötigen Rechenzentren so viel Energie wie der gesamte Flugverkehr, weswegen Energieeinsparpotentiale im Rechenzentrumsbetrieb sich auf den Gesamtenergieverbrauch Deutschlands auswirken können.

Auch wir als items und Nutzer von Rechenzentrumsinfrastruktur beschäftigen uns daher, wie wir den Rechenzentrumsbetrieb effizienter gestalten können, um den eigenen CO₂-Fußabdruck minimieren zu können. Aus diesem Grund schauen wir in diesem Blogbeitrag einmal gemeinsam mit euch, welche Anforderungen für neue Rechenzentren vorgesehen sind. Warum ist das Thema spannend für euch und euer Unternehmen? Nun ja, in Zukunft werden die meisten Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. In diesem Zuge spielt auch der CO₂-Fußabdruck eures Dienstleisters in euren Nachhaltigkeitsbericht, wovon wiederum die Bewertung eures Unternehmens abhängen kann. Somit lohnt es sich einmal zu schauen, welche Regeln für alte und neue Rechenzentren in Deutschland zukünftig gelten sollen.

Pflicht zur Abwärmenutzung und des effizienten Energieeinsatzes für Rechenzentren

Um in Zukunft ein Rechenzentrum in Deutschland errichten zu können, sind Rechenzentrumsbetreiber verpflichtet, Rechenzentren mit einem besonders guten Effizienzfaktor zu errichten. Maßgeblich ist hier der sog. PuE-Faktor, welcher die zusätzliche Energie für die Kühlung der Server angibt. Ein PuE-Faktor von 1,2 bedeutet somit, dass neben dem reinen Strombedarf für den Betrieb der Server 20 % zusätzliche Energie zur Kühlung bereitgestellt werden müssen.

Wer ab 2026 in Deutschland ein neues Rechenzentrum betreiben möchte, muss mindestens einen PuE-Faktor von 1,3 einhalten. Bestehende Rechenzentrum gilt es hingegen noch zu ertüchtigen, sodass ab 2027 ein PuE-Faktor von maximal 1,5 und ab 2030 von 1,3 einzuhalten sind.

Daneben besteht zukünftig eine Pflicht zur Nutzung der Abwärme für Rechenzentren. Für Neubauten ist eine verpflichtende Nutzung von 15 % ab 2027 und von 20 % ab 2028 vorgesehen. Daneben ist festgeschrieben, dass Rechenzentren ab 2024 eine maximale Eintrittstemperatur vorgesehen, welche einzuhalten ist. Auch für jetzige Rechenzentren ist eine verpflichtende Abwärmenutzung von 10 % in den nächsten Jahren vorgesehen.

Nutzung von Erneuerbaren Energien wird Pflicht

Neben der Nutzung von Abwärme, werden Betreiber von Rechenzentren ab dem kommenden Jahr (2024) verpflichtet, Strom aus ungeförderten EE-Anlagen zu nutzen. Hierfür ist ab 2024 eine verpflichtende Quote von 50 % vorgesehen, welche ab 2027 100 % betragen muss. Die Beschaffung darf aber rein bilanziell erfolgen. Somit ist keine direkte physische Lieferung aus EE-Anlagen zum Betrieb des Rechenzentrums verknüpft. Trotzdem könnte die Regelung gerade auf dem PPA-Markt dazu führen, dass der Handel mit Grünstromzertifikaten oder nicht geförderten EE-Anlagen bzw. ausgeförderten Anlagen an Attraktivität gewinnen könnte.

Die Pflicht zur Einführung eines Energiemanagements kommt

Ab 2025 werden Rechenzentrumsbetreiber ab einer gewissen Größe verpflichtet, ein zertifiziertes Energiemanagementsystem (EnMS) einzuführen. Das EnMS muss allerdings nicht nur bis 2025 eingeführt sein, sondern es muss auch ein zertifizierter Nachweis vorliegen. Für das EnMS ist eine kontinuierliche Messung der elektrischen Leistung und des Energiebedarfs der wesentlichen Komponenten erforderlich. Eine Maßnahmenergreifung zur Steigerung der Energieeffizienz ist nötig.

Die Einführung eines zertifizierten EnMS ist erforderlich, wenn die Nennanschlussleistung > 1000 kW beträgt oder es sich um ein RZ im öffentlichen Auftrag ab einer Leistung von 200 kW handelt.

Eine Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung eines EnMS ist erforderlich, wenn der Nennanschlussleistung der Informationstechnik > 500 kW beträgt.  Kein EnMS ist hingegen nötig, wenn die Abwärme in ein Wärmenetz vollständig eingespeist wird und der Gesamtendenergie-verbrauch < 25 GWh ist. Wichtig an dieser Stelle als Alternative zu einem zertifizierten EnMS kann auch ein Umweltmanagementsystem eingeführt werden.  

Allgemeine Informationspflichten nehmen zu

Mit dem neuen Energieeffizienzgesetz steigen nicht nur die Anforderungen an die Technik zur Einsparung von Energie, sondern auch die Informationspflichten des Rechenzentrumsbetreibers nehmen zu. So ist eine jährliche Informationsübermittlung nach Anlage 3 an die zuständige Behörde erforderlich. Diese umfasst u. a.:

  • Allgemeine Daten zum RZ (Bsp. Größe, Standort etc.)
  • Allgemeine Daten zum Betrieb des RZ (Bsp. Gesamtenergieverbrauch, Energieträgereinsatz etc.)
  • Allgemeine Angaben zur Berechnung der abgeleiteten Kenngrößen zur Einsichtnahme der Behörden (Bsp. Nennanschlussleistung, Angaben zur Kälteanlage etc.)
  • Allgemeine Betriebsangaben zur Berechnung der abgeleiteten Kenngrößen zur Einsichtnahme der Behörden (Bsp. Brennstoffverbrauch)

Außerdem ist eine Informationsübermittlung nach Anlage 4, wenn die Leistung der Informationstechnik > 50 kW ist:

  • Allgemeine Angaben zur Informationstechnik (Bsp. Standort, Größe)
  • Angaben zur Informationstechnik zur Berechnung ableitbarer Kenngrößen und zur Einsichtnahme durch Behörden (Bsp. Anschlussleistung)

Des Weiteren ist die ungenutzte Abwärmeleistung auf einer neuen Plattform des Bundes zu veröffentlichen. Zusätzlich haben die Rechenzentrumsbetreiber nicht nur die Behörden, sondern auch ihre Kunden zu informieren. Hierzu gehören u. a. Informationen über direkt zurechenbare Energieverbräuche p.a. sowie Ausweisung der Verbrauchsanteile je technischer Infrastruktur. Handelt es sich um einen Betreiber von Co-Location, so muss der Betreiber den Kunden den Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten separat auszuweisen, seiner Unterstützungspflicht des Kunden einer Co-Location Energieverbräuche zu erfassen / zu reduzieren (Monitoringinformationen) nachkommen sowie dem Kunden seine Registernummer des RZs mitteilen. Unter einer Co-Location wird eine Dienstleistung an einem Ort eines Rechenzentrumsbetreibers, die darin besteht, technische Infrastruktur bereitzustellen, innerhalb derer Kunden ihre eigene Informationstechnik betreiben können, verstanden.

Fazit

Das neue Energieeffizienzgesetz bedeutet für neue Rechenzentren sowie solche im Bestand neue Anforderungen. Sowohl was den Einsatz der notwendigen Energie angeht, als auch der Umsetzung neuer Informationspflichten. Insgesamt ist der Beschluss des Energieeffizienzgesetzes deutlich milder als der erste Entwurf, welcher deutlich schärfere Vorgaben vorsah. Trotzdem ist z. B. die Festlegung eines maximalen PuE-Faktors von 1,3 ein Schritt in die richtige Richtung.

Insgesamt ist es auch als richtig zu bewerten, dass Rechenzentren einen Beitrag leisten müssen auf dem Weg, die Klimaziele einzuhalten, als auch zur Steigerung der Energieeffizienz beizutragen. Der Markt für Rechenkapazitäten wird bedingt durch den Trend der Digitalisierung sicherlich zunehmen, weswegen die Pflicht zum Einsatz effizienter Technologie positiv zu werten ist.

Auch die Informationspflichten stellen eine sinnvolle Ergänzung dar, wenn sie sowieso nicht zur Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte notwendig sind. Insgesamt dürfte der Markt und die Nachfrage nach einer nachhaltigen IT-Infrastruktur in der Wirtschaft tendenziell zunehmen, um die eigene Klimabilanz und damit den eigenen Nachhaltigkeitsbericht aufzuwerten, von dem in Zukunft auf Finanzierungsfragen abhängig sein könnten. Somit dürfte die Thematik einer grünen IT nicht nur die IT-Unternehmen oder Rechenzentrumsbetreiber beschäftigen, sondern eine Vielzahl von Unternehmen.

Marcel Linnemann

Leitung Innovation & Grundsatzfragen Energiewirtschaft
Marcel Linnemann, Wirt. Ing. Energiewirtschaft, Netzingenieur, ist Leiter Innovation und regulatorische Grundsatzfragen bei items und Autor diverser Fachbücher und -artikel rund um die Thematiken der Energiewirtschaft und der Transformation